Bundespatentgericht:
Beschluss vom 2. Juni 2009
Aktenzeichen: 9 W (pat) 61/08

(BPatG: Beschluss v. 02.06.2009, Az.: 9 W (pat) 61/08)

Tenor

Die Beschwerde des Anmelders wird zurückgewiesen.

BPatG 152

Gründe

I Der Anmelder hat am 28. Juni 2006 beim Deutschen Patentund Markenamt eine Patentanmeldung mit der Bezeichnung

"Alltriebwerk"

eingereicht und gleichzeitig einen Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe und Beiordnung eines Vertreters gestellt.

Mit Beschluss vom 2. Juli 2008 hat die Patentabteilung 13 des Deutschen Patentund Markenamts unter Bezugnahme auf ihren Zwischenbescheid vom 23. April 2008 den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zurückgewiesen. Zur Begründung führt sie aus, dass der Anmeldungsgegenstand gegen den Impulserhaltungssatz verstoße, nach dem die Bewegung des Schwerpunkts eines mechanischen System durch innere Kräfte nicht beeinflusst werde. Der Anmeldungsgegenstand sei daher nicht funktionsfähig und somit technisch nicht brauchbar. Es fehle daher die für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe erforderliche hinreichende Aussicht auf Erteilung eines Patents, so dass die Verfahrenskostenhilfe verweigert werde.

Gegen den Beschluss hat der Anmelder Beschwerde eingelegt und in sinngemäßer Auslegung seines Beschwerdevortrags den Antrag gestellt, Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen und einen Vertreter beizuordnen.

Zur Begründung führt der Anmelder aus, dass die angemeldete Vorrichtung funktionsfähig sei.

II Die Beschwerde des Anmelders ist zulässig. Sie hat jedoch keinen Erfolg.

Der angefochtene Beschluss entspricht der Sachund Rechtslage. Die Patentabteilung hat den Antrag auf Verfahrenskostenhilfe zutreffend wegen fehlender Erfolgsaussicht zurückgewiesen (§ 130 Abs. 1 S. 1, 2. Halbsatz PatG). Damit war gemäß § 133 PatG auch die Beiordnung eines Vertreters nicht möglich. Verfahrenskostenhilfe ist nur dann einem bedürftigen Anmelder zu gewähren, wenn eine hinreichende Aussicht auf Erteilung eines Patents besteht. Diese Voraussetzung ist -wie die Patentabteilung zutreffend ausgeführt hat -vorliegend nicht gegeben. Mit der angemeldeten Vorrichtung wird nämlich die angestrebte Wirkung nicht erreicht, durch ein in einem abgeschlossenen Raum angeordnetes Triebwerk ein Flugobjekt anzutreiben. Der Anmeldungsgegenstand ist deshalb technisch nicht brauchbar und damit dem Patentschutz nicht zugänglich (vgl. BGH BlPMZ 1985, S. 117, 118).

1. Für die Beurteilung des Anmeldungsgegenstands sind die ursprünglich eingereichten Unterlagen maßgeblich. Diesen ist zu entnehmen, dass mit dem Anmeldungsgegenstand ein Triebwerk zum Antrieb von Flugobjekten im All bereitgestellt werden soll.

In der Beschreibung der Anmeldung sind zwei Ausführungsformen des Alltriebwerks erläutert. In der ersten Ausführungsform (Figur 1) befinden sich ein Cockpit 1, eine Anzahl von Düsentriebwerken und eine Zentrifuge 3 in einem abgeschlossenen Schubkraftraum 2. Das die Düsentriebwerke verlassende Brenngas wird am Ende dieses Schubkraftraums abgesaugt und wieder in den Stoffkreislauf zurückgeführt. Auf diese Weise soll sich nach Auffassung des Anmelders das Raumschiff ohne Materieverlust im All fortbewegen können.

Beim zweiten Ausführungsbeispiel (Figur 2) befindet sich ein angetriebener Rotor 2 in einem abgeschlossenen Schubkraftraum 1. Durch Drehen des Rotors soll sich nach Auffassung des Anmelders der abgeschlossene Schubkraftraum zusammen mit dem darin befindlichen Rotor bewegen lassen. Mehrere dieser Schubkrafträume könnten zusammengefügt werden (Figur 3), um ein Raumschiff oder Autos oder Containerschiffe anzutreiben.

2. Der mit dem Anmeldungsgegenstand beabsichtigte Antrieb von Fahr,-Flugoder Raumfahrzeugen durch ein in einem abgeschlossenen Raum angeordnetes Triebwerk widerspricht dem Impulserhaltungssatz.

Die mit dem Anmeldungsgegenstand beabsichtigte Erzeugung einer Antriebskraft steht nämlich im Widerspruch zum Impulserhaltungssatz eines mechanischen Systems. Der Impulserhaltungssatz bringt inhaltlich zum Ausdruck, dass der Gesamtimpuls eines mechanischen Systems allein durch von außen an dem System angreifende Kräfte verändert werden kann. Innerhalb des Systems auftretende innere Kräfte können die Bewegung des Schwerpunkts des Systems nicht beeinflussen. Der Impulserhaltungssatz hat sich bei allen überprüften Fällen immer wieder als richtig erwiesen und wird deshalb von der Fachwelt allgemein anerkannt. Er ist daher vom Deutschen Patentund Markenamt und vom Bundespatentgericht bei der Beurteilung der technischen Brauchbarkeit von Erfindungen zu berücksichtigen.

Beim Anmeldungsgegenstand sind alle Teile des Antriebs -die Düsentriebwerke und die Zentrifuge im ersten Ausführungsbeispiel und der Rotor im zweiten Ausführungsbeispiel -in einem vom Anmelder als Schubkraftraum bezeichneten Raum gelagert. Von außen wirken keine Kräfte auf diesen Schubkraftraum ein. Es handelt sich bei dem Triebwerk somit um ein abgeschlossenes System, in dem alle darin auftretenden Kräfte als innere Kräfte anzusehen sind. Alle erzeugten Kräfte führen innerhalb des Systems zu entgegengesetzt gerichteten Kräften, so dass sie sich gegenseitig aufheben. Mit dem angemeldeten Alltriebwerk kann somit nach den geltenden physikalischen Gesetzen keine Vorwärtskraft erzeugt werden.

3. Da der Antrag des Anmelders auf Verfahrenskostenhilfe zurückgewiesen wurde, ist für eine zulässige Anmeldung eine Anmeldegebühr nach §§ 2 und 3 PatKostG zu entrichten.

Vom Senat wird vorsorglich darauf hingewiesen, dass aus den im angefochtenen und in diesem Beschluss angeführten Gründen auch mit einer Zurückweisung der Anmeldung gerechnet werden muss. Dem Anmelder wird anheim gestellt, dies bei seinen Überlegungen, ob er die fällige Anmeldegebühr entrichtet oder nicht, zu berücksichtigen.

Pontzen Bork Bülskämper Friehe Ko






BPatG:
Beschluss v. 02.06.2009
Az: 9 W (pat) 61/08


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/9d12bcc1513b/BPatG_Beschluss_vom_2-Juni-2009_Az_9-W-pat-61-08




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share