Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 28. August 2006
Aktenzeichen: 18 U 139/05

(OLG Köln: Beschluss v. 28.08.2006, Az.: 18 U 139/05)

Tenor

Die Kosten der Nebenintervenientin zu 11) werden der Beklagten auferlegt.

Gründe

Die Beklagte hat sich in den gemäß den Anlagen A und B zum Sitzungsprotokoll vom 15.11.2005 geschlossenen Prozessvergleichen ("F&G-Vergleich" und "F&G-Gesamtvergleich) dazu verpflichtet, die im vorliegenden Prozess angefallenen Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Kosten u.a. der Kläger des vorliegenden Rechtstreits zu tragen. Die Nebenintervenientin zu 11) war an dem Abschluss des dem vorbezeichneten Sitzungsprotokoll als Anlage B beigefügten "F&G-Gesamtvergleichs" in ihrer Eigenschaft als Antragstellerin des bei dem Landgericht Köln unter dem dortigen Aktenzeichen 82 O 80/03 anhängig gewesenen Spruchverfahrens beteiligt; dem vorliegenden Hauptsacheverfahren ist sie - wie sich dies aus ihren nachträglich zu den Akten gelangten Schriftsätzen vom 06. und 11.07.2005 in Verbindung mit dem dokumentierten Aktenstand ergibt - auf Seiten der Kläger als Nebenintervenientin beigetreten.

Ihrem Antrag vom 06.01.2006 entsprechend hat nunmehr die Beklagte nach Maßgabe von § 101 Abs. 1 ZPO die der Nebenintervenientin zu 11) im vorliegenden Rechtstreit entstandenen Prozesskosten zu übernehmen.

Der Titulierung dieser Kostenübernahmeverpflichtung steht es von vorneherein nicht entgegen, dass die Beklagte sich nach der in dem F&G-Gesamtvergleich vereinbarten Kostenregelung bereits dazu verpflichtet hat, die den Vergleichsbeteiligten, darunter die Nebenintervenientin zu 11) (dort: "Vergleichsbeteiligte zu 14"), entstandenen Rechtsanwaltskosten nach Maßgabe einer dem genannten Vergleich beigefügten Anlage zu erstatten und ferner die verfahrenbeteiligten Minderheitenaktionäre auf in Ansehung ihrer außergerichtlichen Kosten erwachsene Kostenfestsetzungsrechte vorsorglich verzichtet haben. Diese Regelungen lassen das Rechtsschutzbedürfnis für die in dem vorliegenden Verfahren von der Nebenintervenientin zu 11) begehrte Titulierung ihres Kostenerstattungsanspruchs nicht entfallen, weil sich diese ausschließlich auf die aus der Nebenintervention entstandenen Kosten erstreckt, der "F&G-Gesamtvergleich" bzw. die darin getroffene Kostenregelung indessen nur die Kosten umfasst, die der Nebenintervenientin zu 11) aus ihrer Beteiligung als Partei in den dort erwähnten Verfahren erwachsen sind.

Steht der Nebenintervenientin zu 11) danach aber das erforderliche Rechtschutzbedürfnis für eine Titulierung des geltend gemachten Kostenerstattungsanspruchs zur Seite, so liegen im übrigen auch dessen materielle Voraussetzungen vor:

§ 101 Abs. 1 ZPO bestimmt, dass die durch die Nebenintervention verursachten Kosten dem Gegner der unterstützen Hauptpartei aufzuerlegen sind, soweit er nach den Vorschriften der §§ 91 bis 98 ZPO die Kosten des Rechtstreits zu tragen hat. Schon wegen des mit dieser Regelung generell zum Ausdruck gebrachten Grundsatzes, dass der Nebenintervenient kostenmäßig ebenso zu behandeln ist, wie die von ihm unterstützte Hauptpartei (Grundsatz der Kostenparallelität), jedenfalls aber wegen des in § 101 Abs. 1 ZPO ausdrücklich erfolgten Verweises auf die sich sowohl mit den Kosten des Vergleichs als auch des verglichenen Rechtstreits befassende Vorschrift des § 98 ZPO ergibt sich, dass der Inhalt eines ohne Mitwirkung des Nebenintervenienten zwischen den Parteien geschlossenen Vergleichs hinsichtlich der darin getroffenen Kostenregelung auch für den Nebenintervenienten maßgebend ist (BGH, MDR 1967, 392 f = NJW 1967, 983; OLG Köln, Jur. Büro 1989, 102; OLG Frankfurt am Main, MDR 2000, 785 f - jeweils m. w. Nachw.). Ist die Beklagte nach den erwähnten Prozessvergleichen aber zur Übernahme der auf Seiten der Kläger angefallenen Kosten verpflichtet, so gilt das danach gleichermaßen für die den Nebenintervenienten entstandenen Prozesskosten.

Diesem auf der Grundlage der Kostenbestimmung des § 101 Abs. 1 ZPO gewonnenen Ergebnis steht es dabei von vornherein nicht entgegen, dass ihr Anwendungsbereich auf Fälle der einfachen Nebenintervention beschränkt ist, mithin die sog. streitgenössische Nebenintervention (§ 69 ZPO) nicht erfasst (vgl. Zöller-Herget, ZPO, 25. Aufl., § 101 Rdn. 1; Belz in Münchener Kommentar, ZPO, 2. Aufl., § 101 Rdn. 35 - jeweils m. w. Nachw.). Dabei bedarf es nicht der Entscheidung, ob es sich, wofür mit Blick auf die sich aus § 248 Abs. 1 AktG ergebende erweiterte Rechtskraftwirkung eines der Anfechtungsklage eines Aktionärs stattgebenden Urteils allerdings alles spricht (vgl. Hüffer, Aktiengesetz, 6. Aufl., § 246 Rdn. 7; ders. in Münchener Kommentar, Aktiengesetz, § 246 Rdn. 10 und in Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, Aktiengesetz, § 246 Rdn. 10), bei der hier beurteilten Nebenintervention um eine streitgenössische handelt, für welche nicht die Kostenregelung des § 101 Abs. 1 ZPO, sondern die des § 100 ZPO gilt. Denn in den Fällen, in denen - so wie hier - wegen der Beendigung des Anfechtungsprozesses durch einen umfassenden Prozessvergleich ein Urteil überhaupt nicht ergeht, dessen Rechtskraftwirkung die streitgenossenschaftliche Funktion der Nebenintervention aber gerade erst ergibt, ist es jedenfalls gerechtfertigt, die Pflicht zur Erstattung der durch eine Nebenintervention verursachten Kosten anhand der für die einfache Nebenintervention geltenden Maßstäbe des § 101 Abs. 1 ZPO zuzuweisen.

Die beantragte Titulierung des Kostenerstattungsanspruchs scheidet weiter auch nicht etwa deshalb aus, weil ein solcher Anspruch der Nebenintervenientin zu 11) durch die eingangs erwähnten Prozessvergleiche ausgeschlossen worden wäre. Eine Regelung solchen Inhalts haben die Vergleichsparteien in den beiden Prozessvergleichen nicht getroffen. Unter Abschnitt III, Ziff. 10 des F&G-Vergleichs sowie unter Abschnitt III, Ziff. 11 des F&G-Gesamtvergleichs haben die Vergleichsbeteiligten jeweils unter der Überschrift "Kosten der Nebenintervention" die nachfolgende, nahezu gleichlautende Bestimmung aufgenommen:

"Die den F&G-Verfahren beigetretenen Nebenintervenienten sind nicht Partei dieses Vergleichs (sc.: in dem F&G-Gesamtvergleich heißt es an dieser Stelle: "Die den F&G-Verfahren beigetretenen Nebenintervenienten sind nicht Partei dieses Gesamtvergleichs"). Die Vergleichsbeteiligten erklären übereinstimmend, durch diesen Vergleich keine Grundlage für Kostenerstattungsansprüche der Nebenintervenienten schaffen zu wollen. F & G wird außergerichtliche Kosten der Nebenintervenienten nur dann übernehmen, wenn dies durch einen Kostenfestsetzungsbeschluss rechtskräftig festgestellt wird."

Danach sind aber Kostenerstattungsansprüche der Nebenintervenienten nicht ausgeschlossen worden. Die vorbezeichnete Vergleichsklausel ist vielmehr dahin zu verstehen, dass die Vergleichsbeteiligten in dem Vergleich selbst keine Regelung über die Kosten der Nebeninterventionen treffen, sondern diesen Kostenpunkt offen lassen wollten und ausgeklammert haben. Anders lässt sich die in unmittelbaren Zusammenhang mit der Formulierung "...durch diesen Vergleich keine Grundlage für Kostenerstattungsansprüche der Nebenintervenienten schaffen" zu wollen gestellte Aussage, außergerichtliche Kosten der Nebenintervenienten nur bei - sinngemäß - rechtkräftiger Titulierung zu übernehmen, nicht würdigen. Das Erwirken eines die außergerichtlichen Kosten des Nebenintervenienten festsetzenden rechtskräftigen Kostenfestsetzungsbeschlusses setzt eine diesem zugrundeliegende Kostengrundentscheidung voraus, die einen Kostenerstattungsanspruch des Nebenintervenienten bejaht. Haben aber die Vergleichsbeteiligten das Erwirken eines rechtskräftigen Kostenfestsetzungsbeschlusses über die außergerichtlichen Kosten und damit einen entsprechenden Erstattungsanspruch der Nebenintervenienten bedacht und für möglich gehalten, so widerspricht das einem derartige Kostenerstattungsansprüche der Nebenintervenienten ausschließenden Verständnis der in Frage stehenden Vergleichsbestimmung.

Der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch ist schließlich auch nicht etwa deshalb zu verneinen und eine Titulierung abzulehnen, weil der Beitritt der Nebenintervenientin vermeintlich zu spät, nämlich erst nach Verstreichen der einmonatigen Anfechtungsfrist des § 246 Abs. 1 AktG erfolgt und aus diesem Grund als unzulässig einzuordnen wäre. Dabei kann es dahinstehen, ob die Zulässigkeit des Beitritts anlässlich der Kostenentscheidung überhaupt noch zu prüfen ist (vgl. Zöller-Herget, a.a.O., § 101 Rdn. 9; Belz, a.a.O., § 101 Rdn. 14 - jeweils m. w. Nachw.). Das bedarf hier deshalb nicht der Entscheidung, weil die Zulässigkeit des Beitritts eines Aktionärs im Anfechtungsprozess auf Seiten des Anfechtungsklägers jedenfalls nicht an die Wahrung der Anfechtungsfrist des § 246 AktG gebunden ist. Mit Blick auf die erweiterte Rechtskraftwirkung des § 248 Abs. 1 AktG, die auch gegenüber nicht anfechtenden Aktionären eingreift, besteht für den beitretenden Aktionär auch dann ein Interventionsinteresse, wenn in seiner Person nicht die materiellen Voraussetzungen der Anfechtungsklage, konkret das Erfordernis der Wahrung der Anfechtungsfrist des § 246 Abs. 1 AktG erfüllt sind (vgl. Hüffer in Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, a.a.O., § 246 Rdn. 9; OLG Düsseldorf, AG 2004, 677 f).






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Beschluss v. 28.08.2006
Az: 18 U 139/05


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