Bundespatentgericht:
Beschluss vom 5. Dezember 2006
Aktenzeichen: 27 W (pat) 1/06
(BPatG: Beschluss v. 05.12.2006, Az.: 27 W (pat) 1/06)
Tenor
Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 25 vom 27. Oktober 2005 aufgehoben und die Marke 304 24 503 aufgrund des Widerspruchs aus der Gemeinschaftsmarke 2 415 263 gelöscht.
Gründe
I.
Gegen die am 23. August 2004 erfolgte Eintragung der Wortmarke 304 24 503 McGordon, für:
Anzüge, Babywindelhosen, Babywäsche, Badeanzüge, Badehosen, Bademäntel, Bademützen, Badesandalen, Badeschuhe, Bandanas (Tücher für Bekleidungszwecke), Bekleidung aus Lederimitat, Bekleidung für Autofahrer, Bodysuits (Teddys, Bodys), Büstenhalter, Camisoles, Chasubles, Damenkleider, Einstecktücher, Fausthandschuhe, Westen, Gabardinebekleidung, Geldgürtel, Gymnastikbekleidung, Gymnastikschuhe, Gürtel, Halstücher, Handschuhe, Hausschuhe, Hemd-Höschenkombinationen, Hemd-Blusen, Hemden, Hemdkragen, Hemdplastrons, Hosen, Hosenträger, Hüftgürtel, Hüte, Jacken, Jerseykleidung, Joppen, Kapuzen, Kleidereinlagen, Kleidertaschen, Konfektionskleidung, Kopfbedeckungen, Korsettleibchen, Korsetts, Kragen, Krawatten, Krawattentücher, Käppchen, Lederbekleidung, Leibwäsche, Lätzchen, Manschetten, Mantillen, Mieder, Mitren, Morgenmäntel, Muffe, Mäntel, Mützen, Mützenschirme, Oberbekleidungsstücke, Ohrenschützer, Overalls, Parkas, Pelerinen, Pelze, Petticoats, Pullover, Radfahrerbekleidung, Regenmäntel, Röcke, Sandalen, Saris, Schals, Schärpen, Schlafanzüge, Schleier, Schlüpfer, Schuhe, Schuhwaren, Schürzen, Slips, Socken, Sockenhalter, Sportschuhe, Stiefel, Stirnbänder, Stoffschuhe, Stolen, Strandanzüge, Strandschuhe, Strumpfbänder, Strumpffersen, Strumpfhalter, Strumpfhosen, Strümpfe, Sweater, T-Shirts, Togen, Trikotkleidung, Trikots, Unterhosen, Unterwäsche, Wadenstrümpfe, Wirkwaren, Zylinderhüteist Widerspruch eingelegt von der Inhaberin der Gemeinschaftsmarke 2 415 263 Grafik
, die seit Juni 2003 eingetragen ist für:
Seifen, Parfümeriewaren, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege; Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder damit plattierte Waren, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind, Juwelierwaren, Schmuckwaren, Edelsteine, Uhren und Zeitmessinstrumente; Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen.
Die Markenstelle für Klasse 25 hat den unbeschränkten Widerspruch mangels Ähnlichkeit der Marken zurückgewiesen. Graphisch und schriftbildlich riefen beide Marken einen deutlich verschiedenen visuellen Gesamteindruck hervor, auch klanglich sei keine zur Verwechslungsgefahr führende Ähnlichkeit gegeben. Das Widerspruchszeichen beinhalte drei Wortbestandteile mit fünf Silben, während das angegriffene Zeichen lediglich dreisilbig sei. Selbst wenn man der Wortfolge "MAX GORDON" auf Seiten der Widerspruchsmarke eine prägende Stellung beimesse, sei der Unterschied gegenüber "McGordon" deutlich. Der bekannte Vorname "Max" werde als solcher wahrgenommen und führe dazu, dass "MAX GORDON" als eine Bildung aus Vor- und Familiennamen erkannt werde. Dagegen führe der Bestandteil "Mc" der jüngeren Marke, der dem Publikum als gängiger Bestandteil irischer und schottischer Namen geläufig sei, dazu, dass das angegriffene Zeichen als mit diesem Namensbestandteil eingeleitete Nennung eines Nachnamens erscheine. Für eine Verwechslungsgefahr aus anderen Gründen seien keine Gesichtspunkte ersichtlich.
Dagegen wendet sich die Widersprechende. Sie ist der Ansicht, angesichts der Warenidentität im Bereich der "Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen" seien die Unterschiede zwischen der mindestens durchschnittlich kennzeichnungskräftigen Widerspruchsmarke und der jüngeren Marke nicht ausreichend. Der Zusatz "Paris" sei im Modebereich nicht als Hinweis auf eine individuelle Herkunft zu verstehen, so dass sich die klanglich verwechselbaren Bezeichnungen "MAX GORDON" und "McGordon" gegenüberstünden. Es bestehe kein Anhaltspunkt dafür, dass im Modebereich der deutsche Verkehr an den Bestandteil "Mc" derart gewöhnt sei, dass er durch die Herkunft dieses Bestandteils einen hinreichenden Anhaltspunkt hätte, ihn deutlich von dem "Max" der Widerspruchsmarke abzugrenzen. Klangrhythmus und Aussprache seien fast gleich, da der lautliche Unterschied kaum wahrnehmbar sie.
Die Widersprechende beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Marke 304 24 503 aufgrund des Widerspruchs aus der Gemeinschaftsmarke 2 415 263 zu löschen.
Demgegenüber beantragt die Markeninhaberin, die im Beschwerdeverfahren ihren Vortrag aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt, demzufolge die Marken sich klanglich deutlich unterschieden, die Beschwerde zurückzuweisen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg, weil eine Gefahr von Verwechslungen der Vergleichmarken i. S. d. §§ 42, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG besteht.
Die Frage der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls anhand der in Wechselbeziehung zueinander stehenden Faktoren des Grades der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der von ihnen erfassten Waren und Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zu beurteilen (vgl. EuGH GRUR 1998, 922, 923 - Canon; MarkenR 1999, 236, 239 - Lloyd). Aufgrund der Wechselbeziehung dieser gegeneinander abzuwägenden Faktoren kann bei einem hohen Grad der Ähnlichkeit der Marken und gesteigerter Kennzeichnungskraft der älteren Marke schon ein geringfügiger Grad der Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen für die Annahme einer Verwechslungsgefahr ausreichen und umgekehrt (vgl. BGH GRUR 2004, 235, 237 - Davidoff II; GRUR 2004, 239 - DONLINE, jew. m. zahlr. w. N.). Dabei ist auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen (st. Rspr., vgl. z. B. EuGH a. a. O. - Lloyd), dessen Aufmerksamkeit je nach der Art der betreffenden Waren unterschiedlich hoch sein kann (vgl. BGH GRUR 2000, 506 - ATTACHE/TISSERAND).
Im vorliegenden Fall ist mangels anderer Anhaltspunkte von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen. Zwischen den im vorliegenden Fall zu betrachtenden beanspruchten Waren besteht Identität, da die Waren der jüngeren Marke sämtlich unter die Oberbegriffe "Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen" der Widerspruchsmarke fallen, so dass es eines erheblichen Unterschiedes zwischen den Marken bedürfte, um eine markenrechtliche Verwechslungsgefahr sicher auszuschließen (vgl. BGH, GRUR 1999, 990, 991 - Schlüssel). Solch ein Unterschied ist vorliegend nicht gegeben.
Was die Ähnlichkeit der Marken und die daraus zu ziehenden Folgerungen angeht, vermag der Senat der Ansicht der Markeninhaberin nicht zu folgen. Von ihrem jeweiligen Gesamteindruck, auf den bei der Beurteilung der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr unabhängig vom Prioritätsalter der einander gegenüberstehenden Zeichen grundsätzlich abzustellen ist (st. Rspr., vgl. EuGH GRUR 1998, 397 - Sabel/Puma; BGH GRUR 2002, 1067, 1069 - DKV/OKV), unterscheiden sich die jeweiligen Marken zwar in schriftbildlicher und graphischer Form deutlich. Dies ist aber in klanglicher Hinsicht nicht der Fall, da entsprechend den Darlegungen des angefochtenen Beschlusses für die klangliche Verwechslungsgefahr letztlich auf die einander gegenüberstehenden Zeichenteile "MAX GORDON" und "McGordon" abzustellen ist. Der Bestandteil "paris" des angegriffenen Zeichens tritt optisch in Größe und Anordnung zurück. Zudem ist er nur schwer lesbar. Wird er aber als "Paris" verstanden, so ist er gerade im Modebereich ein die örtliche Herkunft beschreibender Sachhinweis, der bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu vernachlässigen ist. Beide Zeichen enthalten die - weitesten Teilen des Publikums ohne Weiteres als Namensbestandteil erkennbare - Buchstabenfolge "Gordon". Ein Unterschied besteht in den weiteren Bestandteilen; dieser führt indes nicht dazu, dass eine klangliche Verwechslungsgefahr ausgeschlossen werden könnte.
Zwar ist im Gegensatz zur Ansicht der Widersprechenden nicht anzunehmen, dass die Zeichenbestandteile "Mc" und "Max" im Modebereich in etwa gleich ausgesprochen würden, weil der Verkehr den schottischirischen Ursprung des "Mc" nicht erkenne und daher zu einer Aussprache als "Mak" tendieren werde. Der Namensbestandteil "Mc" ist dem inländischen Publikum, worauf schon die Markenstelle zutreffend hingewiesen hat, allgemein bekannt, und dies keineswegs nur im Bereich der Schnellimbisse (McDonald's). So ist die Bezeichnung "McPaper" für eine Angebotslinie in den Filialen der Deutschen Post AG dem allgemeinen Publikum über längere Zeit unübersehbar begegnet. Es gibt auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass die übliche Aussprache des Namensbestandteils "Mc" im Inland, nämlich "mek", im hier relevanten Bereich der Bekleidungsstücke, Schuhwaren und Kopfbedeckungen anders möglich sein sollte, zumal in diesen Warenbereichen Produkte aus dem englischsprachigen Raum (vgl. Burberrrys, Fred Perry, Lonsdale, Arrow, McNeal, McKinley), wie dem Senat aus zahlreichen Verfahren seit langem bekannt ist und in der mündlichen Verhandlung angesprochen wurde, durchaus eine nicht geringe Verbreitung haben. Es ist auch davon auszugehen, dass der Anteil jener Verbraucher, die den - u. a. - deutschen Vornamen "Max" etwa anglisierend als "Mäx" aussprechen, eher zu vernachlässigen sein dürfte, zumal im konkreten Fall der Widerspruchsmarke der nicht ganz zu vernachlässigende Hinweis "paris" von einer Anlehnung an eine englischsprachige Aussprache zusätzlich wegführt.
Eine hinreichend deutliche Unterscheidbarkeit vermögen diese Unterschiede gleichwohl nicht zu begründen, denn bei den hier in Rede stehenden Vergleichsmarken stehen sich die Bestandteile "MAX" und "Mc" nicht isoliert gegenüber. Vielmehr leiten sie in der Aussprache als weniger betonte Bestandteile zu dem zweisilbigen, durch den dunklen langen Vokal auf der ersten Silbe gekennzeichneten Namen "Gordon" hin. Schon bei normalen sprachlichen Übermittlungsbedingungen wird damit der - für sich betrachtet - gegebene Unterschied zwischen "Mc" und "Max" derart überlagert, dass der angesichts der Identität der beanspruchten Waren erforderliche Abstand der Vergleichsmarken nicht mehr gegeben ist.
Es bestand keine Veranlassung, hinsichtlich der Kosten von dem Grundsatz des § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG abzuweichen.
BPatG:
Beschluss v. 05.12.2006
Az: 27 W (pat) 1/06
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