Oberlandesgericht Düsseldorf:
Urteil vom 24. September 2013
Aktenzeichen: I-20 U 157/12
(OLG Düsseldorf: Urteil v. 24.09.2013, Az.: I-20 U 157/12)
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Mönchengladbach vom 22. Oktober 2012 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I.
Die Parteien sind Anbieter von Süßwaren, die vorwiegend im Ausland für sie hergestellte Produkte vertreiben. Die Beklagte hat die Klägerin in der Vergangenheit wegen zweier Impressumsverstöße abgemahnt. Derzeit ist vor dem Landgericht K. eine Kennzeichenstreitsache anhängig, in der die Klägerin die Beklagte wegen einer Markenverletzung in Anspruch nimmt, gegen die sich die Beklagte mit dem Einwand der bösgläubigen Markenanmeldung verteidigt; das von der Klägerin angemeldete Zeichen wird von der Beklagten schon seit Jahren benutzt. Im vorliegenden Verfahren beanstandet die Klägerin die Inhaltsangaben auf Großverpackungen der Beklagten. Derartige Großverpackungen werden überwiegend von den Teilnehmern an Karnevalsumzügen erworben; die in ihnen enthaltenen 50 bis 100 kleinen Verpackungen mit Süßigkeiten dienen als Wurfmaterial.
Die Klägerin hat vorgerichtlich sieben Großverpackungen der Beklagten beanstandet, die sie sämtlich am 9. Januar 2012 im H. in M. erworben haben will, und sie zum Gegenstand von sieben separaten Abmahnungen gemacht hat. Mit fünf unter dem 18. Januar 2012 verfassten Anwaltsschreiben ließ die Klägerin die Beklagte jeweils wegen eines der Produkte abmahnen, wobei sie immer den gleichen Verstoß gegen § 20 Fertigverpackungsverordnung und daneben einen weiteren Verstoß gegen § 4 Abs. 1, § 6 Abs. 2 Nr. 8, Abs. 4 Nr. 2 Lebensmittelkennzeichnungsverordnung oder § 11 Abs. 1 Nr. 1 Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch beanstandete, die sie als wettbewerbswidrig unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs erachtet. Jeder der Abmahnungen war jeweils eine Kostennote über eine 1,3 Verfahrensgebühr nebst Post- und Telekommunikationspauschale auf der Basis eines Gegenstandswertes von 15.000,00 Euro beigefügt.
Mit der auf das Produkt "X." bezogenen Abmahnung rügte die Klägerin zum einen die Unterschreitung der Mindestschriftgröße für die Gewichtsangabe als Verstoß gegen § 20 Fertigverpackungsverordnung, eine Beanstandung, die sich auch in allen anderen Abmahnungen findet, und zum anderen die Verwendung von "Sorbitol" anstelle von "Sorbit" ohne den Zusatz "Feuchthaltemittel" als Verstoß gegen § 6 Abs. 4 Nr. 2 Lebensmittelkennzeichnungsverordnung. Die auf das Produkt "Y." bezogene Abmahnung hatte neben dem vorbeschriebenen Verstoß gegen § 20 Fertigverpackungsverordnung die Verwendung des Begriffs "Weingummi" als irreführend nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 LFGB zum Gegenstand, da das Produkt keinen Wein enthält. In der auf das Produkt "C." bezogenen Abmahnung wurde als zweiter Verstoß die entgegen § 6 Abs. 2 Nr. 8 Lebensmittelkennzeichnungsverordnung erfolgte Verwendung der nicht zugelassenen Zutatenangabe "Kokosraspel" gerügt, in der das Produkt "M." betreffenden Abmahnung die entgegen § 6 Abs. 2 Nr. 8 Lebensmittelkennzeichnungsverordnung erfolgte Verwendung der nicht zugelassenen Zutatenangaben "Zuckercremefüllung" und "Karamell". In der auf das Produkt "V." bezogenen Abmahnung wurde neben dem vorbeschriebenen Verstoß gegen § 20 Fertigverpackungsverordnung die Verwendung des Begriffs "Zuckerwaren" anstelle der nach § 4 Abs. 1 Lebensmittelkennzeichnungsverordnung erforderlichen Verkehrsbezeichnung "Komprimate" gerügt. Die diesen Abmahnungen zugrunde liegenden Handlungen sind Gegenstand der vorliegenden Klage. Auf die als Anlage zur Klageschrift vorgelegten Abmahnungen, Bl. 34 ff. d. GA., wird Bezug genommen.
Eine sechste, ebenfalls unter dem 18. verfasste, das Produkt "G." betreffende und eine siebte, unter dem 24. Januar 2012 verfasste, das Produkt "P." betreffende Abmahnung hatten beide lediglich den vorbeschriebenen Verstoß gegen § 20 Fertigverpackungsverordnung, die Unterschreitung der Mindestschriftgröße für die Gewichtsangabe, zum Gegenstand. Diesen Abmahnungen war jeweils eine Kostennote über eine 1,3 Verfahrensgebühr nebst Post- und Telekommunikationspauschale auf der Basis eines Gegenstandswertes von 8.000,00 Euro beigefügt. Auf die als Anlagen zur Klageerwiderung vorgelegten Abmahnungen, Bl. 80 ff d. GA., wird Bezug genommen. Diese Beanstandungen hat die Klägerin in ihrer Klageschrift nicht aufgegriffen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, den Verstößen fehle die erforderliche wettbewerbliche Relevanz. Den von den Produkten angesprochenen Karnevalsvereinen sei es nur wichtig, große Stückzahlen zu geringen Preisen zu erwerben, eine zu kleine Gewichtsangabe und Unzulänglichkeiten bei der Bezeichnung der Inhaltsstoffe interessierten sie nicht.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie trägt vor, die Annahme, die Karnevalsvereine seien an den gesetzlich vorgeschriebenen Deklarationen uninteressiert, verkenne, dass es darauf ankomme, ob die Fähigkeit des Durchschnittsverbrauchers, eine informierte Entscheidung zu treffen, beeinträchtigt sei. Zudem werde das Wurfmaterial teilweise auch von den Teilnehmern selbst und ihren Angehörigen verzehrt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach (8 O 52/12) abzuändern und der Klage gemäß den erstinstanzlich gestellten Anträgen stattzugeben;
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte, die erstinstanzlich die Abmahnung unter Aufspaltung in sieben identische Fälle als hochgradig sittenwidrig und standeswidrig gerügt hat, da versucht werde, aus einem einheitlichen Wettbewerbsvorgang sieben Einzelabmahnungen zu generieren und für diese jeweils Gebühren anzusetzen, verteidigt das landgerichtliche Urteil. Zu Recht habe dieses die wettbewerbliche Relevanz verneint, ein Einfluss der angeblichen Verstöße für die Kaufentscheidung sei nicht erkennbar.
Der Senat hat die Klägerin vorterminlich darauf hingewiesen, dass die Klage wegen der separaten Abmahnungen rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG seien könne, wobei auf die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs "0,00 Grundgebühr" und "Missbräuchliche Mehrfachabmahnung" verwiesen worden ist. Der Kläger ist dem mit dem Argument entgegengetreten, es habe sich um fünf unterschiedliche Kennzeichnungsverstöße bei fünf unterschiedlichen Produkten gehandelt, die folglich unterschiedliche Streitgegenstände darstellten.
Im Rahmen der Erörterung hat der Senat klargestellt, dass die vorgenannte höchstrichterliche Rechtsprechung nicht auf Fälle der Aufspaltung eines einheitlichen Streitgegenstands beschränkt sei - in solchem Fall stehe einer weiteren Klage bereits der Einwand anderweitiger Rechtshängigkeit entgegen -, sondern alle Fälle der Aufspaltung mehrerer gleichartiger oder ähnlicher Verstöße erfasse, für die es keinen sachlichen Grund gebe. Was zusammengefasst werden könne, müsse zusammengefasst werden. Vorliegend sei in allen sieben Fällen der gleiche Verstoß gegen § 20 Fertigverpackungsverordnung gerügt worden, zwei der Abmahnungen hätten allein ihn zum Gegenstand gehabt, die übrigen Beanstandungen seien zumindest ähnlich.
Die Klägerin hat demgegenüber die Auffassung vertreten, die Verstöße seien nicht gleichartig oder ähnlich. Auch stelle es einen sachlichen Grund für eine Aufspaltung dar, wenn die rechtliche Beurteilung oder Beweisbarkeit des jeweiligen Wettbewerbsverstoßes unterschiedlich seien könne. Allein aus dem Umstand, dass vorliegend jeweils andere Rechtsnormen anzuwenden seien, folge, dass kein einheitliches Verteidigungsvorbringen des Beklagten zu erwarten gewesen sei. Zudem könne die Verkehrsauffassung, die der Beweiserhebung zugänglich sei, eine andere sein. Auch der Ausspruch zweier weiterer Abmahnungen mit gleich gelagerten Wettbewerbsverstößen lasse nicht auf einen Rechtsmissbrauch schließen. Der Einwand des Rechtsmissbrauchs könne nur diesen beiden, nicht weiter verfolgten Fällen entgegengehalten werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands erster Instanz wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil, Bl. 169 ff. d. GA., wegen des Parteivorbringens im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.
Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Unterlassung des Inverkehrbringens der Produkte "X.", "Y.", "C.", "M." und "V." in den im Klageantrag wiedergegebenen Verpackungen aus § 8 Abs. 1 in Verbindung mit §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 20 Fertigverpackungsverordnung und § 4 Abs. 1, § 6 Abs. 2 Nr. 8, Abs. 4 Nr. 2 Lebensmittelkennzeichnungsverordnung oder § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB oder aus § 8 Abs. 1 in Verbindung mit §§ 3, 5 UWG, da den geltend gemachten wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsansprüchen jedenfalls der Missbrauchseinwand des § 8 Abs. 4 UWG entgegensteht.
Gemäß § 8 Abs. 4 UWG ist die Geltendmachung der in Absatz 1 bezeichneten Ansprüche unzulässig, wenn sie unter Berücksichtigung der gesamten Umstände missbräuchlich ist, insbesondere wenn sie vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. Von einem Missbrauch im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG ist auszugehen, wenn sich der Gläubiger bei der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs von sachfremden Motiven leiten lässt. Die sachfremden müssen allerdings nicht das alleinige Motiv des Gläubigers sein. Ausreichend ist, dass die sachfremden Ziele überwiegen. Anhaltspunkte für ein missbräuchliches Verhalten können sich unter anderem daraus ergeben, dass ein Gläubiger bei einem einheitlichen Wettbewerbsverstoß getrennte Verfahren anstrengt und dadurch die Kostenlast erheblich erhöht, obwohl eine Inanspruchnahme in einem Verfahren für ihn mit keinerlei Nachteilen verbunden ist (BGH, GRUR 2006, 243 Rn. 16 - MEGA SALE). Für die Mehrfachverfolgung gleichartiger oder ähnlich gelagerter Wettbewerbsverstöße gilt nichts anderes. Die Übertragung der Maßstäbe auf gleichartige oder ähnlich gelagerte Wettbewerbsverstöße jedenfalls zwischen denselben Parteien entspricht dem Normzweck des § 8 Abs. 4 UWG, Missbräuchen bei der Geltendmachung von Abwehransprüchen aus sachfremden, nicht schutzwürdigen Gründen entgegenzuwirken (BGH, GRUR 2009, 1180 Rn. 20 - 0,00 Grundgebühr).
Danach indiziert nicht nur die Aufspaltung eines einheitlichen Wettbewerbsverstoßes den Missbrauchseinwand, sondern auch die getrennte Abmahnung ähnlich gelagerter Wettbewerbsverstöße. Auch die getrennte Verfolgung unterschiedlicher Streitgegenstände ist geeignet, den Einwand rechtsmissbräuchlichen Verhaltens zu begründen. Alles was vom Unterlassungsgläubiger ohne Nachteile in einem Verfahren geltend gemacht werden kann, ist zusammenzufassen. Dies allein entspricht dem Normzweck des § 8 Abs. 4 UWG, Missbräuchen bei der Geltendmachung von Abwehransprüchen aus sachfremden, nicht schutzwürdigen Gründen entgegenzuwirken.
Die Bestimmung des § 8 Abs. 4 UWG bezieht sich nicht nur auf die gerichtliche Geltendmachung eines wettbewerbsrechtlichen Anspruchs. Dies wird schon vom Wortlaut nahe gelegt, der nicht auf ein Gerichtsverfahren, sondern generell auf die Geltendmachung des Anspruchs abstellt. Das Gesetz nennt im Übrigen als Regelbeispiel einer missbräuchlichen Geltendmachung den Fall, dass das Interesse des Gläubigers in erster Linie darauf gerichtet ist, gegen den Schuldner einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen entstehen zu lassen. Damit spricht das Gesetz gerade die vorgerichtliche Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs an (BGH, GRUR 2002, 357, 358 - Missbräuchliche Mehrfachabmahnung). Ist die außergerichtliche Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs durch den Kläger als missbräuchlich anzusehen, führt dies dazu, dass der fragliche Anspruch klageweise nicht mehr geltend gemacht werden kann. Die erhobene Klage ist unzulässig. Es ist dem Gläubiger verwehrt, für die Durchsetzung seiner Ansprüche gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, und zwar unabhängig davon, ob ein Rechtsmissbrauch nur in der außergerichtlichen Geltendmachung zu sehen ist oder ob auch die Klageerhebung für sich genommen die Voraussetzungen des Rechtsmissbrauchs erfüllt (BGH, GRUR 2002, 357, 359/360 - Missbräuchliche Mehrfachabmahnung).
So verhält es sich vorliegend. Mit den die Produkte "G." und "P." betreffenden Abmahnungen hat die Klägerin allein die Unterschreitung der Mindestschriftgröße für die Gewichtsangabe als Verstoß gegen § 20 Fertigverpackungsverordnung beanstandet. Dass diese Verstöße gleichartig waren und in einer einzigen Abmahnung hätten geltend gemacht werden müssen, räumt die Klägerin selbst ein. Entgegen ihrer Auffassung beschränkt sich der hieraus resultierende Vorwurf rechtsmissbräuchlichen Verhaltens aber nicht nur auf diese beiden, nicht weiter verfolgten Fälle. Der Vorwurf einer gegen § 20 Fertigverpackungsverordnung verstoßenden Unterschreitung der Mindestschriftgröße für die Gewichtsangabe findet sich auch in allen fünf Abmahnungen, die die vorliegende Klage betreffen. Dieser in den Abmahnungen gerügte Verstoß ist dem in den Abmahnungen "G." und "P." beanstandeten folglich ebenfalls gleichartig. Die Abmahnungen "G." und "P." hätten von daher mit jeder der fünf, die Klage betreffenden Abmahnungen verbunden werden können und müssen. Schon dies allein begründet vorliegend den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs; ein sachlicher Grund für eine Aufspaltung wird insoweit nicht einmal von der Klägerin behauptet. Dabei erfasst der Missbrauchseinwand nicht nur einen, sondern alle fünf vorliegend geltend gemachten Ansprüche. Dem missbräuchlich Handelnden kommt ein Recht auf Auswahl eines Anspruchs, mit dessen vorgerichtlicher Geltendmachung die weiteren gleichartigen Abmahnungen zu verbinden gewesen wären, als allein bemakelt, nicht zu.
Hinsichtlich der weiteren, mit den fünf die Klage betreffenden Abmahnungen vorgebrachten Beanstandungen besteht bezüglich der die Produkte "C." und "M." betreffenden Abmahnungen ebenfalls Gleichartigkeit. Beide Abmahnungen haben die Verwendung nach § 6 Abs. 2 Nr. 8 Lebensmittelkennzeichnungsverordnung nicht zugelassener Zutatenangaben zum Gegenstand. Beim Produkt "C." wird die Verwendung der Zutatenangabe "Kokosraspel", beim Produkt "M." wird die Verwendung der Zutatenangaben "Zuckercremefüllung" und "Karamell" gerügt. Im Übrigen handelt es sich zumindest um ähnlich gelagerte Wettbewerbsverstöße. Sie betreffen alle Fragen der Vereinbarkeit von Zutatenangaben auf einer Großverpackung mit den lebensmittelrechtlichen Vorgaben und deren wettbewerbsrechtliche Qualifizierung. Dass es sich im Einzelnen um unterschiedliche Normen des Lebensmittelrechts handelt, steht der Annahme ihrer Ähnlichkeit nicht entgegen. Der Begriff der Ähnlichkeit ist weiter als der der Gleichartigkeit.
Ein sachlicher Grund für die Aufspaltung ist nicht ersichtlich. Es handelt sich in allen sieben Fällen um Angaben auf den mit der Großverpackung verbundenen Etiketten, wobei die Klägerin diese sieben Großverpackungen im Rahmen eines einzigen von ihrem Geschäftsführer im Beisein eines Zeugen ausgeführten Einkaufs am 9. Januar 2012 im H. in M. erworben haben will. Die Beweislage war daher in allen Fällen gleich. Die von der Klägerin angeführte Möglichkeit einer unterschiedlichen Verkehrsauffassung ist nicht einsichtig. Die angesprochen Verkehrskreise, bei denen es sich in erster Linie um Teilnehmer von Karnevalsumzügen handelt, waren jeweils identisch. Deren Verständnis kann ein ständig mit Wettbewerbssachen befasster Spruchkörper selbst beurteilen, da nicht ersichtlich ist, dass die Verkehrskreise über besondere Kenntnisse und Erfahrungen für die Beurteilung der Werbeaussage verfügen; eine Beweisaufnahme zu diesem Punkt kam von daher ersichtlich nicht in Betracht (vgl. BGH, GRUR 2004, 244, 245 - Marktführers chaft). Auch ansonsten war ein grundsätzlich anderes Verteidigungsverhalten der Beklagten in den einzelnen Fällen nicht zu erwarten, konkreter Vortrag der Klägerin hierzu ist bezeichnender Weise nicht erfolgt.
Durch die folglich nicht gerechtfertigte getrennte Abmahnung wäre die Kostenlast für die Beklagte im Falle einer Unterwerfung massiv erhöht worden. Die Klägerin hat den Gegenstandswert der fünf der Klage zugrunde liegenden Abmahnungen mit jeweils 15.000,00 Euro und den der beiden anderen mit jeweils 8.000,00 Euro angegeben. In ihrer Klageschrift hat sie hingegen nur einen Streitwert von 60.000,00 Euro angeregt. Eine Abmahnung auf der Basis der Klageschrift wäre demnach nicht nur wegen der Gebührendegression, sondern auch wegen der - von der Klägerin mit Schriftsatz vom 19. September 2012 ausdrücklich hierfür angeführten - gegenstandswertsmindernden Überscheidungen bei den Streitgegenständen für die Beklagte wesentlich günstiger gewesen. Während die Summe der für die sieben Abmahnungen geforderten Aufwendungen sich auf 4.890,60 Euro beläuft, hätte eine Abmahnung auf der Basis der Klage lediglich Gebühren in Höhe von 1.479,90 Euro ausgelöst. Dies indiziert die Missbräuchlichkeit des klägerischen Vorgehens, ein Vorwurf, der vorliegend durch nichts entkräftet wird. Dass die Parteien zudem noch in andere Auseinandersetzungen verwickelt sind, ist jedenfalls nicht geeignet, die Annahme einer Schädigungsabsicht zu zerstreuen.
Der Missbrauchseinwand erfasst naturgemäß auch die geltend gemachten Ansprüche auf Auskunft und Erstattung der Abmahnkosten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
Es besteht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen. Die hierfür in § 543 Abs. 2 ZPO niedergelegten Voraussetzungen sind nicht gegeben. Die relevanten Rechtsfragen sind durch die zitierten höchstrichterlichen Entscheidungen beantwortet. Abgesehen davon, dass vorliegend bereits die Gleichartigkeit der Verstöße gegen § 20 Fertigverpackungsverordnung den Missbrauchseinwand begründet, hat der Bundesgerichtshof in der Entscheidung "0,00 Grundgebühr" unmissverständlich klargestellt, dass der Normzweck des § 8 Abs. 4 UWG ein weites Verständnis gebietet. Als reine Einzelfallentscheidung hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine revisionsgerichtliche Entscheidung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird in Übereinstimmung mit der unbeanstandet gebliebenen erstinstanzlichen Festsetzung auf 60.00,00 Euro festgesetzt.
OLG Düsseldorf:
Urteil v. 24.09.2013
Az: I-20 U 157/12
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