Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 12. Mai 1995
Aktenzeichen: 6 U 25/94
(OLG Köln: Urteil v. 12.05.1995, Az.: 6 U 25/94)
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das am 10. Dezember 1993 verkündete Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Aachen - 43 O 175/93 - wird zurückgewiesen. 2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen. 3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von DM 10.000,-- abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in derselben Höhe leistet. Den Parteien wird nachgelassen, die von ihnen jeweils zu stellende Sicherheit in Form der unbedingten, unbefristeten, unwiderruflichen, selbstschuldnerischen schriftlichen Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse zu erbringen. 4. Beschwer für den Kläger: DM 40.000,-- 5. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger ist ein in B. ansässiger
Verbraucherverein. Zu seinen satzungsgemäßen Aufgaben gehört es,
die Interessen der Verbraucher durch Aufklä-rung und Beratung
wahrzunehmen und zu fördern. Nach der Satzung hat er insbesondere
den Zweck, unlauteren Wettbewerb - erforderlichenfalls durch
Einleiten gerichtlicher Maßnahmen - zu unterbinden, der sich zum
Nachteil der Verbraucher auswirkt. Seine Mitglieder sind durchweg
inländische juristische Personen, neben anderen die
Verbraucherzentralen sämtlicher Bundesländer, die
Arbeitsgemeinschhaft der Verbraucherverbände e.V. und die Stiftung
Warentest. Hinsichtlich der nä-heren Einzelheiten der Satzung des
Klägers sowie seiner Mitgliederstruktur und Finanzierung wird auf
die mit Schriftsatz vom 26.10.1994 vorgelegte Satzung sowie die
eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers B. vom 8.3.1993
verwiesen.
Der Beklagte betrieb in G. einen
Einzelhandel mit "Textilien, Geschenkartikeln und Neuheiten", für
den er zeitweise die Firma "D. Shopping" führte. In G. unterhielt
er ein Postfach ... auf den Namen "D. Shopping International" und
in A. ein Postfach ... auf den Namen "D. Shopping" der Firma H.
W..
Im Zeitraum zwischen August bis Oktober
1992 erhielten in Frankreich wohnhafte Verbraucher diverse in
französischer Sprache abgefaßte, aus der Tschechischen Republik
versandte Schreiben, in denen die Zusendung von Waren "im
versicherten Wert" von mehr als 600 französischen Francs für den
Fall versprochen wurde, daß der Empfänger zuvor eine Vorauszahlung
in Höhe von 59,90 französische Francs per Scheck oder
internationaler Postanweisung an die Firma D. Shopping - Postfach
... - ... G. 5 - Deutschland - übersende. In weiteren Schreiben
wurde die Zusendung von Geld- oder Sachpreisen im Wert von 100
französischen Francs bis 10.000 französischen Francs den Personen
versprochen, die vorher an die "D. Shopping Postfach ... - ...
A. - Allemagne" eine Summe von 59,90 französischen Francs
schicken.
Hinsichtlich des Inhalts und der
Aufmachung der erwähnten Schreiben im einzelnen wird auf die
Anlagen zur Klageschrift (Bl. 11-15 d.A.) sowie zum
berufungsbegründenden Schriftsatz des Klägers vom 14.3.1994 (Bl.
149 f., 152 bis 155 und 158 bis 161 d.A.) Bezug genommen.
Die in Frankreich wohnhaften
Verbraucher, welche die vorbezeichneten Geldbeträge an die für die
Rückantwort angegebenen Postfachadressen übersandten, erhielten
sodann entweder Waren, deren Wert weit unter den in den
vorangegangenen Schreiben angegebenen Werten lag, oder aber es
erfolgte überhaupt keine Reaktion.
Der Kläger, der erstmals im November
1992 von diesem Sachverhalt Kenntnis erhielt, mahnte daraufhin die
Firma "D. Shopping in ... G." mit Schreiben vom 12.1.1993
erfolglos ab.
Mit der Behauptung, der Beklagte sei
nicht nur Betreiber des Versandgeschäfts "D. Shopping", sondern
habe die verfahrensbetroffenen Werbeschreiben an die in Frankreich
wohnhaften Verbraucher versandt, hat der Kläger den Beklagten im
vorliegenden Verfahren auf Unterlassung in Anspruch genommen,
derartige Schreiben an Verbraucher in Frankreich zu versenden.
Der Kläger, der in der oben genannten
Vorgehensweise eine irreführende und nach den §§ 1, 3 UWG
wettbewerbswidrige Werbung sieht, hat weiter die Ansicht vertreten,
daß der Beklagte jedenfalls auch dann unter wettbewerblichen
Gesichtspunkten nach den erwähnten Vorschriften des UWG als Störer
anzusehen sei, wenn er lediglich die in den Postfächern
eingehenden Antwortschreiben der französischen Verbraucher sammle
und an einen Dritten weiterleite, ohne selbst Inhaber des
Versandhandels "D. Shopping" zu sein.
Ungeachtet des Umstands, daß sich der
dem Beklagten anzulastende Wettbewerbsverstoß nur in Frankreich
auswirke bzw. die Rechte der dort ansässigen Verbraucher betreffe,
sei er - der Kläger - auch nach § 13 Abs. 2 Nr. 3 UWG befugt, die
sich aus diesem Wettbewerbsverstoß herleitenden
Unterlassungsansprüche geltend zu machen. Zum einen beurteile sich
der Wettbewerbsverstoß im gegebenen Fall nach den Vorschriften des
(deutschen) UWG. Dieses müsse nämlich, im Lichte der eine wirksame
Bekämpfung irreführender Werbung im Interesse des
Verbraucherschutzes fordernden Harmonisierungsrichtlinie der
EG-Kommission Nr. 84/450 betrachtet, nicht nur dann anwendbar
sein, wenn sich die irreführende Werbung zu Lasten der Verbraucher
in Deutschland auwirke, sondern auch dann, wenn die unzulässige
Werbung sich nur in einem anderen EG-Mitgliedsland auswirke, aber
von deutschem Territorium ausgehe. Eben letzteres sei hier aber -
so die Ansicht des Klägers - angesichts des Verhaltens des
Beklagten zu bejahen. Er - so hat der Kläger vertreten - sei zum
anderen auch befugt, die Interessen der in Frankreichh wohnhaften
Verbraucher wahrzunehmen. Aus den zur Anwendbarkeit des UWG auf
eine sich ausschließlich im EG (EU)-Ausland auswirkende
irreführende Werbung angeführten Gründen ergebe sich zugleich, daß
hinsichtlich der Klagebefugnis nicht mehr zwischen in Deutschland
ansässigen Verbrauchern und Verbrauchern in anderen EG
(EU)-Mitgliedstaaten unterschieden werden dürfe.
Bezüglich der Einzelheiten im
erstinstanzlichen Vorbringen des Klägers wird auf seine
Ausführungen in der Klageschrift sowie in den Schriftsätzen vom
1.7.1993 und vom 11.10.1993, jeweils - soweit beigefügt - nebst
Anlagen verwiesen.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, es bei
Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden
Ordnungsgeldes bis zu 500.000,-- DM, ersatzweise Ordnungshaft bis
zu 6 Monaten, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu
unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken
des Wettbewerbs Werbeschreiben nach Frankreich zu versenden, in
denen privaten Endverbrauchern gegen Zahlung eines angegebenen
Geldbetrags die Zusendung wertvoller Waren angekündigt oder
garantiert wird, wenn die betreffenden privaten Endverbraucher
nach Einsenden des angeforderten Geldbetrags keinerlei
Warensendungen oder nur geringwertige Waren zugesandt erhalten,
deren Wert weit unter dem angegebenen Wert liegt.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat behauptet, weder unter
der Firma "D. Shopping" noch überhaupt einen Versandhandel zu
betreiben. Das verfahrensbetroffene Versandgeschäft werde vielmehr
von einem mit ihm - dem Beklagten - befreundet gewesenen Herrn B.
G. betrieben, der in Südfrankreich wohnhaft sei. Lediglich aus
Gefälligkeit habe er - der Beklagte - sich gegenüber dem Genannten
bereit erklärt, das Postfach ... in G. zu leeren und die darin
befindliche Post ungeöffnet an die Firma "D. Shopping" des Herrn G.
zu übersenden. Óber dieses Postfach, so hat der Beklagte
erstinstanzlich noch behauptet, habe er lediglich Vollmacht. Bei
dem Postfach ... in A. handele es sich um sein - des Beklagten -
Firmenpostfach, an welches die Bundespost die für das Postfach ...
in G. eingehende Post aus Praktikabilitätsgründen übersende. Der
Beklagte hat die Ansicht vertreten, er habe sich nach alledem nur
als Bote betätigt und sei daher nicht passivlegitimiert.
Schließlich - so die weitere Ansicht
des Beklagten - beurteile sich das Verhalten der Firma "D.
Shopping" des Herrn Bernhard G. auch nicht nach den Vorschriften
des die Anwendbarkeit deutschen Rechts voraussetzenden UWG, weil es
sich um das Verhalten einer französischen Firma gegenüber in
Frankreich wohnhaften Verbrauchern handele.
Hinsichtlich des erstinstanzlichen
Vorbringens des Beklagten im einzelnen, wird auf seine Darlegungen
in der Klageerwiderung vom 3.5.1993 und im Schriftsatz vom
3.8.1993 verwiesen.
Das Landgericht hat die Klage durch
Urteil vom 10.12.1993, auf welches zur näheren Sachdarstellung
Bezug genommen wird, als unzulässig abgewiesen, weil dem klagenden
Verein die Klagebefugnis i.S. des § 13 Abs. 2 Nr. 3 UWG
abzusprechen sei. Da - so hat das Landgericht zur Begründung
ausgeführt - der streitbefangene Sachverhalt nicht nach den Regeln
des (deutschen) UWG, sondern nach dem einschlägigen französischen
Recht zu beurteilen sei, scheide die allein aus § 13 Abs. 2 Nr. 3
UWG herzuleitende Klagebefugnis des Klägers aus. Die Befugnis zur
Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen nach § 13 Abs. 2 UWG
beschränke sich auf die in der genannten Vorschrift aufgezählten
Fälle, so daß die Anwendbarkeit deutschen Rechts unabdingbare
Voraussetzung für die aus der erwähnten Vorschrift folgende
Klagebefugnis sei. Da allein das Weitersenden der ungeöffneten Post
nur als Vorbereitung des als wettbewerbswidrig einzustufenden
Verhaltens der "D. Shopping" anzusehen sei, die keine eigene
Verantwortlichkeit nach den Regeln des inländischen UWG ergebe,
und der Kläger nicht ausreichend substantiiert dargelegt habe, daß
der Beklagte Inhaber und Betreiber des Versandgeschäfts "D.
Shopping" sei, komme die Anwendung des UWG auch unter
Berücksichtigung der Richtlinie 84/450/EWG der Kommission der
Europäischen Gemeinschaft nicht in Betracht.
Gegen dieses ihm am 15.12.1993
zugestellte Urteil richtet sich die am 14.1.1994 eingelegte und
mittels eines - nach entsprechender Fristverlängerung - am
14.3.1994 eingegangenen Schriftsatzes begründete Berufung des
Klägers.
Unter Wiederholung und Vertiefung
seines erstinstanzlichen Vorbringens hält der Kläger insbesondere
an seiner Ansicht fest, daß seine Klagebefugnis gemäß § 13 Abs. 2
Nr. 3 UWG unabhängig davon zu bejahen sei, daß sich der
Wettbewerbsverstoß nur gegenüber den Endverbrauchern in Frankreich
auswirke.
Bereits die beklagtenseits behauptete
angebliche bloße Empfangnahme und Weiterleitung der aus Frankreich
eingehenden Rückantworten begründe für sich genommen eine nach den
§§ 1, 3 UWG als wettbewerbswidrig einzuordnende Mitwirkung an dem
beanstandeten Versandhandelsgebaren. Jedenfalls aber folge die
nach den Regeln des UWG zu beurteilende wettbewerbliche
Verantwortlichkeit des Beklagten daraus, daß - wie der Kläger
weiterhin behauptet - der Beklagte selbst auch die Werbeschreiben
unter dem Namen "D. Shopping" nach Frankreich versandt habe.
Er - der Kläger - werde hierdurch
überdies in seinem satzungsgemäßen Aufgaben- und Interessenbereich
betroffen. Zu seinen satzungsgemäßen Aufgaben zähle auch die
Wahrnehmung von Interessen der im Ausland wohnhaften Verbraucher,
jedenfalls dann, wenn deren Interesse durch von deutschem
Territorium ausgehende Wettbewerbshandlungen berührt würden.
Selbst wenn dies in seiner - des Klägers - Satzung so nicht
ausdrücklich formuliert sei, müsse die Satzung doch in diesem Sinne
ausgelegt werden. Eine abweichende Beurteilung führe zudem zu einer
Verletzung des in Art. 6 EG-Vertrag niedergelegten allgemeinen
Diskriminierungsverbots.
Bzgl. des Vortrags des Klägers im
einzelnen wird auf seine Ausführungen in den Schriftsätzen vom
14.3.1994 und vom 26.10.1994 verwiesen.
Der Kläger beantragt, nachdem er sein
Klagebegehren im Termin am 19.8.1994 neu formuliert und in einem
einheitlichen (Haupt)Antrag zusammengefaßt hat,
in Abänderung des landgerichtlichen
Urteils den Beklagten zu verurteilen,
es bei Vermeidung eines für jeden Fall
der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu
500.000,-- DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder
Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, an dem Versandhandel
und den Gewinnspielen
- wie nachfolgend wiedergegeben - :
in der Form mitzuwirken, daß er die
Bezeichnung "d. shopping" und/oder seine Postfachadressen
und/oder die Postfächer ... in G. und ... A. zur Verfügung
stellt.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers
zurückzuweisen.
Auch der Beklagte wiederholt und
vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Er vertritt
insbesondere die Auffassung, daß dem Kläger die Klagebefugnis und
die Aktivlegitimation abzusprechen seien. Die Werbeschreiben
würden, so behauptet der Beklagte, allein von der französischen
Firma des Herrn G. aus der Tschechischen Republik an in Frankreich
wohnhafte Endverbraucher gesandt. Deren Belange vertrete der Kläger
aber nicht, dem daher nicht nur die regionale, sondern, gemessen an
seiner Satzung, die nationale Betroffenheit fehle. Ihm, dem
Beklagten, könne weiter allein wegen des Umstands, daß er Herrn G.
seine Postfachanschrift nebst zugehörigem Postfach zur Verfügung
gestellt und die dort eingehenden Briefe ungeöffnet weitergeleitet
habe, keine die eigene wettbewerbliche Verantwortlichkeit nach den
Vorschriften der §§ 3, 1 UWG begründende Beteiligung an dem
Versandgeschäft des Herrn G. angelastet werden.
Hinsichtlich der Einzelheiten im
Berufungsvorbringen des Beklagten wird auf seine Ausführungen in
der Berufungserwiderung vom 6.5.1994 sowie im Schriftsatz vom
4.1.1995 verwiesen.
Gründe
Die Berufung des Klägers ist zwar
zulässig. In der Sache bleibt ihr jedoch der Erfolg versagt.
Im Ergebnis zu Recht hat das
Landgericht die Klage abgewiesen. Allerdings erweist sich diese
nicht als unzulässig, sondern - wegen der fehlenden
materiellrechtlichen Sachbefugnis (Aktivlegitimation) des
klagenden Vereins - als unbegründet.
Die Klage ist zulässig.
Die hierfür vorauszusetzende
Klagebefugnis (Prozeß-führungsbefugnis) des Klägers ergibt sich
ohne weiteres aus § 13 Abs. 2 Nr. 3 UWG.
Nach § 13 Abs. 2 Nr. 3 UWG sind
Verbände klagebefugt, die sich satzungsgemäß die Aufklärung und
Beratung der Verbraucher zum Ziel gesetzt haben und die diese
Aufgaben auch tatsächlich wahrnehmen (vgl. BGH GRUR 1983, 451 = WRP
1983, 403/404 - "Ausschank unter Eichstrich" -;
Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 17. Auflage, Rdn. 36 und 38
zu § 13 UWG).
Daß der klagende Verein diese
Voraussetzungen erfüllt, unterliegt im gegebenen Fall keinen
Zweifeln. Die Verbandsarbeit des Klägers ist - wie dem Senat aus
anderen Verfahren bekannt ist - maßgeblich darauf ausgerichtet, die
Verbraucher über Marktlage, Qualität und Preiswürdigkeit der
verschiedenen im Wettbewerb angebotenen Waren oder Dienstleistungen
zu unterrichten und ihnen die Auswahl zu erleichtern (BGH GRUR
1983, 775/776 - "Àrztlicher Arbeitskreis" -). In diesem
Zusammenhang berät der Kläger die Verbraucher über ihre Rechte und
bearbeitet und verfolgt darüber hinaus mit unlauteren
Wettbewerbsmaßnahmen oder unzulässigen AGB verbundene
Beschwerdefälle von Verbrauchern. Der Kläger unterhält dabei, wie
ebenfalls gerichtsbekannt ist, zur Erfüllung seiner Aufgaben in B.
eine Geschäftsstelle, die mit mehreren Mitarbeitern, darunter
Juristen, besetzt ist. Anhaltspunkte dafür, daß der Kläger keine
genügende finanzielle Ausstattung besitzt, er daher nicht in der
Lage wäre, den Satzungszweck tatsächlich zu erfüllen, bestehen
nicht.
Der Kläger wird ganz überwiegend im
Wege der Fehlbedarfsförderung vom Bundesminister für Wirtschaft
finanziert.
Im Hinblick auf seine
Mitgliederstruktur und die seit langem bestehende institutionelle
Förderung haben sich weder für die Vergangenheit Hinweise darauf
ergeben, daß der Kläger nicht in der Lage gewesen wäre, seine
satzungsgemäßen Aufgaben tatsächlich zu versehen, noch ist dies
gegenwärtig anzunehmen.
Bereits mit dem Vorliegen der genannten
Voraussetzungen ist aber die Klagebefugnis des klagenden Vereins
i.S. von § 13 Abs. 2 Nr. 3 UWG und damit insgesamt die Zulässigkeit
der Klage zu bejahen.
Zwar ist für die Klageberechtigung
eines Verbraucherverbands i.S. von § 13 Abs. 2 Nr. 3 UWG weiter zu
fordern, daß gerade ein in § 13 Abs. 2 UWG aufgeführter
wettbewerblicher Unterlassungsanspruch geltend gemacht wird, was
nicht nur bedeutet, daß ihm die Verfolgung solcher Ansprüche
versagt ist, die sich allein aus dem allgemeinen Zivilrecht ergeben
(vgl. Baumbach-Hefermehl, a.a.O., Rdn. 3 zu § 13 UWG m.w.N.),
sondern woraus darüber hinaus zu folgern ist, daß damit eine
Beschränkung der Klageberechtigung auf die Geltendmachung von
Wettbewerbsansprüchen nach deutschem Wettbewerbsrecht - konkret:
solchen des UWG - verbunden ist (vgl. BGH GRUR 1982, 495/496 -
"Domgarten-Brand" -; Schütze in: Handbuch des Wettbewerbsrechts, §
100 Rdn. 6). Als weitere Voraussetzung für die in § 13 Abs. 2 Nr. 3
UWG geregelte Klageberechtigung der Verbraucherverbände ist
überdies erforderlich, daß diese durch den beanstandeten
Wettbewerbsverstoß selbst verletzt, also in ihren satzungsgemäßen
Aufgaben- und Interessenbereichen betroffen sind
(Großkomm./Erdmann, § 13 Rdn. 98; Baumbach-Hefermehl, a.a.O., Rdn.
40 zu § 13 UWG; Mellulis, Handbuch des Wettbewerbsprozesses, Rdn.
201 - jeweils m.w.N.; BGH GRUR 1985, 58/59 - "Mischverband II" -;
BGH GRUR 1983, 658/661 - "Hersteller-Preisempfehlung in
KFZ-Händlerwerbung" -). Sowohl bei der Frage des sich aus den
anwendbaren Verletzungstatbeständen bzw. der grundsätzlichen
Anwendbarkeit des UWG ergebenden Umfangs der aus § 13 Abs. 2 Nr. 3
UWG folgenden Klageberechtigung als auch bei der Frage nach der
Verletzung der eigenen satzungsgemäßen Verbandsinteressen handelt
es sich jedoch nach der Óberzeugung des Senates um solche, die
nicht die für die Zulässigkeit der Klage vorauszusetzende
Klagebefugnis berühren. Sie betreffen vielmehr die materielle
Sachbefugnis, mithin die für die Begründetheit der Klage
erforderliche Aktivlegitimation.
Allerdings ordnet Schütze (a.a.O.) die
aus § 13 Abs. 2 UWG folgende Beschränkung der Verbände auf die
Geltendmachung von Wettbewerbsansprüchen nach dem (deutschen) UWG
als Merkmal der Prozeßführungs- bzw. Klagebefugnis ein, wobei sich
jedoch aus der von ihm in diesem Zusammenhang zitierten
"Domgarten-Brand"-Entscheidung des BGH (a.a.O.) eine solche
Zuordnung nicht ergibt; vielmehr ist darin lediglich davon die
Rede, daß "nur in den Fällen der §§ 1 und 3 UWG
"Unterlassungsansprüche" geltend gemacht" werden können.
Ausführungen zu der Frage, ob dies die Zulässigkeit der Klage oder
ihre Begründetheit betrifft, sind in der genannten Entscheidung
nicht enthalten.
Der Senat vermag sich der
vorbezeichneten Auffassung aus den nachfolgenden Erwägungen jedoch
nicht anzuschließen:
Die in § 13 Abs. 2 UWG einem bestimmten
Personenkreis eingeräumte Rechtsstellung hat eine Doppelnatur.
Sie ist Rechtsgrundlage sowohl eines nach der obigen Terminologie
als Klagebefugnis bezeichneten Prozeßführungsrechts, als auch der
materiellen Sachbefugnis bzw. der Aktivlegitimation (vgl. BGH ZIP
1991, 1026 - "Verbandsausstattung" -; Groß-komm./Erdmann, § 13 Rdn.
15 und 18 m.w.N.). Die aus § 13 Abs. 2 Nr. 3 UWG herzuleitende
Klagebefugnis der Verbraucherverbände folgt nicht aus einer
direkten Rechtsverletzung, sondern ergibt sich aus der Erfüllung
prozessualer Grundvoraussetzungen, die der Verband unabhängig vom
Einzelfall stets nach seiner Konstitution erfüllen muß (vgl.
Großkomm./Erdmann, § 13 Rdn. 16 und 19, 98). Derartige von den
Besonderheiten des konkreten Einzelfalls unabhängige prozessuale
Grundvoraussetzungen stellen beim Verbraucherverband im Sinne von §
13 Abs. 2 Nr. 3 UWG aber nur die Rechtsfähigkeit, die aus der
Satzung zu entnehmenden Aufgabenbereiche und Ziele sowie deren
tatsächliche Umsetzung dar. Ob ein Verband darüber hinaus gerade
einen der in § 13 Abs. 2 UWG genannten Unterlassungsansprüche bzw.
überhaupt die Anwendbarkeit deutschen Rechts voraussetzende
Ansprüche des UWG geltend machen kann und ob er überdies in seinem
satzungsgemäßen Aufgabenbereich betroffen ist, kann hingegen nur
unter Würdigung der sich aus dem konkreten Sachverhalt ergebenden
Besonderheiten des Einzelfalls nach materiellrechtlichen
Gesichtspunkten beurteilt werden, was kennzeichnend für die
Aktivlegitimation, mithin die Frage nach der Begründetheit der
Klage ist. Dies alles spricht dafür, sowohl die Beschränkung der
Klageberechtigung auf die in § 13 Abs. 2 UWG genannten
Unterlassungsansprüche des UWG als auch die erforderliche eigene
Betroffenheit des Verbands in seinem satzungsgemäßen
Aufgabenbereich als Kriterien der Begründetheit der Klage
einzuordnen.
Nach alledem ist die sich allein anhand
der vom Einzelfall unabhängigen prozessualen Grundvoraussetzungen
beurteilende Klagebefugnis des Klägers gem. § 13 Abs. 2 Nr. 3 UWG
und damit insgesamt die Zulässigkeit der Klage zu bejahen.
Allerdings erweist sich die Klage als
unbegründet, weil der klagende Verein nicht aktivlegitimiert
ist.
Dabei bedarf es nicht der Entscheidung,
ob die dem Beklagten konkret vorgeworfene Mitwirkung an dem
Versandhandel zu Gunsten des Klägers einen aus § 3 UWG folgenden
Unterlassungsanspruch ergibt, was wiederum als Grundvoraussetzung
überhaupt die Anwendbarkeit deutschen Rechts auf den zweifelsohne
einen Bezug zu dem französischen Rechtskreis aufweisenden
Sachverhalt fordert.
Nur am Rande sei daher darauf
hingewiesen, daß dies im gegebenen Fall nicht von vorneherein von
der Hand gewiesen werden kann. Sittenwidrige Wettbewerbshandlungen
gehören zu den unerlaubten Handlungen; das auf sie anwendbare
Recht ergibt sich grundsätzlich aus dem Begehungsort. Als solcher
kann zwar in der Regel nur der Ort angesehen werden, an dem die
wettbewerblichen Interesen der Mitbewerber bzw. des Wettbewerbers
und der Allgemeinheit, darunter die Verbraucher,
aufeinandertreffen (BGH NJW 1991, 1054 - "Kaffeefahrt im Ausland -
Kauf im Ausland" -; BGH GRUR 1982, 495/497 - "Domgarten-Brand" -;
BGH GRUR 1964, 316/318 - "Stahlexport" -; BGHZ 35, 329/334 -
"Kindersaugflaschen" -). Darauf, wo ein etwaiger Schaden eintritt
oder wo Vorbereitungshandlungen stattfinden, kommt es nicht an.
Dies schließt es jedoch nicht aus, im Inland begangene Teilakte und
Mitwirkungshandlungen eines sich nach obigen Vorgaben im Ausland
auswirkenden Wettbewerbsverhaltens als deutschem Recht
unterliegenden Wettbewerbsverstoß anzusehen, wenn diese selbständig
- ohne Rücksicht auf die Handlungen der im übrigen Beteiligten -
ihrerseits nach hiesigem Recht einen Wettbewerbsverstoß darstellen
(vgl. BGH a.a.O. - "Domgarten-Brand" -).
Im Hinblick darauf, daß sich die
Mitwirkung des Beklagten an dem Versandhandel hier nicht lediglich
in der bloßen Weiterleitung erschöpfte, sondern daß er dem Zeugen
G. Firmenpostfächer einschließlich der Firmenbezeichnung zur
Verfügung stellte, ist die Einordnung dieser Beteiligung als
eigenständige Wettbewerbswidrigkeit (und nicht lediglich als bloße
"Vorbereitungshandlung") nicht ganz fernliegend.
Im gegebenen Fall kann dies jedoch
deshalb offenbleiben, weil durch die in Frage stehende
Wettbewerbsverletzung jedenfalls nicht in den satzungsgemäßen
Aufgabenbereich des Klägers eingegriffen wird.
Bei der Frage, ob der klagende Verein
in seinem Aufgabenbereich betroffen bzw. verletzt ist, ist zwar
eine großzügige Auslegung geboten (BGH GRUR 1964, 397/398 -
"Damenmäntel" -; Groß-komm./Erdmann, a.a.O., Rdn. 99). Soweit sich
aus der Satzung keine Beschränkung des Aufgabenbereichs ergibt, ist
der Verband daher grundsätzlich durch jeden innerhalb des weiten
Umfangs des Satzungszwecks liegenden Wettbewerbsverstoß verletzt.
Ist der Aufgabenbereich allerdings in persönlicher, sachlicher und
räumlicher Hinsicht beschränkt, so kommt eine Verletzung nur
innerhalb dieses eingegrenzten Bereichs in Betracht (vgl.
Großkomm./Erdmann, a.a.O., Rdn. 99, 89 und 94; Mellulis, a.a.O.
Rdn. 222 und 224 m.w.N.; BGH GRUR 1984, 58/59 - "Mischverband II
"-; BGH GRUR 1983, 658/661 - "Hersteller-Preisempfehlung in
KFZ-Händlerwerbung" -).
Nach den in seine Satzung aufgenommenen
Zielen und Zwecken ist der Kläger hier aber weder in persönlicher,
noch in räumlicher Hinsicht in seinem Aufgabenbereich
verletzt.
Dies gilt zum einen im Hinblick darauf,
daß er danach nur die Interessen von in Deutschland ansässigen
Verbrauchern wahrnimmt, vorliegend jedoch ausschließlich die
Interessen von in Frankreich wohnhaften Verbrauchern betroffen
sind, woraus sich zum anderen zugleich eine räumliche Begrenzung
seines Tätigkeitsbereichs auf die sich in der Bundesrepublik
Deutschland auswirkenden Wettbewerbsverstöße nach dem UWG
ergibt.
Dem Wortlaut der Satzung des klagenden
Vereins ist zwar nicht ausdrücklich eine derartige Beschränkung auf
die Wahrnehmung der Interessen von im Inland wohnhaften
Verbrauchern und auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu
entnehmen.
Sie folgt jedoch aus den nachstehenden,
zur Auslegung des in der Satzung des Klägers niedergelegten
Aufgabenbereichs heranzuziehenden Umständen:
Mitglieder des Klägers sind
ausschließlich deutsche Verbraucherverbände und Organisationen; er
finanziert sich überwiegend aus staatlichen Zuwendungen der
Bundesrepublik Deutschland, was gerade einen Bezug zu in deren
Staatsgebiet ansässigen Verbrauchern nahelegt. Maßgeblich ist aber
vor allem, daß der Kläger keinen einzigen Fall hat vortragen
können, in dem er bereits zur Wahrnehmung von Interessen außerhalb
des Gebiets der Bundesrepublik Deutschland wohnhafter Verbraucher
(deutscher oder ausländischer Staatsangehörigkeit) im Ausland tätig
geworden ist. Soweit er in diesem Zusammenhang einwendet, die in
ihm organisierten Mitglieder, die ihrerseits Verbraucherinteressen
wahrnehmen, stünden in enger Zusammenarbeit mit europäischen
Verbraucherorganisationen, um die Sicherung eines
grenzüberschreitenden Schutzes von Verbraucherinteressen zu
gewährleisten bzw. durchzusetzen, stützt dies gerade die Annahme,
daß die zur Wahrnehmung des eigenen Aufgabenbereichs entfaltete
Tätigkeit national auf das Bundesgebiet beschränkt ist, da er
anderenfalls unmittelbar im ausländischen Staatsgebiet zur
Wahrnehmung der Rechte der dort ansässigen Verbraucher tätig
geworden wäre und nicht - über seine Mitglieder - den Austausch mit
ausländischen Verbraucherschutzorganisationen hätte suchen
müssen.
Durch den Ausschluß des Klägers von der
Wahrnehmung der Rechte auch in EG (EU)-Mitgliedstaaten ansässiger
Verbraucher wird das in Art. 6 EG-Vertrag niedergelegte allgemeine
Diskriminierungsverbot nicht berührt. Es kann schon seinen
tatsächlichen Voraussetzungen nach nicht verletzt sein, weil die
Interessen der französischen Verbraucher hier nicht aus Gründen
der Staatsangehörigkeit keine Berücksichtigung finden, sondern
dies allein deshalb der Fall ist, weil der aus der Satzung zu
ermittelnde Aufgabenbereich des Klägers nicht die Annahme zuläßt,
daß er (auch) die Interessen von im Ausland wohnhaften
Verbrauchern wahrnehme.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97
Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 108, 708 Nr.
10, 711 ZPO.
Die nach § 546 Abs. 2 ZPO
festzusetzende Beschwer des Kläger entspricht dem Wert seines
Unterliegens im vorliegenden Rechtsstreit.
Da die Rechtssache wegen der im
gegebenen Zusammenhang noch nicht höchstrichterlich entschiedenen
Frage der an die "eigene Betroffenheit" eines Verbraucherverbandes
i.S. von § 13 Abs. 2 Nr. 3 UWG zu stellenden Anforderungen von
grundsätzlicher Bedeutung ist, ist die Revision zuzulassen (§ 546
Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
OLG Köln:
Urteil v. 12.05.1995
Az: 6 U 25/94
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/99482052d720/OLG-Koeln_Urteil_vom_12-Mai-1995_Az_6-U-25-94