Bundespatentgericht:
Beschluss vom 29. August 2011
Aktenzeichen: 10 W (pat) 24/07

(BPatG: Beschluss v. 29.08.2011, Az.: 10 W (pat) 24/07)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Auf die am 31. Juli 1997 beim Deutschen Patentund Markenamt eingereichte Anmeldung wurde der Patentinhaberin das Patent ..., betreffend eine ..., erteilt. Das Patentamt gewährte der Patentinhaberin im Mai 2003 Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Zahlung der 5. Jahresgebühr, ebenso mit Beschluss vom 25. März 2004 in die versäumte Frist zur Zahlung der 6. Jahresgebühr.

Am 13. Februar 2004 zahlte die Patentinhaberin einen Betrag von 240 € unter dem Gebührencode 312080 für die 8. Jahresgebühr ein. Das Patentamt verbuchte diese Zahlung im April 2004 als Zahlung für die 7. Jahresgebühr, die 180 € beträgt, so dass zugunsten der Patentinhaberin ein Guthaben von 60 € verblieb. Eine Unterrichtung der Patentinhaberin erfolgte hierüber nicht.

Hinsichtlich der 8. Jahresgebühr wies das Patentamt die Patentinhaberin sodann mit Bescheid vom 14. Dezember 2004 darauf hin, dass diese innerhalb der zuschlagfreien Zahlungsfrist von 2 Monaten nach Fälligkeit nicht in voller Höhe entrichtet worden sei. Die Jahresgebühr (240 €) mit Verspätungszuschlag (50 €) abzüglich bereits entrichteter 60 €, insgesamt 230 €, sei bis zum 31. Januar 2005 zu entrichten, anderenfalls erlösche das Patent. Am 3. Februar 2005 zahlte die Patentinhaberin sowohl die 8. Jahresgebühr (230 €) als auch die 9. Jahresgebühr (290 €).

Auf den Hinweis des Patentamts im März 2005, wonach das Patent wegen der nicht rechtzeitigen Zahlung der 8. Jahresgebühr seit 1. Februar 2005 erloschen sei, hat die Patentinhaberin im April 2005 Antrag auf Wiedereinsetzung gestellt. Zur Begründung ist angegeben, der Gebührenhinweis des Patentamts vom 14. Dezember 2004 sei von ihrer Postzentrale bedauerlicherweise direkt an ihren Mitarbeiter Herrn H... weitergeleitet worden, der sich in diesem Zeitraum aufgrund Weihnachtsurlaub und anschließendem längeren Auslandsaufenthalt für mehrere Wochen nicht im Hause befunden habe. Die Gebühren seien sofort nach Rückkehr des Mitarbeiters, allerdings erst am 3. Februar 2005 gezahlt worden.

Auf den Zwischenbescheid des Patentamts, wonach nicht von einer unverschuldeten Fristversäumung ausgegangen werden könne, hat die Patentinhaberin weiter ausgeführt, sie habe sich wegen der hohen Honorare ihrer Anwaltssozietät entschlossen, die Gebühren selbst an das Patentamt zu zahlen, und zwar seit Anfang 2003. Immer am Jahresanfang seien alle Gebühren, auch die nicht fälligen, gezahlt worden. Grundlage hierfür sei eine vom Patentamt erhaltene Gebührenübersicht gewesen, zusätzlich habe sie beim Patentamt telefonische Rücksprache gehalten. Leider sei ihr bei dieser telefonischen Rücksprache nicht gesagt worden, dass ein Säumniszuschlag offen sei. Stattdessen habe das Patentamt einen Teil ihrer Überweisung der Jahresgebühr einfach dem Säumniszuschlag zugeordnet. So sei zwar der Säumniszuschlag erledigt gewesen, aber nur ein Teil der Jahresgebühr beglichen worden. Sie habe deshalb die Frist unverschuldet versäumt.

Das Deutsche Patentund Markenamt -Patentabteilung 22 -hat durch Beschluss vom 7. Dezember 2005 den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, die Frist sei nicht unverschuldet versäumt worden. Bereits zweimal sei der Patentinhaberin Wiedereinsetzung gewährt worden. Daher sei es nicht verständlich, dass sie keine besonderen Maßnahmen ergriffen habe, um weitere Fristversäumnisse zu verhindern. Die Zahlung von Säumniszuschlägen sei der Patentinhaberin aus früheren Bescheiden des Patentamts hinreichend bekannt gewesen. Außerdem sei der Gebührenhinweis des Patentamts mit Bescheid vom 14. Dezember 2004 auch tatsächlich bei der Patentinhaberin eingegangen. Man hätte daher organisatorisch alle erdenklichen Maßnahmen treffen müssen, um der Zahlungsverpflichtung bis 31. Januar 2005 nachkommen zu können.

Hiergegen wendet sich die Patentinhaberin mit der Beschwerde, mit der sie beantragt, den Beschluss vom 7. Dezember 2005 aufzuheben und festzustellen, dass die 8. Jahresgebühr rechtzeitig entrichtet wurde, sowie hilfsweise, dem Antrag auf Wiedereinsetzung stattzugeben.

Zur Begründung ist ausgeführt, dass die 8. Jahresgebühr in Höhe von 240 € vollständig am 12. Februar 2004 entrichtet worden sei. Zu diesem Zeitpunkt sei für das betreffende Patent nur die 8. Jahresgebühr zahlbar gewesen, so dass die Zuordnung eindeutig gewesen sei. Eine Fristversäumung habe somit nicht stattgefunden. Als Beleg wird eine Kopie der Überweisung vom 12. Februar 2004 vorgelegt, die insgesamt über die Summe von 660 € lautete. In der Spalte Verwendungszweck sind drei Aktenzeichen mit Beträgen angegeben, darunter das vorliegende Patent mit dem Betrag von 240 €.

Der Senat hat mit Ladungszusatz auf die fehlenden Erfolgsaussichten der Beschwerde, insbesondere auch auf die vom Patentamt im April 2004 vorgenommene Umbuchung der Einzahlung vom Februar 2004 hingewiesen. Eine Stellungnahme in der Sache ist hierzu nicht erfolgt.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Das Patentamt hat den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Zahlung der 8. Jahresgebühr zu Recht zurückgewiesen.

1. Die Patentinhaberin hat die Frist zur Zahlung der 8. Jahresgebühr mit Zuschlag versäumt.

Am 13. Februar 2004 ist zwar auf dem Konto des Patentamts tatsächlich ein Betrag eingegangen, der in der Höhe der 8. Jahresgebühr entspricht, nämlich 240 €. Auch wäre die Zahlung der 8. Jahresgebühr zu diesem frühen Zeitpunkt, obwohl sie nach § 3 Abs. 2 PatKostG erst am 31. Juli 2004 fällig gewesen ist, gemäß § 5 Abs. 2 PatKostG zulässig gewesen. Nach dieser Vorschrift kann die Zahlung einer Jahresgebühr auch schon vor Fälligkeit erfolgen, nur nicht früher als ein Jahr vor Eintritt der Fälligkeit. Gleichwohl ist nach den Umständen nicht zu beanstanden, dass das Patentamt diese Zahlung im April 2004 als Zahlung der 7. Jahresgebühr angesehen und entsprechend verbucht hat. Denn allein die 7. Jahresgebühr ist zu diesem Zeitpunkt fällig gewesen.

Hier liegt nämlich die Besonderheit vor, dass zum Zeitpunkt der Zahlung im Februar 2004 das Patent schon wegen der nicht vollständigen Zahlung der 6. Jahresgebühr seit 2. Dezember 2003 erloschen war. Zu einem erloschenen Patent werden keine weiteren Gebühren mehr fällig, denn Fälligkeit setzt Anhängigkeit des Patents voraus. Vielmehr werden Jahresgebühren, die im Zeitraum zwischen Wegfall des Patents und Gewährung einer Wiedereinsetzung an sich fällig werden, erst mit Wirksamwerden der Wiedereinsetzungsentscheidung fällig (vgl. Schulte, PatG, 8. Aufl., § 17 Rdn. 31) . Erst mit Gewährung der Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der 6. Jahresgebühr durch Beschluss des Patentamts vom 25. März 2004 wurden daher die während des Zeitraums des Erlöschens anstehenden Jahresgebühren fällig. Dies betraf hier die 7. Jahresgebühr in Höhe von 180 €, die im Normalfall gemäß § 3 Abs. 2 PatKostG am 31. Juli 2003 fällig gewesen wäre und nach § 7 Abs. 1 PatKostG mit Verspätungszuschlag bis zum 31. Januar 2004 hätte gezahlt werden müssen. Unter diesen Umständen hat es nahegelegen, die Zahlung vom Februar 2004 als eine Zahlung auf die durch die gewährte Wiedereinsetzung gerade fällig gewordene 7. Jahresgebühr anzusehen. Hätte das Patentamt diese Auslegung nicht vorgenommen, wäre das Patent noch früher erloschen, nämlich schon wegen Nichtzahlung der 7. Jahresgebühr.

Da die Zahlung der Patentinhaberin im Februar 2004 demnach berechtigterweise als Zahlung auf die 7. Jahresgebühr (180 €) behandelt worden ist, sind ihr aus diesem Zahlungsvorgang lediglich 60 € Guthaben verblieben, die auf die 8. Jahresgebühr anzurechnen waren. Entsprechend des patentamtlichen Gebührenhinweises vom 14. Dezember 2004 hatte die Patentinhaberin daher für die 8. Jahresgebühr mit Zuschlag insgesamt noch 230 € (240 € + 50 € Verspätungszuschlag abzüglich Guthabensrest von 60 €) zu zahlen, und zwar gemäß § 7 Abs. 1 PatKostG bis zum 31. Januar 2005. Die Zahlung ist erst am 3. Februar 2005 erfolgt. Aufgrund der verspäteten Zahlung ist das Patent erloschen, § 20 Abs. 1 Nr. 3 PatG.

2. Der insoweit gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der 8. Jahresgebühr ist zwar zulässig, aber nicht begründet.

Wiedereinsetzung in die versäumte Frist kann gemäß § 123 Abs. 1 PatG nur gewährt werden, wenn die Frist ohne Verschulden versäumt worden ist. Verschulden umfasst Vorsatz und jeden Grad von Fahrlässigkeit. Fahrlässig handelt, wer nicht die für einen gewissenhaften, seine Belange sachgerecht wahrnehmenden Verfahrensbeteiligten gebotene und ihm nach den konkreten Umständen zumutbare Sorgfalt aufbringt (vgl. Schulte, a. a. O., § 123 Rdn. 72 ff.). Ein solcher Fall liegt vor.

Nach dem Vortrag der Patentinhaberin im Wiedereinsetzungsantrag beruht die Fristversäumung darauf, dass der patentamtliche Gebührenhinweis vom 14. Dezember 2004 direkt an einen Mitarbeiter geleitet wurde, der mehrere Wochen abwesend war, so dass die Zahlung erst nach seiner Rückkehr erfolgen konnte. Dass die rechtzeitige Gebührenzahlung aufgrund einer mehrwöchigen Abwesenheit des zuständigen Mitarbeiters unterblieben ist, deutet auf eine lückenhafte Büroorganisation hin. Die nicht ausreichende Sicherstellung der fristgerechten Zahlung ist der Patentinhaberin als Sorgfaltsverstoß anzulasten, zumal für gewerbliche Betriebe hinsichtlich der Büroorganisation grundsätzlich dieselben Grundsätze gelten wie für ein Rechtsanwaltsbüro (z. B. BGH VersR 1989, 930).

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BPatG:
Beschluss v. 29.08.2011
Az: 10 W (pat) 24/07


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