Bundespatentgericht:
Beschluss vom 11. Januar 2006
Aktenzeichen: 29 W (pat) 224/03

(BPatG: Beschluss v. 11.01.2006, Az.: 29 W (pat) 224/03)

Tenor

1. Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. Juli 2003 wird aufgehoben.

2. Das Verfahren wird an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.

3. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.

Gründe

I.

Die Wortmarkeprivat operatorsoll für Waren und Dienstleistungen der Klasse 9: auf Datenträgern gespeicherte Software; Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Telekommunikationshardware;

Klasse 38: Telekommunikation, insbesondere Telekommunikations-Dienstleistungen auf dem Internetsektor; Bereitstellen von Informationen im Internet;

Klasse 42: Entwurf und Entwicklung von Computer-Hardware und -Softwarein das Markenregister eingetragen werden.

Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die Anmeldung des Zeichens mit Schreiben vom 7. Oktober 2002 beanstandet und mit Beschluss vom 7. Juli 2003 zurückgewiesen. Das zurückgewiesene Zeichen wurde allerdings fälschlich mit einem zusätzlichen "e" nach "privat" als "private operator" angegeben. Mit Beschluss vom gleichen Tag war unter dem Aktenzeichen 302 40 666 eine weitere Anmeldung derselben Anmelderin für "private operator" zurückgewiesen worden. Das Deutsche Patent- und Markenamt vertritt in beiden Verfahren die Auffassung, dem Zeichen fehle jegliche Unterscheidungskraft, da die Wortkombination im Bereich der Telekommunikation lediglich auf einen "persönlichen, privaten Vermittler" hinweise. Der Begriff "Vermittler" sei dabei entpersonalisiert und könne auch durch eine entsprechende Software, wie sie in Klasse 9 beansprucht ist, vorgenommen werden. Andere Bedeutungen von "operator" könnten vernachlässigt werden, da zumindest die vorgenannte Bedeutung für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen beschreibend sei.

Die Anmelderin hat dem widersprochen und dargelegt, der Beschluss sei schon deshalb aufzuheben, da das Deutsche Patent- und Markenamt über eine andere Anmeldung entschieden habe. Es habe die Anmeldung einer Marke "private operator" zurückgewiesen, obwohl als Nr. 302 40 655 das Zeichen "privat operator" angemeldet gewesen sei. Die Prüferin habe mutmaßlich den Beschluss zum Verfahren mit der Nr. 302 40 666 kopiert und sich nicht mit dem tatsächlich angemeldeten Zeichen befasst. Dem Beanstandungsbescheid seien entgegen der Angaben im Beschluss auch keine Nachweise für das tatsächlich angemeldete Zeichen beigefügt gewesen. Der Wortkombination fehle darüber hinaus auch nicht jegliche Unterscheidungskraft, da ein deutsches Wort - "privat" - mit einem englischen - "operator" - kombiniert worden sei und diese Wortkreation bereits phantasievoll und originell sei. Außerdem würden die deutschen Verkehrskreise neben der Bedeutung "Vermittler" des englischen Worts "operator" viel eher den mathematischen Begriff "Rechensymbol" verbinden, den sie bereits aus dem Mathematikunterricht kennen. In jedem Fall ergebe sich daraus eine Mehrdeutigkeit, die zur Schutzfähigkeit des Zeichens führe.

Die Beschleunigungsgebühr werde zurückgefordert, da sich - nunmehr ausdrücklich geregelt in § 63 Abs. 2 MarkenG - auch aus der Begründung zum Regierungsentwurf des Markengesetzes im Hinblick auf die sechsmonatige Prioritätsfrist der Pariser Verbandsübereinkunft ergebe, dass das Deutsche Patent- und Markenamt innerhalb von sechs Monaten im beschleunigten Verfahren entscheiden müsse. Dies sei nicht geschehen, weshalb der Rückzahlungsanspruch begründet sei. Nach Anmeldung am 14. August 2002 und dem Beanstandungsbescheid vom 7. Oktober 2002, der ohne Verzögerung am 25. November 2002 von der Anmelderin beantwortet worden sei, habe das Deutsche Patent- und Markenamt erst am 7. Juli 2003 entschieden.

Die Beschwerdegebühr solle aus Billigkeitsgründen ebenfalls zurückerstattet werden.

Die Anmelderin beantragt daher (Bl. 26 d. A.), der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. Juli 2003 wird aufgehoben;

die Beschwerdegebühr wird zurückerstattet;

die Beschleunigungsgebühr wird zurückerstattet.

Das Ergebnis der vom Senat durchgeführten Recherche zur beschreibenden Verwendung der Wortfolge "privat operator" sowie deren beider Bestandteile wurde der Anmelderin übersandt.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts ist aus formalen Gründen aufzuheben und gemäß § 70 Abs. 3 Nr. 1 und 2 MarkenG zur erneuten Entscheidung über die - richtige - Markenanmeldung der Wortmarke Nr. 302 40 655 "privat operator" an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen.

Bei seiner Sachentscheidung wird das Deutsche Patent- und Markenamt außerdem über den erstmals vor Gericht gestellten Antrag zur Rückerstattung der Beschleunigungsgebühr zu befinden haben. Außerdem ist die Rechtsauffassung des Gerichts zur teilweisen Schutz(un)fähigkeit der angemeldeten Wortfolge zu berücksichtigen bzw. eine weitere Nachrecherche erforderlich.

1. Die Markenstelle hat über eine andere als die angemeldete Marke entschieden.

1.1. Gemäß § 70 Abs. 3 Nr. 1 MarkenG liegt somit ein Fall fehlender Sachentscheidung und zugleich ein Verfahrensmangel im Sinn von § 71 Abs. 3 Nr. 2 vor. Eine Überprüfung auf absolute Schutzhindernisse ist damit zu Unrecht unterblieben. Angemeldet wurden mit Datum vom 14. August 2002 durch die Beschwerdeführerin zwei Marken. Zum einen das verfahrensgegenständliche Zeichen "privat operator" unter der Registernummer 302 40 655.7, zum anderen das Zeichen "private operator" unter der Nummer 302 40 666.2. Der Beschluss der Markenstelle vom 7. Juli 2003 nimmt unter der richtigen Registernummer das falsche Zeichen, nämlich "private operator" in Bezug und hat daher zum hier verfahrensgegenständlichen Zeichen "privat operator" bisher keine instanzabschließende Entscheidung getroffen.

1.2. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschleunigungsgebühr ist vom Beschwerdegericht nicht geprüft worden, da ein entsprechender Antrag erst in der Beschwerdeinstanz gestellt wurde. Im Rahmen der Zurückverweisung besteht daher die Möglichkeit, dass das Deutsche Patent- und Markenamt in erster Instanz gemäß § 63 Abs. 2 MarkenG über diesen entscheidet. In der Sache dürfte der Antrag erfolgreich sein (BGH GRUR 2000, 325 - Beschleunigungsgebühr; 2000, 421 - Rückzahlung der Beschleunigungsgebühr), da ohne nachvollziehbare Gründe in einem Zeitraum von November 2002 (Schriftsatz der Anmeldervertreter auf den Beanstandungsbescheid) bis zum Beschluss im Juli 2003, mithin acht Monate lang, keine relevante Handlung, Mitteilung o. Ä. des Deutschen Patent- und Markenamts dokumentiert ist.

2. Hinsichtlich der teilweisen Schutzfähigkeit der angemeldeten Wortfolge "privat operator" ist der Senat folgender Auffassung:

2.1. Nicht schutzfähig nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist ein Zeichen, dem die konkrete Eignung fehlt, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Die Hauptfunktion der Marke besteht nämlich darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (st. Rspr.; EuGH GRUR 2004, 1027 - Rn. 42 ff. - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; GRUR 2003, 604 - Rn. 62 - Libertel; BGH GRUR 2005, 257 - Bürogebäude; BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice; BGH GRUR 2001, 1153, 1154 - antiKALK).

Die Unterscheidungskraft einer Wortmarke fehlt unter anderem dann, wenn das Zeichenwort eine für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehende Sachangabe darstellt oder es sich um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer gängigen Fremdsprache handelt, das der Verkehr stets nur als solches versteht (vgl. BGH GRUR 1999, 1089 - YES; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard). Diese Grundsätze gelten auch für die Beurteilung der Unterscheidungskraft von Wortfolgen. Zu prüfen ist daher, ob die Wortfolge einen ausschließlich produktbeschreibenden Inhalt hat oder ob ihr über diesen hinaus eine - wenn auch noch so geringe - Unterscheidungskraft für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen zukommt. Die Annahme mangelnder Unterscheidungskraft ist daher nur bei beschreibenden Angaben oder Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art gerechtfertigt. Die Unterscheidungskraft ist dabei zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wobei auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2005, 763, 764 - HAVE A BREAK; MarkenR 2004, 116, 120 Rn. 50 - Waschmittelflasche, MarkenR 2003, 187, 190 Rn. 41 - Linde u. a.). Nach diesen Grundsätzen könnte die Wortfolge zumindest im Hinblick auf die Dienstleistungen "Telekommunikationshardware; Entwurf und Entwicklung von Computer-Hardware und -Software" über die erforderliche Unterscheidungskraft verfügen. Insoweit ist eine weitere Recherche des Deutschen Patent- und Markenamts angezeigt. Zusätzliche Rechercheunterlagen des Senats sind dem Beschluss als Anlage für die Beschwerdeführerin beigefügt.

2.2.1. Der deutsche Begriff "privat" ist dem Verkehr ohne weiteres verständlich. Er kommt vom lateinischen Wort "privatus" (= der Herrschaft beraubt; gesondert, für sich stehend; nicht öffentlich) das den Gegensatz zu "publicus" = "öffentlich" bildet. Die dem Wort zugeschriebenen Bedeutungen sind (1) nur die eigene Person angehend, betreffend; persönlich (2) ungezwungen, vertraut (3) nicht offiziell, nicht amtlich, nicht geschäftlich und (3) nicht für alle, nicht für die Öffentlichkeit bestimmt (Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 5. Aufl. 2003 [CD-ROM]). Im allgemeinen Sprachgebrauch wird privat häufig stellvertretend für den Begriff "persönlich" verwendet (s. Bedeutung (1) oben). Dem entspricht im Englischen das Wort "private", das "privat; persönlich; vertraulich" (Collins, Globalwörterbuch Englisch, Band 1, 2001, S. 1012) bedeutet. "Operator" kommt ursprünglich ebenfalls aus dem Lateinischen und heißt soviel wie "Arbeiter, Verrichter". Das englische Fremdwort hat die Bedeutung (1) (Maschinen)Arbeiter(in), (Kran- etc.) Führer(in); (Computer) Operator, (2) teleph. Vermittlung, Fräulein (vom Amt) oder (3) (Reise) Veranstalter(in) (Langenscheidt, Taschenwörterbuch Englisch - Deutsch, PC-Bibliothek). Als eingedeutschtes Fremdwort sind damit zwei Bedeutungen verbunden: Zum einen wird fachsprachlich, insbesondere in der Mathematik, ein Mittel, Verfahren, Symbol o. Ä. zur Durchführung linguistischer, logischer oder mathematischer Operationen bezeichnet (Duden - Deutsches Universalwörterbuch, a. a. O.). Zum anderen ist es auf dem Gebiet der EDV die Bezeichnung für eine Fachkraft für die Bedienung elektronischer Datenverarbeitungsanlagen (Duden - Das Fremdwörterbuch, 8. Auflage 2005 [CD-ROM]). Die deutschen Verkehrskreise sehen in der Zeichenfolge daher eine im Vordergrund stehende Sachangabe für einen "privaten Vermittler" bzw. "eine private Fachkraft für Computer".

2.2.2. Als deutsche Wortkombination müsste das Adjektiv grammatikalisch nach den Regeln der Flexion grundsätzlich an das Substantiv angeglichen werden und "privater Operator" heißen. Der Verkehr kennt allerdings auch den "Privatkunden", das "Privateigentum", die "Privatangelegenheit", den "Privatdetektiv" und - für Leistungen eines Privatsekretärs und Verwalters - den "Private-Organizer" (www.privateorganizer.de/verwalter/verwalter/leistungen.htm) und wird deshalb den "privat operator" nicht ungewöhnlich finden. Geht das Publikum von der englischen Bedeutung und Aussprache aus, wird das fehlende "e" an "privat" allenfalls für einen Rechtschreibfehler gehalten werden, falls es überhaupt auffällt. Dem Verkehr sind im Übrigen auch weitere Zusammensetzungen mit "operator" geläufig. So kennt er den "Raum-Operator", den "SMS-Operator" und den "Vodafone-Mobilbox-Operator" (vgl. Google-Suchergebnisse 11 - 20 unter dem Stichwort "privat operator"), aber auch den "Personal Operator" (www.interlinelimo.com/ger/-po.php).

2.3. Wegen des Zusammenhangs mit der elektronischen Datenverarbeitung bezüglich der konkret angemeldeten Waren und Dienstleistungen liegt die Verwendung der Bedeutung "Rechensymbol" nicht nahe, sondern lediglich diejenige des Vermittlers bez. der Fachkraft für EDV-Anlagen bzw. Computer. Ein Zeichen ist aber bereits dann nicht schutzfähig, wenn es in einer seiner möglichen Bedeutungen Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreibt (vgl. EuGH, MarkenR 2004, 450 ff. - DOUBLEMINT).

Die Wortfolge "privat operator" kann nicht nur eine Person, sondern auch eine "auf Datenträger gespeicherte Software" im Sinne der Anmeldung bezeichnen, die die Funktion einer Person übernimmt, worauf das Deutsche Patent- und Markenamt zu Recht hingewiesen hat. Der Hinweis auf den "Personal Operator des gewählten Standorts", der sich umgehend mit dem Sender einer email in Verbindung setzen wird (www.interlinelimo.com/ger/po.php) kann nämlich auf einen Menschen, aber auch - entpersonalisiert - auf eine datenverarbeitende Software hinweisen, die per email den Kontakt zum Absender herstellt. Bei den "Datenverarbeitungsgeräten und Computern" kann es sich um Waren handeln, die die Arbeitsweise einer privaten Fachkraft für EDV-Anlagen unterstützen oder unabdingbar für diese Tätigkeit sind. Es kann sich allerdings auch um ein "intelligentes" Gerät handeln, das das besondere Anforderungsprofil des Kunden erkennt und auf seine privaten Bedürfnisse zugeschnittene Informationen vermittelt (vgl. die dem Beschluss als Anlage beigefügten Unterlagen: "Elektronische Gouvernante", Süddeutsche Zeitung Nr. 8/2006 S. 12).

2.4. Im Hinblick auf die Dienstleistungen "Telekommunikation, insbesondere Telekommunikations-Dienstleistungen auf dem Internetsektor; Bereitstellen von Informationen im Internet" kann das angemeldete Zeichen dem Eintragungshindernis gem. § 8 Abs. 2 S. 2 MarkenG unterliegen. Danach ist die Eintragung solcher Marken ausgeschlossen, die nur aus Angaben bestehen, die zur Bezeichnung der Art, Beschaffenheit oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen oder dienen können, wobei ausreichend ist, dass das Zeichen zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (EuGH GRUR Int. 2004, 410 - BIOMILD).

Die o. g. Telekommunikationsdienstleistungen können von einer EDV-Fachkraft angeboten oder einer speziellen Software zur privaten Nutzung durchgeführt werden. Unter dem Stichwort "Eurosignal und Cityruf bekommen Konkurrenz. Neue Impulse durch private Anbieter" (Süddeutsche Zeitung vom 12. Oktober 1994, Nr. 235, S. 904) wird darauf hingewiesen, dass für das Absetzen von Texten zukünftig ein "Operator" des Netzbetreibers zur Verfügung stehen wird. Es ist daher durchaus vorstellbar, dass für die Kommunikation z. B. in Chatrooms private Operatoren ihre Dienste anbieten. Damit kann die Wortfolge "privat operator" zur Bezeichnung entsprechender "Vermittler" im Rahmen der Telekommunikation dienen.

2.5. Zur in Klasse 9 angemeldeten "Telekommunikationshardware" hat sich der Senat noch kein abschließendes Urteil gebildet. Der Verfahrensbevollmächtigte der Beschwerdeführerin hat darauf hingewiesen, dass aufgrund der Zweckbestimmung von "Hardware" auf dem - ausschließlich technischen - Gebiet der Telekommunikation, der Gedanke an einen "privaten Vermittler" für die entsprechende Ware sachfremd sei. Insoweit sind - über die Recherche des Senats hinaus - weitere Ermittlungen erforderlich, ob auch derartige Waren für den Einsatz in der Telekommunikation mit der Wortfolge "privat operator" benannt werden (können).

Dieses gilt auch für die in Klasse 42 angemeldete Dienstleistung "Entwurf und Entwicklung von Computer-Hardware und -Software". Hier sollte geprüft werden, ob es in dem entsprechenden Marktsegment üblich ist, die Dienstleistungen nach einer bestimmten Ware zu bezeichnen oder nicht vielmehr die Marktgewohnheiten von anderen Bezeichnungsgepflogenheiten geprägt werden.

3. Der Antrag auf Rückerstattung der Beschwerdegebühr ist gemäß § 71 Abs. 3 MarkenG i. V. m. § 10 PatKostG begründet. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr kann nach ständiger Rechtsprechung (vgl. Fezer; Markenrecht, 3. Aufl., § 71 Rn. 14; Ingerl/ Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., § 71 Rn. 35; Ströbele/ Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 71 Rn. 57 ff.) angeordnet werden, wenn die Einbehaltung der Gebühr im Einzelfall bei Abwägung der Interessen der Beteiligten einerseits und der Staatskasse andrerseits unbillig erscheint. Die Rückzahlung ist die Ausnahme vom Grundsatz der grundsätzlichen Gebührenpflichtigkeit der Beschwerde und kommt bei fehlerhafter Sachbehandlung durch die Vorinstanz, insbesondere dem Vorliegen von Verfahrensfehlern, in Betracht. Die Rückzahlung scheidet nur dann aus, wenn auch ohne Fehlverhalten des Deutschen Patent- und Markenamts inhaltlich dieselbe Entscheidung ergangen wäre und deshalb hätte Beschwerde eingelegt werden müssen. Die Beschwerdegebühr ist regelmäßig zurückzuzahlen, wenn wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels nach § 70 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen wird (BPatGE 38, 16, 17). Im vorliegenden Fall hat das Deutsche Patent- und Markenamt verfahrensfehlerhaft über eine andere Marke als die angemeldete entschieden und demnach keine Sachentscheidung - zumindest nicht in dieser Sache - getroffen. Ex post kann deshalb zugunsten der Anmelderin nicht ausgeschlossen werden, dass das Deutsche Patent- und Markenamt, hätte es über das richtige Zeichen entschieden, nicht - zumindest teilweise - eine andere Entscheidung getroffen hätte.






BPatG:
Beschluss v. 11.01.2006
Az: 29 W (pat) 224/03


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