Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 7. April 1998
Aktenzeichen: 4 O 29/09

(LG Düsseldorf: Urteil v. 07.04.1998, Az.: 4 O 29/09)

Tenor

I.

Die Beklagte wird verurteilt,

1.

es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,- DM - ersatzweise Ordnungshaft - oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen,

Zerkleinerungsvorrichtungen mit einem trichterartigen Behälter, in dessen Auslaßbereich zwei zueinander parallele Brecherwalzen gelagert sind, welche gegenläufig antreibbar sind, wobei jede Brecherwalze einen zylindrischen Grundkörper aufweist, an dem mehrere zueinander beabstandete Scheibenelemente befestigt sind, die in Richtung der Längsachse der Brecherwalzen gegeneinander versetzt sind und an deren Umfangsbereich mehrere plattenförmig ausgebildete Brecherelemente angebracht sind, wobei die Scheibenelemente der Brecherwalzen und die Brecherelemente so dimensioniert sind, daß ein Brecherelement einer Brecherwalze jeweils in den Zwischenraum zwischen benachbarte Scheibenelemente der anderen Bre-cherwalze eingreift,

herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

bei denen die Brecherwalzen synchron angetrieben sind, jedes plattenförmige Brecherelement in axialer Richtung breiter als die Dicke der Scheibenelemente ist und im wesentlichen in einer Tangentialebene des Scheibenelementes angeordnet ist, so daß dessen Schneide im wesentlichen parallel zur Brecherwalzenachse liegt, das Brecherelement mittels eines in der Ebene des Scheibenelementes liegenden Stützkörpers gelagert ist und der Stützkörper, bezogen auf die Arbeits-Drehrichtung der Brecherwalze, vor dem Brecherelement angeordnet ist;

2.

der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 6. März 1992 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der Herstellungsmengen und -zeiten,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen und Typen-bezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufge-schlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei

- sich die Verpflichtung zur Rechnungslegung für die Zeit vor dem 1. Mai 1992 auf Handlungen in dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in den bis zum 2. Oktober 1990 bestehenden Grenzen beschränkt;

- der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht-gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Be-klagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Auf-stellung enthalten ist.

II.

Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist,

der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der durch die zu I.1. bezeichneten, seit dem 6. März 1992 begangenen Handlungen dem jeweiligen Patentinhaber, zunächst Herrn ( … ),und sodann der ( … ),durch die zu der Ziffer I.1 bezeichneten, seit dem 17. Januar 1997 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird, wobei sich die Verpflichtung zum Schadensersatz für die Zeit vor dem 1. Mai 1992 auf Handlungen in dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in den bis zum 2. Oktober 1990 bestehenden Grenzen beschränkt.

III.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

IV.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 500.000,- DM vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheit kann auch durch die unbedingte Bürgschaft einer in Deutschland ansässigen, als Zoll- und Steuerbürgin zugelassenen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand

Die Klägerin ist seit Mai 1996 einfache Lizenznehmerin an dem europäischen Patent 0 529 221 und an dem dieselbe Erfindung betreffenden Gebrauchsmusters 91 10 457, dessen Anmeldetag vom 23. August 1991 für die Priorität des am 17. Juni 1992 angemeldeten EP 0 529 221 beansprucht ist. Der Hinweis auf die Patenterteilung ist am 25. September 1996 bekannt gemacht worden.

Die Bekanntmachung des Klagegebrauchsmusters ist am 6. Februar 1992 erfolgt; mit Eingabe vom 15. Februar 1995 sind neue Schutzansprüche zu der Gebrauchsmusterakte gereicht worden. Aufgrund der Verhandlung über den Löschungsantrag der Beklagten vor dem Deutschen Patentamt am 25. März 1998 wurde - wie dem Gericht aus einem anderen Verfahren bekannt ist - in Anspruch 1 ein weiteres Merkmal eingefügt, so daß die Ansprüche 1 der Schutzrechte nunmehr - wie bereits geltend gemacht - gleichlautend sind.

Eingetragene Inhaberin der Schutzrechte ist die ( … ),. Der vormalige Schutzrechtsinhaber, Herr Norbert ( … ), hat die Schutzrechte auf die ( … ),übertragen. Die Klägerin behauptet, dies sei mit Wirkung zum 17. Januar 1997 geschehen. Seine Ansprüche habe Herr ( … ), ebenso wie die neue Inhaberin an sie - die Klägerin abgetreten und sie zur Klageerhebung ermächtigt.

Die Schutzrechte betreffen eine Vorrichtung für die Zerkleinerung von Holz-, Metall- oder Kunststoffabfällen und anderen Materialien.

Anspruch 1 des Klagepatents und des Klagegebrauchsmusters lauten:

Zerkleinerungsvorrichtung mit einem trichterartigen Behälter (1), in dessen Auslaßbereich (2) zwei zueinander parallele Brecherwalzen (3,4) gelagert sind, welche gegenläufig antreibbar sind, wobei jede Brecherwalze (3,4) einen zylindrischen Grundkörper (5) aufweist, an dem mehrere zueinander beabstandete Scheibenelemente (6) befestigt sind, die in Richtung der Längsachse der Brecherwalzen (3,4) gegeneinander versetzt sind und an deren Umfangsbereich mehrere plattenförmig ausgebildete Brecherelemente (7) angebracht sind, wobei die Scheibenelemente (6) der Brecherwalzen (3,4) und die Brecherelemente (7) so dimensioniert sind, daß ein Brecherelement (7) einer Brecherwalze (3,4) jeweils in den Zwischenraum zwischen benachbarte Scheibenelemente (6) der anderen Brecherwalze eingreift, dadurch gekennzeichnet, daß die Brecherwalzen (3,4) synchron angetrieben sind, jedes plattenförmige Brecherelement (7) in axialer Richtung breiter als die Dicke der Scheibenelemente (6) ist und im wesentlichen in einer Tangentialebene des Scheibenelementes (6) angeordnet ist, so daß dessen Schneide im wesentlichen parallel zur Brecherwalzenachse liegt, daß das Brecherelement (7) mittels eines in der Ebene des Scheibenelementes (6) liegenden Stützkörpers (9) gelagert ist und daß der Stützkörper (9), bezogen auf die Arbeits-Drehrichtung der Brecherwalze (3,4), vor dem Brecherelement (7) angeordnet ist.

Die nachfolgend wiedergegebenen Figuren 2 und 7 der Schutzrechte zeigen in Figur 2 eine Draufsicht auf eine erfindungsgemäße Verkleinerungsvorrichtung, in Figur 7 eine Schnittansicht:

Die Beklagte stellt her und vertreibt eine Zerkleinerungsmaschine, wie sie sich aus den als Anlage 9 überreichten Farbfotographien ergibt. Nachfolgend ist das zweite Foto wiedergegeben:

Die Klägerin sieht darin eine Verletzung ihrer Schutzrechte.

Sie beantragt,

zu erkennen, wie geschehen, insbesondere wenn zusätzlich die Unteransprüche 3, 5, 6, 7 oder 12 verwirklicht sind.

Die Beklagte bittet um Klageabweisung, hilfsweise um Aussetzung des Rechtsstreits bis zur Entscheidung über den gegen die Klageschutzrechte eingelegten Einspruch bzw. ihren Löschungsantrag. Sie stellt eine Verletzung der Klageschutzrechte in Abrede.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist begründet.

Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Aus den als Anlagen 3 und 11 überreichten Prozeßstandschaftserklärungen folgt, daß die Schutzrechtsinhaber ihre Ansprüche aus beiden Schutzrechten an die Klägerin abgetreten und sie zur Klage ermächtigt haben. Hierin wird jeweils von beiden Abtretungsvertragsparteien die Abtretung bestätigt, so daß jedenfalls zum Zeitpunkt der Abgabe dieser Erklärung übereinstimmende Willenserklärungen dahingehend vorlagen, daß die Rechte abgetreten sein sollen. Der Zeitpunkt des materiellen Rechtsübergangs von Herrn ( … ),auf die ( … ),kann für die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten offenbleiben.

Die Beklagte verletzt die Klageschutzrechte, da sie die Lehre des Anspruchs 1 des Klagepatents und des neugefaßten Anspruch 1 des Klagegebrauchsmusters benutzt.

Eine Zuerkennung der Unteransprüche ist entsprechend der ständigen Rechtsprechung der Kammer, entbehrlich, weil diese nicht in Kombination zum Hauptanspruch, sondern lediglich "insbesondere" geltend gemacht werden.

I.

Die Klageschutzrechte betreffen eine Zerkleinerungsvorrichtung mit einem trichterartigen Behälter, in dessen Auslaßbereich zwei zueinander parallele Brecherwalzen gelagert sind, die plattenförmige Brecherelemente aufweisen.

Als gattungsbildend Stand der Technik ist aus der EP-A-0 069 721 eine Zerkleinerungsvorrichtung bekannt, deren zueinander parallele Brecherwalzen gegenläufig antreibbar sind. Auf den zylindrischen Walzen sind Scheibenelemente mit reißzahnartigen Brecherelementen angebracht, die jeweils in den Zwischenraum zwischen benachbarten Scheibenelementen der anderen Brecherwalze eingreifen. Eine ähnliche Ausgestaltung ergibt sich aus der DE-OS 28 38 001.

Aus der US-PS 1 435 330 ist eine Vorrichtung bekannt, bei der die Brecherwalzen mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten angetrieben sind und die unterschiedlich ausgebildeten Zerkleinerungswerkzeuge unmittelbar gegeneinander arbeiten, also nicht ineinander greifen.

Bei den im Stand der Technik bekannten Brecherwalzen wurde versucht, die Brecherwalzen in der Form den zu zerkleinernden Materialien anzupassen, um eine ausreichende Zerkleinerung sicherzustellen, zugleich aber ein Verstopfen oder Zusetzen der Walzenzwischenräume zu vermeiden. Im Stand der Technik war daher die Vorrichtung jeweils nur zur Zerkleinerung eines Materials geeignet.

Den Klageschutzrechten liegt die Aufgabe zugrunde, eine Zerkleinerungsvorrichtung zu schaffen, die bei einfachem Aufbau und einfacher Handhabbarkeit universal einsetzbar ist und auch die Zerkleinerung gemischter Materialien bei schneller und wirtschaftlicher Arbeitsweise ermöglicht.

Diese Aufgabe wird durch eine Vorrichtung mit den folgenden Merkmalen gelöst:

1. Zerkleinerungsvorrichtung mit einem trichterartigen Behälter (1);

2. in dessen Auslaßbereich (2) zwei zueinander parallele Brecherwalzen (3,4) gelagert sind, die

2.1 gegenläufig antreibbar sind

2.2 und von denen jede einen zylindrischen Grundkörper (5) aufweist;

3. an dem Grundkörper (5) sind mehrere zueinander beabstandete Scheibenelemente (6) befestigt,

3.1 die in Richtung der Längsachse der Brecherwalzen (3,4) gegeneinander versetzt sind

3.2 und an deren Umfangsbereich mehrere plattenförmig ausgebildete Brecherelemente (7) angebracht sind;

4. die Scheibenelemente (6) und die Brecherelemente (7) sind so dimensioniert, daß ein Brecherelement (7) einer Brecherwalze (3,4) jeweils in den Zwischenraum zwischen benachbarte Scheibenelemente (6) der anderen Brecherwalze eingreift;

5. die Brecherwalzen (3,4) sind synchron angetrieben;

6. jedes plattenförmige Brecherelement (7) ist

6.1 in axialer Richtung breiter als die Dicke der Scheibenelemente (6),

6.2 und im wesentlichen in einer Tangentialebene des Scheibenelementes (6) angeordnet,

6.2.1 so daß dessen Schneide im wesentlichen parallel zur Brecherwalzenachse liegt,

6.3 und mittels eines Stützkörpers (9) gelagert;

7. der Stützkörper (9)

7.1 liegt in der Ebene des Scheibenelementes (6)

7.2 und ist, bezogen auf die Arbeits-Drehrichtung der Brecherwalze (3,4), vor dem Brecherelement (7) angeordnet.

Das Klagegebrauchsmuster erfüllt die Voraussetzungen für den Schutz eines Gebrauchsmusters, weil die Erfindung gegenüber dem Stand der Technik neu ist und auf einem erfinderischen Schritt beruht, § 1 Abs. 1 GebrMG.

Anders als im Stand der Technik werden durch die plattenförmige Ausgestaltung der an den Stützkörpern befestigten Brecherelemente auch unterschiedliche Materialien gleichmäßig zerkleinert; außerdem tritt ein Selbstreinigungseffekt auf, der einen zuverlässigen Dauerbetrieb ermöglicht.

Die von der Beklagten im Löschungsantrag angezogenen Schriften begründen keine andere Beurteilung. Die US-A-1 435 330 wurde bei der Erörterung des Standes der Technik bereits erläutert. Auf die dortigen Ausführungen wird Bezug genommen. Die DE-C-17 58 913 zeigt lediglich den synchronen Walzenantrieb. Sie entspricht im übrigen im wesentlichen dem erörterten Stand der Technik. Der US-A-4 925 116 kann man jedenfalls plattenförmige Brecherelemente, die breiter sind als die Scheiben, nicht entnehmen. Schon in diesem Merkmal liegt jedenfalls ein erfinderischer Schritt, der nicht durch den Stand der Technik nahegelegt ist.

Der geltend gemachte Anspruch ist auch in der Gebrauchsmusterschrift offenbart. Durch ihre Anspruchsänderungen haben die Gebrauchsmusterinhaber keine unzulässige Erweiterung vorgenommen. Alle Merkmale sind der Beschreibung der Gebrauchsmusterschrift zu entnehmen.

Mit dieser Beurteilung im Ergebnis übereinstimmend - die Gründe liegen nicht vor - hat auch das Deutsche Patentamt den Löschungsantrag zurückgewiesen und das Gebrauchsmuster unter Aufnahme des im Klageantrag bereits berücksichtigten Merkmals aufrecht erhalten.

II.

Die Beklagte benutzt die Lehre der Klageschutzrechte.

Streitig ist zwischen den Parteien nur das Merkmal 6.2, so daß es hinsichtlich der übrigen Merkmale keiner Begründung bedarf.

Gemäß Merkmal 6.2 ist jedes plattenförmige Brecherelement (7) im wesentlichen in einer Tangentialebene des Scheibenelementes (6) angeordnet, so daß dessen Schneide im wesentlichen parallel zur Brecherwalzenebene liegt.

Bei der angegriffenen Ausführungsform liegt das Brecherelement auf einer innenliegenden zur Tangentialebene parallelen Ebene. Diese Ausführung macht von der Lehre des Klagepatents Gebrauch. Schon der Wortlaut "im wesentlichen" macht deutlich, daß es nicht darauf ankommt, daß das Brecherelement genau in der Tangentialebene liegt. Darüber hinaus zeigen die Ausführungsbeispiele (Fig. 5 und 7) innenliegend zur Tangentialebene angeordnete, ebene Brecherelemente. Schließlich sind auch vom technischen Sinngehalt des Merkmals innenliegend zur Tangentialebene angeordnete Brecherelemente erfaßt. Nach der Beschreibung des Klagepatents bewirkt die tangentiale Anordnung eine schräge Ausgestaltung des Brecherelements und somit eine linienförmige Krafteinwirkung auf das zu zerkleinernde Werkstück (Sp. 2 Zeile 59 bis Sp. 3 Zeile 2). Dem Merkmal ist daher zu entnehmen, daß das Brecherelement nicht zu steil auf der Scheibe stehen darf, sondern schräg stehen muß. Außerdem muß es in einer Ebene liegen, die die Tangentialebene ist oder parallel zu dieser ist, damit die Schneide im wesentlichen parallel zur Brecherwalzenachse liegt. Diese Voraussetzungen sind bei der angegriffenen Ausführungsform gegeben, so daß das Merkmal 6.2 wortlautgemäß verwirklicht ist.

III.

Zu einer nach §§ 148 ZPO, 19 GebrMG möglichen Aussetzung der Verhandlung besteht im Hinblick auf die nach den vorstehenden Ausführungen zu I. zu bejahende Schutzfähigkeit des Klagegebrauchsmusters keine Veranlassung. Über den Löschungsantrag hinsichtlich des Gebrauchsmusters hat das Deutsche Patentamt im übrigen nach Schluß der mündlichen Verhandlung im gleichen Sinne entschieden.

Auch bezüglich des Patentes kommt eine Aussetzung nicht in Betracht. Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer (Mitt. 1988, 91 - Nickel-Chrom-Legierung; BlPMZ 1995, 121 - Hepatitis-C-Virus), die auch vom Oberlandesgericht Düsseldorf (GRUR 1979, 188 - Flachdachabläufe) und vom Bundesgerichtshof (GRUR 1987, 284 - Transportfahrzeug) gebilligt wird, stellen ein Einspruch gegen das Klagepatent oder die Erhebung einer Nichtigkeitsklage als solche noch keinen Grund dar, den Verletzungsrechtsstreit auszusetzen, da dies faktisch darauf hinauslaufen würde, dem Angriff auf das Klagepatent eine den Patentschutz hemmende Wirkung beizumessen, die dem Gesetz fremd ist (§ 58 Abs. 1 PatG). Die Interessen der Parteien sind vielmehr gegeneinander abzuwägen, wobei grundsätzlich dem Interesse des Patentinhabers an der Durchsetzung seines erteilten Patents Vorrang gebührt. Die Aussetzung kommt deshalb nur in Betracht, wenn mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Widerruf oder eine Vernichtung des Klagepatents zu erwarten ist. Dies wiederum kann regelmäßig dann nicht angenommen werden, wenn der dem Klagepatent am nächsten kommende Stand der Technik bereits im Erteilungsverfahren berücksichtigt worden ist oder wenn neuer Stand der Technik lediglich belegen soll, daß das Klagepatent nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, sich jedoch auch für eine Bejahung der Erfindungshöhe, die von der wertenden Beurteilung der hierfür zuständigen Instanzen abhängt, zumindest noch vernünftige Argumente finden lassen.

Im Streitfall ist eine Vernichtung des Klagepatents nicht zu erwarten. Insoweit kann auf die Ausführungen zur Schutzfähigkeit des Klagegebrauchsmusters verwiesen werden.

IV.

1. Da die Beklagte den Gegenstand der Klageschutzrechte rechtswidrig benutzt hat, ist sie der Klägerin zur Unterlassung verpflichtet, § 139 Abs. 1 PatG, § 24 Abs. 1 GebrMG.

2. Die Beklagte hat der Klägerin außerdem Schadensersatz zu leisten, § 24 Abs. 2 GebrMG, seit Patenterteilung auch aus § 139 Abs. 2 PatG. Denn als Fachunternehmen hätte sie die Schutzrechtsverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Da es hinreichend wahrscheinlich ist, daß den Patentinhabern durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist, der von der Klägerin jedoch noch nicht beziffert werden kann, weil sie den Umfang der rechtsverletzenden Benutzungshandlungen ohne ihr Verschulden nicht im einzelnen kennt, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Schadensersatzverpflichtung anzuerkennen, § 256 ZPO.

3. Außerdem ist die Beklagte zur Rechnungslegung verpflichtet, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch beziffern zu können, § 242 BGB. Denn die Klägerin ist auf die zuerkannten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagte wird durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet.

4. Gemäß § 24 b GebrMG und seit Patenterteilung gemäß § 140 b PatG hat die Beklagte schließlich über Herkunft und Vertriebsweg der rechtsverletzenden Erzeugnisse Auskunft zu erteilen. Die nach Absatz 2 dieser Vorschrift geschuldeten Angaben sind in der Urteilsformel zu I.2 mit den Angaben zusammengefaßt, die zum Zwecke der Rechnungslegung zu machen sind.

VI.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 108 ZPO.

Der Streitwert beträgt 500.000,- DM.






LG Düsseldorf:
Urteil v. 07.04.1998
Az: 4 O 29/09


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