Oberlandesgericht Hamburg:
Beschluss vom 5. Januar 2009
Aktenzeichen: 3 W 155/08

(OLG Hamburg: Beschluss v. 05.01.2009, Az.: 3 W 155/08)

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts Hamburg, Kammer 6 für Handelssachen, vom 30. Oktober 2008 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt auch die Kosten der Beschwerde.

Der Streitwert der Beschwerde wird ebenfalls auf € 25.000,- festgesetzt.

Gründe

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist unbegründet, eine wettbewerbswidrige Handlung der Antragsgegnerin ist nicht dargelegt.

Die Antragstellerin trägt darauf an, der Antragsgegnerin zu verbieten,

- im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs

- drei im Einzelnen beschriebene Koppelungstonträger

- zu vertreiben, anzubieten oder sonst in den Verkehr zu bringen,

- soweit im Rahmen des Internetversandes www.g...de

- und/oder auf der Covervorder- und/oder Rückseite

- nicht unübersehbar unmissverständlich auf Neueinspielungen hingewiesen wird

- unter Zuordnung der Titel und Künstler (€Neueinspielung/Originalaufnahme€).

Zum Sachverhalt trägt die Antragstellerin vor, dass im Internetshop der Antragsgegnerin drei €Greatest Hits oft the 70´s€-Sampler erworben werden können, die bei jeweils mindestens sieben bis acht Musikstücken nicht die Originaleinspielung, die seinerzeit ein Hit gewesen ist, sondern Neueinspielungen enthielten. Dazu bezieht sie sich auf die schlecht lesbare Kopie einer eidesstattlichen Versicherung eines Herrn E. Auf den umhüllenden Außencovern der Tonträger werde der Eindruck hervorgerufen, es handele sich um die Originalversionen der Hits. Ein Hinweis auf die Neueinspielungen finde sich äußerst klein und an versteckter Stelle erst im Booklet des jeweiligen Tonträgers. Soweit im Internet-Angebot bei jedem der Tonträger angegeben sei, dass es sich €größtenteils um Neuaufnahmen früherer Hits€ handele, sei dies zum Ausschluss von Fehlvorstellungen und zur Erfüllung gesetzlicher Vorgaben zur Spezifizierung der Eigenschaften der zum Kauf angebotenen Produkte nicht ausreichend.

Einzig zu beurteilende Handlungen sind Angebot und Vertrieb der Koppelungstonträger im Fernabsatz über den Internetshop. Dafür liegen die Voraussetzungen des Irreführungstatbestandes aus §§ 3, 5 UWG nicht vor, denn es wird keine Fehlvorstellung erzeugt. Mit dem Hinweis, dass es sich Größtenteils um Neueinspielungen handelt, wird dem interessierten Publikum hinreichend deutlich gesagt, dass bei keinem der Titel davon ausgegangen werden kann, dass es sich um die seinerzeit zum Hit gewordene Originaleinspielung handelt. Der Interessent weiß zwar nicht, von welchem Titel er die Originalversion erhalten wird und sicherlich wäre dies für den Kaufentschluss vieler von Interesse. Damit wird aber keine Fehlvorstellung über die Eigenschaften des Tonträgers hervorgerufen. Der Referenzverbraucher € also der normal informierte, durchschnittlich verständige und situationsadäquat aufmerksame Durchschnittsverbraucher - erwirbt vielmehr ein Produkt voller Überraschungen, er trifft seine Kaufentscheidung aber sehenden Auges. Eine Erwartung, ganz bestimmte Titel, die dereinst zum Hit geworden waren, in der Originaleinspielung zu erhalten, wird nicht erweckt und genährt.

Das Angebot verstößt auch nicht gegen §§ 312 c Abs. 1 BGB, 1 Abs. 1 Nr. 4 BGB-InfoV. Danach muss im Fernabsatz von Waren über deren wesentliche Merkmale informiert werden. Dieser Vorschrift genügt die mit der Produktbeschreibung gegebene Information: dem Verbraucher wird mitgeteilt, dass es sich um Sampler mit Hits der 70iger Jahre handelt, welche Titel auf dem Tonträger geboten werden und dass es sich größtenteils um Neueinspielungen handelt. Der Konsument weiß also, worauf er sich einlässt. Das Produkt ist gleichsam eine Wundertüte und wird auch als solche angeboten.

Auf alles Weitere kommt es nicht an. Insbesondere geht es nicht darum, dass auf der äußeren Umhüllung der Produkte nicht auf den Umstand der Neueinspielungen hingewiesen wird. Der Tonträger wird von der Antragsgegnerin nicht in einem offenen Ladengeschäft veräußert, sondern nur über den Internetshop mit der auf diesen Umstand hinweisenden Produktbeschreibung. Auf eine sog. Post-Sale-Confusion kommt es für beide Normen, auf die der Unterlassungsantrag gestützt ist, nicht an. Derjenige, der den Tonträger bestellt hat, weiß, worauf er sich eingelassen hat und Dritte, die den Tonträger beim Käufer sehen, werden von dem Verbot, Produkte in irreführender Weise anzubieten und zu vertreiben, und von den Informationspflichten von § 312 c BGB und der BGB-InfoV nicht geschützt.

Nach allem kann offen bleiben, ob der Antrag auch wegen rechtsmissbräuchlichen Vorgehens unbegründet wäre.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.






OLG Hamburg:
Beschluss v. 05.01.2009
Az: 3 W 155/08


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