Bundespatentgericht:
Beschluss vom 19. Januar 2005
Aktenzeichen: 29 W (pat) 216/04
(BPatG: Beschluss v. 19.01.2005, Az.: 29 W (pat) 216/04)
Tenor
Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 17. August 2004 wird aufgehoben.
Gründe
I.
Die Wortmarke 303 65 116 Die drei Fragezeichensoll für Waren und Dienstleistungen der Klasse 9: CD, CD-ROM, DVD, Hörbücher, Bild- und Tonträger;
Klasse 16: Verlagserzeugnisse, nämlich Bücher, Hefte, Broschüren, Magazine;
Klasse 25: Mützen, Kappen, Pullover, T-Shirts;
Klasse 28: Spiele, Spielzeug, Spielzeug-, Detektivsets, elektronische Spiele (einschließlich Videospiele), ausgenommen als Zusatzgeräte für Fernsehapparate;
Klasse 41: Filmproduktion, Theateraufführungen; Betrieb von Themen- und Vergnügungsparksin das Markenregister eingetragen werden.
Die Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die Anmeldung mit Beschluss vom 17. August 2004 teilweise zurückgewiesen.
Eintragungsfähig sei das angemeldete Zeichen nur für die Waren der Klasse 25 "Mützen, Kappen, Pullover, T-Shirts", im übrigen erfolgte die Zurückweisung für die Waren und Dienstleistungen "CD, CD-ROM, DVD, Hörbücher, Bild- und Tonträger; Verlagserzeugnisse, nämlich Bücher, Hefte, Broschüren, Magazine; Spiele, Spielzeug, Spielzeug-, Detektivsets, elektronische Spiele (einschließlich Videospiele), ausgenommen als Zusatzgeräte für Fernsehapparate; Filmproduktion, Theateraufführungen; Betrieb von Themen- und Vergnügungsparks".
Die Markenstelle vertritt die Auffassung, es bestünden im Rahmen der Zurückweisung die absoluten Schutzhindernisse gem. § 8 Abs. 2 Ziff. 1 und 2 MarkenG. "Die drei Fragezeichen" sei die Bezeichnung einer bekannten Jugendbuchserie, die ursprünglich vom Schriftsteller Robert Arthur verfasst und in dessen Zusammenarbeit mit Alfred Hitchcock, auch als Hörspielreihe außerordentlich bekannt geworden sei. Die angemeldete Wortfolge sei eine Titelangabe, stelle aber für die beantragten Waren und Dienstleistungen - mit Ausnahme derjenigen der Klasse 25 - nur eine unmittelbar beschreibende Sachangabe dar, und überschreite damit nicht die für die Marke erforderliche Hürde der herkunftshinweisenden Funktion.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde vom 20. September 2004 (Bl. 5 ff. d. A.) trägt die Anmelderin vor, dass es sich gerade nicht um eine beschreibende Angabe handle, da die angemeldete Wortkombination unterscheidungskräftig sei. Durch das Zeichen würde sich das Werk Robert Arthurs gerade von denen anderer Autoren unterscheiden. Ein Freihaltebedürfnis könne ebenfalls nicht ausgemacht werden, da das Werk nicht gemeinfrei, sondern urheberrechtlich geschützt sei, und deshalb kein anderer Verlag das Werk unter dem ursprünglichen Titel herausgeben dürfe.
Die Anmelderin beantragt daher (sinngemäß), den Beschluss der Markenstelle aufzuheben und die Eintragung für alle Waren und Dienstleistungen anzuordnen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
Auch im Hinblick auf die Waren und Dienstleistungen "CD, CD-ROM, DVD, Hörbücher, Bild- und Tonträger; Verlagserzeugnisse, nämlich Bücher, Hefte, Broschüren, Magazine; Spiele, Spielzeug, Spielzeug-, Detektivsets, elektronische Spiele (einschließlich Videospiele), ausgenommen als Zusatzgeräte für Fernsehapparate; Filmproduktion, Theateraufführungen; Betrieb von Themen- und Vergnügungsparks" besteht Schutzfähigkeit, da das angemeldete Zeichen in Bezug auf die vorgenannten Waren und Dienstleistungen unterscheidungskräftig und nicht freihaltebedürftig ist.
1. Unterscheidungskraft im Sinne der Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (st. Rspr.; BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice; BGH GRUR 2001, 1153, 1154 - antiKALK). Hierbei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, d. h., jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH WRP 2002, 1073, 1074/1075 - BO-NUS II).
Kann einem Zeichen jedoch für die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen ein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden, oder handelt es sich auch sonst um eine verständliche Wortfolge der deutschen oder einer geläufigen Fremdsprache, die vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so fehlt ihm die Unterscheidungskraft (BGH GRUR 2001, 1153, 1154 - antiKALK; BGH WRP 2001, 1082, 1083 - marktfrisch; BGH GRUR 2001, 1043 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten; BGH GRUR 2001, - REICH UND SCHOEN; BGH BlfPMZ 2001, 398 - LOOK, BGH WRP 2002, 1073, 1074/1075 - BONUS II).
2. Gem. § 5 Abs. 3 MarkenG sind die Bezeichnungen von Druckschriften grundsätzlich als Werktitel schutzfähig. Zusätzlich sind sie - was auch für Buchtitel gilt - dem Markenschutz zugänglich (BGH GRUR 2000, 882 f. - Bücher für eine bessere Welt; GRUR 2001, 1042 f. - REICH UND SCHOEN). Die Zielrichtung von Titel- und Markenschutz ist dabei unterschiedlich. Während der Titel im allgemeinen inhaltsbezogen ist, ist es die Hauptfunktion der Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Ob ein Titel im Einzelfall einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft aus einem bestimmten Geschäftsbetrieb oder nur auf den Inhalt enthält, ist eine Einzelfallfrage, die im Rahmen der Unterscheidungskraft zu klären ist.
Das angemeldete Zeichen "Die drei Fragezeichen" ist unterscheidungskräftig, da dem Gesamtzeichen - für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen - keine im Vordergrund stehende Sachaussage zugeordnet werden kann. Das Fragezeichen ist ein Satzzeichen und steht - jeweils als Zeichen, nicht als ausgeschriebenes Wort - am Ende eines Fragesatzes. Seine Bedeutung erschöpft sich in der Kennzeichnung eines Fragesatzes. Dabei wird regelmäßig nur ein einziges Fragezeichen verwendet. Die Kombination von "die", "drei" und "Fragezeichen" führt daher zwar zu einer sprachüblichen Zusammensetzung der Wortfolge, aber einer ungewöhnlichen, nicht auf den ersten Blick sinnhaften Bedeutung. Für die Eintragbarkeit spricht weiter, dass das Zeichen nicht auf eine eindeutige, sofort verständliche Aussage als Inhalt eines Werkes reduziert ist, und damit lediglich Werktitel wäre, sondern mehrdeutig ist. Die Mehrdeutigkeit liegt darin, dass "Die drei Fragezeichen" grundsätzlich Diverses bedeuten können, so z. B. im Bereich der "CD, CD-ROM, DVD, Hörbücher, Bild- und Tonträger" (Klasse 9) oder "Verlagserzeugnisse" (Klasse 16) theoretisch einen Hinweis auf den - unbestimmt bleibenden - Inhalt des einzelnen Werkes bieten könnten, nämlich z. B. auf ein Quiz oder eine Fragesendung, aber auch auf einen Krimi oder eine Detektivgeschichte. Drei Fragezeichen können im übrigen auch der Hinweis auf den Zweck des Gegenstandes, z. B. ein Informationsforum oder ein "Do it yourself"-Werk zur Selbsthilfe, eine Selbsthilfegruppe, ein Ratgeber o. ä. sein. Aber selbst dieses stellt nicht die naheliegende oder branchenübliche Verwendung des betreffenden Titels dar (Ströbele/ Hacker, MarkenG, 7. Aufl., § 8 Rn. 159). Es gibt keine Übung, Quiz- oder Fragesendungen oder einen Ratgeber mit einem Fragezeichen zu bezeichnen. Keiner der vorstellbaren Auslegungsinhalte wird dem Zeichen als im Vordergrund stehende Sachaussage zugeordnet werden. Die Wortfolge "Die drei Fragezeichen" wird den Verkehr daher zum Nachdenken anregen.
Dasselbe gilt für die Dienstleistungen "Filmproduktion, Theateraufführungen; Betrieb von Themen- und Vergnügungsparks" in Klasse 41 und die in Klasse 28 angemeldeten Waren. Bei der Verwendung des Begriffs "Die drei Fragezeichen" erschließt sich dem durchschnittlich aufmerksamen Verbraucher nicht, wofür diese stehen.
Im Gegensatz zur Entscheidung "Bücher für eine bessere Welt" (BGH GRUR 2000, 882) erschöpft sich der Aussagegehalt der durch die Wortfolge zu kennzeichnenden Waren und Dienstleistungen nicht in der Information über den Inhalt der so gekennzeichneten Produkte, sondern weist eine gewisse Originalität auf und bleibt mehrdeutig.
Damit fehlt dem angemeldeten Zeichen zumindest nicht jegliche Unterscheidungskraft.
3. Ein Freihaltebedürfnis gem. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG an der angemeldeten Wortfolge besteht ebenfalls nicht.
Bei Bezeichnungen für Druckschriften oder andere Medienträger, insbesondere Waren der Klasse 9, hängt das Freihaltebedürfnis davon ab, ob das angemeldete Zeichen als beschreibende Inhaltsangabe in Betracht kommt. Dies wird in der Regel dann angenommen, wenn der Titel den Inhalt "treffend" beschreibt (Ströbele/ Hacker, a. a. O., § 8 Rn. 305). Wie bereits ausgeführt, können "Die drei Fragezeichen" aber vom Quiz über den Krimi bis zum Ratgeber eine Vielfalt von Themen beschreiben. Ein Schutz anderer Wettbewerber wegen der Gefahr der Monopolisierung des Zeichens ist daher nicht erforderlich.
Das Zeichen ist schutzfähig.
Grabrucker Baumgärtner Dr. Mittenberger-Huber Cl
BPatG:
Beschluss v. 19.01.2005
Az: 29 W (pat) 216/04
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