Bundespatentgericht:
Beschluss vom 30. November 2005
Aktenzeichen: 19 W (pat) 12/04
(BPatG: Beschluss v. 30.11.2005, Az.: 19 W (pat) 12/04)
Tenor
Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse H 02 P des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 10. Dezember 2003 aufgehoben und das Patent erteilt.
Bezeichnung: Verfahren und Vorrichtung zur Steuerung des Antriebs einer Fördereinrichtung.
Anmeldetag: 15. Juni 2001 Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde:
Patentansprüche 1 bis 16, sowie Beschreibung Seiten 1 bis 19, sämtlich überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 30. November 2005, mit Zeichnungen gemäß Offenlegungsschrift.
Gründe
I Das Deutsche Patent- und Markenamt - Prüfungsstelle für Klasse H 02 P - hat die am 15. Juni 2001 eingereichte Patentanmeldung nach fruchtlosem Ablauf einer mehrfach verlängerten Äußerungsfrist aus den Gründen des Bescheides vom 24. Juni 2002 zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin vom 13. Januar 2001, mit der sie in erster Linie beantragt hat, den Zurückweisungsbeschluss als "gegenstandslos" zu erklären, soweit dieser der Akte 101 28 839 hätte gelten sollen, und die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen.
Die Anmelderin hat in der mündlichen Verhandlung neue Unterlagen eingereicht und beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent mit den folgenden Unterlagen zu erteilen:
Patentansprüche 1 bis 16, sowie Beschreibung Seiten 1 bis 19, sämtlich überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 30. November 2005, mit Zeichnungen gemäß Offenlegungsschrift.
Der Patentanspruch 1 lautet (mit einer eingefügten Merkmalsgliederung):
"Verfahren zur Steuerung des Antriebs einer einen Antriebsmotor (26) und einen mindestens hinsichtlich der Frequenz und der Phasenlage seiner Ausgangsspannung steuerbaren Frequenzumrichter (42) aufweisenden, zwischen einem Lastbetrieb und einem Leerbetrieb umschaltbaren Fördereinrichtung (10), insbesondere in Form einer Fahrtreppe oder eines Fahrsteigs, wobei:
a) der Antriebsmotor (26) im Lastbetrieb mit einer Netzspannung mit im wesentlichen konstanter Netzfrequenz und im Leerbetrieb mit der Frequenzumrichterausgangsspannung gespeist wird;
b) die Phasendifferenz zwischen der Phasenlage der Netzspannung und der Phasenlage der Frequenzumrichterausgangsspannung ermittelt wird;
c) die Phasenlage der Frequenzumrichterausgangsspannung entsprechend der ermittelten Phasendifferenz korrigiert und damit im wesentlichen auf Übereinstimmung mit der Phasenlage der Netzspannung gebracht wird;
d) die Netzspeisung des Antriebsmotors (26) beendet wird, sobald (t3) diese Übereinstimmung erreicht ist;
e) der Antriebsmotor (26) während des Vorgangs der Umschaltung zwischen Netzspeisung und Frequenzumrichterspeisung für eine Stromloszeitdauer (t3-t5) ohne Speisung betrieben wird;
f) die Motorklemmenspannung während der Stromloszeitdauer ermittelt wird; und die Ausgangsspannung des Frequenzumrichters (42) während der Stromloszeitdauer spannungs- und phasenmäßig auf die Motorklemmenspannung gebracht wird."
Der Patentanspruch 10 lautet (mit einer eingefügten Merkmalsgliederung):
"Elektrische Steuervorrichtung zur Steuerung des Antriebs einer einen Netzspannungsanschluss für die Zuführung einer Netzspannung mit im wesentlichen konstanter Netzfrequenz und einen Antriebsmotor (26) aufweisenden, zwischen einem Lastbetrieb und einem Leerbetrieb umschaltbaren Fördereinrichtung (10), insbesondere in Form einer Fahrtreppe oder eines Fahrsteigs, aufweisend:
a) einen mindestens hinsichtlich der Frequenz und der Phasenlage seiner Ausgangsspannung steuerbaren Frequenzumrichter (42);
b) eine steuerbare Umschalteinrichtung (K1, K2) mit einem Lastbetriebsschaltzustand, in welchem der Antriebsmotor (26) mit dem Netzspannungsanschluss gekoppelt ist, und einem Leerbetriebsschaltzustand, in welchem der Antriebsmotor (26) mit dem Frequenzumrichter (42) gekoppelt ist, derart, dass der Antriebsmotor (26) im Lastbetrieb mit einer Netzspannung mit im wesentlichen konstanter Netzfrequenz und im Leerbetrieb mit der Ausgangsspannung des Frequenzumrichters (42) gespeist wird;
c) eine Phasendifferenzermittlungseinrichtung (30), mittels welcher vor einer Umschaltung zwischen Lastbetrieb und Leerbetrieb die Differenz zwischen der Phasenlage der Netzspannung und der Phasenlage der Ausgangsspannung des Frequenzumrichters (42) erfassbar ist;
d) eine Phasensteuereinrichtung (48, 50), mittels welcher die Phasenlage der Ausgangsspannung des Frequenzumrichters (42) in Abhängigkeit von der erfassten Phasendifferenz auf im wesentlichen Übereinsstimmung mit der Phasenlage der Netzspannung steuerbar ist; wobeie) bei einer Umschaltung von Last- in Leerbetrieb die Umschaltung der Umschalteinrichtung (K1, K2) bei Erreichen einer derartigen Phasenübereinstimmung steuerbar ist;
f) die Unschalteinrichtung (K1, K2) eine den Antriebsmotor (26) mit dem Netzspannungsanschluss verbindende erste steuerbare Schaltereinrichtung (K1) und eine den Antriebsmotor mit dem Frequenzumrichter (42) verbindende zweite steuerbare Schaltereinrichtung (K2) aufweist;
g) jeweils nur eine der beiden Schaltereinrichtungen (K1, K2) leitend schaltbar ist;
h) das leitend Schalten der jeweils nicht leitenden Schalteinrichtung (K1, K2) nur nach einer vorbestimmten Stromloszeitdauer nach dem nichtleitend Schalten der bis dahin leitenden Schaltereinrichtung (K1, K2) möglich ist;
i) eine Spannungsermittlungseinrichtung (46) vorgesehen ist, mittels welcher die Motorklemmenspannung mindestens während der Stromloszeitdauer ermittelbar ist, undk) eine Spannungssteuereinrichtung vorgesehen ist, mittels welcher bei Umschaltung von Lastbetrieb auf Leerbetrieb die Ausgangsspannung des Frequenzumrichters (42) während der Stromloszeitdauer spannungs- und phasenmäßig auf den ermittelten Spannungswert der Motorklemmenspannung steuerbar ist."
Der Anmeldung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Steuerung des Antriebs einer Fördereinrichtung und eine Steuervorrichtung zur Steuerung eines Antriebs einer Fördereinrichtung anzugeben, die bei Umschaltung von Lastbetrieb auf Leerbetrieb einen besonders glatten, den Frequenzumrichter schonenden Schaltübergang ermöglichen (S. 7 Abs. 3 der geltenden Beschreibung).
Die Anmelderin vertritt die Auffassung, dass in der dem Anmeldegegenstand nächstkommenden US 4,748,394 nichts über die Stromloszeitdauer angegeben sei. Auch werde dort sogar über die Phasengleichheit hinausgegangen, in die der unbestromte Motor dann erst "hineinlaufe"; deswegen werde dort die Motorspannung auch nicht weiter berücksichtigt. Auch zur Bedeutung der Umschaltung "Lastbetrieb -> Leerbetrieb" finde sich dort hinsichtlich einer geringeren Belastung des Umrichters beim Umschalten und einer damit möglichen schwächeren Dimensionierung des Umrichters keinerlei Hinweis.
Demgegenüber schaffe die nunmehr beanspruchte 2-stufige Phasenkorrektur beim Umschalten "Lastbetrieb -> Leerbetrieb" bereits klare Verhältnisse schon bei der Beendigung der Netzspeisung.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II Die Beschwerde ist zulässig und hat mit dem geänderten Patentbegehren auch Erfolg. Denn das Verfahren gemäß dem geltenden Patentanspruch 1 und die Steuervorrichtung gemäß dem geltenden Patentanspruch 10 sind jeweils gewerblich anwendbar, gegenüber dem Stand der Technik neu und beruhen auch auf einer erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns.
Als zuständiger Fachmann ist ein Diplom-Ingenieur der Elektrotechnik mit Hochschulabschluss (Vertiefungsrichtung "Elektrische Maschinen und Antriebe") anzusehen mit Berufserfahrungen auf dem Gebiet der Entwicklung und dem Betrieb von Antrieben für Fördereinrichtungen.
3. Zur Offenbarung und Lehre der geltenden Patentansprüche 3.1 Der Fachmann entnimmt die Merkmale des geltenden Patentanspruchs 1 den ursprünglichen Patentansprüchen 1, 7, 9 und 12 in Verbindung mit weiteren Merkmalen der Anmeldungsbeschreibung als zur Erfindung gehörend.
Die im ursprünglichen Hauptanspruch enthaltene unklare Angabe, dass "die Umschaltung bewirkt wird", war durch das im Zusammenhang mit der Figur 3 offenbarte Merkmal klarzustellen, dass bei Übereinstimmung der Phasenlage "die Netzspeisung des Antriebsmotors beendet wird" (S. 19 Abs. 3 der urspr. U.) und der ursprüngliche Patentanspruch 12 war hinsichtlich der Änderung der Frequenzumrichterausgangsspannung zu beschränken auf die in der ursprünglichen Beschreibung (S. 20 Z. 17 bis S. 21 Z. 7) offenbarte spannungsmäßige und phasenmäßige Korrektur.
Eine Beschränkung auf eine Messung der Änderung der Motorklemmenspannung während der Stromloszeitdauer (urspr. PA 10) war nicht erforderlich.
Denn der Fachmann kennt - wie die Anmelderin in der mündlichen Verhandlung zutreffend ausgeführt hat - zahlreiche Möglichkeiten, um aus den mechanischen Daten der Fördereinrichtung unter Berücksichtigung ständig aktualisierter und in einem Speicher abgelegten Daten während jeder Stromloszeitdauer die Motorklemmenspannung zu ermitteln.
Die Unteransprüche 2 und 3 bzw. 4 bis 9 entsprechen - mit angepasster Numerierung und Rückbeziehung den ursprünglichen Unteransprüchen 10 und 11 bzw. 2 bis 8.
3.2 Der geltende Patentanspruchs 10 fasst zunächst die ursprünglichen Ansprüche 13, 18 und 20 zusammen.
Die ursprüngliche Offenbarung der im Merkmal e) zusätzlich beschriebenen Steuerbarkeit der Umschalteinrichtung ergibt sich aus der Offenbarung des entsprechenden Merkmals d) des Verfahrensanspruchs 1. Denn mit der für das beanspruchte Verfahren offenbarten Beendigung der Netzspeisung liest der Fachmann in den ursprünglichen Unterlagen auch eine entsprechende Steuerbarkeit der Steuereinrichtung selbstverständlich mit.
Dies gilt entsprechend für die Steuerbarkeit der Spannungssteuereinrichtung gemäß Merkmal k), die auf dem Verfahrenschritt f) gemäß Patentanspruch 1 basiert.
Die Unteransprüche 11, 12 bis 15 bzw. 16 entsprechen den ursprünglichen Unteransprüchen 19, 14 bis 17 bzw. 21.
4. Neuheit 4.1 Patentanspruch 1 Aus der US 4,748,394 ist im Zusammenhang mit einer Steuervorrichtung auch ein Verfahren bekannt zur Steuerung des Antriebs einer einen Antriebsmotor IM (Fig. 1) und einen hinsichtlich der Frequenz fi (Sp. 2 Z. 62-66) und der Phasenlage (Sp. 4 Z. 53 bis 63) seiner Ausgangsspannung steuerbaren Frequenzumrichter 6 (Fig. 1) aufweisenden, zwischen einem Lastbetrieb (presence of passengers) und einem Leerbetrieb (absence of passengers) umschaltbaren Fördereinrichtung, insbesondere einer Rolltreppe (vgl. Abstract), wobei:
a) der Antriebsmotor im Lastbetrieb mit einer Netzspannung R,S,T mit im Wesentlichen konstanter Netzfrequenz (Sp. 3 Z. 59 bis 61) gespeist wird (Fig. 1 und Zeitpunkt t4 in Fig. 2), und im Leerbetrieb mit der Frequenzumrichterausgangsspannung gespeist wird (Fig. 2 vor dem Zeitpunkt T sowie Sp. 4 Z. 13 bis 19);
b) die Phasendifferenz Æ zwischen der Phasenlage der Netzspannung und der Phasenlage der Frequenzumrichterausgangsspannung ermittelt wird (Fig. 1 und Sp. 2 Z. 45 bis 49).
Auch dort wird schon gemäß Merkmalc) die Phasenlage der Frequenzumrichterausgangsspannung entsprechend der ermittelten Phasendifferenz korrigiert und damit im Wesentlichen auf Übereinstimmung mit der Phasenlage der Netzspannung gebracht;
d) die Netzspeisung das Antriebsmotors beendet, sobald diese Übereinstimmung erreicht ist;
e) der Antriebsmotor IM während des Vorgangs der Umschaltung zwischen Netzspeisung und Frequenzumrichterspeisung für eine Stromloszeitdauer t3 - t4 ohne Speisung (Sp. 4 Z. 43 bis 50) betrieben.
Denn im Zusammenhang mit der Umschaltung "Leerbetrieb -> Lastbetrieb" wird zur Korrektur der Phasendifferenz der Umrichter 6 zunächst auf eine gegenüber der Netzfrequenz etwas höhere Ausgangsfrequenz ausgesteuert entsprechend einer etwas höheren Drehzahl des Motors, sodass die Phasendifferenz mit der Zeit zu Null wird (Sp. 4 Z. 19 bis 33).
Die Motordrehzahl fällt während der stromlosen Pause beim Umschalten trotz der Massenträgheit etwas ab, jedoch besteht mit einer Phasenwinkeldifferenz von 20 bis 60 Grad noch "im Wesentlichen Übereinstimmung" im Sinne des Patentanspruchs 1.
Für die Umschaltung "Lastbetrieb -> Leerbetrieb" entnimmt der Fachmann ein sinngemäßes Vorgehen.
Denn sowohl beim Übergang vom "Leerbetrieb -> Lastbetrieb" (Fig. 2) als auch umgekehrt (Sp. 4 Z. 64 bis 67) wird zwischen Netz R,S T und Inverter 6 bei übereinstimmenden Phasen (phases are conformed) in Übereinstimmung mit den Merkmalen c) und d) umgeschaltet (Sp. 5 Z. 8 bis 11 i. V. m. Sp. 3 Z. 12 bis 21). Und die stromlosen Pausen sind - wegen der Verwendung von Schützen - übereinstimmend mit Merkmal e) immer erforderlich, da die Anzugs- und Abfallzeiten einer großen Streuung unterliegen, und ein Kurzschluss zwischen Netz und Umrichter sicher vermieden werden muss.
Der Senat konnte sich der Auffassung der Anmelderin nicht anschließen, nach denen der Fachmann unter der Angabe, dass die Phasenlage "im Wesentlichen auf Übereinstimmung" mit der Phasenlage der Netzspannung gebracht wird, Abweichungen versteht, die lediglich im µs-Bereich lägen und durch Halbleiterschalter realisierbar seien.
Denn Halbleiterschalter sind an keiner Stelle in den Anmeldeunterlagen erwähnt. Sie werden vom Fachmann für das offenbarte Verfahren auch nicht mitgelesen, weil das einzige Ausführungsbeispiel keine Halbleiterschalter vorsieht, sondern allein die für Fördereinrichtungen der in Rede stehenden Art regelmäßig verwendeten Schütze K1, K 2, wie sie auch in der aus US 4,748,394 bekannten Steuervorrichtung vorgesehen sind.
Zwar liegt bei der bekannten Schaltung (Fig. 1) die Motorklemmenspannung über den Transformator 12 schaltungsbedingt immer an der Steuervorrichtung 13 an. Jedoch ist dort weder angegeben noch sonst wie ersichtlich, dass diese auch in der stromlosen Pause "ermittelt", d. h. ausgewertet und zur Steuerung des Inverters während dieser Zeitdauer herangezogen wird.
Das Verfahren gemäß dem Patentanspruch 1 unterscheidet sich demnach von dem aus der US 4,748,394 bekannten dadurch, dass gemäß Merkmalf) die Motorklemmenspannung während der Stromloszeitdauer ermittelt wird und die Ausgangsklemmenspannung des Frequenzumrichters während der Stromloszeitdauer spannungs- und phasenmäßig auf die Motorklemmenspannung gebracht wird.
Auch gegenüber den übrigen im Verfahren bekanntgewordenen Druckschriften ist das anspruchsgemäße Verfahren schon deshalb neu, weil jeweils keine Ermittlung der Motorklemmenspannung während einer Stromloszeitdauer gemäß dem Unterschiedsmerkmal f) vorgesehen ist.
4.2 Patentanspruch 10 Die anspruchsgemäße Steuervorrichtung ist gegenüber der aus der US 4,748,394 bekannten schon deshalb neu, weil - aus dem zum Patentanspruch 1, Merkmal f) angegebenen Gründen - mit der dortigen Spannungssteuereinrichtung 16, 17, 18, 20, 21, 22, 22a (die gleichzeitig auch als Phasensteuereinrichtung arbeitet) die Ausgangsspannung des Frequenzumrichters nicht während der Stromloszeitdauer t3 - t4 (Fig. 4) spannungs- und phasenmäßig auf den ermittelten Spannungswert der Motorklemmenspannung gesteuert wird, und eine solche Steuerbarkeit der bekannten Schaltung deshalb auch nicht zu eigen ist.
Die Neuheit der anspruchsgemäßen Vorrichtung gegenüber den übrigen Entgegenhaltungen ergibt sich ebenfalls aus den zum Patentanspruch 1 genannten Gründen.
5. Erfinderische Tätigkeit Die Aufgabe, ein Verfahren zur Steuerung des Antriebs einer Fördereinrichtung und eine Steuervorrichtung zur Steuerung eines Antriebs einer Fördereinrichtung anzugeben, die bei Umschaltung von Lastbetrieb auf Leerbetrieb einen besonders glatten, den Frequenzumrichter schonenden Schaltübergang ermöglichen, stellt eine selbstverständliche Forderung für alle Antriebe dar, die aus zwei verschiedenen Quellen (Netz, Umrichter) speisbar sein sollen.
Denn seit der Einführung von Umrichtern zur Speisung elektrischer Antriebe gehört es zum allgemeinen Fachwissen des Fachmanns, schonende Übergänge herbeizuführen, um die beim Auftreten von Ausgleichsvorgängen unvermeidlichen Überspannungen und Überströme gar nicht erst entstehen zu lassen, welche die Schalter des Umrichters (üblicherweise Leistungshalbleiter) gefährden.
5.1 Patentanspruch 1 Der Fachmann findet aber in der US 4,748,394 weder einen Hinweis noch eine Anregung auf die anspruchsgemäße 2-stufige Korrektur der Phasenlage der Frequenzumrichterausgangsspannung bei einer Umschaltung "Lastbetrieb -> Leerbetrieb" derart, dass sie zuerst vor der Netztrennung (Merkmal c)) und nochmals in der Stromloszeitdauer (Merkmal f) erfolgt.
Vielmehr wird dort die Phasenlage der Frequenzumrichterausgangsspannung unter Berücksichtigung des Drehzahlabfalls während der Stromloszeitdauer vor dem Umschalten dadurch eingestellt, dass zu dem Ausgangssignal Æ (in Fig. 1 Æ ) des Phasendetektors PH DET (Fig. 1) ein Kompensationssignal R (in Fig. 1 R) addiert wird, in dessen Folge eine Frequenzüberhöhung am Umrichter auftritt.
Auch lenkt diese Druckschrift das Augenmerk des Fachmanns weg von einer erneuten Phasen- und Spannungskorrektur am Frequenzumrichter gemäß dem Unterschiedsmerkmal f), wenn dort angegeben ist (Sp. 5 Z. 12 bis 16), dass beim Umschalten "Lastbetrieb -> Leerbetrieb" ja kein Passagier auf der Fahrtreppe stehe, sodass umschaltbedingte Stöße kein Nachteil seien.
Auch in den übrigen im Verfahren befindlichen Druckschriften findet sich kein Hinweis auf die anspruchsgemäße 2-stufige Phasenkorrektur, deren zweite Stufe während der Stromloszeitdauer stattfindet.
5.2 Patentanspruch 10 Aus den zum Patentanspruch 1 genannten Gründen fehlt dem Fachmann auch jede Anregung, die aus der US 4,748,394 bekannte elektrische Steuervorrichtung derart weiterzubilden, dass ihre Spannungssteuereinrichtung die im Unterschiedsmerkmal k) angegebene Steuerbarkeit aufweist.
Mit den Patentansprüchen 1 bzw. 10 sind auch die auf diese direkt oder indirekt rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 9 bzw. 11 bis 16 gewährbar, da sie vorteilhafte und nicht selbstverständliche Weiterbildungen des jeweiligen Hauptanspruchs 1 bzw. 10 betreffen.
Die Anmeldungsbeschreibung ist an das nun geltende Patentbegehren angepasst.
6. Zur Frage des falschen Aktenzeichens auf dem Zurückweisungsbeschluss und zum Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr 6.1 Das Aktenzeichen ist ein wichtiger Bestandteil jedes behördlichen Schriftstücks, insbesondere jeder Entscheidung, sei sie ein Beschluss oder ein Urteil, um die Zuordnung zu einem Aktenvorgang, die "Identifizierung" (vgl. Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 313, RdNr. 3), zu ermöglichen oder doch zu erleichtern. Dies gilt in allen amtlichen Vorgängen unter dem Gesichtspunkt der Zustellung und ggf. der Vollstreckung.
Das Fehlen des Aktenzeichens oder die fehlerhafte Angabe können rechtliche Folgen haben - "indessen hängt alles von der Lage des Einzelfalls ab" (vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 63. Aufl., § 313 RdNr. 8).
Insbesondere können solche Folgen eintreten, wenn das fehlerhafte Schriftstück eine Frist in Gang setzen soll und der Fehler Zweifel aufkommen lässt, die die Zuordnung unmöglich machen oder verzögern.
Das Aktenzeichen ist jedoch nicht das einzige Zuordnungskriterium (und, worauf um der guten Ordnung willen, ausdrücklich aufmerksam zu machen ist, keinesfalls das wichtigste; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 63. Aufl., § 313 RdNr. 7 erwähnt das Aktenzeichen in einer einzigen Zeile).
Vielmehr haben die übrigen formalen Bestandteile eines Urteils - und entsprechend eines Beschlusses - Vorrang, wie die Liste in ZPO § 313 Abs. 1, und entsprechend der Umfang der Kommentierung in Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 63. Auf., § 313 deutlich zeigen.
Sind, um die dort genannten Formalien anzuführen, die Beteiligten, das Gericht und der Verhandlungstag korrekt wiedergegeben, dann mag ein falsches Aktenzeichen als "offenbare Unrichtigkeit" ohne weiteres berichtigt werden können (ZPO § 319 Abs. 1), also nicht einmal die formelle Aufhebung der Entscheidung rechtfertigen.
So aber liegt die Sachlage im vorliegenden Verfahren.
Anmelderin, Verfahrensbevollmächtigte, Behörde, Bearbeitungs-(Prüfungs-)stelle und entscheidender Prüfer sind ebenso korrekt aufgeführt wie die Bezeichnung der Patentanmeldung im Betreff und die Bezugnahme auf den vorangegangen Prüfungsbescheid mit richtigem Datum.
Selbst das bei den Verfahrensbevollmächtigten für das konkrete Verfahren geführte Zeichen ist zutreffend angegeben.
Bei dieser Sachlage konnte selbst das unrichtige Aktenzeichen die Zuordnung zum richtigen Vorgang nicht verhindern - wie die Rücksendung des vom Verfahrensbevollmächtigten unterschriebenen Empfangsbekenntnisses und die Beschwerdeeinlegung im zutreffenden Verfahren zeigen.
Davon, dass der Beschluss "gegenstandlos" sei, wie die Anmelderin meint, kann keine Rede sein.
Die von ihr zitierten Entscheidungen des Bundespatentgerichts (vgl. BPatGE 41, 44 und 38, 16) liegen neben der Sache.
Zum einen betreffen sie nicht das Fehlen eines Aktenzeichens, sondern das Fehlen einer die Entscheidung deckenden Unterschrift, zum anderen wird die Beschwerde, nicht aber der Beschluss als gegenstandslos bezeichnet.
6.2 Die Anordnung, die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen (PatG § 80 Abs. 3), sieht der Senat nicht veranlasst.
Denn nicht der Verfahrensfehler des Deutschen Patent- und Markenamtes, sondern der sachliche Inhalt des Beschlusses, die Zurückweisung der Patentanmeldung hat die Beschwerdeeinlegung veranlasst und damit die Gebührenpflicht ausgelöst.
Es ist kaum vorstellbar, dass ein Rechtsmittel wie die Beschwerde, ausschließlich gegen das Fehlen des Aktenzeichens oder dessen falsche Wiedergabe gerichtet würde.
Dann nämlich könnte sich die Frage stellen, ob ein solcher Fehler, der für sich allein die für die Zulässigkeit einer Beschwerde erforderliche "Beschwer" (vgl. Schulte, PatG, 6. Aufl., § 73 RdNr. 44) begründen könnte, nicht vielmehr die Beschwerde unzulässig machen würde.
Dr. Kellerer Schmöger Dr. Kaminski Groß
Be
BPatG:
Beschluss v. 30.11.2005
Az: 19 W (pat) 12/04
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