Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 23. Januar 2012
Aktenzeichen: 4a O 50/04

(LG Düsseldorf: Urteil v. 23.01.2012, Az.: 4a O 50/04)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist für die Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheit kann auch durch die unbedingte Bürgschaft einer im Gebiet der Europäischen Union ansässigen, als Zoll- und Steuerbürgin zugelassenen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des deutschen Patentes ( … ) (Anlage K 1; nachfolgend Klagepatent). Das Klagepatent wurde am 3. April 1996 angemeldet. Die Offenlegung der Anmeldung erfolgte am 22. Mai 1997, die Veröffentlichung der Patenterteilung im Patentblatt am 31. Oktober 2002. Das Klagepatent betrifft eine drehelastische Wellenkupplung. Der für den vorliegenden Rechtsstreit maßgebliche Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

Drehelastische Wellenkupplung, insbesondere für Bootsantriebe mit schnelllaufenden Dieselmotoren, bei der

a) als starre Kupplungsteile eine innere Nabe (1) und mit radialem Abstand ein äußerer koaxialer Ringkörper (2) vorgesehen sind,

b) Nabe (1) und Ringkörper (2) an ihren einander zugewandten Mantelflächen etwa radial gerichtete, abwechselnd mit Abstand ineinander greifende axiale Zähne (5, 8) tragen,

c) jeweils zwei in Umfangsrichtung aufeinander folgende, bei Drehmomentbelastung sich einander nähernde Zähne (5, 8) eine Kammer (17) begrenzen, in der jeweils ein zylindrischer, elastischer Rollkörper (4.1, 4.2) durch Berührungsschluss zwischen den Mantelflächen der Nabe (1) und des Ringkörpers (2) gehalten ist,

d) die jeweils eine Kammer (17) begrenzenden Flanken (6, 10) der Zähne (5, 8) entsprechend der Umfangsform des elastischen Rollkörpers (4.1, 4.2) konkav ausgebildet sind,

dadurch gekennzeichnet, dass

e) die die Kammern (17) begrenzenden Abschnitte der Mantelfläche der Nabe (1) je längs einer im wesentlichen Kreissehnenfläche (11) verlaufen, die sich von einem Ende einer Kammer (17) bis zum abgerundeten Fuß des Zahnes (8) der Nabe (1) am anderen Ende der Kammer (17) erstreckt und

f) die Zähne an der Nabe sternförmig angeformt sind und gegenüber einer Radialebene in Richtung der Relativdrehung zwischen Nabe und Ringkörper bei Vorzugsdrehrichtung der Wellenkupplung gekrümmt ausgebildet sind.

Nachfolgend gezeigt sind verkleinerte Abbildungen aus der Klagepatentschrift, die bevorzugte Ausführungsformen der Erfindung zeigen und der Erläuterung der Erfindung dienen. Figur 1 zeigt eine Stirnansicht einer drehelastischen Wellenkupplung gemäß der Erfindung in Ruhestellung, Figur 3 eine weitere Stirnansicht der Wellenkupplung unter Drehmomentbelastung bei Volllastbetrieb.

Die Beklagte zu 1., deren Geschäftsführer die Beklagten zu 2. bis 5 sind, stellen her und vertreiben unter der Produktbezeichnung "CENTAFLEX-R" drehelastische Wellenkupplungen. Eine entsprechende Wellenkupplung ist in einem Prospekt der Beklagten abgebildet, welchen die Klägerin als Anlage K 5 zur Gerichtsakte reichte. Die Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform in Ruhe- wie in Laststellung ist nachfolgend abgebildet, entsprechend der von der Klägerin als Anlage K 9 überreichten Zeichnung.

Die Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform ergibt sich zudem anhand der europäischen Patentschrift ( … ) (Anlage K 7), deren eingetragene Inhaberin die Beklagte zu 1. ist.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass die angegriffene Ausführungsform von der Lehre nach dem Klagepatent wortsinngemäßen, hilfsweise äquivalenten Gebrauch mache.

Sie beantragt,

I. die Beklagten zu verurteilen,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu zwei Jahren - wobei die Ordnungshaft im Hinblick auf die Beklagte zu 1. an ihren jeweiligen Geschäftsführern zu vollstrecken ist - zu unterlassen,

drehelastische Wellenkupplungen, bei denen

a) als starre Kupplungsteile eine innere Nabe und mit radialem Abstand ein äußerer koaxialer Ringkörper vorgesehen sind,

b) Nabe und Ringkörper an ihren einander zugewandten Mantelflächen etwa radial gerichtete, abwechselnd mit Abstand ineinander greifende axiale Vorsprünge tragen,

c) jeweils zwei in Umfangsrichtung aufeinander folgende, bei Drehmomentbelastung sich einander nähernde Vorsprünge eine Kammer begrenzen, in der jeweils ein zylindrischer, elastischer Rollkörper durch Berührungsschluss zwischen den Mantelflächen der Nabe und des Ringkörpers gehalten ist,

d) die jeweils eine Kammer begrenzenden Flanken der Vorsprünge entsprechend der Umfangsform des elastischen Rollkörpers konkav ausgebildet sind,

herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu gebrauchen, bei denen,

e) die die Kammern begrenzenden Abschnitte der Mantelfläche der Nabe sich einer Kreissehnenfläche annähern, die sich von einem Ende einer Kammer bis zum abgerundeten Fuß des Vorsprungs der Nabe am anderen Ende der Kammer erstreckt und

f) die Vorsprünge an der Nabe sternförmig angeformt sind und die sich bei Drehmomentbelastung dem Rollkörper annähernde Flanke jedes Vorsprungs flacher gekrümmt ausgebildet ist als die gegenüberliegende Flanke des Vorsprungs,

insbesondere wie in der nachstehenden schematischen teilweise geschnittenen Darstellung wiedergegeben:

2. der Klägerin Rechnung darüber zu legen, in welchem Umfang die Beklagten die zu I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 30. November 2002 begangen haben, und zwar unter Angabe

a) der Herstellungsmengen und -zeiten,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, Lieferzeiten, Lieferpreisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, Angebotszeiten, Angebotspreisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungs- und Vertriebskosten sowie des erzielten Gewinns;

wobei den Beklagten vorbehalten bleiben mag, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.

II. festzustellen, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr aus den zu I.1. bezeichneten, seit dem 30. November 2002 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise den Beklagten im Falle ihrer Verurteilung nachzulassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung (Bank- oder Sparkassenbürgschaft) abzuwenden.

Die Beklagten zu 2., 4. und 5. stellen ihre Passivlegitimation in Abrede. Sie seien mit dem operativen Geschäft nicht befasst gewesen. Jeder habe unterschiedliche Funktionen wahrgenommen.

Auch mache die angegriffene Ausführungsform von der Lehre nach dem Klagepatent weder wortsinngemäßen noch äquivalenten Gebrauch. Die angegriffene Ausführungsform stelle bereits keine von dem Klagepatent unter Schutz gestellte Klauenkupplung dar, sondern eine Rollenkupplung. Eine solche werde von der Erfindung nach dem Klagepatent jedoch nicht unter Schutz gestellt. Die angegriffene Ausführungsform weise auch keine ineinander greifenden axialen Zähne auf, so dass zwei in Umfangsrichtung aufeinander folgende, bei Drehmomentbelastung sich einander annähernde Zähne auch keine Kammer für den Rollkörper begrenzen könnten. Die Flanken der Zähne seien auch nicht konkav ausgebildet. Auch würden die die Kammern begrenzenden Abschnitte der Mantelfläche der Nabe nicht je längs einer im wesentlichen Kreissehnenfläche verlaufen. Des weiteren seien die Zähne an der Nabe auch nicht gekrümmt ausgebildet, sondern erstreckten sich in der bevorzugten Drehumfangsrichtung.

Die Klägerin tritt diesem Vorbringen entgegen. Das Klagepatent setze nicht voraus, dass alle Zähne ineinander greifen müssten. Es komme nur darauf an, dass die bei Drehmomentbelastung sich einander nähernden Zähne eine Kammer begrenzen, was bei der angegriffenen Ausführungsform verwirklicht werde. Daher müssten auch nicht alle Zähne abwechseln mit Abstand ineinander greifen. Auch seien die jeweils eine Kammer begrenzenden Flanken entsprechend der Umfangsform des elastischen Rollkörpers konkav ausgebildet. Eine exakt konkave Ausgestaltung sehe das Klagepatent nicht vor. Die angegriffene Ausführungsform weise auch eine Kreissehnenfläche auf, wie sich ohne Weiteres anhand der Anlage K 16 ergebe. Auch genüge es, wenn die Zähne an der Nabe gegenüber einer Radialebene in Richtung der Relativdrehung zwischen Nabe und Ringkörper bei Vorzugsdrehrichtung der Wellenkupplung gebogen ausgebildet seien. Hilfsweise berufe sie sich auf eine äquivalente Verwirklichung.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung und Feststellung der Schadenersatzverpflichtung nicht zu, da die angegriffene Ausführungsform von der Lehre nach dem Klagepatent keinen Gebrauch macht

I.

Die Erfindung nach dem Klagepatent betrifft eine drehelastische Wellenkupplung, insbesondere für Bootsantriebe mit schnell laufenden Dieselmotoren, bei der als starre Kupplungsteile eine innere Nabe und mit radialem Abstand ein äußerer koaxialer Ringkörper vorgesehen sind, Nabe und Ringkörper tragen an ihren einander zugewandten Mantelflächen etwas radial gerichtete, abwechselnd mit Abstand ineinander greifende axiale Zähne, jeweils zwei in Umfangsrichtung aufeinander folgende, bei Drehmomentbelastung sich einander nähernde Zähne begrenzen eine Kammer, in der jeweils ein zylindrischer, elastischer Rollkörper durch Berührungsschluss zwischen den Mantelflächen der Nabe und des Ringkörpers gehalten ist und die jeweils eine Kammer begrenzenden Flanken der Zähne entsprechend der Umfangsform des elastischen Rollkörpers ausgebildet sind.

Zum Hintergrund der Erfindung führt das Klagepatent aus, dass Bootsantriebe mit schnelllaufenden Dieselmotoren im Bereich bis ca. 1300 kW Antriebsleistung in den vergangenen Jahren stetig höhere Anforderungen an die Drehelastizität der Kupplungen stellten. Die zunehmende Leistungsdichte bei Motoren und Getrieben war trotz des Einsatzes hochelastischer Kupplungen in weichster Ausführung die Hauptursache für das sog. "Zähnerattern" im Getriebe. Hierbei handelt es sich im Wesentlichen um ein Abheben der Zahnflanken voneinander durch Wechseldrehmomente, die größer sind als das Lastmoment (bei Leerlauf und Teillastbetrieb im Übergangsbereich vom Leerlauf in den Arbeitsbereich), welches unter allen Umständen vermieden werden muss.

Herkömmlichen, aus dem Stand der Technik bekannten Kupplungen, waren hierfür Grenzen gesetzt, einerseits durch den zur Verfügung stehenden Elastomerwerkstoff und andererseits durch den vorhandenen Einbauraum. Eine Wellenkupplung, die so drehnachgiebig ist, dass die Anforderungen des Leerlaufbetriebes erfüllt werden, kann nicht das gesamte Drehmoment des Motors im Arbeitsbereich übertragen, und eine Kupplung, die für den Volllastbetrieb geeignet ist, hat für den Leerlaufbetrieb eine zu hohe Steifigkeit, so dass die Gefahr des Zahnabhebens gegeben ist. Zur Lösung des Problems wurde dann eine Standardkupplung so modifiziert, dass das hochelastische Element im Bereich Leerlauf bis ungefähr 15 % Nenndrehmoment die drehelastischen Anforderungen erfüllt. Als weitere Maßnahme wurde für den eigentlichen Arbeitsbereich ein wesentlich steiferes, ergänzendes Kupplungselement hinzugefügt. Die so entstandene Zwei-Stufen-Kupplung verfügte damit über eine stark unterschiedliche Kennlinie. Im Bereich der ersten Stufe hat die Kupplung eine extreme Drehnachgiebigkeit und bei Überschreiten eines vorher definierten Drehmomentes wird diese Stufe überbrückt und die Drehmomentsübernahme der zweiten Stufe ist mit einem erheblichen Anstieg der Drehsteifigkeit für den normalen Arbeitsbereich verbunden. Eine solche zweistufige drehelastische Wellenkupplung der beschriebenen Art ist durch Verwendung in der Praxis bekannt. Die Ergebnisse der durchgeführten Tests, sowohl hinsichtlich Langzeiterprobung auf dem Prüfstand als auch durch Erprobung im Bootseinsatz haben gezeigt, dass von der ausgewählten Konzeption die technischen Anforderungen in jeder Hinsicht erfüllt werden. Nachteilig ist jedoch - so das Klagepatent - die Vielzahl unterschiedlicher Bauteile.

Aus der deutschen Auslegeschrift ( … ) ist eine gattungsgemäße Wellenkupplung mit in symmetrischen Kammern angeordneten elastischen Rollkörpern bekannt. Die vorgeschlagene Bauweise bedingt kurze Arbeitswege und eine hohe Progression der Kupplungselastizität und daher nur eine geringe Eignung zur Dämpfung plötzlich anfallender Drehmomentschwankungen aus An- und Abfahrvorgängen.

Eine ähnliche elastische Wellenkupplung ist aus der Patentschrift ( … ) bekannt. Diese weist elastische Körper auf, welche ebenfalls zylindrisch ausgeführt sind. Nachteilig an dieser Ausführungsform ist die lokal äußerst hohe Beanspruchung der nicht als Rollkörper ausgebildeten elastischen Dämpfungskörper an den sich ergebenden Spalten zwischen den Nabenzähnen und der nach innen gerichteten Mantelfläche.

Vor dem Hintergrund dieses Standes der Technik liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, eine drehelastische Wellenkupplung in einer vereinfachten Ausführung zu schaffen, die in einem vergleichbaren Bauraum die gleichen technischen Eigenschaften wie die vorbekannte zweistufige Wellenkupplung bietet, jedoch unter drastischer Reduzierung der benötigten Bauteile eine entsprechende Verringerung der Herstellungskosten ermöglicht. Hierzu schlägt das Klagepatent in dem für den vorliegenden Rechtsstreit maßgeblichen Patentanspruch 1 eine drehelastische Wellenkupplung mit folgenden Merkmalen vor:

a) als starre Kupplungsteile sind eine innere Nabe (1) und mit radialem Abstand ein äußerer koaxialer Ringkörper (2) vorgesehen,

b) Nabe (1) und Ringkörper (2) tragen an ihren einander zugewandten Mantelflächen etwa radial gerichtete, abwechselnd mit Abstand ineinander greifende axiale Zähne (5, 8),

c) jeweils zwei in Umfangsrichtung aufeinander folgende, bei Drehmomentbelastung sich einander nähernde Zähne (5, 8) begrenzen eine Kammer (17), in der jeweils ein zylindrischer, elastischer Rollkörper (4.1, 4.2) durch Berührungsschluss zwischen den Mantelflächen der Nabe (1) und des Ringkörpers (2) gehalten ist,

d) die jeweils eine Kammer (17) begrenzenden Flanken (6, 10) der Zähne (5, 8) sind entsprechend der Umfangsform des elastischen Rollkörpers (4.1, 4.2) konkav ausgebildet,

e) die die Kammern (17) begrenzenden Abschnitte der Mantelfläche der Nabe (1) verlaufen je längs einer im Wesentlichen Kreissehnenfläche (11), die sich von einem Ende einer Kammer (17) bis zum abgerundeten Fuß des Zahnes (8) der Nabe (1) am anderen Ende der Kammer (17) erstreckt, und

f) die Zähne sind an der Nabe sternförmig angeformt und gegenüber einer Radialebene in Richtung der Relativdrehung zwischen Nabe und Ringkörper bei Vorzugsdrehrichtung der Wellenkupplung gekrümmt ausgebildet.

II.

Unabhängig von der zwischen den Parteien streitigen Frage der Verwirklichung der Merkmale b) bis e) verwirklicht die angegriffene Ausführungsform jedenfalls nicht das Merkmal f) der obigen Merkmalsgliederung.

Merkmal f) besagt, dass die Zähne an der Nabe sternförmig angeformt sind und gegenüber einer Radialebene in Richtung der Relativdrehung zwischen Nabe und Ringkörper bei Vorzugsdrehrichtung der Wellenkupplung gekrümmt ausgebildet sind. Das mit dem Merkmal f) in funktionellem Zusammenhang stehende Merkmal e) besagt, dass die die Kammern begrenzenden Abschnitte der Mantelfläche der Nabe je längs einer im Wesentlichen Kreissehnenfläche verlaufen, die sich von einem Ende einer Kammer bis zum abgerundeten Fuß des Zahnes der Nabe am anderen Ende der Kammer erstreckt. Zwischen den Parteien unstreitig, sind die Vorsprünge an der Nabe, soweit diese Zähne im Sinne des Klagepatentes darstellen, sternförmig angeordnet. Eine Verwirklichung des weiteren Teilmerkmals liegt jedoch nicht vor.

Denn bei technischfunktionalem Verständnis des Merkmals fallen unter den Wortsinn nur solche Ausgestaltungen, bei denen die Flanken der Zähne der Nabe gegenüber der Radialebene in Richtung der Relativdrehung zwischen Nabe und Ringkörper gekrümmt sind, d.h. gegen die Vorzugsdrehrichtung des Ringkörpers. Hierdurch wird erreicht, dass der zylindrische ausgeformte und aus elastischem Material bestehende Rollkörper nach Beendigung der "Rollphase" an der Flanke des nabenseitigen Zahnes vollflächig zum Anliegen kommt und bis zum Erreichen des Nenndrehmomentes und darüber hinaus direkt druckbelastet werden kann.

Durch den ebenen Verlauf der in Merkmal e) beschriebenen Abschnitte der Mantelfläche der Nabe und die in Merkmal f) vorgesehene Krümmung der Zähne soll im Zusammenwirken mit den inneren Mantelflächen und Zähnen des Ringkörpers sowie der dazwischen liegenden Rollkörpern die erfindungsgemäß angestrebte Zwei-Stufen-Kupplung geschaffen werden. Dies wird erreicht, indem die Antriebsdrehung des Ringkörpers zunächst ein Abrollen des elastischen Rollkörpers einerseits an der Innenwand des Ringkörpers und andererseits an den ebenen Sehnenflächen in Richtung auf die an die Sehnenflächen anschließenden Zähne bewirkt. Während dieses Abrollvorgangs ist die Drehsteifigkeit der Wellenkupplung in etwa proportional der radialen Federsteife der elastischen Rollkörper, während die Drehmomentzunahme an den relativ großen, durch das Abrollen der elastischen Rollkörper bedingten Schwenkwinkel der Nabe gekoppelt ist. Nach Beendigung der "Rollphase" kommen die naben- und ringkörperseitigen Zähne zur Anlage an den elastischen Rollkörpern, wodurch diese druckbelastet und mehr und mehr bis zur Erreichung des Nenndrehmomentes belastet werden (vgl. Klagepatent Spalte 5 Zeilen 2 ff.). Dabei entspricht die Krümmung der nabenseitigen Zähne der zylindrischen Form der elastischen Rollkörper, so dass die Rollkörper vollflächig auf den gekrümmten Flanken der nabenseitigen Zähne anliegen (Klagepatent Spalte 4 Zeilen 17 ff.), wodurch eine direkte Druckausübung auf den Rollkörper erzielt wird (Klagepatent Spalte 5 Zeile 25).

Bei der angegriffenen Ausführungsform hingegen bewegt sich der Rollkörper in einer ersten Rollbewegung entlang eines Abschnitts der Mantelfläche der Nabe, welcher als Gerade angesehen werden kann. Der Abschnitt weist zwar eine geringfügige Krümmung auf und verläuft deshalb nicht geometrisch exakt entlang einer Kreissehnenfläche. Erfindungsgemäß ist aber ein Verlauf längs einer im Wesentlichen Kreissehnenfläche ausreichend. Denn auch bei einem solchen Verlauf wird die angestrebte Drehnachgiebigkeit durch Abrollen der elastischen Rollkörper an der Innenwand des Ringkörpers einerseits und des Abschnitts der Mantelfläche an der Nabe andererseits bewirkt. Hingegen ist der sich an die Kreissehnenfläche anschließende Abschnitt nicht erfindungsgemäß gekrümmt. Es ist anhand der von den Parteien vorgelegten Zeichnungen der angegriffenen Ausführungsform zu erkennen, dass eine Krümmung des Zahnes gegenüber einer Radialebene nicht in der Weise vorliegt, dass der elastische Rollkörper flächig von den Flanken der Nabe umgeben wird. Die angegriffene Ausführungsform weist vielmehr eine Biegung in Richtung der Drehrichtung, d.h. dem Uhrzeigersinn auf. Eine Veränderung des Verlaufs der Flanke des Zahnes der Nabe liegt zwar insoweit vor, dass der an den längs der Kreissehnenfläche verlaufende anschließende Abschnitt gegenüber der Kreissehnenfläche in Richtung der Relativdrehung zwischen Nabe und Ringkörper bei Vorzugsdrehrichtung der Wellenkupplung gebogen ist. Unabhängig von der Frage, ob eine Biegung einer erfindungsgemäßen Krümmung entspricht, verläuft die Biegung jedenfalls nicht gegenüber einer Radialebene in der Weise, dass der Rollkörper vollflächig auf den gekrümmten Flanken der nabenseitigen Zähne anliegen kann, wie dies vom Klagepatent in Spalte 4 Zeilen 17 ff. beschrieben wird. Hierbei mag es sich zwar um die Beschreibung einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung handeln. Der Fachmann erhält jedoch anhand der Beschreibung der Erfindung sowie der zeichnerischen Darstellung bevorzugter Ausführungsformen keinen Hinweis darauf, dass auch solche Ausgestaltungen als erfindungsgemäß angesehen werden können, bei denen der Rollkörper nicht flächig an den Flanken der Zähne der Nabe zur Anlage kommt. Denn der Fachmann erkennt ohne Weiteres den Vorteil an dieser Ausgestaltung, dass nämlich der Rollkörper direkt druckbelastet werden kann und die Drehmomentzunahme damit direkt abhängig ist von der Radialsteifigkeit der elastischen Rollkörper.

Eine wortsinngemäße Verwirklichung des Merkmals scheidet mithin aus.

Entgegen der Auffassung der Klägerin verwirklicht die angegriffene Ausführungsform das Merkmal f) auch nicht mit äquivalenten Mitteln. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu § 14 PatG, Art. 69 EPÜ liegt Äquivalenz dann vor, wenn der Fachmann die bei der Ausführungsform eingesetzten Mittel auf Grund von Überlegungen, die am Sinngehalt der in den Schutzansprüchen beschriebenen Lehre ausgerichtet sind, mit Hilfe seiner Fachkenntnisse als für die Lösung des der Erfindung zu Grunde liegenden Problems gleichwirkend auffinden konnte (BGH, GRUR 2002, 515, 517 - Schneidmesser I m.w.N. aus der Rspr.).

Vorliegend ist bereits fraglich, ob die angegriffene Ausführungsform gleichwirkend ist. Die gekrümmte Ausbildung der nabenseitigen Zähne bewirkt, dass der Abrollvorgang entlang der ebenen Sehnenfläche beendet und der Rollkörper direkt druckbelastet wird, so dass es zu einer steilen Zunahme des Drehmomentes kommt. Dies ist dadurch bedingt, dass nach Beendigung der Anfangsphase die Zähne zu beiden Seiten einer Kammer zur Anlage am elastischen Rollkörper kommen, so dass dieser direkt druckbelastet wird und die Drehmomentzunahme damit direkt von der Radialsteifigkeit der elastischen Rollkörper abhängig ist. Diese werden dann bei Zunahme der Drehmomentbelastung mehr und mehr verformt. Unter diesen Bedingungen ist die Wellenkupplung bis zum Nenndrehmoment und darüber hinaus belastbar. Dabei entspricht die Krümmung der nabenseitigen Zähne der zylindrischen Form der elastischen Rollkörper, so dass die Rollkörper vollflächig auf den gekrümmten Flanken der nabenseitigen Zähne anliegen und im Wesentlichen Druckkräfte auf den Rollkörper ausgeübt werden. Demgegenüber bewirkt die Biegung der Flanke in Richtung der Drehrichtung bei der angegriffenen Ausführungsform, dass der Rollkörper in der Belastungsphase bei zunehmender Pressung über das Ende des Vorsprungs hinweg in den Freiraum zwischen nabenseitigem Vorsprung und ringkörperseitiger innerer Mantelfläche gedrückt werden kann und es insofern nicht zu einer vollflächigen Auflage des Rollkörpers auf dem nabenseitigen Zahn kommt, wie sich aus der Figur 4 der Anlage K 9 ergibt. Der Rollkörper wird daher nicht nur direkt druckbelastet (vgl. Klagepatent Spalte 5 Zeile 25), sondern auch erheblichen Scherkräften ausgesetzt. Solche Kräfte kommen zum Tragen, wenn Gegenstände gegeneinander verschoben werden, wie beispielsweise wenn sich die Grundfläche eines Körpers nicht bewegen kann, die Oberfläche jedoch relativ zur Grundfläche verschoben wird. Bei der angegriffenen Ausführungsform wird der Rollkörper einerseits von den Vorsprung der Nabe gehalten wird und andererseits wird die mit dem sich bewegenden Ringkörper in Kontakt stehende Oberfläche von der Drehbewegung des Ringkörpers verschoben bzw. weitergeführt. Die Drehmomentzunahme ist dabei nicht nur von der Radialsteifigkeit des elastischen Rollkörpers abhängig, sondern auch von der Fähigkeit des Rollkörpers sich den Scherkräften zu widersetzen.

Auch ist nicht ersichtlich, auf Grund welcher an der Erfindung ausgerichteter Überlegungen der Fachmann zu der Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform gelangen konnte. Denn der Fachmann hat ausgehend von der Ausrichtung der Krümmung der nabenseitigen Zähne an einer Radialebene und der damit erzielten Anpassung der Zahnflanke an den zylindrischen Rollkörper, keinen Grund zu einer lediglich in Vorzugsdrehrichtung geneigten Ausgestaltung der nabenseitigen Zähne zu gelangen, wie sie bei der angegriffenen Ausführungsform verwirklicht ist.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 108 ZPO.

Der Streitwert beträgt 500.000,- EUR.

Dr. Grabinski

Voß

Klepsch






LG Düsseldorf:
Urteil v. 23.01.2012
Az: 4a O 50/04


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