Oberlandesgericht Frankfurt am Main:
Beschluss vom 2. Februar 2004
Aktenzeichen: 19 U 240/03
(OLG Frankfurt am Main: Beschluss v. 02.02.2004, Az.: 19 U 240/03)
Tenor
Die Berufung des Verfügungsklägers gegen das am 16. Oktober 2003 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden wird zurückgewiesen.
Der Verfügungskläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Gründe
Die Berufung war durch einstimmigen Beschluß des Senats gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil der Senat davon überzeugt ist, daß das Rechtsmittel keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts wie auch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert.
Es kann dahingestellt bleiben, ob dem Verfügungskläger aufgrund des als X €Liefervertrag Y-Komponenten überschriebenen Vertrages vom 15. 10. 2001 ein Anspruch darauf zusteht, daß die Verfügungsbeklagte es unterläßt, andere als von ihm gelieferte Y-geräte in von ihr hergestellte oder konfigurierte oder installierte Überwachungsanlagen einzubauen, die als Teil des für die Nutzung deutscher Autobahnen vorgesehenen ...systems verwendet werden sollen.
Der Erlaß der begehrten einstweiligen Verfügung scheitert daran, daß der Verfügungskläger einen Verfügungsgrund für die von ihm begehrte Eilentscheidung nicht hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht hat.
Der Verfügungskläger begehrt aufgrund der zeitabhängigen Natur seines geltend gemachten Unterlassungsanspruchs nicht dessen bloße Sicherung, sondern sogleich dessen Erfüllung. Die Untersagung würde endgültige Verhältnisse schaffen, weil die untersagte Handlung, solange das Verbot besteht, nicht mehr nachgeholt werden könnte (Grunsky in Stein-Jonas ZPO 23.A. Vor § 935 RZ 46 ff). Solche sog. Leistungs- oder Befriedigungsverfügungen sind zwar grundsätzlich zulässig. In diesen Fällen sind an den Verfügungsgrund jedoch besonders strenge Anforderungen zu stellen (so insbesondere Heinze, Münchener Komm. ZPO 2. A. Vor § 916 RZ 81). Der drohende Wegfall der Erfüllbarkeit des Unterlassungsanspruchs durch Zeitablauf genügt zur Annahme eines Verfügungsgrundes nicht, der Verfügungskläger muß vielmehr darlegen, daß er dringend auf die sofortige Erfüllung seines Leistungsanspruchs angewiesen ist und ohne diese so erhebliche wirtschaftliche Nachteile erleiden würde, daß ihm ein Zuwarten oder eine Verweisung auf die spätere Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen nach Wegfall des ursprünglichen Erfüllungsanspruchs nicht zugemutet werden kann (OLG Düsseldorf NJW-RR 1996, 123, 124; vgl. auch OLG Rostock, MDR 1996, 1183; Sächs. LAG MDR 2001, 882)). Eine Unterlassungsverfügung in Erfüllung des Hauptsacheanspruchs ist nur zulässig, €wenn der Verfügungsgrund in einer ansonsten eintretenden irreparablen, eine Notlage verursachenden Schädigung beruht, der keine vergleichbare irreparable Schädigung des Antragstellers entspricht und die insbesondere ein späterer Schadensersatzanspruch nicht adäquat auszugleichen vermag€ (Heinze in Münchener Komm. a.a.O. Vor § 916 RZ 82). Auf die Rechtsprechung zu einstweiligen Verfügungen auf Unterlassung nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vermag sich der Verfügungskläger nicht zu berufen, da in § 25 UWG ausdrücklich bestimmt ist, daß einstweilige Verfügungen auf Unterlassung auch dann ergehen können, wenn die Voraussetzungen der §§ 935, 940 ZPO nicht vorliegen.
Diese Voraussetzungen, nach denen ein Verfügungsgrund angenommen werden kann, liegen nicht vor.
Die Versagung der beantragten einstweiligen Verfügung führt zwar dazu, daß der Verfügungskläger den geltend gemachten Unterlassungsanspruch gegenüber der Verfügungsbeklagten nicht mehr durchsetzen kann, wenn die Verfügungsbeklagte andere als von ihm gelieferte Blitzgeräte bei der Belieferung der Z GmbH einsetzt. Nicht glaubhaft gemacht hat der Verfügungskläger jedoch, daß ihm hierdurch ein irreparabler Schaden entstehen kann.
Es ist schon nicht dargetan und glaubhaft gemacht, daß die Beklagte von der Z GmbH mit dem Einbau der von ihr zusammengestellten Geräte auch dann beauftragt worden wäre, wenn sie das vom Kläger entwickelten Y Gerät ... ihrem Angebot auf die zweite Ausschreibung über weitere 150 Brücken zugrunde gelegt hätte. Denn sowohl nach der eidesstattlichen Versicherung des Geschäftsführers der Verfügungsbeklagten im Termin vor dem Landgericht vom 16. 10. 2003 (Bl. 161 f d.A.) als auch nach der eidesstattlichen Versicherung des Mitarbeiters der Verfügungsbeklagten Dr. A vom 1. 10. 2003 (Bl. 107 f d.A.) enthielt die zweite Ausschreibung geänderte technische Anforderungen, es sollte das Gewicht reduziert und eine höhere Leserate erreicht werden. Dies ist glaubhaft, denn der Verfügungskläger trägt selbst vor, daß die Verfügungsbeklagte damit begonnen hat, einfacher gebaute Geräte mit einer höheren Anzahl von Infrarot € Emittern als das vom Verfügungskläger entwickelte Gerät ... einzubauen. Außerdem war der Verfügungsbeklagten nach der eidesstattlichen Versicherungen des Dr. A von der Z aufgegeben worden, den Nachweis der Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs zu unterstützen und einen objektiven Vergleichstest durchzuführen. Damit ist derzeit völlig offen, ob dem Verfügungskläger dadurch, daß die Verfügungsbeklagte ein anderes Y-gerät, als dasjenige, das der Vereinbarung vom 15. 10. 2001 zugrunde lag, verwenden will, überhaupt ein Schaden entstehen kann. Wäre die Verfügungsbeklagte bei der zweiten Ausschreibung der Z GmbH nicht zum Zuge gekommen, hätte ihm von ihr kein Auftrag zur Lieferung der Y-geräte erteilt werden können, er hätte ihr keine weiteren Geräte verkaufen und dadurch Gewinn erzielen können.
Aber selbst wenn sich feststellen ließe, daß die Verfügungsbeklagte auch bei Verwendung des vom Verfügungskläger entwickelten Blitzgeräts von der Z den Zuschlag auf deren zweite Ausschreibung erhalten hätte, wäre der durch einen Verstoß gegen den Rahmenvertrag beim Verfügungskläger eingetretene Schaden nicht irreparabel. Er ließe sich durch die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen ausgleichen. Es ist nicht ersichtlich, daß sich solche Ansprüche bei der Verfügungsbeklagten nicht durchsetzen ließen.
Auf der anderen Seite fällt bei der gebotenen Abwägung der Interessen der Parteien ins Gewicht, daß der Verfügungsbeklagten mit großer Wahrscheinlichkeit dann, wenn dem Antrag des Verfügungsklägers entsprochen würde, ein Schaden entstehen würde. Sie hat nach der glaubhaften Darstellung ihres Geschäftsführers auf der Grundlage ihres Angebots, dem ersichtlich ein anderes Blitzgerät als das vom Verfügungskläger entwickelte zugrunde lag, von der Z GmbH den Zuschlag erhalten. Würde ihr verboten, dieses € von ihr angebotene - Gerät zu verwenden, wäre die Z GmbH berechtigt, entweder von einem Vertragsschluß mit der Verfügungsbeklagten abzusehen oder, falls ein solcher bereits besteht, diesen aufzulösen, weil sich die angebotene bzw. zum Vertragsinhalt gewordene Beschaffenheit ihrer Leistung nicht, bzw. bei Einschaltung des Verfügungsklägers, wie aus dessen Angaben im Termin vom 16. 10. 2003 folgt, jedenfalls nicht rechtzeitig, herstellen läßt. In diesem Fall könnte die Verfügungsbeklagte zudem ihrem Lieferanten der Blitzgeräte zum Schadensersatz verpflichtet sein.
Dieser der Verfügungsbeklagten drohende Schaden wäre zwar nicht irreparabel, weil sie den Verfügungskläger dann, wenn sich die Anordnung einer einstweiligen Verfügung im Hauptprozeß als ungerechtfertigt erweisen würde, gemäß § 945 ZPO verschuldensunabhängig auf Schadensersatz in Anspruch nehmen könnte. Dieser Gesichtspunkt reicht aber im Hinblick darauf, daß der Verfügungskläger nicht glaubhaft gemacht hat, daß ihm ohne Erlaß der beantragten einstweiligen Verfügung erhebliche wirtschaftliche Nachteile entstehen, nicht aus, um von einem überwiegenden Interesse des Verfügungsklägers am Erlaß der beantragten einstweiligen Verfügung ausgehen zu können.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
OLG Frankfurt am Main:
Beschluss v. 02.02.2004
Az: 19 U 240/03
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