Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. März 2003
Aktenzeichen: 28 W (pat) 120/02
(BPatG: Beschluss v. 12.03.2003, Az.: 28 W (pat) 120/02)
Tenor
Die Beschwerde der Anmelder wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet ist die Wortfolge Feng Shui Power Discals Kennzeichnung für die Waren und Dienstleistungen Klasse 10:
Spezialmobiliar für medizinische Zwecke; insbesondere Scheiben, denen durch eine Anbringung im Raum eine harmonisierende Wirkung für das Allgemeinwohl zugeschrieben wird;
Klasse 20:
Möbel, Waren und Kunstwerke aus Kunststoffen, welche insbesondere durch ihre Art, Ausgestaltung und dekorativen Verzierungen mit der fernöstlichen "fengshui"-Philosophie in Verbindung gebracht werden Klasse 21:
Geräte für Haushalt und Küche (nicht aus Edelmetall oder plattiert), welche insbesondere durch ihre Art, Ausgestaltung und dekorativen Verzierungen mit der fernöstlichen "fengshui"-Philosophie in Verbindung gebracht werden Klasse 42:
Gesundheits- und Schönheitspflege; gewerbsmäßige Beratungen in dem Bereich fernöstlicher Philosophie und Esoterik; Erstellung von Gutachten zur Optimierung der Anwendung der vorgenannten Waren.
Die Markenstelle für Klasse 10 hat die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft und dem Bestehen eines Freihaltebedürfnisses zurückgewiesen. "Feng Shui" bezeichne die altchinesische Wissenschaft, die das Leben in Harmonie mit der Umgebung zum Gegenstand habe. "Power Disc" werde vom inländischen Verkehr im Sinne von "Kraft-Scheibe" verstanden; insgesamt bedeute die Marke, dass eine Scheibe angeboten werde, die über auf Feng Shui basierende Kraft verfüge. Die Wortfolge sei damit für alle Waren und Dienstleistungen unmittelbar beschreibend.
Die Anmelder haben hiergegen Beschwerde erhoben. Sie sind der Ansicht, auch wenn der Begriff "Feng Shui" bekannt sein sollte, so ergebe sich aus der Kombination mit "Power Disc" eine diffuse Aussage, denn es werde ein traditioneller chinesischer Begriff mit einem sehr neuen technischen Wort zusammengefügt. Es sei völlig unklar, was mit dem Gesamtwort gemeint sei, denn unter "Kraft-Scheibe" gebe es keine sachbezogene Vorstellung. Soweit sich bei den interessierten Verkehrskreisen bereits eine Vorstellung über das mit der Marke gekennzeichnete Produkt gebildet habe, sei dies allein auf die Idee und das Konzept der Anmelder zurückzuführen, denn alle Anbieter der mit der Marke gekennzeichneten Produkte seien ausnahmslos ihre Vertragspartner. Auch gebe es eine Reihe ähnlicher Marken (zB POWER DISK für Drähte etc oder JIN SHIN DO, eine chinesischen Heilslehre), die vom Markenamt unbeanstandet eingetragen worden seien.
Das Gericht hat eine Nachschau im Internet und in der elektronischen Ausgabe der Süddeutschen Zeitung, Ausgabe 1999 - 2001 gehalten. Die bei der Entscheidung verwendeten Fundstellen sind den Anmeldern zur Kenntnisnahme und Stellungnahme übersandt worden. Im übrigen wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig (§§ 66 Abs 1, 165 Abs 4 MarkenG), hat in der Sache aber keinen Erfolg.
Der Eintragung der Marke steht zumindest das Eintragungshindernis des Freihaltebedürfnisses der Mitbewerber nach 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG entgegen, denn die Marke heißt soviel wie "Feng Shui Energie-Scheibe". Diesen Begriff benötigen aber auch andere Hersteller, um derartige Produkte und Dienstleistungen zu beschreiben.
Das chinesische Wort "Feng Shui" (wörtlich übersetzt "Wind-Wasser") ist ein deutsches Fremdwort (s. Duden, Das Fremdwörterbuch, 6. Auflage) und beschreibt die chinesische Kunst der harmonischen Lebens- und Wohnraumgestaltung. Noch vor zehn Jahren weithin unbekannt ist es zum Trend-Thema geworden und lässt eine ganze Branche boomen (vgl SZ v. 17.12.1999, Seite 20 "Schöner Wohnen mit asiatischem Glaubensgut"). Ziel ist es, im Wohnumfeld (und im Leben) eine Balance (günstiges Energieverhältnis) zu schaffen, was angeblich durch Freisetzen von positiven Energien und dem Fernhalten von negativen Störungen wie Wasseradern, magnetische Felder etc gelingen soll. Die Begriffe "Energie" und "Kraft" (chin: Chi) sind damit einer der zentralen Begriffe dieser Lehre. Jede äußere Gegebenheit, wie Lage der Wohnung, Umfeld des Hauses, Einrichtungsgegenstände, Stellung der Möbel und dgl, wird auf ihre energetische Wirkung überprüft; eine Vielzahl von Hilfsmitteln wie Pflanzen, Farbsymbole und sonstige Gegenstände soll negative Energien abwehren und positive Einflüsse verstärken.
Um solche Gegenstände handelt es sich bei den von den Anmeldern beanspruchten Produkten, wozu insbesondere die "Scheiben" zählen, von denen eine "harmonisierende Wirkung" ausgehen soll.
Solchen Gegenständen kann nicht die monopolisierende Kennzeichnung mit "Feng Shui Power Disk" zuerkannt werden, denn damit kann die Art und die Bestimmung der Waren beschrieben werden, womit diese Bezeichnung auch den Mitbewerbern offen bleiben muss. Auch wenn man die Behauptung der Anmelder, die angemeldete Wortkombination sei immer auf ihre Produkte zurückzuführen (was zutreffen mag, markenrechtlich aber nur von Belang ist, wenn dies dem Verbraucher auch zur Kenntnis gelangt, wofür im vorliegenden Fall wegen der Vielzahl der im Internet gefundenen Treffer, die nicht ersichtlich auf die Anmelder hinweisen, wenig spricht) als richtig unterstellt, so sprechen alle gefunden Nachweise dafür, dass für die Verwendung dieses Begriffes zumindest in Zukunft ein Bedarf besteht. Dies gilt unabhängig davon, ob der Verbraucher "Power Disc" als "Energie-Scheibe" übersetzt oder es bei der englischen Bedeutung belässt, denn deren Inhalt ist ihm ohne weiteres geläufig, weil sowohl "power" als auch "disc" in den deutschen Sprachgebrauch eingegangen sind. Für den Feng Shui Interessierten werden nämlich sowohl "Scheiben" als auch "Discs" oder "Disks" als sog. Hilfsmittel zur Verstärkung positiver Energien angeboten. Schon bei einer nur kursorischen Nachschau im Internet fand sich zB in einem Artikel der Rheinischen Post (www.service.rponline.de/jobkarriere/gesundheit/buerofitness/fengshuiimbuer) die Beschreibung einer "Energiescheibe", die das Büro in einen "Kraftraum" verwandeln soll. Eine Firma, die Feng-Shui Möbel anbietet (http://members.aon.at/ tischl18/Fengmoebel.htm), beschreibt ein Schlafzimmer mit Bett und einen sich darüber sich befindlichen Baldachin als mit einer "Energiescheibe" versehen. Weiters bietet eine Firma als Feng-Shui Hilfsmittel eine "Bergkristall Pi-Scheibe" an (www.fengshuiconcept.de).
Aber auch wenn der Verbraucher "Power Disc" nicht übersetzt, so bewirkt dieses "moderne" Wort - das vielleicht an Begriffe wie floppydisc, harddisc oder compact disc denken lassen könnte - keine Schutzfähigkeit. Der Begriff "Disc" oder "Disk" ist bei dieser traditionellen Wissenschaft durchaus nichts ungewöhnliches, was sich ebenfalls durch eine Nachschau im Internet ergab. Eine Firma www.teslaplatten.ch hat einen "Energie Talisman" im Angebot, gefertigt aus einer "Purpurdisk" (kleine Scheiben in Amulettform) und eine "Crystaliumdisk" einer geldstückgroßen Scheibe, anzubringen auf der Rückseite des Handys zur Abwehr von Elektrosmog. In einem Internet Lexikon für Feng Shui (http://fengshuishop.de) werden als "Abschirmmaterialien" gegen Geister ua "XPS-Platten" und "Silica-Discs" empfohlen. Schließlich findet sich ein US-Anbieter (http:// www.fareastjade.com), der eine Jade Kette aus kleinen gelochten Jade-Scheiben verkauft, die er "Pi Disc" benennt.
Damit ist ausreichend belegt, dass "Feng Shui Power Disc" sich zur Beschreibung von allen angemeldeten Waren wie Möbeln, Geräte und Spezialmobiliar eignet um damit auf die vermeintlich kraftvolle energetische Wirkung eines als Scheibe ausgestalteten Feng Shui Gegenstandes hinzuweisen. Dasselbe gilt für die Dienstleistungen, denn sie können die Beratung im Umgang mit einem derartigen Feng Shui Hilfsmittel zum Inhalt haben. Derartige Begriff müssen für die Mitbewerber freigehalten werden, so dass eine Eintragung als Marke ausscheidet.
Die Eintragung anderer Marken kann, auch wenn sie mit der hier geprüften Marke identisch wäre, keinen Anspruch auf einen Markenschutz geben, sondern allenfalls einen Hinweis auf eine bestimmte Eintragungspraxis des Patentamts und möglicherweise bei Zweifelsfällen als Indiz für das Nicht-Vorhandensein eines Freihalteinteresses herangezogen werden. Dazu muss aber feststehen, dass die Markenstelle die gleichen Rechercheergebnisses wie das Gericht vorliegen hatte, was in der Regel nicht der Fall ist. Bei der Vielzahl von Eintragungsverfahren werden deshalb immer wieder Marken in das Register eingetragen, denen bei einer umfassenden Prüfung der Schutz nicht hätte zugesprochen werden können. Hier ist es Sache der Mitkonkurrenten die Löschung einer solchen Marke zu beantragen. Zu Unrecht eingetragene Marken können aber keinen Anspruch auf eine ebensolche falsche Sachbehandlung geben.
Stoppel Paetzold Schwarz-Angele Fa
BPatG:
Beschluss v. 12.03.2003
Az: 28 W (pat) 120/02
Link zum Urteil:
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