Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. April 2009
Aktenzeichen: 26 W (pat) 49/08
(BPatG: Beschluss v. 22.04.2009, Az.: 26 W (pat) 49/08)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I Gegen die Eintragung der für die Waren "Weine" registrierten Wortmarke 303 31 341 "SINN" ist Widerspruch eingelegt worden aus der für die Waren "Alkoholische Getränke (ausgenommen Biere)" eingetragenen prioritätsälteren Wortmarke 2 019 499 "ZINN 40".
Die Markenstelle für Klasse 33 hat die Anmeldung in zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Widersprechende habe auf die zulässige Einrede der Markeninhaberin die Benutzung der Widerspruchsmarke innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Entscheidung über den Widerspruch nicht in ausreichender Weise glaubhaft gemacht. Darüber hinaus bestehe auch keine Verwechslungsgefahr.
Angesichts nur mittlerer Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Waren halte die angegriffene Marke "Sinn" bei durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der älteren Marke einen ausreichenden Zeichenabstand zur Widerspruchsmarke "Zinn 40" ein. Der Prüfung der Zeichenähnlichkeit sei die Widerspruchsmarke "Zinn 40" in ihrer Gesamtheit zugrunde zu legen. Es sei nicht lediglich der Zeichenbestandteil "Zinn" abzustellen. Hierbei sei davon auszugehen, dass einem relevanten Teil des von der Widerspruchsmarke angesprochenen Verkehrs der Bedeutungsgehalt der Zahl "40" in Bezug auf den Alkoholgehalt eines unter der Widerspruchsmarke angebotenen Getränks unbekannt sei. Verwechslungsgefahr bestehe aber auch dann nicht, wenn die Zahl "40" bei der Frage der Zeichenähnlichkeit außer Betracht gelassen werde, da der Verkehr die Unterschiede der sich gegenüberstehenden Begriffe in Richtung auf die unterschiedlichen Anfangsbuchstaben "Z" bzw. "S" wahrnehme und keine Anhaltspunkte für eine gedankliche Verbindung der angegriffenen Marke zum Unternehmen der Widersprechenden bestünden.
Hiergegen wendet sich die Widersprechende mit ihrer Beschwerde. Zur Begründung verweist sie auf ihr Vorbringen im Verfahren vor der Markenstelle, wonach eine die Verwechslungsgefahr begründende Zeichenähnlichkeit zwischen den sich gegenüberstehenden Marken bestehe, da eine Vielzahl von Wörtern existiere, bei denen die Anfangsbuchstaben "S" und "Z" nahezu gleich ausgesprochen würden
(z. B. Zaragoza/Saragossa, Zarah/Sarah) und dem Verkehr auch in schriftbildlicher Hinsicht die geringen Unterschiede in den Anfangsbuchstaben nicht notwendigerweise auffielen. Der Bestandteil "40" der Widerspruchsmarke sei bei der Verwechslungsprüfung zu vernachlässigen, da darin der Verkehr einen glatt beschreibenden Hinweis auf den Alkoholgehalt der solchermaßen gekennzeichneten Ware erkenne.
Die Widersprechende beantragt sinngemäß, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 33 vom 16. Januar 2006 und vom 23. April 2008 aufzuheben und die Löschung der Eintragung der angegriffenen Marke anzuordnen.
Die Markeninhaberin hat keinen Antrag gestellt und sich auch sonst nicht im Beschwerdeverfahren geäußert.
II Der zulässigen Beschwerde der Widersprechenden ist im Ergebnis der Erfolg versagt. Für die Entscheidung des Senats kann hierbei dahinstehen, ob den angegriffenen Beschlüssen der Markenstelle folgend die Beschwerde schon aufgrund der von der Markeninhaberin erhobenen Nichtbenutzungseinrede nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG unbegründet ist. Jedenfalls fehlt es im Streitfall an einer Verwechslungsgefahr der sich gegenüberstehenden Marken im Sinne von § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG i. V. m. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.
Nach den genannten Vorschriften ist eine Marke zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Für die Frage der Verwechslungsgefahr ist von dem allgemeinen kennzeichenrechtlichen Grundsatz einer Wechselwirkung zwischen allen in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der zu beurteilenden Marken, der Identität oder Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen und der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen oder der Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr., vgl. BGH GRUR 2007, 1066, 1067/1068 -Kinderzeit; GRUR 2006, 859, 860 -Malteserkreuz; GRUR 2006, 60, 61 -cocodrillo; GRUR 2005, 513, 514 -MEY/Ella May).
Die Waren "Weine" der angegriffenen Marke fallen unter den Oberbegriff "Alkoholische Getränke (ausgenommen Biere)" der Widerspruchsmarke, so dass entgegen der Auffassung der Markenstelle nicht nur von mittlerer Warenähnlichkeit, sondern von einer Identität der Vergleichswaren auszugehen ist (vgl. BPatG PAVIS PROMA -26 W (pat) 89/07 -).
Die Widerspruchsmarke genießt trotz des beschreibenden Anklangs im Wortbestandteil "Zinn" für die angemeldeten Waren eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Anhaltspunkte für eine Erweiterung oder Einschränkung des Schutzbereichs der Widerspruchsmarke aufgrund gesteigerter Kennzeichnungskraft oder aufgrund Kennzeichnungsschwäche haben die Parteien nicht dargetan; solche sind auch nicht ersichtlich. Den bei dieser Sachlage an den Ausschluss einer Verwechslungsgefahr zu fordernden deutlichen Zeichenabstand hält die angegriffene Marke ein.
Bei der umfassenden Beurteilung der unmittelbaren Verwechslungsgefahr hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, im Klang oder in der Bedeutung ist stets auf den durch die Gesamtheit vermittelten Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen (vgl. BGH GRUR 2005, 326, 327 -il Padrone/ Il Portone). Dabei kommt es entscheidend darauf an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher dieser Art von Waren oder Dienstleistungen wirkt. Der Durchschnittsverbraucher nimmt eine Marke regelmäßig als Ganzes wahr und achtet weniger auf die verschiedenen Einzelheiten. Insbesondere neigt der Durchschnittsverbraucher nicht zu einer Analyse möglicher Bestandteile und Begriffsbedeutungen (vgl. BGH GRUR 2000, 605, 606 -comtes/ComTel).
Hiernach steht einer Verwechslungsgefahr in klanglicher bzw. in schriftbildlicher Hinsicht entgegen, dass der Zeichenbestandteil "40" der Widerspruchsmarke keine Entsprechung in der angegriffenen Marke findet. Bei Vorliegen einer Kombinationsmarke -wie sie die Widerspruchsmarke darstellt -kann eine Verwechslungsgefahr aufgrund eines übereinstimmend ähnlichen Bestandteils (was nach Auffassung der Widersprechenden hinsichtlich "Sinn" und "Zinn" der Fall ist) nur bejaht werden, wenn der Bestandteil den maßgeblichen Gesamteindruck des betreffenden Zeichens derart prägt, dass die übrigen Bestandteile im Gesamteindruck zurücktreten und deshalb vernachlässigt werden können (vgl. BGH GRUR 2008, 903, 904 -SIERRA ANTIGUO; GRUR 2004, 865, 866 -Mustang; GRUR 2004, 598, 599 -Kleiner Feigling). Entgegen der Auffassung der Widersprechenden kann hiervon nicht ausgegangen werden. Dem steht bereits der Begriffsgehalt des Zeichenbestandteils "Zinn" (= Metall) der Widerspruchsmarke entgegen. Zudem ist nicht auszuschließen, dass ein nicht unerheblicher Teil des angesprochenen Verkehrs der Zahlenangabe "40" keine beschreibende Bedeutung im Sinne des Alkoholgehalts des unter der Widerspruchsmarke angebotenen Getränks beimisst. Überdies wäre die Zahl "40" auch als beschreibender oder als kennzeichnungsschwacher Markenbestandteil in die Kollisionsprüfung mit einzubeziehen und dürfte nicht von vorneherein unberücksichtigt bleiben (vgl. BGH GRUR 2004, 783, 785 -NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX; GRUR 1999, 735, 736 -MONOFLAM/POLYFLAM; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl. 2006, § 9 Rn. 274).
Somit steht einem aus zwei Wörtern bestehenden Kombinationszeichen ein Einwortzeichen gegenüber, was dem Verkehr sowohl in klanglicher als auch in schriftbildlicher Hinsicht nicht verborgen bleibt und unabhängig von den weiteren Zeichenunterschieden (den Anfangsbuchstaben "S" bzw. "Z") zum Ausschluss einer unmittelbaren Verwechslungsgefahr führt, wobei entgegen der Auffassung der Widersprechenden, angesichts des in den Vergleichsmarken enthaltenen Sinngehalts von einer deutlich unterschiedlichen Aussprache der Anfangsbuchstaben "S" und "Z" auszugehen ist.
Anhaltspunkte für eine mittelbare Verwechslungsgefahr durch gedankliches Inverbindungbringen liegen nicht vor. Abgesehen davon, dass die Widersprechende den Bestand einer benutzten Zeichenserie als Voraussetzung für eine mittelbare Verwechslungsgefahr nicht geltend gemacht hat, steht einer gedanklichen Verbindung der sich gegenüberstehenden Zeichen der Bedeutungsgehalt von "Sinn" bzw. "Zinn" entgegen.
Der Fall bietet keinen Anlass, vom Grundsatz, wonach jeder Beteiligte seine Kosten selbst zu tragen hat (§ 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG), abzuweichen.
Dr. Fuchs-Wissemann Reker Lehner Bb
BPatG:
Beschluss v. 22.04.2009
Az: 26 W (pat) 49/08
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