Bundespatentgericht:
Beschluss vom 19. Februar 2002
Aktenzeichen: 33 W (pat) 243/01
(BPatG: Beschluss v. 19.02.2002, Az.: 33 W (pat) 243/01)
Tenor
Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 17 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 31. Mai 2001 aufgehoben und die Eintragung der angemeldeten Marke wegen des Widerspruchs auf Grund der Marke 943 131 versagt.
Gründe
I Beim Deutschen Patentamt (seit dem 1. November 1998 "Deutsches Patent- und Markenamt") ist gegen die Eintragung der am 30. November 1994 gemäß § 5 Abs 1 WZG bekanntgemachten Anmeldung der Wortmarke Promaxfür Waren der Klassen 19 und 17, deren Warenverzeichnis im Laufe des Widerspruchsverfahrens auf folgende Waren der Klasse 17 eingeschränkt worden ist:
"Dichtungsprofile sowie Verpreßschläuche für die Fugenabdichtung an Bauteilen oder an Gebäuden zum Abdichten gegen Feuchtigkeitsdurchtritt, insbesondere Dichtungsprofile mit einem Quellband, insbesondere mit Bestandteilen aus Tonerde, in Kombination mit einem Injektionskanal für injizierbare Verpreßmittel - alle Waren nicht für den Straßenbau und nicht auf der Basis von Bitumen, insbesondere nicht auf der Basis von verschmelzbaren Bändern auf der Basis von Bitumen", auf Grund der für die Waren
"Wärmeschutz- und Isoliermittel; Verbundmaterial zur Schall- und Wärmedämmung in Form von Platten, Rohren und Schalen aus Isolierbaustoffen; Bauteile und Bauplatten (jeweils nicht aus Metall) zur Erstellung und/oder Verkleidung von Decken, Wänden und Böden, schalldämmende und schallabsorbierende Platten, wärmeisolierende Platten, feuerbeständige Platten; Feuerleichtsteine, Gipskartonplatten; feuerfeste Materialien für Hochtemperaturisolation, insbesondere keramische Stoffe in Form von losen Fasern und keramischer Filz in Form von Platten und Bahnen für den Industrieofenbau; feuerfeste und feuerhemmende Anstriche, insbesondere Anstrichmassen; Feuerschutztüren (nicht aus Metall)"
am 8. April 1976 eingetragenen Marke 943 131 PROMAT Widerspruch erhoben worden.
Die Anmelderin hat mit Schriftsatz vom 6. September 1999 die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten. Daraufhin sind von der Widersprechenden umfangreiche Benutzungsunterlagen vorgelegt worden, insbesondere die eidesstattliche Erklärung ihres Geschäftsführers Herrn N... vom 28. Oktober 1999. Die Anmelderin hat ihre Nichtbenutzungseinrede zunächst in vollem Umfang aufrechterhalten und die Benutzung der Widerspruchsmarke "innerhalb der letzten fünf Jahre" bestritten. Anschließend ist von der Anmelderin jedoch eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für folgende Waren:
"Feuerfeste und feuerhemmende Materialien für den Brandschutz von Bauwerken, insbesondere in Form von Platten, Rohren, Profilen, Schalen, Anstrichen, Kitt und Mörtel;
feuerfeste Materialien für die Hochtemperaturisolation von verfahrenstechnischen Anlagen, insbesondere keramische Stoffe in Form von losen Fasern und keramischer Filz in Form von Platten und Bahnen für den Industrieofenbau"
anerkannt und insoweit die Nichtbenutzungseinrede ausdrücklich aufgegeben worden.
Die Markenstelle für Klasse 17 hat den Widerspruch durch den von einem Mitglied des Patentamts erlassenen Beschluß vom 31. Mai 2001 gemäß §§ 9 Abs 1 Nr 2, 42 Abs 2 Nr 1, 43 Abs 1 und 2 MarkenG wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. In den Gründen ist ausgeführt worden, die Waren, für welche die Benutzung von der Anmelderin anerkannt worden sei, seien nur teilweise im Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke enthalten. Die insoweit zu berücksichtigenden Waren der Widerspruchsmarke und die Waren der Anmeldung seien nicht ähnlich oder zumindest hochgradig warenfern, so daß der Abstand der sich gegenüberstehenden Marken noch als ausreichend zu erachten sei. Eine weitergehende Glaubhaftmachung der Benutzung sei nicht gelungen, weil die eidesstattliche Erklärung des Geschäftsführers der Widersprechenden lediglich pauschale Umsatzzahlen für das gesamte Produktspektrum aufführe.
Die Widersprechende hat gegen diese Entscheidung des Patentamts Beschwerde eingelegt und zur Glaubhaftmachung der Benutzung zahlreiche Lieferscheine aus den Jahren 1990, 1991, Rechnungen aus den Jahren 1992 bis 1994 sowie die weitere eidesstattliche Erklärung ihres Geschäftsführers Herrn N... vom 10. Juli 2001 eingereicht.
Sie trägt im wesentlichen vor, die Abweichung lediglich im letzten Buchstaben der einander gegenüberstehenden Marken sei nicht geeignet, eine klangliche Verwechslung auszuschließen. Dies sei insbesondere in den Fällen gegeben, in denen die Waren einen nicht hinreichenden Abstand zueinander aufwiesen. Die Waren der Anmeldung seien ihrem Einsatzgebiet und ihrer Bestimmung nach ähnlich zu denen der Widerspruchsmarke. Die Waren der Widersprechenden deckten ein weitreichendes Spektrum ab, nämlich "Wärmeschutz- und Isoliermittel"; darunter könnten auch Dichtungsprofile an Bauteilen fallen. Die Verwechslungsgefahr werde auch auf die hohe Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke gestützt. Sowohl die Firmenbezeichnung als auch die Marke "PROMAT" verfügten über einen außerordentlich hohen Bekanntheitsgrad von ca 80% bei den einschlägigen Fachkreisen. Die Jahresumsätze der unter der Marke vertriebenen Waren bewegten sich im ... oder ... ... (DM). Die Bezeichnung "PROMAT" werde seit Jahrzehnten im gesamten Bundesgebiet umfangreich im Zusammenhang mit dem Angebot und Vertrieb des gesamten Produktsortiments benutzt. Auch die erheblichen Werbeaufwendungen hätten zu einer sehr hohen Bekanntheit geführt. Dazu werde auf die Ergebnisse einer - auszugsweise als Anlage beigefügten - Untersuchung der GFM-Politechnic Unternehmensberatung und Marktforschung GmbH verwiesen, wonach in den beteiligten Verkehrskreisen ein Bekanntheitsgrad von 76% bis 90% bestehe. Im Abschlußbericht heiße es: "Betrachtet man alle Ergebnisse zusammengenommen, so ergibt sich für PROMAT das Bild eines echten Marktführers." und "Der spontane Bekanntheitsgrad ist einzigartig. Er liegt bei allen befragten Zielgruppen zwischen 80 und 90%."
Die Widersprechende beantragt, den Beschluß der Markenstelle für Klasse 17 vom 31. Mai 2001 aufzuheben, dem Widerspruch stattzugeben und die Eintragung der angemeldeten Marke zu versagen.
Die Anmelderin und Beschwerdegegnerin hat sich im Beschwerdeverfahren nicht mehr geäußert.
II Die Beschwerde der Widersprechenden ist begründet.
Der Senat hält eine Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG iVm §§ 42 Abs 2 Nr 1, 43 Abs 1, 152, 158 Abs 2 MarkenG zwischen der angemeldeten Marke "Promax" und der Widerspruchsmarke "PROMAT" (943 131) für gegeben. Die Eintragung der angemeldeten Marke muß daher gemäß § 158 Abs 5 Satz 1 MarkenG versagt werden.
Die umfassende, alle Umstände des Einzelfalles berücksichtigende Beurteilung der Verwechslungsgefahr beruht auf einer Würdigung aller in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke, auch in ihrer Wechselbeziehung untereinander; so kann ein geringer Ähnlichkeitsgrad der Waren durch einen höheren Ähnlichkeitsgrad der Marken ausgeglichen werden (vgl EuGH GRUR 1998, 922, 923 Ez 16, 17, 18 - Canon; EuGH GRUR Int. 1999, 734, 736 Ez 18, 19, 20 - Lloyd; BGH GRUR 1999, 995, 997 - HONKA; BGH GRUR 1999, 241, 242 f - PATRIC LION).
Soweit die Anmelderin ihre Nichtbenutzungseinrede aufgegeben hat, sind die eingetragenen Waren "feuerbeständige Platten; Feuerleichtsteine; feuerfeste und feuerhemmende Anstriche, insbesondere Anstrichmassen; feuerfeste Materialien für Hochtemperaturisolation" der Widerspruchsmarke zu berücksichtigen. Eine Ähnlichkeit zumindest mittleren Grades besteht unter den Waren "Dichtungsprofile sowie Verpreßschläuche für die Fugenabdichtung an Bauteilen oder an Gebäuden zum Abdichten gegen Feuchtigkeitsdurchtritt ...." der Anmeldung einerseits und den Waren "feuerbeständige Platten; Feuerleichtsteine; feuerfeste und feuerhemmende Anstriche, insbesondere Anstrichmassen" der Widerspruchsmarke andererseits, da es sich gleichermaßen um Baumaterialien handelt, die durchaus aufeinander abgestimmt oder sich ergänzend Verwendung finden können, wobei möglicherweise sogar die eingesetzten Rohstoffe (Tonerde oä) identisch sind. Ob und inwiefern die Widersprechende eine rechtserhaltende Benutzung für weitere eingetragene Waren der Widerspruchsmarke gemäß § 43 Abs 1 MarkenG iVm § 294 ZPO glaubhaft gemacht hat - dies erscheint hinsichtlich der zulässigen Nichtbenutzungseinrede gemäß § 43 Abs 1 Satz 2 MarkenG zweifelhaft -, kann als letztlich nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben.
Die sich gegenüberstehenden Marken "Promax" und "PROMAT" weisen einen beachtlichen Ähnlichkeitsgrad auf, weil sie sowohl schriftbildlich als auch klanglich weitgehend übereinstimmen und sich nur im Endbuchstaben bzw im Endkonsonanten unterscheiden.
Die Auffassung der Markenstelle, daß die Abweichung der Marken im Hinblick auf eine gewisse Warenferne zum Ausschluß der Verwechslungsgefahr noch ausreiche, genügt zur umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr jedoch nicht mehr, nachdem die Widersprechende zu Recht eine hohe Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke geltend macht. Denn die Widersprechende trägt substantiiert einen außergewöhnlich großen Bekanntheitsgrad der Widerspruchsmarke vor, den die Anmelderin nicht bestreitet, so daß dieser hier zugrundezulegen ist.
Da die Verwechslungsgefahr um so größer ist, je höher sich die Kennzeichnungskraft der älteren Marke darstellt, genießen Marken, die insbesondere wegen ihrer Bekanntheit auf dem Markt eine hohe Kennzeichnungskraft besitzen, einen umfassenderen Schutz als Marken, deren Kennzeichnungskraft geringer ist (vgl EuGH GRUR 1998, 387, 390 Ez 24 - Springende Raubkatze = Sabel/Puma; EuGH aaO Ez 18 - Canon; EuGH aaO Ez 20 - Lloyd).
Im vorliegenden Fall muß jedenfalls angesichts des erweiterten Schutzumfanges der Widerspruchsmarke im Ergebnis die Verwechslungsgefahr festgestellt werden.
Die Beteiligten tragen die ihnen erwachsenen Kosten des Beschwerdeverfahrens jeweils selbst (§ 71 Abs 1 Satz 2 MarkenG).
Winkler Dr. Hockv. Zglinitzki Cl
BPatG:
Beschluss v. 19.02.2002
Az: 33 W (pat) 243/01
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