Bundespatentgericht:
Beschluss vom 18. Dezember 2002
Aktenzeichen: 26 W (pat) 111/01

(BPatG: Beschluss v. 18.12.2002, Az.: 26 W (pat) 111/01)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 18. Mai 2001 und vom 6. Februar 2001 aufgehoben.

Gründe

I.

Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist die Bezeichnung Ergo-Armursprünglich für die Waren

"Möbel (ausgenommen Telefon-, Bildschirm-, Belegarme), insbesondere Sitzmöbel und Tische, Konferenz- und Sitzgruppen, besonders Sessel, Stühle, Drehsessel, Drehstühle auch mit Rollen (nicht aus Metall) oder Gleitern, insbesondere für den Büro-, Sozial-, Schul- und Werkstattbereich; Teile von Möbeln, ausgenommen Telefon-, Bildschirm- und Belegarme"

zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 20 hat diese Anmeldung in zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen. Es handle sich bei der angemeldeten Bezeichnung um eine freihaltebedürftige, warenbeschreibende Angabe, die sprachüblich gebildet sei und eine ohne weiteres verständliche, die fraglichen Waren konkret beschreibende Angabe enthalte. "Ergo-" werde in Kombination mit Wörtern, die ein Arbeits- oder Gebrauchsinstrument bezeichneten, im Sinne von "ergonomisch" verwendet. Entsprechend werde auch das englische Adjektiv "ergonomic" abgekürzt. Der zweite Zeichenbestandteil "Arm" stelle die im Englischen gebräuchliche Bezeichnung für die Armlehne eines Sitzmöbels dar. Damit sei die angemeldete Bezeichnung die englische Kurzform für Sitzmöbel mit ergonomisch gestalteter Armlehne.

Dagegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Sie hat dem Warenverzeichnis zuletzt folgende Fassung gegeben:

"Möbel, ausgenommen Telefon-, Bildschirm-, Belegarme, insbesondere Sitzmöbel, Konferenz- und Sitzgruppen, besonders Sessel, Stühle, Drehsessel, Drehstühle auch mit Rollen (nicht aus Metall) oder Gleitern, insbesondere für den Büro-, Sozial-, Schul- und Werkstattbereich; Teile von Möbeln, ausgenommen Telefon-, Bildschirm- und Belegarme; Schränke; Teile von Schränken, ausgenommen Telefon-, Bildschirm- und Belegarme".

Zur Begründung führt sie aus, daß bereits das Wort "ergo" für sich allein gesehen zur Schutzfähigkeit der vorliegenden Marke führe. Es habe zwei voneinander unabhängige Bedeutungsgehalte, nämlich einmal denjenigen von "also" und einmal denjenigen von "ergonomisch". In Bezug auf Möbel werde nicht davon gesprochen, daß diese unter ergonomischen Gesichtspunkten hergestellt seien. Im übrigen sei die Marke in ihrer Gesamtheit schutzfähig. Für Schränke und Teile davon könne sie nicht mit der Begründung zurückgewiesen werden, daß diese (Arm-)Lehnen hätten. Dies gelte sowohl für das deutsche wie das englische "ergo". Aber auch hinsichtlich der Sitzmöbel sei die vorliegende Marke schutzfähig, denn die angesprochenen inländischen Verkehrskreise hätten keinerlei Anlaß, in der angemeldeten Bezeichnung einen englischsprachigen Hinweis zu erkennen. Sowohl "ergo" als auch "Arm" seien nämlich Wörter der deutschen Sprache. Im Deutschen aber sei "Arm" nicht mit "Lehne" oder gar "Armlehne" gleichzusetzen. Hier werde nämlich nicht von "Sesselarmen" oder "Stuhlarmen", sondern von "Sesselarmlehnen" oder "Stuhlarmlehnen" gesprochen. Bei dem Begriff "Arm" werde eher der gleichnamige Körperteil assoziiert.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung stehen die markenrechtlichen Schutzhindernisse für die beanspruchten Waren nicht entgegen.

Die angemeldete Bezeichnung ist keine Angabe, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der beanspruchten Waren dienen kann (§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG). Zu den nach dieser Vorschrift vom Markenschutz ausgeschlossenen Angaben zählen nicht nur die dort aufgeführten, sondern auch solche, die für die Waren wichtige und die umworbenen Abnehmerkreise irgendwie bedeutsame Umstände mit konkretem Bezug auf die betreffenden Waren selbst beschreiben (BGH GRUR 1998, 813, 814 - CHANGE; BlPMZ 1999, 410, 411 - FOR YOU) und die entweder gegenwärtig bereits als Sachaussage benutzt werden oder deren Benutzung als Sachaussage aufgrund konkret feststellbarer tatsächlicher Umstände in Zukunft zu erwarten ist (BGH GRUR 1995, 408, 409 - PROTECH). Eine solche konkret und unmittelbar warenbeschreibende Angabe ist der angemeldeten Bezeichnung jedoch nicht zu entnehmen; insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, daß der Verkehr - wie die Markenstelle meint - sie vornehmlich iSv "ergonomische Armlehne" versteht.

Zwischen der Bedeutung der angemeldeten Marke und den beanspruchten Waren besteht kein unmittelbarer Sachzusammenhang. Zwar bedeutet der Zeichenteil "Ergo" nicht nur so viel wie "also, folglich, infolgedessen", sondern im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren auch "Arbeit betreffend, Arbeits..." (Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 2000, S 429). Der Zeichenteil "Arm" jedoch bedeutet im Deutschen soviel wie "Vordergliedmaße des Menschen, armähnlicher Teil eines Gegenstandes, Maschinenteil mit armähnlicher Bewegung" (Wahrig, aaO, S 192). In ihrer Gesamtheit weist die angemeldete Marke damit keinen eindeutig warenbeschreibenden Sinngehalt auf. Dies gilt ohnehin bei einem - allerdings eher seltenen - Verständnis als "folglich ein Arm", jedoch auch dann, wenn sie mit dem Bedeutungsgehalt "ergonomischer Arm" verstanden wird. Was ein ergonomischer Arm sein soll, bleibt unklar, wenn das Sprachverständnis der deutschen Verbraucher zugrundegelegt wird. Bei der Begegnung mit dem Wort "Arm" tritt nämlich das Verständnis als Gliedmaße des menschlichen Körpers, nicht aber das eines Beleg(halter)arms an einem Möbel oder einer Armlehne in den Vordergrund. Dies gilt um so mehr, als diese in der deutschen Sprache regelmäßig sprachlich korrekt bezeichnet werden (Simon Yates, Stühle, 1996, S 24, 48; Wohn!Design Sonderheft, Möbel!2002, S 68,70). Dies wird zusätzlich auch durch die Homepage der Anmelderin selbst bestätigt, in der sie von einer "Computerarmstütze" spricht. Aus allem wird deutlich, daß die angemeldete Angabe keine beschreibende Beschaffenheits- oder Bestimmungsangabe oder eine sonst irgendwie für die beanspruchten Waren bedeutsame beschreibende Angabe darstellt. Für die Schutzfähigkeit der vorliegenden Bezeichnung spricht zudem, daß sie weder in der Fachliteratur noch im Internet im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren nachweisbar ist (mit Ausnahme der Homepage der Anmelderin). Die einzige im Internet unter der Bezeichnung "Ergo-Arm" zusätzlich bestehende Fundstelle bestätigt im übrigen das oben dargelegte Verständnis im Sinne einer menschlichen Gliedmaße, denn sie beschäftigt sich mit der Herstellung ergonomisch angepaßter Arm-Prothesen (vgl Otto Bock, www.healthcare.ottobock.de).

Diesem Ergebnis steht die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamtes vom 14. Oktober 1999 in der Sache R 192/1999-1 nicht entgegen. Bei dieser Entscheidung ist in erster Linie auf ein englisches Sprachverständnis abgestellt worden. Dazu besteht im vorliegenden Fall, wo der Prüfung inländische Verkehrskreise zugrundezulegen sind, keine Veranlassung. Da diesen Verkehrskreisen das Wort "Arm" nur in dieser Bedeutung (und nicht auch als Synonym für "Armlehne") geläufig ist, wird für sie dieses deutsche Wortverständnis ohne weiteres im Vordergrund stehen, ohne daß es naheliegt oder gar die Notwendigkeit besteht, die angemeldete Marke als Wort(e) der englischen Sprache aufzufassen und in warenbeschreibendem Sinne zu übersetzen. Im übrigen dürfte für die deutschen Verkehrskreise auch in diesem Falle bei dem Zeichenteil "Arm" die Übersetzung als "Arm" im Sinne einer menschlichen Gliedmaße im Vordergrund stehen, da sich insoweit sowohl das englische als auch das deutsche Wort in ihren Sinngehalten entsprechen und der Bedeutungsgehalt des englischen Wortes "arm" (auch) als "Armlehne" relativ unbekannt ist.

Der angemeldeten Bezeichnung kann auch nicht jegliche Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG abgesprochen werden. Unterscheidungskraft besitzt eine Marke dann, wenn sie geeignet ist, die Waren eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Dabei reicht nach der Formulierung des Gesetzes jede wenn auch noch so geringe Unterscheidungskraft aus, um das Schutzhindernis der mangelnden Unterscheidungskraft zu überwinden. Einer Marke kann aber dann nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden, wenn ihr kein für die beanspruchten Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsgehalt zugeordnet werden kann und es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (BGH BlPMZ 1999, 408 - YES).

Die angemeldete Marke ist jedoch, wie bereits festgestellt, nicht unmittelbar beschreibend. Der Senat hat auch keine Feststellungen zu treffen vermocht, die die angemeldete Bezeichnung als gebräuchliches Wort der Alltagssprache ausweist, das vom Verkehr allein und stets als solches aufgenommen und nur in seinem Ursprungssinn verstanden wird. Vielmehr belegen die in der Fachliteratur (aaO) gefundenen Beispiele gerade, daß die (Arm-)Stütze eines Stuhls beispielsweise mit "Armlehne", nicht aber lediglich mit "Arm" bezeichnet wird. Auch die im Internet aufgefundenen Nachweise der Bezeichnung, die in völlig unterschiedlichen Sinngehalten verwendet werden, weisen die angemeldete Marke nicht als gebräuchliches Wort der Alltagssprache aus. Zudem führen auch die von Anfang an im Warenverzeichnis enthaltene Einschränkungen von dem Begriffsgehalt als "Beleg(halter)arm" oder "Armlehne" weg. Im übrigen ist zu berücksichtigen, daß der Verkehr erfahrungsgemäß wenig geneigt ist, eine Waren- oder Dienstleistungsbezeichnung begrifflich zu analysieren, und eine solche Bezeichnung in der Regel so annimmt, wie sie ihm entgegentritt (BGH GRUR 1992, 515 - Vamos; aaO - PROTECH), wenn sie markenmäßig verwendet wird (BGH BlPMZ 2000, 53, 55 - FÜNFER).

Für die Einzelware "Tische" ist mit Beschluß der Markenstelle vom 19. Juni 2001 die Anmeldemarke rechtskräftig von der Eintragung ausgeschlossen worden. Dies wird von der Anmelderin auch nicht mehr mit der Beschwerde angegriffen. Im übrigen sei darauf hingewiesen, daß diese Einzelware ohnehin unter den Oberbegriff der "Möbel" fällt, der insoweit nicht durch eine ausdrückliche Einschränkung in seinem Umfang verringert worden ist.

Albert Kraft Eder Bb






BPatG:
Beschluss v. 18.12.2002
Az: 26 W (pat) 111/01


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