Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 14. Juli 1995
Aktenzeichen: 6 U 32/95

(OLG Köln: Urteil v. 14.07.1995, Az.: 6 U 32/95)

1. Der Anwendung des Rabattgesetzes steht nicht entgegen, daß der Letztverbraucher den unzulässigen Nachlaß auf den allgemein geforderten Preis nicht unmittelbar vom Anbieter der Leistung oder Ware und nicht sofort bei Vertragsschluß erhält. Ein Rabattverstoß ist auch in Form der ,Rückvergütung" über einen zwischengeschalteten Dritten möglich. 2. Wirbt ein Gastronomieunternehmen mit einem Preisnachlaß von 7% bzw. 10%, den es, als Partnerunternehmen einer ,V. Bonus AG", deren Mitgliedern (= Inhabern von sogenannten ,VIP-Bonus-Karten) in der Weise gewährt, daß es an die AG für die ,Vermittlung" des Kunden eine ,Provision" zahlt, von der dieses sodann 7% bzw. 10% an seine Mitglieder ,rückvergütet", liegt hierin, unabhängig von der tatsächlichen Höhe des Rabatts, ein Verstoß gegen § 1 II 2. Alt. RabattG.

Gründe

Die Berufung des Antragstellers ist zulässig und begründet.

Der Antrag des Antragstellers auf Erlaß einer einstweiligen

Verfügung ist zulässig; insbesondere ist die Prozeßführungsbefugnis

des Antragstellers gemäß §§ 12 RabattG, 13 Abs. 2 Ziff. 2 UWG

gegeben.

Daß der Antragsteller über eine hinreichende Ausstattung im

Sinne des § 13 Abs. 2 Ziff. 2 UWG zur tatsächlichen Wahrnehmung

seiner satzungsmäßigen Aufgabe der Verfolgung gewerblicher

Interessen verfügt, ist unstreitig und zudem dem Senat aus einer

Vielzahl von Prozessen bekannt.

Weiterhin setzt die Prozeßführungsbefugnis rechtsfähiger

Verbände zur Förderung gewerblicher Interessen voraus, daß ihnen

eine erhebliche Zahl von Gewerbetreibenden angehört, die Waren oder

gewerbliche Leistungen gleicher oder verwandter Art auf dem selben

- vor allem auch auf dem selben örtlichen - Markt vertreiben und

nach § 13 Abs. 1 Ziff. 1 UWG prozeßführungsbefugt wären. Hierbei

spielt es keine Rolle, ob diese Gewerbetreibenden unmittelbar dem

Antragsteller angehören oder nur mittelbar durch die Zugehörigkeit

von Verbänden oder Vereinigungen zu dem Antragsteller erfaßt werden

(amtliche Begründung zu § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG n.F., abgedruckt in

WRP 1994, 369, 377 f). Entsprechend dem Gesetzeszweck genügt es

somit, wenn dem Wettbewerbsverein Industrie- und Handelskammern

oder Handwerkskammern angehören, die nach § 13 Abs. 2 Ziff. 4 UWG

selbst zur Verfolgung von Wettbewerbsverstößen der gegebenen Art

prozeßführungsbefugt wären (BGH ZIP 1995, 152 ff). Dies ist beim

Antragsteller der Fall. Dem Senat ist aus einer Vielzahl von

Prozessen bekannt, daß dem Antragsteller alle Industrie- und

Handelskammern, der Deutsche Handwerkskammertag und zahlreiche

Handwerkskammern angehören.

Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung ist auch

begründet.

Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch in der konkreten Form

- wie im Urteilstenor wiedergegeben - ergibt sich aus §§ 1 Abs. 2,

2. Alt., 9 RabattG.

Die Antragsgegner gewähren im geschäftlichen Verkehr

Letztverbrauchern, die zu den Time-Share-Inhabern gehören und eine

V. Bonus-Karte besitzen, Sonderpreise auf die von ihnen in ihrem

Hotel- und Restaurantbetrieb angebotenen Leistungen des täglichen

Bedarfs, indem sie der V. Bonus-AG eine ,Provision" zahlen und

diese einen Teil hiervon (7 % bzw. 10 % des Gesamtpreises) an den

Verbraucher, der Inhaber einer V. Bonus-Karte ist, weitergibt.

Der Anwendung des Rabattgesetzes steht nicht entgegen, daß der

Letztverbraucher den unzulässigen Nachlaß auf den Preis nicht

unmittelbar von den Antragsgegnern und nicht bei Vertragsabschluß

sofort erhält. Die nach § 1 RabattG vorausgesetzte Identität des

Unternehmers, der seine Ware oder gewerbliche Leistung des

täglichen Bedarfs zu einem bestimmten Preis anbietet, mit dem

Rabattgewährenden wird nicht schon dadurch aufgehoben, daß ein

Dritter den unzulässigen Preisnachlaß (Sonderpreis) an den

Vertragspartner ausbezahlt. Erweist es sich vielmehr, daß die

Vergütung nur formal aus dem Vermögen des Dritten stammt und

wirtschaftlich dem Verkäufer - hier den Antragsgegnern -

zuzurechnen ist, ist ein Preisnachlaß im Sinne des Rabattgesetzes

gegeben (BGH WRP 1990, 286, 287 - , Bonusring"; BGH GRUR 1960, 495,

498 - ,WIR-Rabatt"; BGH GRUR 1968, 266, 267 - ,BSW II"). Für die

Beurteilung ist eine wirtschaftliche Betrachtungsweise geboten.

Wird durch die Einschaltung eines Dritten in die wirtschaftliche

Abwicklung und Abrechnung dem Letztverbraucher eine Rückvergütung

zugeführt, so kommt es für die rabattrechtliche Beurteilung darauf

an, ob nach dem übereinstimmenden, nach wirtschaftlicher

Betrachtungsweise objektivierten Verständnis der Beteiligten die

dem Letztverbraucher zugeflossene Vergütung vom Verkäufer als

Nachlaß auf den Vertragspreis angekündigt und/oder gewährt wird

(BGH WRP 1990, 286, 287 - ,Bonusring").

Hier ist die Konzeption der Zusammenarbeit von der V. Bonus-AG

mit den Partnerunternehmen darauf ausgerichtet, den in der

Prospektmappe beworbenen Bonussatz des jeweiligen

Partnerunternehmens aus dem Kaufpreis dem Kunden als Preisnachlaß

zuzuführen. Die Angabe des jeweiligen Bonus des einzelnen

Partnerunternehmens in der Prospektmappe - wie hier der Hinweis im

Prospekt der Antragsgegner Silber: 7 % Gold: 10 % - erweckt beim

Letztverbraucher die Erwartung bei einem Vertragsabschluß mit den

Antragsgegnern den als Bonus bezeichneten Prozentsatz als Nachlaß

auf den Preis erstattet zu erhalten.

Tatsächlich führen auch die Antragsgegner den BonusGeldbetrag an

die V. Bonus-AG ab, die diesen Betrag mit zeitlicher Verzögerung an

die jeweiligen Kunden ,ausschüttet". Diese Zweckbestimmung

entspricht auch den übereinstimmenden Vorstellungen der

Beteiligten.

In dieser Konzeption liegt der Unterschied zu der Entscheidung

des Bundesgerichtshofes ,BSW" (GRUR 1967, 371 ff), auf die sich die

Antragsgegner berufen. In dieser Entscheidung des

Bundesgerichtshofs war nach dem dort festgestellten Sachverhalt

weder von dem ,BSW" noch von dem jeweiligen Partnerunternehmen dem

Kunden gegenüber mitgeteilt worden, in welcher Höhe dem Kunden

Anteile der Vermittlungsprovision ausbezahlt werden sollten. Die

Verteilung der von der ,BSW" verdienten Provision lag allein in

deren Verantwortungsbereich, so daß weder das Partnerunternehmen

noch der Kunde Einfluß auf die Entscheidung darüber hatte, ob und

gegebenenfalls in welcher Höhe den Käufern eine Vergünstigung

zuteil werden würde.

Im vorliegenden Fall ist aber hingegen die Höhe der

Rückvergütung (7 % bzw. 10 %), die der Kunde der Antragsgegner

erhalten soll, in der Prospektmappe gegenüber dem Kunden

bekanntgegeben und festgelegt worden. Das bedeutet gleichzeitig,

daß sich auch die V. Bonus-AG von vornherein hinsichtlich der

Verwendung der ihr zustehenden Provision festgelegt hat. Vor diesem

Hintergrund ist es grundsätzlich für die rabattrechtliche

Beurteilung des Zusammenwirkens eines Dritten mit dem

Verkaufsunternehmen ohne Belang, ob der Dritte der ,Verkäuferseite"

oder der ,Käuferseite" zuzurechnen ist; denn auch im letzten Fall

kann ein gemeinsames Zusammenwirken der zwischengeschalteten

Organisation mit dem Verkaufsunternehmen gegeben sein, das darauf

ausgerichtet ist, dem Kunden einen Teil des Kaufpreises unmittelbar

gutzubringen (BGH WRP 1990, 286, 287 - ,Bonusring" m.w.N.). Gerade

ein solches Zusammenwirken zwischen der V. Bonus-AG und den

Antragsgegnern ist in dem hier zu beurteilenden Fall gegeben, da

die ,Ausschüttung" in einer bestimmten prozentualen Höhe an die

Kunden einerseits Geschäftsgrundlage für das Zusammenwirken mit den

Antragsgegnern ist und andererseits den Anreiz für Letztverbraucher

bietet, sich an dem System der V. Bonus-AG zu beteiligen.

Auf die von den Beteiligten für den Preisnachlaß (Sonderpreis)

getroffene Wortwahl kommt es für die rabattrechtliche Beurteilung

ebenfalls nicht an, so daß es rechtlich unerheblich ist, daß die

Antragsgegner an die V. Bonus-AG eine ,Provision" für

Vermittlungstätigkeit zahlen. Die V. Bonus-AG kann nämlich über

diese Provision nicht in voller Höhe frei verfügen, da sie sich

bereits den Kunden gegenüber in der Prospektmappe verpflichtet hat,

einen Anteil von 7 % bzw. 10 % an die Kunden auszuschütten. Somit

beträgt die echte Vermittlungsprovision, die die V. Bonus-AG von

den Antragsgegnern erhält, derzeit 2 % oder 5 %.

Schließlich verfolgt die V. Bonus-AG auch nicht in erster Linie

die Interessen ihrer Mitglieder - wie im Fall der Entscheidung des

Bundesgerichtshofs ,BSW" -, sondern zumindest in gleicher Weise

diejenigen der ihr durch Vertrag angeschlossenen Unternehmen. Die

V. Bonus-AG kann ihr Unternehmen finanziell nur dann tragen, wenn

sie möglichst viele Kunden an ihrem System beteiligt. Das ist für

sie aber nur dann zu erreichen, wenn die Preisvergünstigungen bei

den Vertragsunternehmen - wie bei den Antragsgegnern - als

Werbemittel herausgestellt werden, da diese die eigentliche

Anlockwirkung für die Kunden darstellen, die Leistungen der

Antragsgegner zu einem Sonderpeis erlangen zu können.

Durch die werbliche Herausstellung dieser Vergünstigung handelt

die V. Bonus-AG insbesondere im Interesse ihrer

Vertragsunternehmen, da diese hierdurch einen Wettbewerbsvorsprung

gegenüber ihren Konkurrenten erhalten.

Nach allem ist die Konzeption der V. Bonus-AG, an der sich die

Antragsgegner beteiligen, darauf gerichtet, gegen die Vorschriften

des Rabattgesetzes zu verstoßen.

Die Antragsgegner sind auch gemäß §§ 12, 1 Abs. 2 2. Alt., 9

RabattG als Störer für diesen Rabattverstoß verantwortlich, da sie

zum einen die entsprechenden Sonderpreise (7 % bzw. 10 % unter dem

üblichen Preis) an die Inhaber einer V. Bonus-Karte gewähren und

zum anderen an der Werbung für diese Preisnachlässe, die zwar von

der V. Bonus-AG verteilt wird, mitwirken. Dies ergibt sich nicht

nur daraus, daß sie eine derartige Werbung mit Sonderpreisen für

das von ihnen geführte Unternehmen dulden, sondern auch daraus, daß

sie für diese Werbung an die V. Bonus-AG einen einmaligen Betrag

von 1.000,00 DM für Werbezwecke gezahlt haben.

Der so beworbene Sonderpreis wird von den Antragsgegnern den

Inhabern der V. Bonus-Karte im Sinne von § 1 Abs. 2 2. Alt. RabattG

auch nur wegen deren Zugehörigkeit zu einem ,bestimmten

Verbraucherkreis" eingeräumt. Dies entspricht auch dem Interesse

der V. Bonus-AG, der wegen ihrer gesellschaftsrechtlichen

Verflechtung daran gelegen ist, Kunden für die Firma TSR zu

gewinnen, indem diesen zusätzliche Anreize - wie hier der Bezug von

Leistungen zu Sonderpreisen - geboten werden soll.

Da unstreitig der Ausnahmetatbestand des § 9 RabattG vorliegend

nicht eingreift, ist der von den Antragsgegnern beworbene und

gewährte Preisnachlaß ein unzulässiger Sonderpreis gemäß § 1 Abs. 2

2. Alt. RabattG.

Der Antragsteller ist zur Geltendmachung des

Unterlassungsanspruch aktivlegitimiert, denn die beanstandete

Bewerbung und Gewährung von Sonderpreisen durch die Antragsgegner

sind geeignet, den Wettbewerb auf dem einschlägigen Markt

wesentlich zu beeinträchtigen. Es handelt sich dabei nicht nur um

einen sogenannten Bagatellverstoß, wie er nach dem Zweck des § 13

Abs. 2 Ziff. 2 UWG n.F. nicht mehr von Wettbewerbsvereinen verfolgt

werden kann, sondern um einen Verstoß, dessen ,Auswirkungen auf das

Wettbewerbsgeschehen so erheblich sind, daß die Interessen der

Allgemeinheit ernsthaft betroffen werden" (Begründung des

Gesetzentwurfs zu § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG n.F., abgedruckt in WRP

1994, 369, 377). Dies folgt schon aus dem bereits dargelegten

Schutzzweck des Rabattgesetzes. Derartige ,Bonussysteme" üben für

den Verbraucher wie auch für Einzelhändler und Gewerbetreibende

einen beträchtlichen Anreiz aus, die die beanstandete

Wettbewerbshandlung schon nicht als bloßen Bagatellverstoß

erscheinen lassen. Darüber hinaus sind derartige Verstöße gegen das

Rabattgesetz - wie dem Senat aus anderen Verfahren bekannt ist -

nicht bloße Einzelfälle. Letztlich ist zu berücksichtigen, daß die

Parteien diesen Rechtsstreit als ,Musterprozeß" für eine Vielzahl

weiterer Fälle ansehen, die die der V. Bonus-AG übrigen

angeschlossenen Partnerunternehmen betreffen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Das Urteil ist gemäß § 545 Abs. 2 ZPO mit der Verkündung

rechtskräftig.

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OLG Köln:
Urteil v. 14.07.1995
Az: 6 U 32/95


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