Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 24. Oktober 1997
Aktenzeichen: 6 U 112/96
(OLG Köln: Urteil v. 24.10.1997, Az.: 6 U 112/96)
1. Die Abgabe einer ausreichend vertragsstrafenbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung gegenüber einem zuverlässigen und verfolgungsbereiten Drittgläubiger läßt bei Unterlassungsansprüchen die materiellrechtliche Wiederholungsgefahr endgültig entfallen. Eine nach diesem Zeitpunkt eingereichte und zugestellte Klage gegen den Schuldner ist von Anfang an unbegründet, für die Feststellung ihrer Erledigung mithin kein Raum mehr. Maßgeblich ist hierbei allein die objektive Erledigungssituation.
2. Die von dem Kläger in einem solchen Falle ,nutzlos" aufgewandten Verfahrenskosten kann dieser im Wege der Klageänderung im selben Rechtsstreit anstelle der ursprünglich beantragten Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits weiterverfolgen. Der Erfolg dieser geänderten Klage (Feststellungsklage) hängt davon ab, ob dem Schuldner die Verletzung von Aufklärungspflichten nach vorangegangener Abmahnung zur Last fällt.
3. Die einem Unterlassungsschuldner obliegende Informationsverpflichtung über eine bereits erfolgte Drittunterwerfung ist ,unteilbar". Für die Abmahnberechtigung und den damit einhergehenden (umfassenden) Aufklärungsanspruch eines Verbandes i.S. von § 13 II 2 UWG reicht es daher aus, daß ihm eine erhebliche Anzahl solcher Mitglieder angehört, deren Warenangebot hinsichtlich einer Gruppe der in einer beanstandeten Werbung insgesamt beworbenen verschiedenen Artikel denjenigen des Unterlassungsschuldners gleichartig oder verwandt ist. Die Aufklärungspflicht des Unterlassungsschuldners wird dann nicht durch die nur begrenzte Klagebefugnis des Verbandes eingeschränkt.
4. Ist wegen Drittunterwerfung die Wiederholungsgefahr entfallen, kann ein Verband i.S. des § 13 II 2 UWG unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Erstattung der Kosten verlangen, die durch eine nach Drittunterwerfung erfolgte Abmahnung entstanden sind.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 26. April 1996 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Aachen - 42 O 8/96 - abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt:I.1) Die Zahlungsklage (Kosten der vorprozessualen Abmahnung in Höhe von DM 253.- nebst 4 % Zinsen seit 08.06.1995) wird abgewiesen. 2) Es wird festgestellt, daß die Beklagte im übrigen verpflichtet ist, dem Kläger die notwendigen Kosten der Rechtsverfolgung in bezug auf die als Anlage zum Schriftsatz des Berufungsbeklagten vom 25.04.1997 vorgelegte Werbung der Berufungskläge-rin (Hülle Bl. 304) zu ersetzen. Hiervon ausgenommen sind die Kosten dieses Rechtsstreits in erster und zweiter Instanz, die dem Kläger mit 1/20, der Beklagten mit 19/20 auferlegt werden. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen. II. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. III. Die mit diesem Urteil für den Kläger verbundene Beschwer wird mit DM 250.- festgesetzt; die Beschwer der Beklagten beträgt DM 4.750.-.
Gründe
Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung der Beklagten
ist zwar insgesamt zulässig. In der Sache hat das Rechtsmittel
jedoch nur in dem aus der Urteilsformel ersichtlichen Umfang
Erfolg. Denn während der Kläger mit seinem nunmehr geltend
gemachten, auf die Festellung einer materiellen
Kostenerstattungspflicht der Beklagten gerichteten Begehren in
vollem Umfang durchzudringen vermag, erweist sich die auf den
Ersatz der Kosten der vorprozessualen Abmahnung vom 31. Mai 1995
gerichtete Forderung als von Anfang an unbegründet.
I.
Die vom klagenden Verband verfolgte Festellung, daß die Beklagte
zum Ersatz der Kosten verpflichtet ist, die ihm durch das Einleiten
und das Betreiben der ursprünglichen Unterlassungs- und
Erledigungsfeststellungsklage entstanden sind, erweist sich als
berechtigt.
Die in diesem Begehren liegende Klageänderung, mit welchem der
Kläger von dem zunächst verfolgten, auf die Erledigung des
ursprünglichen Unterlassungsantrags gerichteten
Feststellungsbegehren auf die Festellung eines der Beklagten
gegenüber geltend gemachten materiellrechtlichen
Kostenerstattungsanspruchs übergegangen ist, ist zulässig (§ 263
ZPO). Denn da das letztgenannte klageändernde
Feststellungsbegehren, zu dessen Beurteilung der bisherige
Streitstoff uneingeschränkt verwertet werden kann, geeignet ist,
den Streit endgültig zu beheben und damit einem neuen Prozeß bei im
wesentlichen gleichgebliebenem Sachverhalt vorzubeugen, kann die
Sachdienlichkeit der Klageänderung ohne weiteres bejaht werden.
Das mittels der folglich zulässigen Klageänderung verfolgte
Feststellungsbegehren ist auch begründet. Dem Kläger steht unter
dem Gesichtspunkt der positiven Forderungsverletzung (pFV) gegen
die Beklagte ein Anspruch auf Ersatz der durch die erfolglose
bisherige Rechtsverfolgung des Wettbewerbsverstoßes nutzlos
aufgewandten Kosten zu. Denn der Umstand, daß der Kläger überhaupt
gegen die Beklagte nach der zunächst erfolgten Abmahnung vom 31.
Mai 1995 weitere, kostenverursachende Maßnahmen der
Rechtsverfolgung ergriff, die allerdings - wie nachfolgend noch
näher auszuführen sein wird - erfolglos bleiben mußten, ist adäquat
kausal auf ein objektiv und subjektiv pflichtwidriges Verhalten der
Beklagten zurückzuführen.
Es kann zwar von vorneherein keinem Zweifel unterliegen und wird
von der Beklagten auch nicht in Abrede gestellt, daß mit der
ursprünglich angegriffenen, Ende Mai 1995 in der Aachener
Volkszeitung und in den Aachener Nachrichten verbreiteten
Werbebeilage ("1 Jahr M. Markt A.") gegen das in § 7 Abs. 1 UWG
formulierte Verbot der Ankündigung und Durchführung einer
Sonderverkaufsveranstaltung verstoßen wurde. Zur Vermeidung von
Wiederholungen insoweit wird auf die überzeugenden Ausführungen des
Landgerichts in dem angefochtenen Urteil der ersten Instanz - dort
S. 8, Bl. 120 d. A. - Bezug genommen (§ 543 Abs. 1 ZPO). Die vom
klagenden Verband hierauf eingeleiteten Maßnahmen der
Rechtsverfolgung, mit welchen Unterlassung dieses
Wettbewerbsverhaltens gefordert wurde, mußten jedoch deshalb
erfolglos bleiben, weil infolge der von der Beklagten bereits am
22. Mai 1995 gegenüber einem Dritten wegen des nämlichen
Wettbewerbsverstoßes abgegebenen
Unterlassungsverpflichtungserklärung bereits im Zeitpunkt der
ersten vorprozessualen Abmahnung des Klägers vom 31. Mai 1995 die
als materielle Voraussetzung des Unterlassungsanspruchs
erforderliche Wiederholungsgefahr beseitigt worden war.
Dementsprechend war die vom Kläger am 8. November 1995 eingereichte
und am 22. November 1995 zugestellte Unterlassungsklage von Anfang
an unbegründet. Gleiches gilt weiter auch für die nach der
Kenntniserlangung des Klägers von der Drittunterwerfung durch
diesen betriebene Feststellung, daß sich die Hauptsache der
Uterlassungsklage erledigt habe. Da das erledigende Ereignis,
nämlich die den wettbewerblichen Unterlassungsanspruch in Wegfall
bringende Drittunterwerfung, bereits vor Anhängigkeit der
Unterlassungsklage eintrat, blieb kein Raum für die klägerseits
begehrte Feststellung der Erledigung der Hauptsache (vgl. BGH Z 83,
14 m.w.N.). Dabei kam es auch nur auf diese objektive
Erledigungssituation - hier also die Abgabe der die
Wiederholungsgefahr beseitigenden
Unterlassungsverpflichtungserklärung gegenüber dem Dritten - an.
Denn die Abgabe der ausreichend strafbewehrten
Unterlassungserklärung gegenüber einem zuverlässigen und im Fall
der Zuwiderhandlung verfolgungsbereiten Drittgläubiger dokumentiert
den ernsthaften Unterlassungswillen des Schuldners und stellt daher
die Gewähr für die künftige Unterlassung des in Frage stehenden
Wettbewerbsverstoßes dar. Ist infolgedessen die Gefahr der
Wiederholung einer Verletzungshandlung entfallen, ist es aber nicht
denkbar, daß ein und dieselbe Verletzungshandlung gegenüber einem
anderen erneut vorgenommen werden könnte (vgl. Teplitzky,
Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 7. Aufl., Kap. 8, Rdn. 38 m.w.N.).
Die Drittunterwerfung hat diese weitreichende Wirkung dabei auch
allein aufgrund ihrer Abgabe, so daß es auf die Kenntnis der
jeweiligen Unterlassungsläubiger hiervon nicht ankommt.
Waren somit sowohl das Unterlassungsbegehren, als auch das auf
die Erledigung der Unterlassungsklage gerichtete
Feststellungsbegehren von Anfang an erfolglos, erweisen sich die
durch diese Maßnahmen der Rechtsverfolgung entstandenen Kosten der
Klägerin daher als "nutzlos". Der hierin liegende Vermögensschaden
der Klägerin ist dabei weiter auch adäquat kausal durch eine
Pflichtwidrigkeit der Beklagten verursacht.
Die durch eine wettbewerbliche Verletzungshandlung veranlaßte
Abmahnung konkretisiert das zwischen den Beteiligten entstandene
gesetzliche Schuldverhältnis. Den Abmahnenden und den Verletzer
verbindet eine dadurch geprägte wettbewerbsrechtliche
Sonderbeziehung eigener Art, deren Inhalt in besonderem Maß durch
Treu und Glauben bestimmt und dazu geeignet ist, Rechtspflichten zu
begründen. Zu den danach auf seiten des Verletzers begründeten
Pflichten zählt es, den Abmahnenden in angemessener Frist über die
bereits einem Dritten gegenüber wegen desselben Verstoßes
abgegebene Unterlassungsverpflichtungserklärung aufzuklären. Diese
Aufklärungspflicht besteht dabei nicht nur gegenüber einem
Wettbewerber, sondern auch gegenüber einem aus eigenem Recht gemäß
§ 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG klageberechtigten Verband. Verletzt der
Abgemahnte diese ihn treffende Aufklärungspflicht, so ist er zum
Ersatz des dem Abmahnenden hieraus entstandenen Schadens
verpflichtet, zu denen die Kosten der Rechtsverfolgung
einschließlich der Kosten eines wegen der verspäteten Information
über die Drittunterwerfung eingeleiteten Prozesses zählen (vgl. BGH
GRUR 1990, 381/382 - "Antwortpflicht des Abgemahnten" -; BGH GRUR
1988, 716/717 - Aufklärungspflicht gegenüber Verbänden" -; BGH GRUR
1987, 640/641 f - "Wiederholte Unterwerfung II "- ; Teplitzky,
a.a.O., Kap. 8 Rdn. 40). Die Beklagte hat sich nach diesen
Maßstäben gegenüber dem Kläger pflichtwidrig verhalten.
Allerdings ist es richtig, daß die nach den vorbezeichneten
Ausführungen bestehende Aufklärungspflicht dem Abmahnenden
gegenüber nur dann verletzt werden kann, wenn dieser überhaupt
berechtigt ist, den aus der Wettbewerbsverletzung hergeleiteten
Unterlassungsanspruch geltend zu machen. Eine derartige
Anspruchsberechtigung des Klägers ist hier aber ohne weiteres zu
bejahen.
Daß die Beklagte mit der in Rede stehenden Werbung gegen § 7
Abs. 1 UWG verstoßen hat, ist oben bereits ausgeführt. Der klagende
Verband war weiter aber auch im Sinne von § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG
berechtigt, den aus diesem Wettbewerbsverstoß resultierenden
Unterlassungsanspruch geltend zu machen.
Die hinreichende personelle, sachliche und finanzielle
Ausstattung des sich nach seiner Satzung u. a. der Verfolgung von
Wettbewerbsverstößen widmenden Klägers, diesen Satzungszweck
tatsächlich ausüben zu können, kann dabei ohne weiteres bejaht
werden. Denn der Kläger hat seine Ausstattung im vorbezeichneten
Sinn durch Vorlage einer Reihe von Gerichtsentscheidungen neueren
Datums, in denen dies ausdrücklich geprüft und festgestellt wurde,
substantiiert belegt. Soweit die Beklagte sich demgegenüber ohne
Darlegung konkreter Anhaltspunkte, daß sich an diesen Verhältnissen
etwas geändert habe, darauf beschränkt, die hinreichende
Ausstattung des klagenden Verbandes mit Nichtwissen zu bestreiten,
erweist sich das demgegenüber als unsubstantiiert, mithin
unbeachtlich.
Dem Kläger gehören weiter auch in erheblicher Anzahl Mitglieder
an, die Waren gleicher oder verwandter Art wie die Beklagte
vertreiben. Entgegen der in dem Hinweisbeschluß des Senats vom 9.
April 1997 noch zum Ausdruck gebrachten Auffassung reicht es dabei
bei der gegebenen Fallgestaltung aus, daß dem klagenden Verband in
erheblicher Anzahl Mitglieder zugehörig sind, die zumindest eine
Art der von der Beklagten vertriebenen und mit der Werbung
insgesamt beworbenen Warenarten anbieten. Denn es handelt sich hier
nicht um die Frage, ob der Kläger im Rahmen eines Prozesses
berechtigt ist, im Hinblick auf sämtliche, mit der seinerzeit
angegriffenen Werbung angekündigte Waren Unterlassung zu verlangen.
In der vorliegenden Sachverhaltskonstellation ist vielmehr die
Frage maßgeblich, ob der klagende Verband überhaupt zur Abmahnung
bzw. dazu berechtigt war, von der Beklagten aus eigenem Recht
Unterlassung der Wettbewerbsverletzung zu fordern. Nur dann nämlich
kann, soweit die Beklagte die Aufklärung über die bereits wegen des
nämlichen Wettbewerbsverstoßes abgegebene Drittunterwerfung
unterließ, eine objektive Pflichtwidrigkeit anerkannt werden. Im
Hinblick darauf, daß die von der Beklagten ggf. geschuldete
Information über die Drittunterwerfung "unteilbar" ist und nicht in
einzelne, von der Werbung betroffene Warenarten aufgespalten werden
kann, reicht es dabei für den letzgenannten Zweck der Berechtigung
zur Abmahnung aus, daß dem klagenden Verband jedenfalls eine
erhebliche Anzahl solcher Mitglieder angehört, deren Warenangebot
hinsichtlich einer Gruppe der in der beanstandeten Werbebeilage
insgesamt beworbenen verschiedenartigen Artikel denjenigen der
Beklagten gleichartig oder verwandt sind. Denn selbst wenn dem
Kläger auch nur hinsichtlich einer dieser beworbenen
Warengruppen eine erhebliche Anzahl von Mitgliedern auf dem selben
Markt angehört und er daher nur insoweit anspruchsberechtigt ist,
kann und konnte die Beklagte in Erfüllung ihrer Aufklärungspflicht
nur auf die Drittunterwerfung insgesamt hinweisen; jedenfalls in
der gegebenen Sachverhaltskonstellation, in der die
Drittunterwerfung nicht auf bestimmte Waren beschränkt abgegeben
wurde, kam eine eingeschränkte Information über die
Drittunterwerfung nicht in Betracht und konnte daher die
Information über die Drittunterwerfung nur ungeteilt erfolgen.
Dies vorangestellt, war der Kläger aber zur Abmahnung berechtigt
bzw. befugt, von der Beklagten Unterlassung zu verlangen mit der
Folge, daß diese die oben dargestelllte Pflicht zur Information
über die bereits vorliegende Drittunterwerfung verletzt hatl. Der
Kläger hat konkret dargelegt, daß ihm sowohl der
L.-O.-Profi-Partner-Club, als auch der Europaverband der
Selbständigen Bundesverband Deutschland e.V. (BVD) als Mitglieder
angehören. Aus den vorgelegten Aufstellungen der diesen
Verbandsmitgliedern ihrerseits wiederum als Mitglieder zugehörigen
Gewerbetreibendenden (vgl. Anlagen A 5 und A 6 zum Schriftsatz des
Klägers vom 20. Febr. 1996) geht aber hervor, daß sich davon
insgesamt 17 Unternehmen, darunter die Schwesterfirma der
Beklagten, die Fa. M. Markt H. GmbH, sowie ferner die Firmen ProM.
K. + S. GmbH, Sch., S. TV-HiFi Studio, Elektro G. und F. P. GmbH,
im hier maßgeblichen Wirtschaftraum A., dem die Gemeinden A., St.,
H. D. und E. zuzuordnen sind, mit dem Vertrieb von Radio- und
Fernsehgeräten befassen. Diese, dem Kläger über seine
Verbandsmitglieder vermittelte "mittelbare" Mitgliedschaft der
genannten Unternehmen, die Waren gleicher oder verwandter Art auf
demselben örtlichen Markt wie die Beklagte vertreiben und die daher
ihrerseits gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG prozeßführungsbefugt wären,
reicht aber zur Begründung der hier in Rede stehenden
Anspruchsberechtigung aus (vgl. BGH WRP 1995, 104/105
-"Laienwerbung für Augenoptiker"-; Baumbach-Hefermehl,
Wettbewerbsrecht, 19. Auflage, Rdn. 23 c zu § 13 UWG m.w.N.).
Soweit die Beklagte die Mitgliedschaft der genannten Verbände
und der in ihnen wiederum organisierten Unternehmen beim Kläger
bestreitet, rechtfertigt das keine abweichende Beurteilung. Der
Kläger hat im einzelnen die ihm seiner Behauptung nach als
unmittelbare und mittelbare Mitglieder angehörigen Unternehmen im
hier interessierenden Wettbewerbsbereich benannt. Der Beklagten war
somit die Möglichkeit eröffnet, zumindest durch Stichproben der
Frage nachzugehen, ob die bezeichneten Unternehmen (noch)
Mitglieder des klagenden Verbandes sind und ob die Angaben des
Klägers zur Branchenzugehörigkeit, zur Marktstärke und zum
örtlichen Betätigungsfeld (noch) Gültigkeit haben (vgl. BGH WRP
1996, 197/199 -"Anonymisierte Mitgliederliste"-). Ist der Beklagten
aber angesichts des substantierten Vortrags des seine mittelbaren
und unmittelbaren Mitglieder benennenden Klägers diese Möglichkeit
eröffnet, so bedurfte es ihrerseits der konkreten Darlegung von
Anhaltspunkten, die Anlaß zu Zweifeln an der Darstellung des
Klägers betreffend seine Mitgliederstruktur im hier betroffenen
Wettbewerbsbereich bieten. Derartige Anhaltspunkte hat aber weder
die Beklagte vorgetragen, noch ergeben sie sich aus dem Sachverhalt
im übrigen. Daran ändert auch die Behauptung der Beklagten nichts,
wonach der Vorstandsvorsitzende der wiederum dem Europaverband der
Selbständigen Bundesverband Deutschland e.V. (BVD) als Mitglied
angehörigen I. e.G. ausdrücklich erklärt habe, von der Vertretung
der gewerblichen Interessen der I.-Genossen durch den Kläger keine
Kenntnis und dem Kläger eine entsprechende Behauptung untersagt zu
haben (Bl. 244 d. A.). Unabhängig davon, daß es im gegebenen
Zusammenhang nicht auf die Kenntnis und Einschätzung der Sachlage
des Vorstandsvorsitzenden der I. e.G., sondern allein auf die
objektiven Verhältnisse ankommt, sind diese Ausführungen
ebensowenig geeignet, die hier interessierende Mitgliedschaft der
Interfunk e. G. beim BVD zu entkräften, wie diejenige des BVD
wiederum beim klagenden Verband selbst.
Die genannte Anzahl der dem klagenden Verband folglich als
"mittelbare" Mitglieder zugehörigen Unternehmen ist weiter auch
"erheblich" im Sinne von § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG. Die Frage, welche
Zahl von Gewerbetreibenden danach als "erheblich" anerkannt werden
kann, läßt sich nicht abstrakt und generell, sondern nur anhand der
konkreten Gegebenheiten des Einzelfalls bestimmen. Erforderlich und
ausreichend ist es, daß Gewerbetreibende aus der einschlägigen
Branche auf dem maßgeblichen Markt im Verband nach Anzahl und/oder
Größe, Marktbedeutung oder wirtschaftlichem Gewicht repräsentativ
vertreten sind, so daß ein mißbräuchliches Vorgehen des Verbandes
ausgeschlossen werden kann (BGH WRP 1997, 1070/1071 -
"Händlervereinigung"-; BGH WRP 1996, 1034/1037
-"Preisrätselgewinnauslosung III"-). Das aber kann nach den
vorstehenden, dem Kläger als Mitglieder zuzurechnenden Unternehmen,
die eine gewisse Wirtschaftskraft und ein nicht unbedeutendes
Wirtschaftpotential im hier betroffenen Wettbewerbsbereich des
Radio- und Fernsehgerätehandels im Wirtschaftsraum Aachen
repräsentieren, angenommen werden.
War der Kläger nach alledem jedenfalls für einen Teil der mit
der Werbebeilage betroffenen Warenarten im Sinne von § 13 Abs. 2
Nr. 2 UWG berechtigt, Unterlassung von der Beklagten zu fordern,
schuldete letztere ihm auf die Abmahnung vom 31. Mai 1995 hin aber
die Aufklärung über die bereits am 22. Mai 1995 gegenüber einem
Dritten eben wegen derselben Werbung erfolgte Unterwerfung.
Die im Unterlassen dieses Hinweises liegende objektive und der
Beklagten zweifelsohne auch subjektiv zurechenbare
Pflichtwidrigkeit hat dabei auch adäquat kausal den vom Kläger
geltend gemachten Schaden verursacht, nämlich die eingangs
dargestellten nutzlos aufgewandten Kosten der weiteren
Rechtsverfolgung einschließlich der Unterlassungs- und der auf
deren "Erledigung" gerichteten Feststellungsklage. Für diesen
Kausalzusammenhang ist es ebenfalls unbeachtlich, ob der Kläger für
die Unterlassungklage in vollem Umfang nach Maßgabe von § 13 Abs. 2
Nr. 2 UWG prozeßführungsbefugt war. Denn hätte die Beklagte den
Kläger, wie von ihr im Rahmen der eingangs dargestellten
konkretisierten Sonderbeziehung geschuldet, über die bereits
vorliegende Drittunterwerfung informiert, hätte dieser die gesamte
Rechtsverfolgung einschließlich des Teils, zu dem er - sei es
mangels umfassender Prozeßführungsbefugnis, sei es mangels
Bestehens einer prozeßerheblichen Erledigungslage - unterlegen
wäre, nicht weiter betrieben. Denn die Drittunterwerfung der
Beklagten erstreckte sich dem Umfang nach auf eben das Verbot,
welches auch der Kläger mit seiner Rechtsverfolgung erstrebte.
Ist nach alledem die Beklagte daher verpflichtet, dem Kläger die
mit der weiteren Rechtsverfolgung verbundenen notwendigen Kosten zu
ersetzen, erweist sich das auf die Festellung dieser
materiellrechtlichen Schadensersatzverpflichtung bezogene
Klagebegehren als berechtigt. Dabei ist es auch unschädlich, daß
die hierauf vom Senat zu treffende Feststellung der materiellen
Schadensersatzpflicht jedenfalls teilweise die prozessualen Kosten
der Unterlassungs- und Erledigungsfeststellungsklage umfaßt.
Unabhängig davon, daß der Senat die prozessuale
Kostentragungspflicht hier gesondert tenoriert hat, bestehen bei
der vorliegend zu beurteilenden Fallgestaltung auch im übrigen
keine Bedenken, die Festellung der materiellen
Schadensersatzpflicht mit der nach den §§ 91 ff ZPO zu treffenden
Kostenentscheidung zusammenzufassen, die dann gleichermaßen sowohl
auf einer materiellrechtlichen Vorschrift als auch auf den
prozessualen Vorschriften der §§ 91 ff ZPO beruht (vgl. BGH NJW
1994, 2895/2896; BGH WM 1981,386/388).
II.
Soweit der Kläger allerdings die mit DM 253.- nebst Zinsen in
Ansatz gebrachten Kosten des Abmahnschreibens vom 31. Mai 1995 zur
Zahlung verlangt, ist die Klage unbegründet. Die Kosten dieser
ersten Abmahnung sind unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt
ersatzfähig. Unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne
Auftrag (§ 683 BGB) ergibt sich eine Ersatzpflicht deshalb nicht,
weil - mangels auf seiten der Beklagten bestehender
Unterlassungspflicht, die ja zu diesem Zeitpunkt bereits durch
Beseitigung der Wiederholungsgefahr in Wegfall gebracht worden war
- vom Kläger kein objektiv fremdes Geschäft mehr geführt werden
konnte. Unter Anwendung der Grundsätze der pFV scheitert eine
Ersatzpflicht der Beklagten daran, daß die Kosten der Abmahnung
nicht erst durch die in dem Unterlassen des Hinweises liegende
Pflichtverletzung der Beklagten verursacht, sondern schon vorher
entstanden waren.
III.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 92 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre
Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die gemäß § 546 Abs. 2 ZPO festzusetzende Beschwer orientierte
sch am Wert des Unterliegens der Parteien im vorliegenden
Rechtsstreit.
OLG Köln:
Urteil v. 24.10.1997
Az: 6 U 112/96
Link zum Urteil:
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