Oberlandesgericht Hamm:
Urteil vom 19. Januar 2006
Aktenzeichen: 4 U 148/05

(OLG Hamm: Urteil v. 19.01.2006, Az.: 4 U 148/05)

Tenor

Auf die Berufung der Antragstellerin wird das am 9. September 2005 verkündete Urteil der I. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bielefeld abgeändert.

Der Antragsgegnerin wird untersagt, das Kaminofenmodell "W" gemäß nachfolgender Abbildung herzustellen, anzubieten oder zu vertreiben:

- Ablichtung- (auf den Abdruck wird verzichtet)

Der Antragsgegnerin wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht, wobei die Ordnungshaft an dem gesetzlichen Vertreter der Antragsgegnerin zu vollziehen ist.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Antragstellerin stellt Kaminöfen her und vertreibt diese unter anderem an große Baumärkte im gesamten Bundesgebiet. Die Antragsgegnerin befasst sich ebenfalls mit der Herstellung und dem bundesweiten Vertrieb derselben.

Einer der von der Antragstellerin hergestellten Kaminöfen trägt die Bezeichnung "B". Dieses Modell ist mit Priorität vom 01.02.2002 bei der X als Geschmacksmuster zu ............# in der M-Klasse ......# für "G KFT" als Inhaberin eingetragen. Es wird in der Bundesrepublik Deutschland ausschließlich über die von der Antragstellerin belieferten Unternehmen P und P2, ein Internetversandhaus, vertrieben. In dem neuen Katalog der Fa. P2, der im August 2005 an die Kunden ausgeliefert wurde, wird ein Kaminofen unter der Bezeichnung "W" angeboten, deren Herstellerin die Antragsgegnerin ist. Das Aussehen und die Bauweise dieses Kaminofens stimmt mit der des von der Antragstellerin produzierten Modells "B" fast vollständig überein.

Die Antragstellerin ist der Ansicht, durch die Herstellung und den Vertrieb des Kaminofens "W" werde sie in ihren Schutzrechten aus §§ 2, 38 GeschmG und §§ 2, 31 UrhG verletzt; außerdem liege darin auch ein Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 9, 11 UWG.

Sie trägt vor, ihr Modell "B" sei von dem Designer C, einem graduierten Absolventen der Kunsthochschule C, gestaltet worden, der ihr alle seine Nutzungsrechte daran übertragen habe. Das Modell sei im Jahre 2002 eine Neuheit auf dem Markt gewesen; es habe kein vergleichbares Modell gegeben. Die Verkaufszahlen des Modells "B" seien von keinem anderen Modell auch nur annähernd erreicht worden. Dieses sei nicht zuletzt auf die herausragende schöpferische Leistung zurückzuführen, die in dem besonderen Design des Modells zum Ausdruck komme. Sie habe für die bevorstehende Wintersaison bereits 2000 Stück der Öfen vorproduziert. Es stehe zu befürchten, dass ihr durch den Verkauf des Imitats der Antragsgegnerin, das unstreitig von P2 zu einem niedrigeren Preis als ihr Modell "B" angeboten werde, erhebliche Umsatzeinbußen drohten.

Das Landgericht hat durch Urteil vom 9. September 2005 entsprechend dem Antrag der Antragsgegnerin das auf die Herstellung und den Vertrieb des Ofens der Antragsgegnerin gerichtete Verbotsbegehren der Antragstellerin als unbegründet zurückgewiesen.

Die Antragstellerin könne für das eingetragene Muster schon deshalb keinen Schutz beanspruchen, weil sich nicht feststellen lasse, dass dieses Muster die für einen Schutz nach § 2 GeschmG erforderliche Eigenart aufweise. Es unterscheide sich im Gesamteindruck nicht wesentlich von anderen, bereits vor dem Jahr 2002 bekannten Kaminöfen, insbesondere nicht von dem Kaminofen Modell "Q" mit einer Verkleidung aus Speckstein der Fa. P3 (Anlagen AG 1 ff zur Antragserwiderung der Antragsgegnerin vom 8. September 2005).

Ein Unterlassungsanspruch nach § 97 Abs. 1 UrhG stehe der Antragstellerin schon deshalb nicht zu, weil es sich bei dem Ofen mangels der erforderlichen Gestaltungshöhe schon nicht um ein schutzfähiges Kunstwerk i.S.d. § 2 UrhG handele.

Der Antragstellerin stünden auch keine wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsansprüche zu. Denn die Antragsgegnerin handele nicht unlauter i.S.d. §§ 3, 4 Nr. 9 a UWG. Sie täusche nicht über die betriebliche Herkunft des von ihr hergestellten Kaminofens. Der Fa. P2 seien die Hersteller der von ihr angebotenen Kaminöfen ohnehin bekannt. Auch deren Kunden würden nicht getäuscht, weil sowohl bei dem Modell "B", als auch bei dem Modell "W" der Name der Herstellerin jeweils gut lesbar auf der Feuerraumtür angebracht sei. Die Antragstellerin habe auch nicht glaubhaft machen können, dass ihrem Produkt eine besondere Wertschätzung entgegengebracht werde, so dass auch nicht von einer wettbewerbswidrigen Rufausbeutung i.S.d. § 4 Nr. 9 b UWG ausgegangen werden könne.

Gegen dieses Urteil hat die Antragstellerin form- und fristgerecht Berufung eingelegt, mit der sie ihr Verbotsbegehren aus erster Instanz weiterverfolgt.

Unter Ergänzung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages behauptet die Antragstellerin unter Übersendung einer Kopie des Handelsregisterauszuges, dass sie im Handelsregister von U, Ungarn, in den Sprachen Ungarisch, Deutsch und Englisch eingetragen sei als ein und dieselbe Gesellschaft, entsprechend gekennzeichnet durch den übereinstimmenden allein kennzeichnungskräftigen Firmenbestandteil "G". Der weitere Bestandteil kennzeichne nur die Gesellschaftsform in der jeweiligen Sprache.

Gemäß der Fiktion des § 8 GeschmG sei auch von ihrer Rechtsinhaberschaft als eingetragener Inhaber des Geschmacksmusters auszugehen. Der gegenteilige Vortrag der Antragsgegnerin sei schon nicht geeignet, die mangelnde Urheberschaft der Antragstellerin in Frage zu stellen. Denn danach seien von dritter Seite lediglich Anregungen für die Gestaltung des Ofens gegeben worden, die in ihrer Allgemeinheit und Unverbindlichkeit nicht einmal eine Miturheberschaft hätten begründen können.

Das Geschmacksmuster sei zum Anmeldezeitpunkt auch neu und eigenartig i.S.d. § 2 GeschmG gewesen. Keine der Entgegenhaltungen der Antragsgegnerin zeige ein Muster, dessen Gesamteindruck mit dem des geschützten Geschmacksmusters vergleichbar sei. Diese fehlende Vergleichbarkeit falle auch so deutlich aus, dass dem Geschmacksmuster der Antragstellerin entgegen der Ansicht des Landgerichts auch die erforderliche Eigenart zukomme.

Die Antragstellerin beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und anzuordnen:

der Antragsgegnerin wird es untersagt, bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00 oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten Ordnungshaft auch für den Fall, dass das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann, wobei die Ordnungshaft an dem gesetzlichen Vertreter zu vollziehen ist , es ab sofort zu unterlassen, das Kaminofenmodell "W" gemäß nachfolgender Abbildung herzustellen, anzubieten oder zu vertreiben:

- Ablichtung Bl. 222 d.A. - (auf den Abdruck wird verzichtet)

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Berufung der Antragstellerin zurückzuweisen.

Unter Ergänzung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages bestreitet die Antragsgegnerin nach wie vor, dass die Antragstellerin mit der Fa. "G KFT" identisch und damit Inhaberin des eingetragenen Geschmacksmusters sei. Zudem sei dieses Geschmacksmuster wegen fehlender Neuheit, zumindest aber wegen fehlender Eigenart nicht schutzfähig.

Sie behauptet, es habe schon vor dem 01.03.2002 Kaminofenmodelle auf dem Markt gegeben, die sich von diesem Modell im Gesamteindruck nicht oder nur unwesentlich unterschieden hätten. Dieses gelte insbesondere für das Modell "Q" des Herstellers P3 GmbH aus H, das unbestritten schon in dem Katalog dieses Unternehmens für das Jahr 2001 abgebildet gewesen sei. Im übrigen sei die Entwicklung des Modells "B" entscheidend auf Vorgaben der Fa. P2 zurückzuführen. Auch sie, die Antragsgegnerin, habe bei der Herstellung des Modells "W" ausschließlich im Auftrag und gemäß den Vorgaben dieses Unternehmens gehandelt.

Wettbewerbsrechtliche Ansprüche könnten der Antragstellerin schon deshalb nicht zustehen, weil sie selbst in Deutschland nach außen gar nicht als Hersteller und Anbieter des Kaminofens "B" in Erscheinung trete. Selbst auf der Internetseite G werde dieses Modell nicht angeboten.

Gründe

Die Berufung der Antragstellerin ist begründet. Das Landgericht hat das Verbotsbegehren der Antragstellerin zu Unrecht zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat einen Verfügungsgrund nach §§ 935, 940 ZPO hinreichend glaubhaft gemacht. Der Antragstellerin droht, bei der Fa. P ausgelistet zu werden, wenn die Antragsgegnerin ihren Ofen "W" weitervertreiben darf. Damit drohen der Antragstellerin erhebliche wirtschaftliche Nachteile, insbesondere die Gefahr, mit ihrem Modell vom Markt verdrängt zu werden, ohne diese Marktposition nach einem erfolgreichen Hauptsacheverfahren ohne weiteres zurückerobern zu können, auch im Hinblick auf den Preisunterschied (vgl. eidesstattliche Versicherung der Geschäftsführerin der Antragstellerin vom 24. August 2005 als Anlage K 4 zur Antragsschrift).

Die Antragstellerin hat auch einen Verfügungsanspruch nach § 42 GeschmG glaubhaft gemacht.

Nach dieser Vorschrift kann der Verletzte aus einem Geschmacksmuster gegen den Verletzer vorgehen, wenn dieser gem. § 38 GeschmG das Geschmacksmuster ohne Zustimmung des Rechtsinhabers benutzt.

Dies tut die Antragsgegnerin hier.

Dabei ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Ofen "B" für den die Antragstellerin hier Schutz begehrt, als Geschmacksmuster eingetragen ist (vgl. Anlage K 8 zur Antragsschrift sowie den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bl. 90 d.A. R).

Die Antragstellerin hat auch hinreichend glaubhaft gemacht, dass es sich bei dem eingetragenen Inhaber des Geschmacksmusters, nämlich der "G KFT", um sie selbst handelt.

Es handelt sich bei der Antragstellerin nämlich um eine ungarische GmbH. Schon in erster Instanz ist unstreitig gestellt worden, dass die Buchstabenabkürzung "KFT" die ungarische Bezeichnung für "GmbH" ist. Die Antragstellerin hat durch die Vorlage der Handelsregisterauszüge auch glaubhaft gemacht, dass es in Ungarn üblich ist, die deutsche und englische Übersetzung der Gesellschaftsform in das Register mitaufzunehmen. Die in der Geschmacksmustereintragung angegebene Anschrift des Rechtsinhabers stimmt mit der der Antragstellerin überein.

Durch diese internationale Registrierung ist das vorliegende Geschmacksmuster so zu behandeln, wie ein nationales Geschmacksmuster (Eichmann/von Falckenstein GeschmG 3. Aufl., Allgemeines Rz. 26 ff).

Damit sind die formellen Eintragungsvoraussetzungen als erfüllt anzusehen. Die Schutzvoraussetzungen richten sich nach dem deutschen Geschmacksmusterrecht.

Nach § 42 GeschmG stehen die Abwehransprüche aus einem verletzten Geschmacksmuster dem Rechtsinhaber des Geschmacksmusters zu. Nach § 7 GeschmG ist dies grundsätzlich der Entwerfer des Musters. Nach § 8 GeschmG kommt dem eingetragenen Inhaber des Geschmacksmusters aber die Fiktion zugute, dass in Verletzungsverfahren wie hier er als berechtigt und verpflichtet gilt (Eichmann/von Falckenstein a.a.O. § 8 Rz. 2; § 19 Rz. 8). Auch nach der Definition des § 1 Nr. 5 GeschmG gilt als Rechtsinhaber der in das Register eingetragene Inhaber des Geschmacksmusters.

Dies ist hier die Antragstellerin.

Aufgrund dieser Fiktion des § 8 GeschmG für den Verletzungsprozess kommt es infolgedessen auf den Streit der Parteien nicht an, wer tatsächlich als Schöpfer des Ofens "B" anzusehen ist, für den die Antragstellerin hier Schutz begehrt.

Dieses Ergebnis ist auch nicht anders, wenn man in § 8 GeschmG lediglich eine widerlegliche Vermutung für die Rechtsinhaberschaft des eingetragenen Inhabers des Geschmacksmusters sieht (so wohl: Eichmann/von Falckenstein a.a.O. § 1 Rz. 37). Denn das Vorbringen der Antragsgegnerin zur Frage der Mitwirkung bei der Gestaltung des Ofens geht über eine bloße Anregung nicht hinaus. Solche bloßen Gestaltungshinweise und Gestaltungsvorgaben, wie die Antragsgegnerin sie behauptet (vgl. die eidesstattliche Versicherung des Q2 vom 8. September 2005 (Anlage AG 8 Bl. 72 ff d.A.), führen noch nicht zu der Position eines Mitschöpfers, dem nach § 7 Abs. 1 S. 2 GeschmG ebenfalls Rechte an dem Geschmacksmuster zustehen. Damit streitet auch nach dem eigenen Vortrag der Antragsgegnerin nach wie vor die formelle Berechtigung nach § 8 GeschmG für die Antragstellerin als eingetragene Rechtsinhaberin.

Die Verletzungshandlung nach § 38 GeschmG, nämlich die Benutzung des eingetragenen Musters durch die Antragsgegnerin ist hier ohne weiteres gegeben. Denn der Ofen der Antragsgegnerin ist mit dem eingetragenen Modell der Antragstellerin praktisch identisch, was von der Antragsgegnerin auch nicht in Abrede gestellt worden ist (vgl. den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bl. 90 d.A. R, sowie das Gutachten des M2 vom 5. September 2005 (Bl. 50 ff d.A.), dessen Feststellungen die Antragsgegnerin nicht entgegengetreten ist).

Der Erfolg des Verbotsbegehrens der Antragstellerin, das nach § 38 Abs. 2 S. 2 GeschmG neben dem Vertrieb des Verletzerobjektes auch bereits dessen Herstellung erfassen kann, hängt mithin entscheidend davon ab, ob der Ofen der Antragstellerin die Schutzvoraussetzungen nach § 2 Abs. 1 GeschmG erfüllt, nämlich die Neuheit und Eigenart des eingetragenen Musters.

Von der Neuheit i.S.d. § 2 Abs. 2 GeschmG kann hier ohne weiteres ausgegangen werden. Denn neu ist nach dieser Vorschrift ein Muster, wenn vor dem Anmeldetag kein identisches Muster offenbart worden ist.

Einen Ofen wie das eingetragene Muster hat es vorher nicht gegeben. Dabei kommt es nicht (mehr) auf den vorbekannten Formenschatz an, sondern auf die Identität des Musters mit vorbekannten Modellen (Eichmann/von Falckenstein a.a.O. § 2 Rz. 4). Es hat also ein Einzelvergleich stattzufinden (Eichmann/von Falckenstein § 2 Rz. 5). Der Antragsgegnerin ist dabei zwar zuzugeben, dass gem. § 2 Abs. 2 S. 2 GeschmG die Identität nicht als Deckungsgleichheit aufzufassen ist. Eine Unterscheidung in unwesentlichen Einzelheiten schließt die neuheitsschädliche Identität der fraglichen Muster i.S.d. § 2 Abs. 2 S. 1 GeschmG nicht aus.

Die von der Antragsgegnerin aufgeführten Öfen unterscheiden sich aber wesentlich von dem eingetragenen Modell der Antragstellerin. Das gilt auch für den Ofen Q der Fa. P3 (im folgenden: "Q"), der dem eingetragenen Muster noch am nächsten kommt.

Wie nachfolgend dargelegt werden wird, unterscheiden sich diese beiden Öfen in ihrem Gesamteindruck so wesentlich voneinander, dass der Ofen "Q" dem eingetragenen Modell der Antragstellerin nicht dessen Eigenart nehmen kann, so dass er auch nicht neuheitsschädlich sein kann. Denn ein unterschiedlicher Gesamteindruck kann nur durch unterschiedliche wesentliche Einzelheiten entstehen.

Wie die Neuheit eines eingetragenen Musters kann auch dessen Eigenart i.S.d. § 2 Abs. 3 GeschmG nur durch einen Einzelvergleich ermittelt werden (Eichmann/ von Falckenstein a.a.O. § 2 Rz. 12; Eingabe zum Geschmacksmusterreformgesetz vom 24. Juni 2002, GRUR 2002, 952, 953; Haberl WRP 2002, 907; Kur, GRUR 2002, 665). Maßgebend ist nicht mehr die Gesamtheit des vorbekannten Formenschatzes wie unter der Geltung des alten Geschmacksmusterrechtes, wonach es für die Schutzfähigkeit des Musters auf dessen Eigentümlichkeit ankam (Eichmann/ von Falckenstein § 2 Rz. 16). Insoweit hat ein Maßstabswechsel stattgefunden, als es nicht mehr auf eine bestimmte Schöpfungshöhe des Musters ankommt, sondern auf die Unterscheidbarkeit des geschützten Musters von einzelnen vorbekannten anderen Mustern. Dem ist das Landgericht nicht gerecht geworden, indem es wie früher zu sehr auf den allgemein bekannten Formenschatz abgestellt hat. Es geht aber eben nicht mehr um den Schutz des Ergebnisses einer besonderen Designerleistung (Eichmann/von Falckenstein a.a.O. § 2 Rz. 12), sondern nur noch darum, dass das geschützte Muster gewissermaßen ein eigenes Gesicht hat, hier also dass der Ofen der Antragstellerin sich von den vorbekannten Öfen unterscheidet. Auf die künstlerische Gestaltungshöhe kommt es nicht (mehr) an. Es ist unerheblich, ob ein Dritter auf die entscheidende Gestaltungsidee auch hätte kommen können, ob also das Können eines durchschnittlichen Designers überschritten wird, damit eine Eigentümlichkeit des eingetragenen Musters angenommen werden konnte (BGH GRUR 2001, 503 - Sitz-Liegemöbel; Eichmann/von Falckenstein a.a.O. § 2 Rz. 12). Vielmehr kommt es nunmehr allein darauf an, ob ein dritter Designer tatsächlich schon vorher darauf gekommen ist, ein Muster wie das eingetragene zu schaffen. Das ist hier nicht der Fall.

Bei dem danach erforderlichen Einzelvergleich kann man sich folglich bei der Prüfung auf das vorbekannte Muster beschränken, das dem eingetragenen Muster am nächsten kommt. Das ist hier der "Q"-Ofen gemäß den Anlagen AG 1 und AG 2 der Antragserwiderung vom 8. September 2005 (dabei ist die Anlage AG 2 mit der Anlage AG 1 abgesehen von dem Material identisch). Die übrigen Muster sind schon auf den ersten Blick anders als das eingetragene Muster der Antragstellerin.

Allein die Gegenüberstellung der beiden Öfen auf der Rückseite des P2-Kataloges vom Herbst/Winter 2002 einerseits (Ofen der Antragstellerin) und dem "Q"-Ofen auf dem Deckblatt des Prospektes der Fa. P3 von 2001 andererseits lassen aber schon hinreichend deutliche Unterschiede erkennen, die dem Ofen der Antragstellerin die nötige Eigenart nach § 2 GeschmG belassen. Das Landgericht hat bei seinem Vergleich zu sehr auf den Aufbau der Öfen abgestellt, nämlich die Abfolge Tee-Fach, Brennkammer, Holzfach. Insoweit sieht notgedrungen ein Ofen aber fast wie der andere aus. Für den informierten Benutzer, auf den es nach § 2 Abs. 3 GeschmG entscheidend ankommt, haben die Merkmale Bedeutung, bei denen sich der gestalterische Wille des Designers niederschlagen kann (Eichmann/von Falckenstein a.a.O. § 2 Rz. 28). Insoweit macht aber der "Q"-Ofen einen kompakteren Eindruck, was durch den schweren Rahmen bedingt ist, durch den die Brennkammer beherrschend in den ganzen Ofen gestellt ist und so in den Vordergrund gerückt wird. Dies ist beim Ofen der Antragstellerin entscheidend anders. Hier wirkt die Brennkammer frei schwebend, wodurch der Ofen ein eleganteres Aussehen erhält. Ob das unter ästhetischen Aspekten wirklich vorzugswürdiger ist und ob diese Anordnung der Brennkammer eine besondere Leistung des Designers darstellt, ist nicht entscheidend. Infolgedessen ist es auch unerheblich, dass der Ofen der Antragstellerin einen Preis bekommen hat (vgl. Anlage K 7 zur Antragsschrift). Wenn es andere Öfen von gleicher Eigenart schon vorher gegeben hätte, würde dieser Preis der Antragstellerin nicht weiterhelfen.

Allein entscheidend ist, dass für den informierten Betrachter der Ofen der Antragstellerin einen Wiedererkennungswert hat, der ihn gegenüber dem "Q"-Ofen unverwechselbar sein lässt. Dieser andere Gesamteindruck reicht zur Begründung der Eigenart i.S.d. § 2 GeschmG aus.

Als neues und eigenartiges Muster i.S.d. § 2 Abs. 1 GeschmG genießt der Ofen der Antragstellerin damit Schutz gegenüber dem nahezu identisch gestalteten Ofen der Antragsgegnerin, so dass die Antragstellerin nach §§ 42 Abs. 1, 38 Abs. 1 GeschmG dessen Herstellung und Vertrieb verbieten lassen kann.

Da das Verbotsbegehren der Antragstellerin aus dem in erster Linie zur Entscheidung gestellten Geschmacksmuster bereits Erfolg hat, braucht über die weiteren, lediglich hilfsweise verfolgten Verbotsansprüche aus dem Urheberrecht und dem UWG nicht mehr entschieden zu werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Ziff. 10 ZPO.






OLG Hamm:
Urteil v. 19.01.2006
Az: 4 U 148/05


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