Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. August 2003
Aktenzeichen: 24 W (pat) 105/02
(BPatG: Beschluss v. 12.08.2003, Az.: 24 W (pat) 105/02)
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 16. April 2002 aufgehoben.
Gründe
I.
Die Wortmarke PDMbridgesoll nach einer im Beschwerdeverfahren erfolgten Einschränkung noch für die Waren und Dienstleistungen
"Software; Unternehmensverwaltung und -beratung; Datenerfassung, -verwaltung und -management; Design und Konfiguration von EDV -Systemen, Erstellen von Programmen und Softwareentwicklungen, technische Beratung"
in das Markenregister eingetragen werden.
Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung nach vorheriger Beanstandung durch einen Beamten des gehobenen Dienstes mit Beschluß vom 16. April 2002 zurückgewiesen, weil der Kennzeichnung jegliche Unterscheidungskraft fehle und sie als beschreibende Angabe für die Waren und Dienstleistungen der Anmeldung dienen könne (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG). Das angemeldete Zeichen setze sich aus den Bestandteilen "PDM" und "bridge" zusammen. "PDM" stelle sowohl im Englischen als auch im Deutschen die Abkürzung von "Pulsdauermodulation" dar, worunter man eine bestimmte amplitutenunabhängige Übertragungsart von elektrischen Signalen verstehe. "Bridge" (Brücke) bezeichne einen Netzverbinder. Die sprachüblich gebildete Kennzeichnung sage darum aus, daß die Waren oder Dienstleistungen der Anmeldung einen Pulsdauermodulations-Netzverbinder darstellten oder damit zu tun hätten. Auch wenn die Abkürzung "PDM" verschiedene Bedeutungen haben könne, sei doch die oben beschriebene die Hauptbedeutung, die im Unterschied zu weiteren möglichen Bedeutungen in jedem Lexikon auftauche.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, zu deren Begründung vorgetragen wird, die Buchstabenfolge "PDM" werde im technischen Bereich, insbesondere im Bereich Elektronik, Informationstechnik usw. als Abkürzung in unterschiedlichster Weise verwendet. Eine Recherche im Internet habe zahlreiche Fundstellen erbracht, die äußerst verschiedene Bedeutungen belegten. Nur eine sehr geringe Anzahl der Treffer beziehe sich auf die Bedeutung "Pulsdauermodulation". Weiterhin sei zu bedenken, daß auch in Verbindung mit den hier beanspruchten Waren und Dienstleistungen verschiedene Interpretationsmöglichkeiten gegeben seien. Der weitere Zeichenbestandteil "bridge" sei ebenfalls nicht eindeutig interpretierbar, insbesondere sei eine Verwendung in der Bedeutung von "Netzverbinder" nicht nachweisbar. Die nicht existierende Verbindung "PDMbridge" sei darum insgesamt unklar. Auch die entsprechenden deutschsprachigen Begriffe könnten nicht ermittelt werden. Der angemeldete Begriff werde zudem ausschließlich von der Anmelderin verwendet.
Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten und das Ergebnis einer Internet-Recherche des Senats, das der Anmelderin übersandt worden ist, Bezug genommen.
II.
Die gemäß § 165 Abs. 4 MarkenG statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde ist jedenfalls nach Einschränkung des Verzeichnisses der Waren und Dienstleistungen in der Sache auch in vollem Umfang begründet. Die angemeldete Marke ist für die noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 1, § 37 Abs. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen. Der Senat kann weder ein Freihaltungsbedürfnis i.S.v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG an der angemeldeten Kennzeichnung feststellen noch fehlt ihr jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).
1. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen, die nur aus Angaben bestehen, die im Verkehr u.a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können (vgl. BGH GRUR 2002, 64 "INDIVIDUELLE"; BGH GRUR 2001, 162 "RATIONAL SOFTWARE CORPORATION"; BGH GRUR 1999, 988, 989 "HOUSE OF BLUES"; BGH GRUR 1999, 1093, 1094 "FOR YOU"). Dies ist hier nicht der Fall.
Es ist nicht ersichtlich, daß es sich bei "PDMbridge" um eine für die Waren und Dienstleistungen der Anmeldung beschreibende Angabe handelt. Die angemeldete Kennzeichnung ist weder lexikalisch noch im Internet als reine Sachangabe nachweisbar. Zu belegen ist lediglich die firmenmäßige Verwendung durch die Anmelderin sowie durch einige ausländische Gesellschaften.
Es fehlen auch konkrete Anhaltspunkte dafür, daß die Zusammensetzung der Buchstabenfolge "PDM" mit dem Wort "bridge" als beschreibende Angabe ernsthaft in Betracht kommt. Die Markenstelle ist zwar zutreffend davon ausgegangen, daß - wie auch eine Recherche des Senats ergeben hat - "PDM" u.a. als Abkürzung für "Pulsdauermodulation" verwendet wird und daß "bridge" auf elektronischem Gebiet einen Netzverbinder bezeichnen kann. Allerdings stellt das angemeldete Zeichen in seiner Gesamtheit keinen hinreichend deutlichen sprachüblichen Sachhinweis auf Eigenschaften der Waren und Dienstleistungen der Anmeldung dar. Erstens wird "PDM" als Abkürzung zahlreicher einschlägiger Begriffe wie "Produkt-Daten-Management, Pulsbreitenmodulation, Impulsbreitenmodulation, Pulslängenmodulation, Power Down Mode, phase difference modulation, program design manual, pull down menu, push down memory, program developement manager" usw. verwendet (vgl. Ongena, Kürzellexikon, 1998; Schulze, Computerkürzel, 1998; Schönborn, Abkürzungen in der Elektronik, 1993; Wennrich, International Dictionary of Abbreviations and Acronyms of Electronics, Electrical Engineering, Computer Technology, and Information Processing, 1992; jeweils Stichwort "PDM") und kann deshalb in Verbindung mit den Waren und Dienstleistungen in verschiedener Weise interpretiert werden. Zweitens bezeichnet das Fachwort "bridge" (neben einer Meßbrücke) nach der Aktuellen IT-Begriffsdatenbank der GES (http://glossary.gestraining.de/) eine Einrichtung, die zwei gleichartige Netze bzw. LANs miteinander verbindet (vgl. auch www.Glossar.de, Stichwort "bridge"). "Bridge" oder "Brücke" wird somit lexikalisch als Hardware definiert, die unabhängig von der Art der Softwaresysteme ist, die von ihr verbunden werden. Es ist darum nicht ersichtlich, welche spezifischen mit "PDMbridge" zu bezeichnenden Eigenschaften die Waren oder Dienstleistungen der Anmeldung aufweisen könnten, sofern diese in Zusammenhang mit einer Pulsdauermodulations-Brücke verwendet oder erbracht werden. Vielmehr handelt es sich bei der Verwendung solcher Netzverbinder lediglich um einen mittelbar mit den Waren und Dienstleistungen in Bezug stehenden Umstand, nicht aber um eine nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG schutzunfähige Angabe, die unmittelbar Art, Beschaffenheit oder sonstige Merkmale die Waren und Dienstleistungen bezeichnet. Auch eine vor allem in Verbindung mit den Dienstleistungen "Unternehmensverwaltung und -beratung; Datenerfassung, -verwaltung und -management; Design und Konfiguration von EDV -Systemen, Erstellen von Programmen und Softwareentwicklungen, technische Beratung" näher liegende Interpretation des Zeichens als "Produkt-Daten-Management-Brücke" ergibt keinen hinreichend deutlichen und klar erkennbaren Waren- und Dienstleistungsbezug. Bei "PDM-Systemen" handelt es sich zwar um übergreifende Datenmanagementsysteme, die alle Daten verwalten, welche während des Lebenszyklus eines Produktes entstehen. Solche PDM-Systeme benötigen eine Verbindung zu dem System, das etwa die Bibliothek, Stücklisten oder Dokumente verwaltet, wobei beide Systeme bzw. der Übergang zwischen den Systemen synchronisiert werden muß. Soweit in Verbindung mit "PDM" im Sinne von "Produktdatenmanagement" auf Internetseiten aber von "Brücke" oder "bridge" gesprochen wird, werden diese Wörter stets nur in übertragener Bedeutung verwendet, nämlich als Aussage, daß es sich bei PDM um eine Brücke zwischen Welten oder technischer und kommerzieller Datenverarbeitung oder zwischen wirtschaftlichen Bereichen handelt. Diese weitere Interpretationsmöglichkeit des Gesamtzeichens läßt die Möglichkeit einer Verwendung als eindeutige und ohne weiteres verständliche beschreibende Angabe noch weniger naheliegend erscheinen. Angesichts der Vieldeutigkeit und des erheblichen gedanklichen und analytischen Aufwands, den es bedeuten würde, das Zeichenwort als eindeutig beschreibende Angabe in bezug auf die noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu interpretieren, ist eine konkrete Eignung als beschreibende Angabe daher nicht festzustellen (BGH GRUR 2002, 64, 65 "INDIVIDUELLE"; GRUR 2001, 1043, 1045 "Gute Zeiten - Schlechte Zeiten"; GRUR 2001, 162, 163 "RATIONAL SOFTWARE CORPORATION").
2. Der angemeldeten Kennzeichnung fehlt für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen auch nicht jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr 1 MarkenG).
Da der Ausdruck "PDMbridge" wie oben erläutert keine Sachangabe darstellt, kann ihm ein für die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt nicht zugeordnet werden. Es handelt sich auch nicht sonst um einen verständlichen Ausdruck der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, der vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solcher und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (BGH WRP 2001, 1082, 1083 - marktfrisch; BGH GRUR 2001, 1043 "Gute Zeiten - Schlechte Zeiten"; BGH GRUR 2001 1042 "REICH UND SCHOEN"; BGH BlfPMZ 2001, 398 "LOOK"; BGH GRUR 2002, 64 "INDIVIDUELLE"; BGH GRUR 2002, 1070 "Bar jeder Vernunft").
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BPatG:
Beschluss v. 12.08.2003
Az: 24 W (pat) 105/02
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