Oberlandesgericht Hamm:
Urteil vom 14. November 2002
Aktenzeichen: 5 U 51/01

(OLG Hamm: Urteil v. 14.11.2002, Az.: 5 U 51/01)

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das am 10. Januar 2001 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufungsinstanz werden den Klägern auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger erwarben mit notariellen Urkunden vom 5.12.1994 (Angebot, Anl. K 7) und 7.12.1994 (Annahme, Anl. K 8) von der "B-AG" eine Eigentumswohnung in C2, D-Straße ..a. Der Kaufpreis betrug 161.704,00 DM. Finanziert wurde der Erwerb durch den Abschluss von zwei Bausparverträgen bei der C AG über 100.000,00 DM (Anl. K5) und 99.000,00 DM (Anl. K6) und ein Vorausdarlehen der Beklagten über 199.000,00 DM (Anl. K9), das durch eine Grundschuld über 199.000,00 DM zu Gunsten der C1 gesichert wurde. In dem Darlehensvertrag verpflichteten sich die Erwerber zum Beitritt in einen Mietpool, der nur mit Zustimmung der Beklagten gekündigt werden durfte (§ 3). Bei einem für 5 Jahre festen Zinssatz betrug der anfängliche effektive Jahreszins des Vorausdarlehens 8,7 %. Direkte persönliche Kontakte zwischen der Beklagten und den Darlehensnehmern gab es nicht.

Die Kläger haben mit der Klage von der Beklagten die Rückgängigmachung aller mit dem Erwerb der Eigentumswohnung zusammenhängenden Vereinbarungen und Schadensersatz verlangt. Sie haben behauptet, die Vermittler der Geschäfte hätten arglistig getäuscht, insbesondere über den Wert der Immobilie, den Umfang der Steuerersparnis, die Dauer der Tilgung des Kredites und das Risiko künftiger Mieteinnahmen; dafür müsse die Beklagte einstehen. Sie haben gemeint, die Beklagte habe sie jedenfalls über die Risiken informieren müssen.

Die Beklagte hat gemeint, keine Aufklärungs- oder Beratungspflichten verletzt zu haben und für etwaige Täuschungshandlungen des Vermittlers nicht einstehen zu müssen. Es fehle ferner die Passivlegitimation, da das Vertragsverhältnis aufgrund antzipierter Zustimmung auf die C1 übergegangen sei.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Wegen der Einzelheiten - auch des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes einschließlich der Anträge - wird auf das Urteil Bezug genommen (Bl. 96 f. GA).

Die Kläger haben Berufung eingelegt. Sie wiederholen und vertiefen ihren Vortrag zu den angeblichen Täuschungen des Vermittlers und tragen ergänzend vor:

Die Beklagte hafte für das Verschulden der Vermittler, deren sie sich auch zur Vermittlung des Darlehens bedient habe und die als ihre Erfüllungsgehilfen anzusehen seien. Aber auch der Beklagten selbst sei vorzuwerfen, besseres Wissen zurückgehalten zu haben. Bei richtiger Aufklärung und Beratung wäre es zum Abschluss der Finanzierungs-Verträge nicht gekommen.

Eine Haftung der Beklagten ergebe sich auch aus der gesellschaftsrechtlichen Verflechtung der beteiligten Unternehmen.

Eine Finanzierung der Eigentumswohnung sei ausschließlich über die Beklagte angeboten worden.

Die von der Beklagten an die Vermittler gezahlte, versteckte Innenprovision sei als eine Zinssubvention über den Verkäufer und die Vermittler an die Beklagte zurückgeflossen, was zusätzlich den Kaufpreis erhöht habe. Auch seien die Kläger durch das Verschweigen der Innenprovision getäuscht worden, weil gleichzeitig die übliche Maklerprovision als Außenprovision gezahlt worden sei; dadurch sei der Eindruck erweckt worden, es werde keine weitere Innenprovision gezahlt. Da den Klägern die zwischen der Beklagten und den Vermittlern bestehende Provisionsabrede nicht bekannt gewesen sei, hätten sie darauf vertraut, dass diese neutral einen Kreditgeber aussuchen und eine möglichst günstige Finanzierung auswählen und vermitteln würden. Dies sei jedoch ein Trugschluß gewesen.

Im Innenverhältnis sei die C1 und für diese wiederum die HBG/Baufinanz für notleidende Kredite ablösungspflichtig gewesen. Ferner seien die Mietpoolausschüttungen in einer die tatsächliche Mieteinnahme übersteigenden Höhe vorgenommen worden, da der Mietpool in den ersten Jahren aufgrund einer Absprache der beteiligten Unternehmen defizitär betrieben werden sollte. Die permanente Mietpoolunterdeckung sei durch Gewährung von Krediten seitens der C1 verschleiert worden. Die Beklagte müsse sich das Verhalten der C1 zurechnen lassen.

Hilfsweise werde der Einwendungsdurchgriff nach § 9 III VerbrKrG geltend gemacht. Die Anwendung des Verbraucherkreditgesetzes sei nicht ausgeschlossen.

Die Kläger beantragen,

1.

die Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung zu verurteilen,

a)

an die Kläger 44.832,06 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 25.3.1999 zu zahlen,

b)

die Kläger von allen Verbindlichkeiten aus dem Darlehen mit der Beklagten zur Konto-Nr. ...../...9 freizustellen, das mit Wirkung zum 1.1.1999 von der Beklagten an die C abgetreten wurde,

c)

das an die Beklagte zur Sicherheit abgetretene Bausparguthaben bei der C mit den Bausparvertrags-Nr. ...../...2und ...../...3an die Kläger zurück abzutreten,

Zug um Zug gegen kostenneutrale Abgabe sämtlicher Erklärungen, die zur Übertragung des im Wohnungsgrundbuch von C2, Blatt 1910, eingetragenen Wohnungseigentums, bestehend aus einem 867/100.000 Miteigentumsanteil nach WEG, verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nr. 84 bezeichneten Wohnung, gelegen in ....1 C2, D-Straße &.8218;..a, 2. OG rechts, mit sämtlichen im Grundbuch eingetragenen Belastungen und Beschränkungen auf die Beklagte erforderlich sind,

jedoch mit der Maßgabe, dass der Zugum-Zug-Verurteilung nur entsprochen werden soll, wenn den Anträgen zu 1 a), b) und c) insgesamt stattgegeben wird.

2.

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägern sämtliche über den Monat Dezember 1999 hinausgehenden, noch künftig entstehenden Schäden zu ersetzen, die im Zusammenhang stehen mit dem Kauf der streitgegenständlichen Immobilie.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung der Kläger hat keinen Erfolg.

Ihr Klagebegehren auf Zahlung, Freistellung von allen Verbindlichkeiten aus dem Darlehen und der Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihnen sämtliche über den Monat April 2001 hinausgehenden, noch künftigen Schäden im Zusammenhang mit dem Kauf der hier in Rede stehenden Immobilie zu ersetzen, ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt begründet.

1.

Die Kläger können der Beklagten als Darlehensgeberin etwaige Einwendungen aus dem Immobilienkaufvertrag (Unwirksamkeit wegen Sittenwidrigkeit, Anfechtung wegen arglistiger Täuschung, § 826 BGB) nicht entgegenhalten.

a)

Die von den Klägern behaupteten Täuschungshandlungen der Vermittler zur Höhe der monatlichen Belastung, zur Steuerersparnis, zur mietrechtlichen Situation der Wohnung, zu ihrer Wiederverkaufsmöglichkeit sowie zum Wert der Immobilie führen zu keiner Durchgriffshaftung nach § 9 Abs. 3 VerbrKrG.

Es liegen bereits die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 VerbrKrG nicht vor.

Ein "verbundenes Geschäft" im Sinne dieser Vorschrift liegt nämlich nur dann vor, wenn beide Geschäfte über den Kreditzweck hinaus eine wirtschaftliche Einheit bilden. Kreditaufnahme und finanzierter Wohnungskauf stellen jedoch regelmäßig keine solche wirtschaftliche Einheit dar (vgl. BGH WM 2002, 1186, 1186).

§ 9 VerbrKrG findet zudem gem. § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG keine Anwendung. Denn ausweislich Ziff. 2 des Darlehensvertrages wurden die hier in Rede stehenden Darlehen von der Sicherung durch ein Grundpfandrecht abhängig gemacht, wobei eine Zwischenfinanzierung ausdrücklich vom Gesetzgeber in die Regelung einbezogen wird. Der Kreditzins (8,7 % effektiv) lag innerhalb der im Monatsbericht der Deutschen Bank (Anl. B 11) genannten Zinsbreite (bis 8,95 %). Mithin wurde der Kredit auch zu den "üblichen Bedingungen" im Sinne des § 3 Abs. 2 Ziff. 2 VerbrKrG gewährt. Dabei ist es unerheblich, ob bestimmte Beleihungsgrenzen eingehalten werden und in welchem Umfang der Kredit durch das Grundpfandrecht gesichert ist (vgl. BGH NJW 2000, 2352, 2354).

Der Anwendbarkeit des § 3 Abs.2 Nr. 2 VerbrKrG steht nicht entgegen, dass in § 3 des Darlehensvertrages nur die tatsächliche Auszahlung des Kreditvertrages, nicht bereits aber der Kreditvertrag selbst,von den grundpfandrechtlichen Sicherungen abhängig gemacht wird (vgl. BGH, ZIP 2002, 476, 477).

Eine (ggf. unzulässige) Umgehung des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG ist auch nicht wegen der unstreitig an die Beklagte geleisteten Zinssubvention anzunehmen. Diese Zinssubvention hat bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise lediglich die für die Finanzierungsvermittlung geleistete verdeckte Innenprovision wieder ausgeglichen, so dass sie aus Sicht der Kläger im Ergebnis allenfalls zu einer Verteuerung des Kaufpreises der erworbenen Wohnung geführt haben mag.

Nach allem kommt eine Durchgriffshaftung nach § 9 VerbrKrG nicht in Betracht.

b)

Ein Einwendungsdurchgriff ergibt sich auch nicht aus § 242 BGB.

Bei der Finanzierung von Immobilien wurde schon vor Inkrafttreten des Verbraucherkreditgesetzes der auf § 242 BGB gestützte Einwendungsdurchgriff von der Rechtsprechung nicht zugelassen (OLG Hamm WM 1998, 1230, 1233). Es fehlt in der Regel bei Immobilienfinanzierungen an einer typischen Dreiecksverbindung zwischen Anleger, Bank und Unternehmen. Ein wirtschaftlich einheitliches Geschäft liegt nicht vor. Der getrennte Abschluß der verschiedenen Verträge mit entsprechender Risikoverteilung liegt im Interesse des Anlegers, der insoweit auch das Aufspaltungsrisiko tragen muss. Im Normalfall sind Kaufvertrag und Kreditvertrag nicht nur rechtlich, sondern regelmäßig auch aus der Sicht des Käufers/Kreditnehmers wirtschaftlich zu trennen. Auch der rechtsunkundige Laie weiß, dass Immobilienverkäufer und kreditgebende Bank verschiedene Rechtsträger sind, die ihre eigenen, jeweils verschiedenen Interessen wahrnehmen.

Beim finanzierten Immobilienkauf kommt ein Einwendungsdurchgriff allenfalls dann in Betracht, wenn sich die kreditgewährende Bank nicht auf ihre Rolle als Kreditgeberin beschränkt, sondern sich in darüber hinausgehender Weise aktiv an dem finanzierten Geschäft beteiligt und dadurch dem Käufer gleichsam als Partner des finanzierten Geschäftes gegenübergetreten ist. Dazu fehlen im vorliegenden Fall jedoch konkrete Anhaltspunkte. Insbesondere reicht nicht aus, dass der zwischen den Parteien abgeschlossene Darlehensvertrag durch Vermittlung der auch für den Verkäufer tätigen Personen zustande gekommen ist. Dieser Umstand hält sich im Rahmen der bei drittfinanzierten Geschäften üblichen "Zusammenarbeit" zwischen Verkäufer und Finanzierungsbank. Dadurch konnte auf Seiten des Klägers noch nicht der Eindruck entstehen, Verkäufer und Kreditgeber stünden ihm als einheitlicher Vertragspartner gegenüber.

Dass die Beklagte darüber hinaus von sich aus für die hier in Rede stehende Immobilie geworben hätte oder sonst in irgendeiner Weise aktiv in das Immobiliengeschäft eingeschaltet gewesen wäre oder sogar Verkäuferfunktionen wahrgenommen hätte, ist weder substantiiert dargetan noch aus den Umständen ersichtlich.

Auch kann nicht festgestellt werden, dass die Erwerber bei den Verhandlungen an die Beklagte als Zwischenfinanzierer gebunden gewesen waren. Die Kläger tragen selbst vor (Bl. 505 GA), dass dann, wenn der Kunde die angebotene Finanzierung über Bausparverträge der C1 mit Vorausdarlehen der Beklagten nicht annahm, eine andere Finanzierung angeboten wurde.

2.

Den Klägern steht gegenüber der Beklagten auch kein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung von Beratungs- und Aufklärungspflichten (c.i.c.) zu.

a)

Die Beklagte muß sich das Verhalten der Kreditvermittler nur insoweit gemäß § 278 BGB zurechnen lassen, soweit es den Bereich der Anbahnung des Kreditvertrages betrifft. Denn nur insoweit waren sie als Erfüllungsgehilfen im Pflichtenkreis der in den Vertrieb der Immobilie selbst nicht eingeschalteten Beklagten tätig (BGH NJW 2000, 3558, 3559; BGH NJW-RR 1997, 116 f.;OLG München WM 2002, 1297). Die behaupteten Täuschungshandlungen, die sich auf den Kaufvertrag beziehen, haben im Verhältnis zu der Beklagten außer Betracht zu bleiben.

b)

Falsche oder bewußt unvollständige Angaben hinsichtlich der Grundlagen des Kreditvertrages werden nicht substantiiert dargelegt. Soweit die Kläger geltend machen, es sei für sie nicht ersichtlich gewesen, dass es während der Laufzeit des Zwischenkredites der Beklagten keine Tilgung geben werde und dass nach Ablauf der Zinsbindungsfrist ein höherer Zinssatz möglich sei, widerspricht das dem Inhalt des Darlehensvertrages. Soweit sie darauf hinweisen, sie hätten nicht damit rechnen können, dass die monatlichen Bausparraten später erheblich ansteigen würden, betrifft das jedenfalls nicht die Beklagte.

c)

Der Beklagten kann nicht vorgeworfen werden, die Erwerber nicht über die Risiken des finanzierten Geschäfts aufgeklärt zu haben.

Zur Aufklärung über die Risiken der vom Kunden beabsichtigten Verwendung des Darlehens ist nach ständiger Rechtsprechung des BGH eine kreditgebende Bank grundsätzlich nicht verpflichtet (BGH NJW-RR 1992, 879, 880; BGH NJW 1991, 693). Nur ausnahmsweise können sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalls Aufklärungs- und Hinweispflichten der Bank ergeben. Das kann etwa der Fall sein, wenn die Bank im Zusammenhang mit der Planung, der Durchführung oder dem Vertrieb des Objektes über ihre Rolle als Kreditgeberin hinausgeht, wenn sie ein zu den allgemeinen wirtschaftlichen Risiken solcher Projekte hinzutretenden besonderen Gefährdungstatbestand für den Kunden schafft oder dessen Entstehung begünstigt, wenn sie sich im Zusammenhang mit Kreditgewährungen sowohl an den Bauträger als auch an die einzelnen Erwerber in schwerwiegende Interessenkonflikte verwickelt oder wenn sie in Bezug auf die speziellen Risiken des Vorhabens einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer hat (BGH NJW-RR 1992, 879, 880). Derartige besondere Umstände liegen hier jedoch nicht vor.

aa)

Soweit die Kläger meinen, die Beklagte sei auch als Partei des finanzierten Geschäfts (des Immobilienkaufvertrages) anzusehen, trägt ihr Vortrag dies nicht. Die Beklagte hat nicht erkennbar Funktionen übernommen, die typischerweise vom Veräußerer wahrgenommen werden. Nur dann müßte sie aber den im jeweiligen Funktionsbereich geltenden Prüfungs- und Aufklärungspflichten nachkommen (BGH, a.a.O., 883). Für die Kläger war der Darlehensvertrag mit der Beklagten auch nicht notwendiger Bestandteil des Eigentumserwerbs. Sie hätten nach ihrem eigenen Vorbringen eine andere Bank als Kreditgeber anstelle der Beklagten zuziehen können (bereits oben dargelegt). Das finanzierte Erwerbsgeschäft und das Darlehensgeschäft waren nicht derart miteinander verbunden, dass kein Geschäft ohne das andere geschlossen worden wäre.

Entgegen der Auffassung der Kläger kann auch der Forderung der Beklagten nach einem Beitritt in einen Mietpool § 3 des Kreditvertrages nicht die Bedeutung beigelegt werden, dass die Beklagte hierdurch über ihre Rolle als Finanzierer hinausgegangen ist. Der Beitritt zu einem Mietpool hatte zum Ziel, das für die beklagte Bank bestehende Einzelrisiko zu minimieren. Das Bestreben nach einer genügenden Absicherung des Kreditengagements ist banküblich und typischerweise mit der Rolle eines Kreditgebers verknüpft. Eine hierdurch veranlaßte Einflußnahme auf die Konzeption des Kapitalanlagemodells macht die Finanzierungsbank daher nicht gleichsam zur Partei des zu finanzierenden Geschäfts (BGH WM 1992, 901 , 905).

bb)

Soweit die Kläger in allgemeiner Form eine Täuschung der Immobilienerwerber über permanent vorhandene Mietpoolunterdeckungen durch Gewährung entsprechender Darlehen an die Mietpoolverwalter seitens der C1 behaupten, ist ihr Vortrag im Kern ohne Substanz.

Die Abwicklung der Mieteinnahmen durch den eingerichteten Mietpool gehört ebenso wie z. B. die mietrechtliche Situation der Wohnung, die Wiederverkaufsmöglichkeit des Objekts sowie die aus dem Erwerb des Objekts resultierende Steuerersparnis zu den bloß objektbezogenen Kriterien. Über diese haben sich die Erwerber in ihrem eigenen Interesse selbst zu unterrichten. Das Kreditinstitut kann daher bei Abschluß der Finanzierungsvereinbarung zugrunde legen, dass der Kunde eine Bewertung zu diesen Fragen bereits durchgeführt hat. Einen Wissensvorsprung über derartige Umstände allein löst allein noch keine Aufklärungspflicht aus. Ob dies anders ist, wenn von vornherein gleichsam eine "Unrechtsvereinbarung" zwischen sämtlichen, dem Kunden gegenübertretenden Unternehmen bestanden hätte, nach welcher die Abwicklung des Mietpools insgesamt scheitern sollte, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Nach dem Klägervortrag sollte nämlich nur in den ersten Jahren eine defizitäre Handhabung des Mietpools erfolgen.

Im Übrigen hat die Beklagte unwidersprochen vorgetragen (Bl. 430 GA), dem Mietpool, dem die Kläger angehörten, kein Darlehen gewährt zu haben.

cc)

Eine weitergehende Aufklärungspflicht der Bank über ihren bankspezifischen Pflichtenkreis hinaus ist auch nicht aufgrund angeblicher gesellschaftsrechtlichen Verflechtung mit der Verkäuferin und der C1 gerechtfertigt, wobei die von den Klägern behauptete stille Beteiligung der C1 an Firmen der HBG eine unsubstantiierte Behauptung ins Blaue darstellt. Die Beklagte hat unwidersprochen ausgeführt, dass im Verhältnis zu diesen Firmen keine ungesicherten Darlehensforderungen der C1 bestehen. Eine erweiterte Haftung der Bank hängt nämlich nicht allein davon ab, ob das Maß der Zusammenarbeit zwischen der Bank und dem Veräußerer bzw. dem Vertreiber einer Kapitalanlage die Grenzen dessen überschreitet, was bei der Finanzierung eines derartigen Projekts für eine Bank üblich ist. Weil die Haftung aus c.i.c. ihre Wertungsgrundlage im Vertrauensprinzip hat, ist zum anderen auch eine erkennbar nach außen in Erscheinung tretende Übernahme von Funktionen des Vertreibers erforderlich (BGH, WM 1992, 901, 905). Der Kläger hat jedoch nichts dafür vorgetragen, dass die Beklagte in irgendeiner Weise mit der von ihm behaupteten Beteiligung an der unternehmerischen Konzeption der Kapitalanlagevermittlung nach außen hervorgetreten ist.

Die bestehende gesellschaftsrechtliche Verflechtung begründet zudem keinen allein daraus herzuleitenden schwerwiegenden Interessenkonflikt, der eine besondere Gefährdungslage der Kläger begründen könnte. Ein Anhalt dafür, daß die nach dem in den §§ 17,18 AktG gesetzlich vorgesehenen Prinzip der rechtlichen Vielheit im Konzern juristisch selbständige Beklagte an dem Verkauf der Wohnung ein besonderes Eigeninteresse haben konnte, insbesondere ein eigenes wirtschaftliches Wagnis auf die Kläger verlagern wollte (vgl. BGH, NJW 1992, 2146, 2147), besteht nicht. Auch ist nichts dafür dargelegt oder sonst ersichtlich, daß die Zugehörigkeit zur gleichen Unternehmensgruppe nicht lediglich Folge kapitalistischer Beteiligung ist, sondern im Rahmen der hier in Rede stehenden Geschäfte zur Erreichung eines einheitlichen Unternehmensziels bewusst im Sinne eines arbeitsteiligen Konzeptes eingesetzt worden ist. Nur im letzteren Fall wäre überhaupt eine Wissenszurechnung zu Lasten der Beklagten zu erwägen (vgl. Drexl, Wissenszurechnung im Konzern, ZHR 161, 1997, 491 ff., 514ff. m.w.N.).

dd)

Die in diesem Zusammenhang behauptete Ablösepflicht der C1 bzw. der Baufinanz für notleidende Kredite begründet ebenfalls keine weitergehende Offenbarungspflicht der Beklagten, da das Bestehen zusätzlicher Sicherheiten der Beklagten keine Relevanz für die Kauf- und die Kreditentscheidung des Klägers.

ee)

Auch die Tatsache, dass die Beklagte für die Finanzierungsvermittlung Provisionen gezahlt haben mag, genügt nicht für eine weitergehende Haftung. Der Vertrieb der Darlehen betrifft die Beklagte ausschließlich in ihrer Rolle als Kreditgeberin, geht also nicht darüber hinaus (vgl. OLG Köln, WM 2000, 2139, 2142). Durch diese internen Zahlungen mag zwar letztlich der Kaufpreis erhöht worden sein, die Überprüfung der Berechtigung des Kaufpreises ist aber grundsätzlich Sache des Käufers, der sich dazu notfalls der Hilfe eines Fachmannes bedienen muss.

Der insoweit von den Klägern herangezogene Gedanke des § 654 BGB (Verwirkung des Lohnanspruchs eines Maklers) betrifft den Objekt- und Finanzierungsvermittler, nicht jedoch die Beklagte als Kreditgeberin. Auch der von den Klägern angeführte Gesichtspunkt einer heimlichen Schmiergeldzahlung, welche ein Verschulden bei Vertragsschluß darstellen könnte, paßt ebensowenig auf den vorliegenden Fall wie die angeführte Rechtsprechung (BGH NJW 2001, 962 ff. und BGH NJW 2001, 1065 ff.). In den beiden vom BGH entschiedenen Fällen wurden einmal der Verhandlungsführer des Darlehensnehmers und zum anderen der Vermögensverwalter eines Depotkunden von der Bank (einmal als Darlehensgeberin, das andere Mal als depotführendes Kreditinstitut) mit einer gegenüber dem jeweiligen Kunden nicht offengelegten Provisions- oder Schmiergeldzahlung bedacht. Beiden Fällen ist - im Unterschied zum vorliegenden Fall - gemein, dass der Verhandlungsführer bzw. Vermögensverwalter des Bankkunden in einem besonderen Treueverhältnis zu diesem stand. Eine Tätigkeit für die andere Seite - also für die Bank - mußte zwangsläufig zu einer vertragswidrigen Interessenkollision führen, was auf Seiten der provisionszahlenden Bank gewußt und gewollt war. Im vorliegenden Fall fehlt ein derartiges Treueverhältnis. Es ist nicht ersichtlich, dass neben der Objekt- bzw. Finanzierungsvermittlung ein darüber hinausgehenden, besonderer Verhandlungs- bzw. Vermittlungsauftrag bestand. Grundsätzlich ist dem Makler eine derartige Doppeltätigkeit erlaubt und braucht auch nicht offengelegt zu werden (vgl. zum ganzen Palandt-Sprau, 61. Aufl., § 654 BGB, Rn. 4 f.).

Alleine das Wissen der Beklagten um die Doppeltätigkeit der Vermittler stellt keinen konkreten Wissensvorsprung vor den Klägern als Darlehensnehmern in Bezug auf die speziellen Risiken seines Finanzierungsvorhabens dar. So handelte es sich bei der nachgewiesenen Finanzierung der Beklagten um eine absolut übliche Finanzierungsmethode zu üblichen Finanzierungskonditionen. Daran änderte die von der Beklagten ggf. gezahlte Provision nichts.

ff)

Eine andere Betrachtungsweise ergibt sich auch nicht aus dem Gesichtspunkt, dass die Zahlung der Provisionen die Kreditkosten für die Kläger erhöht haben könnte. Denn nach dem eigenen Vortrag der Kläger sind diese Kosten nicht in die von ihnen zu zahlende Zinshöhe eingeflossen.

Angesichts der vereinbarten Zinshöhe zu üblichen Bedingungen ist bereits nichts dafür ersichtlich, dass der Zins durch die von der Beklagten gezahlte Provision überteuert worden ist. Zudem ist aber auch unstreitig, dass die Beklagte die Provision als Zinssubvention zurückerhalten hat, so dass es im Ergebnis zu keinem höheren Kreditzins gekommen ist. Die in diesem Zusammenhang von den Klägern aufgestellte Behauptung, dass nach Ablauf der Zinsbindungsfrist allein schon wegen der dann wegfallenden Zinssubvention mit einer nachhaltigen Steigerung der Zinsbelastung zu rechnen sei, ist rein spekulativer Natur und übergeht die grundsätzliche Bindung der im vorliegenden Fall gewährten Zinskonditionen an den Marktzins. Dieser ist gerade im Zeitraum von 1994 bis heute stark gefallen.

Entgegen der Auffassung der Kläger kann ebenfalls dahinstehen, ob auf die von der Beklagten geleistete versteckte Innenprovision nach § 4 Abs. 1 S. 5 Nr. 1d) VerbrKrG in dem Darlehensvertrag hätte hingewiesen werden müssen. Denn nach § 6 Abs. 2 VerbrKrG wird der Kreditvertrag trotz seines Mangels gültig, wenn der Verbraucher das Darlehen empfängt oder den Kredit in Anspruch nimmt, was hier unstreitig der Fall war (vgl. OLG München, WM 2001, 1215, 1218).

gg)

Eine andere Frage ist es, ob die durch die Zinssubvention bewirkte Erhöhung des Kaufpreises eine Offenbarungspflicht der Beklagten begründet. Insoweit ist jedoch eine allgemeine Verpflichtung der Bank, bei entsprechender Kenntnis über in die Kaufpreiskalkulation des Verkäufers eingeflossenen Innenprovisionen aufzuklären, zu verneinen (OLG Köln, 2002, 118, 121). Hierbei mag dahinstehen, ob eine solche Offenbarungspflicht möglicherweise dann besteht, wenn dem Erwerber die einzelnen Kalkulationsbestandteile des Kaufpreises dargestellt wurden und ihm dadurch vermittelt wird, dass im Kaufpreis kein weiterer ihm nicht mitgeteilter Kostenaufwand enthalten ist. Denn den Klägern ist der zugrundeliegende Kaufpreis unstreitig nicht weiter aufgeschlüsselt worden. Demnach richtet sich die Beurteilung auch im vorliegenden Fall nach dem Grundsatz, dass zu den vom Kreditinstitut zu tragenden Risiken nicht die Beurteilung gehört, ob die vom Käufer geschuldeten "Gesamtkosten" in einem angemessenen Verhältnis zum Wert des zu erwerbenden Objektes stehen (BGH NJW 2000, 2352 f.). Darüber muß sich der Erwerber in seinem eigenen Interesse, ggf. unter Beiziehung eines Fachberaters, in aller Regel selbst unterrichten. Das Kreditinstitut darf daher beim Abschluß des Darlehensvertrages im allgemeinen ohne Sorgfaltsverstoß davon ausgehen, dass der Erwerber/Darlehensnehmer diese Prüfung selbst vorgenommen habe.

Selbst ein Wissensvorsprung der Bank darüber, dass der vom Erwerber zu zahlende Kaufpreis in keinem angemessenen Verhältnis zum Wert des zu erwerbenden Objektes steht, ist für einen Aufklärungspflichten auslösenden Wissensvorsprung einer Bank nicht ausreichend (BGH a.a.O.). Das kann allenfalls dann anders sein, wenn die Bank von einer sittenwidrigen Übervorteilung des Kunden ausgehen muss. Dies ist aber nach dem eigenen Vortrag der Kläger vorliegend nicht der Fall. Eine Übervorteilung läge vor, wenn der Kaufpreis in einem derart auffälligen Mißverhältnis zum Wert der Eigentumswohnung stünde, dass der Kaufvertrag wegen Verstoßes gegen § 138 BGB nichtig wäre. Ein derartiges auffälliges Mißverhältnis ist aber erst dann gegeben, wenn der Wert der Leistung knapp doppelt so hoch ist wie der Wert der Gegenleistung (BGH NJW 2000, 2352, 2353). Der Kaufpreis betrug 161.704,00 DM. Die Kläger behaupten einen tatsächlichen Wert von 91.200,00 DM (Bl. 147 GA).

d)

Die Beklagte schuldete den Klägern keine Kreditberatung in dem Sinne, dass sie über verschiedene Möglichkeiten der Finanzierung und deren Vor- und Nachteile informieren musste. Auch dies war grundsätzlich Sache der Kläger selbst. Wenn die Kläger eine Beratung durch die Beklagte gewünscht hätten, dann hätten sie das mit ihr besonders vereinbaren müssen (vgl. OLG Celle NJW-RR 1990, 878).

Aus diesem Grund begründet auch eine etwaige Geschäftsunerfahrenheit der Kläger keine Aufklärungspflicht der Beklagten. Es gehört nicht zum Aufgabenbereich eines Kreditgebers, die wirtschaftliche Sinnhaftigkeit des Erwerbs durch den Interessenten für diesen von sich aus zu prüfen, wenn nicht der Kunde um eine entsprechende Beratung bittet (OLG Köln, WM 2000, 2139, 2144; OLG Frankfurt WM 2002, 1281 ff.).

Vor diesem Hintergrund war die von der Beklagten durchgeführte Bonitätsprüfung ausreichend, zumal es sich um einen Zwischenkredit handelte, der schon nach wenigen Jahren durch die Bausparverträge abgelöst werden sollte. Grundsätzlich geschieht die Bonitätsprüfung und die Prüfung ausreichender Sicherheit ausschließlich im Interesse der Bank (BGH NJW 1992, 1820). Etwaige Verstöße gegen § 18 Kreditwesengesetz bzw. § 7 Abs. 1 Bausparkassengesetz begründen daher keine schadensersatzauslösende Pflichtverletzung zu Lasten des Bankkunden. Sie stellen keine Schutzgesetze zugunsten des Bankkunden dar.

Eine Aufklärungspflicht kann sich allenfalls dann ergeben, wenn von vornherein klar ist, dass der Kreditnehmer seinen Zahlungspflichten nachkommen kann. Das war hier aber nicht der Fall und wird auch von den Klägern selbst nicht behauptet.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 92 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Nichtzulassung der Revision folgt aus § 543 Abs. 1 ZPO. Die vorliegende Rechtssache ist weder von grundsätzlicher Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Zulassung der Revision.






OLG Hamm:
Urteil v. 14.11.2002
Az: 5 U 51/01


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