Oberlandesgericht Frankfurt am Main:
Urteil vom 30. Januar 2002
Aktenzeichen: 9 U 91/01
(OLG Frankfurt am Main: Urteil v. 30.01.2002, Az.: 9 U 91/01)
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 15. November 2000verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt amMain teilweise abgeändert und insgesamt neu gefasst. Der Beklagtewird verurteilt, an die Klägerin zu 1) 10.000 Euro (= 19.558,30 DM)nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 desDiskont-Überleitungsgesetzes seit dem 19. Juli 2000 Zug um Zuggegen Abtretung aller Ansprüche der Klägerin zu 1) ausvertraglicher oder gesetzlicher Haftung gegen die X AG, derenfrüheren Vorstand A., €, deren früheren Vorstand M. P.,€ und deren früheren Vorstand Q., € zu zahlen. Imübrigen wird die Klage abgewiesen. Die weitergehende Berufung desBeklagten wird zurückgewiesen. Von den außergerichtlichen Kostendes Beklagten erster Instanz werden der ehemaligen Klägerin zu 2)25 % und der Klägerin zu 1) 66 % auferlegt. 9 % hat er selbst zutragen. Von den in der ersten Instanz entstandenenaußergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1) hat der Beklagte 14 %zu tragen. Von den Gerichtskosten erster Instanz entfallen auf dieehemalige Klägerin zu 2) 18 %, auf die Klägerin zu 1) 73 % und aufden Beklagten 9 %. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben dieKlägerin zu 1) 86 % und der Beklagte 14 % zu tragen. Das Urteil istvorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durchdie Klägerin zu 1) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 12.800,-Euro, die auch durch eine selbstschuldnerische Bürgschaft eines alsZoll- und Steuerbürgen zugelassenen inländischen Kreditinstitutserbracht werden kann, abwenden, wenn nicht die Klägerin zu 1) zuvorSicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Klägerin zu 1) kann dieVollstreckung durch den Beklagten gegen Sicherheitsleistung von8.700,- Euro abwenden, wenn nicht der Beklagte vor derVollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Der Beklagte istmit 10.000,- Euro und die Klägerin zu 1) ist mit 60.958,99 Eurobeschwert.
Gründe
Die Klägerin zu 1) (im folgenden Klägerin) nimmt den Beklagten aus eigenem und abgetretenem Recht auf Schadensersatz wegen einer angeblichen Amtspflichtverletzung als Notar in Anspruch. Am 10. 7. 1998 beurkundete der Beklagte die Gründung der Z. Y. AG. Gründer und Alleinaktionär war Rechtsanwalt Q.., der als Treuhänder für M. C. und dessen Familienangehörige auftrat. Diese Firma wurde am 14. 10. 1998 mit einem Stammkapital von 100.000,- DM im Handelsregister ... O3 eingetragen. Das Stammkapital wurde später auf 306.775,13 Euro erhöht. Die AG änderte durch Beschluss vom 24. 8. 1999 ihre Firma in X AG (im folgenden: AG) um und verlegte ihren Sitz nach O1. Diese Änderungen wurden am 22. 3. 2000 im Handelsregister in O1 eingetragen. Am 28. 7. 1999 wurden Q.. und P. und am 28. 9. 1999 mit Wirkung zum 1. 12. 1999 der Zeuge A., der Ehemann der Klägerin und Vater von A. und K. A., zum Vorstand bestellt. Am 1. 3. 1999 beschloss die AG, die Aktien auf Stückaktien umzustellen, das Grundkapital von 306.775,13 Euro auf 2.500.000 Euro zu erhöhen und zu diesem Zweck 2.193.225 Inhaber-Stück Aktien zu je 1 Euro auszugeben. Der Beschluss wurde am 2. 7. 1999 geringfügig abgeändert. Am 6. 9. 1999 beschloss die AG, das Grundkapital der Gesellschaft von 2,5 Mio. Euro um 2,6 Mio. Euro auf 5,1 Mio. Euro zu erhöhen und zu diesem Zweck 2,6 Mio. neue auf den Inhaber lautende Stückaktien auszugeben (Bl. 56, 57 d.A.). Weder die Beschlüsse über die Erhöhung des Grundkapitals noch die Durchführung der Erhöhungen des Grundkapitals wurden im Handelsregister eingetragen. Die Eintragung wird voraussichtlich auch nicht mehr erfolgen, weil der AG die hierfür erforderlichen Mittel nicht mehr zur Verfügung stehen. Im Juli 1999 bat der damalige Vorstand der AG den Beklagten, ein Konto einzurichten, um hierauf die Einzahlungen von Anlegern für die am 2. 7. 1999 beschlossene Kapitalerhöhung entgegenzunehmen. Der Beklagte eröffnete daraufhin am 6. 8. 99 das Konto Nr. ... bei der ... in ... O3 und führte es als Notaranderkonto mit der Bezeichnung "Masse .../99". Auf dieses Konto wurden in der Zeit vom 23. 8. 1999 bis Januar 2000 über 1,9 Mio. DM eingezahlt. Die AG warb in der Folgezeit Anleger, die neuen Aktien zeichnen sollten. Sie entwickelte ohne Einschaltung des Beklagten für die vorgesehene Kapitalerhöhung Zeichnungsscheine. Diese enthalten keine Angabe über den Zeitpunkt, an dem die Zeichnung unverbindlich ist, wenn nicht bis dahin die Erhöhung des Grundkapitals eingetragen ist In den Zeichnungsscheinen heißt es u.a. "Den Kaufpreis zahle ich wie folgt: Überweisung auf das Konto Rechtsanwalt und Notar N1., ... in ... O3, Verwendungszweck X AG Bankleitzahl ... , Kontonummer ... ...". Zahlungen auf das in den Zeichnungsscheinen angegebene Konto des Beklagten wurden in der Weise abgewickelt, dass dem Beklagten von der AG Zeichnungsscheine per Fax übermittelt wurden, der Beklagte den Anlegern den Zahlungseingang schriftlich bestätigte und die Beträge auf Anfordern der AG an diese auszahlte. Ab Anfang August 1999 war der Zeuge A. A. als Vertriebsleiter der AG tätig. Er sollte Inferenten für die AG werben. Unter dem 31. 8. 99 unterzeichnete die Klägerin einen Zeichnungsschein über 10.000 nennwertlose Stückaktien zum Ausgabepreis von 1 Euro (Bl. 24 d.A.) aus der am 1. 3. 1999 beschlossenen Kapitalerhöhung. Es wurden anschließend von dem bei der ... AG geführten Konto Nr. ... 00 19.558,30 DM auf das im Zeichnungsschein angegebene Konto des Beklagten bei der ... überwiesen (vgl. Bl. 112 d.A.). Mit Schreiben vom 14. 9. 1999 bestätigte der Beklagte der Klägerin gegenüber den Eingang der Zahlung auf sein Treuhandkonto (Bl. 40 d.A.). Er leitete den Betrag sodann an die AG weiter. Unter dem 16. 9. 1999 unterzeichnete der Zeuge A. zwei Zeichnungsscheine über jeweils 10.000 Stückaktien der AG zum Ausgabepreis von 1 Euro aus der am 1. 3. 1999 beschlossenen Kapitalerhöhung mit dem Namen von K. und A. A.. Als Zeichner sind jeweils K. und A. A. angegeben (Bl. 28, 31 d.A.). Unter dem 30. 9. 1999 unterzeichnete A. A. einen weiteren Zeichnungsschein für 25.000 Stückaktien der AG zum Ausgabepreis von 1 Euro aus der am 1. 3. 1999 beschlossenen Kapitalerhöhung, in dem als Zeichner K. A. angegeben ist (Bl. 29 d.A.). Am 1. 10. 1999 gingen von der ...bank O2 dreimal je 15.984 Euro = 31.261,99 DM mit der Absenderangabe "Oneofour Customers" auf dem Konto des Beklagten Nr. ... ein. In einem Fall war als Verwendungszweck "K. A." angegeben (Bl. 316 d.A.). Am 5. 10. 1999 gingen von der ... ...bank O2 weitere 24.975 Euro = 48.846,85 DM mit der Absenderangabe "Oneofour Customers" auf dem gleichen Konto des Beklagten ein, als Verwendungszweck war ebenfalls K. A. genannt (Bl. 316 d.A.). Die ... O2 war jeweils telefonisch von dem Zeugen A. A. angewiesen worden, diese Überweisungen vorzunehmen. Unter dem 5. 10. 1999 bestätigte der Beklagte gegenüber dem Sohn K. A. der Klägerin den Eingang von Zahlungen in Höhe von 19.558,30 DM und 48.846,85 DM auf sein Treuhandkonto (Bl. 48, 49 d.A.). Unter dem gleichen Datum bestätigte er gegenüber dem Sohn A. A. den Eingang einer Zahlung von 19.558,30 DM auf sein Treuhandkonto (Bl. 52 d.A.). Unter dem 27. 12. 1999 unterzeichnete A. A. einen Zeichnungsschein über 3 x 8 = 24.000 Stückaktien, in dem als Zeichner "N2, N3, K. A." genannt sind (Bl. 318 d.A.). Diesen Zeichnungsschein schickte A. A. an den Beklagten zur Vervollständigung seiner Unterlagen. Am 6. 1. 2000 gingen von der ... ...bank O2 23.976 Euro = 46.892,98 DM auf dem Treuhandkonto des Beklagten mit dem Vermerk "Oneofour Customer " Verw.Zweck: Via ... ...bank O2 ein (Bl. 317). Die Überweisung war wiederum auf Anweisung des Zeugen A. A. erfolgt. Der Beklagte fertigte Aufstellungen, in denen aufgeführt ist, welche Anzahl von Aktien von der Klägerin und ihren Söhnen A. und K. gezeichnet wurden und welche Beträge hierauf auf sein Konto oder auf ein Konto der AG gezahlt wurden. Diese Aufstellungen, auf deren Inhalt Bezug genommen wird, sandte der Beklagten A. A. zur Abgleichung zu. Danach gingen u. a. unmittelbar auf ein Konto der AG unter dem Namen der Klägerin für eine Aktienzeichnung vom 30. 11. 1999 29.826,50 DM (vgl. Bl. 275, 305, 39, 448, 449 d.A.) ein. Dieser Einzahlung lag ein Zeichnungsschein über 25.000 Stammaktien zum Ausgabepreis von 1 Euro mit Datum vom 12. 11. 1999 zugrunde, den A. A. unterzeichnet hat und in dem als Zeichner der Name der Klägerin genannt ist (Bl. 477 d.A.). Unter den Namen K. und A. A. wurden Eingänge von jeweils 35.140,14 DM am 10. 12. 1999 auf ein Konto bei der AG vermerkt (Bl. 42, 46, 50, 433, 434 d.A.). Insgesamt hat die Familie A. mehr als 1 Mio. DM in die AG investiert. Im März 2000 schlug der Vorstand der AG den Anlegern vor, für die geleistete Einlage anstelle von Aktien ihrer Gesellschaft Aktien einer börsennotierten Aktiengesellschaft, deren Aktien die AG erworben habe, zu tauschen (vgl. Bl. 307 d.A.). Grundlage dieses Umtauschangebots war ein Kaufvertrag vom 15. 12. 1999, den die AG, vertreten durch den Zeugen A. A., mit der AG 1 Grundbesitz- und Beteiligungs-AG geschlossen hatte (Bl. 384 ff d.A.). Die Klägerin stimmte dem Umtauschangebot zu. Die AG ist jedoch nicht in der Lage, den Anlegern F...-Aktien zur Verfügung zu stellen, da deren Verkäuferin die Herausgabe von weiteren Zahlungen bis zum 31. 10. 2000 abhängig gemacht hat (vgl. Kaufvertrag Bl. 384 ff d.A.). Unter dem 5. 6. 2001 trat die AG dem Beklagten die ihr zustehenden Ansprüche gegen frühere Organe der AG, u. a. auch gegen den Zeugen A. A. ab (Bl. 403 d.A.).
Die Klägerin hat behauptet, K. und A. A. hätten ihr ihre Ansprüche gegen den Beklagten am 10. 6. 2000 abgetreten (Bl. 110, 111 d.A.). Sie habe deren Abtretungserklärungen am 10. 6. 2000 mündlich angenommen. Sie hat ferner vorgetragen: Die Zeichnungsscheine mit Datum vom 16. 9. und 30. 9. 1999 habe ihr Ehemann im Auftrag ihrer Söhne A. und K. unterschrieben. Nachdem ihr Ehemann sowohl vom Beklagten als auch von dem Vorstandsmitglied V. der AG erfahren habe, dass der Sammelzeichnungsschein vom 27. 12. 1999 nicht zulässig sei und für jedes Kind ein gesonderter Zeichnungsschein über jeweils 8.000 Euro ausgestellt werden müsse, hätten A. und K. A. unter dem 27. 12. 1999 Zeichnungsscheine über jeweils 8.000 Stückaktien der AG zum Ausgabepreis von 1 Euro aus der Kapitalerhöhung vom 1. 3. 1999 unterzeichnet (Bl. 31, 32 d.A.). Ihr Sohn K. sei Inhaber des bei der .... O2 geführten Kontos mit der Nummer Nr1 gewesen, von dem mit Wertstellung 30. 9. 1999 16.000 Euro und mit Wertstellung 1. 10. 1999 25.000 Euro sowie außerdem 8000 Euro auf das Konto des Beklagten überwiesen worden seien (Bl. 115, 116 d.A.). Ihr Sohn A. habe bei der ... ...bank O2 das Konto mit der Nr. Nr2 unterhalten, von dem mit Wertstellung 30. 9. 1999 16.000 Euro sowie 8.000 Euro auf das Treuhandkonto des Beklagten überwiesen worden seien (Bl. 117, 118 d.A.). Soweit Zahlungen direkt an die AG geleisteten worden seien, habe es sich um Scheckzahlungen des Zeugen A. A. gehandelt, die dieser möglicherweise für seine Ehefrau und seine Kinder erbracht habe. Ihr und ihren beiden Söhnen sei nicht bekannt gewesen, dass er unmittelbar an die AG geleistet habe. Der Zeuge A. A. sei vom Konzept der AG vollständig überzeugt gewesen und habe nicht gewusst, dass die Kapitalerhöhungen nicht eingetragen gewesen seien.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 138.783,73 DM nebst 11,5 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise der Klage nur Zug um Zug gegen Abtretung aller Ansprüche der Klägerin auf Rückzahlung der Klageforderung gegen die X AG, deren damals handelnde Vorstände, insbesondere gegen Herrn A. A. oder den Aufsichtsrat stattzugeben.
Der Beklagte hat geltend gemacht: Bei den eingezahlten Geldern handele es sich um Beträge, die von dem Ehemann der Klägerin stammten. Die Klägerin und ihre beiden Söhne hätten kein eigenes Geld investiert, ihnen sei deshalb auch kein Schaden entstanden. Sie hätten allenfalls als Strohleute des Zeugen A. A. fungiert. Es sei kein Treuhandverhältnis zwischen der Klägerin, ihren Söhnen und ihm zustande gekommen. Die Einzahler hätten weder das Bewusstsein gehabt noch die Erwartung gehegt, dass er für sie treuhänderisch tätig werde, denn ihnen sei bekannt gewesen, dass er die Durchführung der Kapitalerhöhung nicht überwachen werde. Sie hätten die Einzahlungen im Vertrauen auf ihren Ehemann und Vater A. A. erbracht, dieser aber habe gewusst, dass der Beklagte alle eingehenden Gelder umgehend an die AG auszahlen werde. Sie hätten der AG vertraut, wie sich darin zeige, dass sie auch unmittelbar an diese gezahlt hätten. Hätte er ihnen das Geld zurücküberwiesen, so hätten sie es unmittelbar an die AG gezahlt. Hilfsweise hat er sich auf ein Zurückbehaltungsrecht bis zur Abtretung der Ansprüche der Klägerin und ihrer beiden Söhne K. und A. A. gegen die AG, ihre früheren Vorstandsmitglieder, den Aufsichtsrat und Rechtsanwalt Q. berufen.
Das Landgericht hat den Beklagten mit gemäß Beschluss vom 4. 1. 2001 (Bl. 153 a d.A.) berichtigtem Urteil vom 15. 11. 2000 (Bl. 136 ff d.A.) verurteilt, an die Klägerin 138.783,73 DM nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 19. 7. 2000 zu zahlen Zug um Zug gegen Abtretung aller Ansprüche der Klägerin auf Rückzahlung der Klageforderung gegen die X AG, deren Vorstände, insbesondere gegen Herren A. A. oder den Aufsichtsrat. Gegen das ihm am 28. 11. 2000 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 28. 12. 2000 Berufung eingelegt und nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zuletzt zum 5. 6. 2001 am 23. 5. 2001 begründet.
Der Beklagte vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag und macht geltend: Der Geschäftszweck der AG sei nicht der Betrieb eines Handelsgeschäfts gewesen. Vielmehr habe es sich um eine Gesellschaft gehandelt, deren Vorstände sich ausschließlich mit sinnlosen Transaktionen und Scheintransaktionen befassten, aus denen nur die Vorstände selbst und bestimmte Dritte illegalen Nutzen gezogen hätten. Die Vorstandsmitglieder, zu denen ab Juli/August 1999 faktisch auch A. A. gehört habe, hätten es zu verantworten, dass die Inferentengelder nicht bis zur Anmeldung der Durchführung der Kapitalerhöhung unangetastet geblieben seien. Von diesen Geldern seien rund 700.000,- DM an den Zeugen A. A. unter der Bezeichnung "Provision" gezahlt worden, wobei es sich aber um unzulässige Entnahmen gehandelt habe. Außerdem seien mit den Inferentengeldern Dritten ungesicherte Darlehen gewährt worden. Ein Manöver der Vorstände habe sich gegen ehrliche Kapitalanleger gerichtet, deren Einlagen die Vorstände sogleich rechtswidrig verwendet hätten. Außerdem beständen erhebliche Verdachtsmomente dafür, dass durch zum Schein erfolgte Geldbewegungen ein Schadensersatzanspruch gerade gegen den Beklagten habe produziert werden sollen. Um Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten zu schaffen, sei man in der Weise vorgegangen, dass die AG in bar eine bestimmte Summe an einen Dritten gezahlt habe und kurz darauf gerade dieser Betrag von dem Dritten oder für ihn an die AG bzw. auf eines der Treuhandkonten des Beklagten als Aktienzeichnung zurückgezahlt worden sei. Nach Eingang der Scheineinlage auf dem Konto der AG habe der Kreislauf von Neuem begonnen. Da die Beteiligten gewusst hätten, dass die Zahlungen über die Konten des Beklagten in wenigen Tagen wieder auf Konten der AG stehen würden, habe der Umweg über den Beklagten nur den Sinn haben können, einen vermeintlichen Haftungsanspruch gegen ihn zu begründen. So hätten der Zeuge A. A. und seine Familienangehörigen insgesamt in wenigen Wochen ab 24. 8. 1999 über 1,5 Mio. DM auf die Treuhandkonten des Beklagten eingezahlt und habe sich der Zeuge A. A. in dem gleichen Zeitraum 770.000,- DM ausgezahlt, insbesondere am 7. 10. 1999 rund 106.000,- DM und am 7. 1. 2000 rund 74.000 DM. Auch bei den von der Klägerin und ihren Söhnen eingezahlten Inferentengeldern habe es sich um Gelder gehandelt, die entweder zuvor von gutgläubigen Anlegern auf das Treuhandkonto des Beklagten oder unmittelbar auf ein Geschäftskonto der AG zum Zwecke der Kapitalerhöhung eingezahlt worden seien oder aus "Wash-trades" stammten und über die der Zeuge A. A. sodann unberechtigt verfügt habe. So sei der Einzahlung der Klägerin vom 13. 9. 1999 eine Auszahlung an den Zeugen A. A. vom 27. 8. 1999 über 15.000 Euro vorausgegangen (vgl. Bl. 227). Es erscheine im übrigen ausgeschlossen, dass 800.000,- DM aus dem eigenen Vermögen der Familie eingezahlt worden seien, dieser Betrag müsse aus der Masse unklarer Auszahlungen der AG gekommen sein. Soweit die Klägerin und ihre beiden Söhne als Treuhandnehmer für den Zeugen A. A. aufgetreten seien, müssten sie sich entgegenhalten lassen, dass diesem kein Schaden entstanden sei, weil er sich durch unberechtigte Entnahmen bei der AG schadlos gestellt habe. Der Zeuge A. A. habe von Anfang an gewusst, dass die auf das Anderkonto des Beklagten eingezahlten Gelder alsbald auf Konten der AG überwiesen und von dieser ausgegeben werden würden. Gegen diese Handhabung habe er auch keine Bedenken gehegt, weil er der Ansicht gewesen sei, dass die Kapitalerhöhungen bereits eingetragen und die noch zu schaffenden Aktien bereits vorhanden gewesen seien. Diese Kenntnis müssten sich die Klägerin und ihre Söhne zurechnen lassen. Die Klägerin sei im übrigen auch als Vorstandssekretärin bei der AG angestellt gewesen und daher über die Vorgänge innerhalb der AG informiert gewesen. Die von der Klägerin vorgelegten Einzelzeichnungsscheine über jeweils 8.000 Aktien mit Datum vom 27. 12. 1999 seien nachträglich erstellt und weder der AG noch ihm vorgelegt worden. Er sei aufgrund des Zeichnungsscheins vom 27. 12. 1999 über 24.000 Aktien davon ausgegangen, dass der Zeuge A. A. den hierfür zu erbringenden Betrag auf eigene Rechnung eingezahlt habe, um seinen Söhnen K. und A. A. eine entsprechende Anzahl von Aktien zukommen zu lassen. Die Zahlungseingänge von 19.558,30 DM und 48.846,85 DM habe er nur deshalb gegenüber K. und A. A. bestätigt, weil deren Vater ihm versichert habe, das Geld stamme aus ihren Vermögen. Durch sein Verhalten sei der Klägerin und den Zedenten kein Schaden entstanden. Der Vorstand der AG hätte das Geld noch unmittelbar vor oder nach der Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung veruntreuen können, denn die Anleger seien ohnehin verpflichtet gewesen, die Mittel vor der Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung der AG zur freien Verfügung zu überlassen. Eine Kontrolle, die geeignet gewesen sei, eine zweckwidrige Verwendung der Mittel auszuschließen, sei nach dem Aktienrecht nicht möglich gewesen.
Der Beklagte beantragt,
das Verfahren gemäß § 149 ZPO bis zum Abschluss des gegen die Vorstandsmitglieder der AG gerichtete Ermittlungsverfahrens auszusetzen. Gestützt auf die am 17. 5. 2001 mit der AG getroffene Abtretungsvereinbarung erklärt er hilfsweise die Aufrechnung mit Ansprüchen gegen A. A. Wegen der Einzelheiten wird auf S. 11 des Schriftsatzes vom 14. 9. 2001 verwiesen (Bl. 400 d.A.).
Der Beklagte beantragt,
das landgerichtliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen, hilfsweise eine Verurteilung nur auszusprechen Zug um Zug gegen Abtretung aller Ansprüche aus vertraglicher oder gesetzlicher Haftung gegen die X AG, deren früheren Vorstand, Herrn A. A., ..., deren früheren Vorstand, Herrn M. P., ..., deren früheren Vorstand, Herrn ...,
hilfsweise für den Fall des Unterliegens ihm nachzulassen, die Zwangsvollstreckung gemäß § 712 ZPO gegen Sicherheitsleistung abzuwenden; hilfsweise ihm nachzulassen, Sicherheitsleistung durch Beibringung einer selbstschuldnerischen Bürgschaft eines als Zoll- und Steuerbürgen zugelassenen inländischen Kreditinstituts zu erbringen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Zahlung Zug um Zug gegen Abtretung aller Ansprüche der Klägerin aus vertraglicher oder gesetzlicher Haftung gegen die X AG, deren früheren Vorstand A. A., deren früheren Vorstand M. P. sowie deren früheren Vorstand Q. zu erfolgen hat.
Sie trägt vor: Ihr Ehemann sei lediglich für den Bereich Vertrieb/Marketing der AG tätig gewesen. Vorstandstätigkeit habe er nur in der Zeit vom 1. 12. 99 bis 17. 3. 2000 ausgeübt. Er habe bei der Auflösung seines Vertrages mit der AG im März 2000 auf das ihm zum 31. 12. 99 zustehende Gehalt verzichtet und erhaltene Provisionen in Höhe von 200.000 an die AG zurückgezahlt. Er habe sich für die AG engagiert, weil er an sie geglaubt und das Ziel und die feste Absicht besessen habe, die AG gemeinsam mit der G... an die Börse zu bringen. Sie selbst habe im August/September 1999 Aktien verkauft, um über eine entsprechende Liquidität für die Zeichnung der Aktien der AG zu verfügen. Sie und ihre Söhne hätten mit der Zeichnung der Aktien der AG an den Gewinnen am Neuen Markt partizipieren wollen. Ihr sei weder bekannt gewesen, dass ihr Ehemann unter dem 12. 11. 1999 einen Zeichnungsschein unterschrieben habe, in dem sie als Zeichnerin genannt gewesen sei, noch dass 29.826,40 DM für diese Aktien auf ein Konto der AG eingezahlt worden seien. Die eingezahlten Gelder hätten aus ihrem Vermögen und dem der Zedenten gestammt. K. A. habe seit 1996 das Konto Nr. Nr1 bei der ... O2 unterhalten. Dorthin seien im Jahr 1996 Gelder überwiesen worden. Danach habe es keine Kontobewegungen gegeben. A. A. habe seit 1996 das Konto mit der Nummer Nr2 bei der ... O2 unterhalten. Auf dieses Konto sei im Jahr 1996 der Nachlass aus dem Erbe der Großeltern transferiert worden. Danach habe es keine Kontenbewegung gegeben. Während der Minderjährigkeit der beiden Kinder hätten die Eltern den Schriftverkehr mit der Bank geführt. Nach ihrer Volljährigkeit hätten die Söhne ihre Eltern beauftragt, weiterhin den Schriftverkehr mit der ... O2 zu führen. K. und A. A. hätten auf ihre Empfehlung hin ihren Vater gebeten, in ihrem Namen und für ihre Rechnung die Zeichnungsscheine mit Datum vom 16. 9. und 30. 9. 1999 zu unterschreiben und zu veranlassen, dass das Geld von ihren Konten bei der ... -Bank O2 auf das Konto des Beklagten überwiesen wird. Daraufhin habe ihr Vater das Geld zur Zeichnung der Aktien in ihrem Namen und mit ihrem Wissen jeweils telefonisch von ihren Konten in O2 abgerufen. Den Zeichnungsschein mit Datum vom 27. 12. 1999 über 24.000 Stammaktien habe A.A. ausgefüllt, ohne hierzu bevollmächtigt gewesen zu sein. Die Einzelzeichnungsscheine mit Datum vom 27. 12. 1999 hätten sie ausgefüllt und unterschrieben, nachdem der Beklagte auf die Ungültigkeit des zuvor von ihrem Vater unterschriebenen Sammelzeichnungsscheins hingewiesen habe. Diese Zeichnungsscheine seien dem Beklagten von der AG vorgelegt worden. Sie hätten sodann den Vater über ihre Mutter angewiesen, von ihren Konten das Geld beim Beklagen einzuzahlen. Der Zeuge A. A. habe vor Beginn seiner Tätigkeit als Vorstand der AG am 1. 12. 1999 nicht gewusst, dass der Beklagte die auf seine Konten eingezahlten Gelder alsbald an die AG weitergeleitet hat. Er habe in die Transaktionen der Gesellschaft keine näheren Einsichten gehabt. Er habe nicht gewusst, dass die Kapitalerhöhungen nicht eingetragen gewesen seien. Sie sieht die Pflichtverletzung des Beklagten darin, dass er die Gelder nicht sofort zurückgezahlt und nicht sichergestellt habe, dass sie für den Ankauf von Aktien verwendet werden. Diese Pflichtverletzung sei auch für den eingetretenen Schaden ursächlich, denn wenn der Beklagte pflichtgemäß gehandelt hätte, läge das Geld noch auf seinem Konto und könne von ihm zurückgezahlt werden.
Wegen des weiteren Sachvortrags der Parteien wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Niederschriften der mündlichen Verhandlungen vom 10. 10. 2001 (Bl. 415 bis 418) und 12. 12. 2001 (Bl. 580 bis 585 d.A.) verwiesen. Der Senat hat gemäß Beweisbeschluss vom 14. 11. 2001 (Bl. 456 d.A.) die Zeugen C., V., A. A. und G. vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift vom 12. 12. 2001 Bezug genommen (Bl. 580 bis 585 d.A. ).
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. Sie führt teilweise zum Erfolg. Der Beklagte ist der Klägerin lediglich zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der ihr dadurch entstanden ist, dass er die auf sein Konto Nr. ... eingezahlten 19.558,30 DM nicht an die Klägerin zurücküberwiesen, sondern an die AG ausgezahlt hat. Dagegen kann die Klägerin ihn nicht auf Ersatz des angeblich ihren Söhnen K. und A. entstandenen Schadens von 119.225,43 DM in Anspruch nehmen.
I.
Der Klägerin steht der Betrag von 19.558,330 DM als Schadensersatz gemäß § 19 BNotO zu. Der Beklagte hat durch die Entgegennahme und anschließende Auszahlung des auf sein Anderkonto eingezahlten Betrags an die AG seine der Klägerin gegenüber obliegende Amtspflicht als Notar fahrlässig verletzt. Der Beklagte hat eine notarielle Amtshandlung vorgenommen, als er ein Massekonto für die Einzahlung der Zeichnungsbeträge einrichtete und den auf das von ihm eingerichtete Konto überwiesenen Betrag von 19.558,30 DM entgegengenommen und über ihn verfügt hat. Nach § 24 Abs. 2 S. 2 BNotO ist anzunehmen, dass ein zugleich als Rechtsanwalt zugelassener Notar immer dann als Notar tätig wird, wenn er Handlungen der in § 24 Abs. 1 BNotO bezeichneten Art vornimmt, die dazu bestimmt sind, Amtsgeschäfte der in §§ 20 bis 23 BNotO bezeichneten Art vorzubereiten oder auszuführen. Liegen die Voraussetzungen dieser Bestimmung nicht vor, ist nach § 24 Abs. 2 S. 2 BNotO im Zweifel anzunehmen, dass der Anwaltsnotar als Rechtsanwalt tätig geworden ist. Derartige Zweifel bestehen nicht, wenn nach den objektiven Umständen, insbesondere nach der Art der Tätigkeit, eine Aufgabe zu erfüllen ist, die in den Bereich notarieller Amtstätigkeit fällt (BGH NJW 1997, 661, 662). So ist es hier, denn nach § 23 BNotO gehört es zu den Amtsgeschäften eines Notars, Geld, das ihm von den Beteiligten übergeben wird, zur Aufbewahrung oder zur Ablieferung an Dritte zu übernehmen (vgl. auch Reithmann in Seybold/Hornig BNotO 7. A. § 23 RZ 1). Der Beklagte ist auch selbst von einer Amtstätigkeit als Notar ausgegangen. Er hat für die Entgegennahme von Anlegergeldern ein Massekonto eingerichtet, der Klägerin gegenüber den Empfang des Geldes auf sein "Treuhandkonto" bestätigt und sein Schreiben vom 14. 9. 1999 mit dem Zusatz "Rechtsanwalt und Notar" unterzeichnet. Der Beklagte hat die ihm als Notar der Klägerin gegenüber obliegenden Amtspflichten verletzt (§ 19 Abs. 1 S. 1 BNotO). Er ist, wie sein Schreiben vom 14. 9. 1999 und seine Aufstellung über die Zeichnungen der Klägerin und die hierauf eingegangenen Zahlungen (Bl. 39 d.A.) zeigt, davon ausgegangen, dass der auf sein Konto überwiesene Betrag von der Klägerin stammte. Mit der Überweisung auf sein Konto war konkludent der Antrag der Klägerin auf Verwahrung des Geldes bzw. auf Eröffnung des Treuhandverfahrens (Reithmann in Seybold/Hornig a.a.O. § 23 RZ 36) verbunden. Sie war als diejenige, die Zahlungen auf ein Anderkonto des Beklagten leistete, die an einem notariellen Verwahrungsgeschäft eigentlich Interessierte. Aus der Einzahlung verbunden mit der durch die AG veranlassten Übersendung des von ihr unterzeichneten Zeichnungsscheins ergab sich für den Beklagten, dass sie ihm den Auftrag zur ordnungsgemäßen Verwahrung des eingezahlten Betrages erteilen und von der mit einem notariellen Verwahrgeschäft verbundenen Absicherung Gebrauch machen wollte (vgl. Haug, Die Amtshaftung des Notars, 2. A. RZ 203, 686, 688 m.w.N.; Haug DNotZ 1982, 475, 480). Die Klägerin war damit auch als diejenige, die den Notar um eine Tätigkeit ersucht hat, Auftraggeberin im Sinne von § 19 Abs. 1 S. 2 2. Hbs. BNotO (BGH NJW 1997, 661, 664). Dem steht nicht entgegen, dass der Beklagte das Anderkonto auf das Ansuchen der AG, auf diesem Konto Einzahlungen der Anleger für die Kapitalerhöhungen entgegenzunehmen und auf ihr Anfordern an sie auszuzahlen, eingerichtet hatte. Mit einer solchen Verwahrungsanweisung konnte dem Sicherungsinteresse der am Verwahrungsgeschäft beteiligten Anleger nicht Rechnung getragen werden. Deshalb hätte der Beklagte bereits das Ansuchen der AG gemäß § 14 Abs. 2 BNotO zurückweisen müssen, weil die Einzahlung auf das Konto des Beklagten den Anlegern keine größere Sicherheit bot, als wenn sie ihre Einlage unmittelbar auf ein Bankkonto der AG überwiesen hätten. In beiden Fällen bestand für sie gleichermaßen das Risiko, dass der eingezahlte Betrag von der AG zweckwidrig verwendet wurde und ihr im Zeitpunkt der Anmeldung der Eintragung der Durchführung der Erhöhung des Grundkapitals ins Handelsregister nicht mehr zur Verfügung stand. Die Übernahme des ihm von der Klägerin angetragenen Treuhandgeschäftes hätte der Beklagte ablehnen müssen. Dies folgt zum einen daraus, dass mit dem Antrag der Klägerin keine schriftliche, den Anforderungen des § 54 a Abs. 2 Ziff. 2 BeurkG entsprechende Verwahranweisung, in der die zeitlichen und sachlichen Bedingungen der Verwahrung und die Auszahlungsvoraussetzungen bestimmt sind, verbunden war. Zum anderen durfte er den Treuhandauftrag auch deshalb nicht annehmen, weil die Weisung der AG, die ohne Einschränkungen eingezahlten Anlegergelder auf einseitiges Anfordern an die AG auszuzahlen, mit dem Sicherungsinteresse der Klägerin nicht in Übereinstimmung zu bringen war. Schließlich hätte er die Annahme des Treuhandvertrages auch deshalb verweigern müssen, weil sich der von der Klägerin mit ihrer Einzahlung bezweckte Erfolg nicht erreichen ließ. Hier wusste der Beklagte aufgrund des ihm von der AG zugeleiteten Zeichnungsscheins, dass die Klägerin mit dem eingezahlten Betrag neue Aktien der AG erwerben wollte. Das aber ließ sich durch den von ihr unterzeichneten Zeichnungsschein nicht erreichen. Der Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung stand bereits entgegen, dass die Zeichnungsscheine der Anleger gemäß § 185 Abs. 2 in V. m. Abs. 1 Ziff. 4 AktG unwirksam waren. In ihnen war der Zeitpunkt, an dem die Zeichnung unverbindlich wird, wenn nicht bis dahin die Durchführung der Erhöhung des Grundkapitals eingetragen ist, nicht angegeben. Damit fehlte es an einem wirksamen Vertragsangebot der Anleger an die AG. Es konnte deshalb kein Zeichnungsvertrag zustande kommen, aufgrund dessen die Zeichner Mitgliedschaftsrechte erwerben konnten. Das Registergericht hätte die Eintragung nach § 188 AktG ablehnen müssen, da die erforderlichen Unterlagen, zu denen gemäß § 188 Abs. 3 AktG auch die Zweitschriften der Zeichnungsscheine gehören, nicht den vorgeschriebenen Inhalt hatten. Der Beklagte hat seine Amtspflicht auch schuldhaft verletzt. Er kannte alle tatsächlichen Umstände, die die Annahme einer notariellen Amtshandlung begründeten. Es musste sich ihm aufdrängen, dass er als Notar eingeschaltet war, weil es sich bei der Aufbewahrung von Geld um ein Geschäft handelt, das nach der Auslegungsregel des § 24 Abs. 2. S. 1 BNotO typischerweise zum Aufgabenbereich von Notaren gehört. Schließlich hat er das an die Klägerin gerichteten Bestätigungsschreiben auch selbst als Rechtsanwalt und Notar unterzeichnet und auf das Bestehen eines Treuhandkontos hingewiesen. Er musste außerdem wissen, dass ihm als Notar gerade auch die Amtspflicht oblag, dem Sicherungsinteresse des Einzahlers Rechnung zu tragen und ihn vor erkennbaren Gefahren zu bewahren. Bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte er zudem erkennen können, dass die Klägerin den mit ihrer Einzahlung verfolgten Zweck, Mitgliedschaftsrechte an der AG zu erwerben, wegen der Nichtigkeit des Zeichnungsschein nicht erreichen konnte. Der Beklagte kann sich demgegenüber nicht darauf berufen, dass das Anderkonto nicht dem Schutz der Einlagen des Aktionärs vor dem Vorstand dienen könne, weil nach §§ 188, 36, 37 AktG die Einlage vor der Eintragung zur freien Verfügung des Vorstandes eingezahlt sein müsse. Wenn er der Auffassung gewesen sein sollte, die Verwendung der Zeichnungsbeträge für die Kapitalerhöhung und die Übertragung neuer Aktien auf die Zeichner nicht sicherstellen zu können, weil der Vorstand vor der Eintragung über die Einlage frei verfügen können müsse, hätte er den Verwahrantrag auch deshalb nicht annehmen dürfen. Dadurch, dass der Beklagten den ihm von der Klägerin überwiesenen Betrag entgegengenommen und an die AG ausgezahlt hat, ist der Klägerin der geltend gemachte Schaden in Höhe von 19.558,30 DM entstanden. Zur Beantwortung der Frage, welchen Schaden die Amtspflichtverletzung zur Folge hatte, ist zu prüfen, welchen Verlauf die Dinge bei pflichtgemäßem Verhalten des Notars genommen hätten und wie die Vermögenslage des Betroffenen sein würde, wenn der Notar die Pflichtverletzung nicht begangen, sondern pflichtgemäß gehandelt hätte (BGH DNotZ 1990, 661, 663). Dabei obliegt es dem Geschädigten auf der Grundlage von § 287 ZPO zu beweisen, dass der ihm entstandene Schaden in ursächlichem Zusammenhang mit der Amtspflichtverletzung steht (BGH WM 1992, 1665, 1667, 1668; WM 1997, 325, 326). Diesen Beweis hat die Klägerin, soweit es die von ihr selbst eingezahlten 19.558,30 DM anbelangt, geführt. Der Senat ist davon überzeugt, dass sie dann, wenn der Beklagte pflichtgemäß gehandelt, also den Treuhandauftrag abgelehnt hätte, den eingezahlten Betrag vom Beklagten zurückgefordert und einem anderen Notar oder einer Bank mit der Anweisung, über den Betrag erst zu verfügen, wenn sichergestellt ist, dass sie im Gegenzug die gezeichneten neuen Aktien erhält, überlassen hätte. Der Senat hält es für ausgeschlossen, dass sie den Betrag unmittelbar auf ein Konto der AG eingezahlt hätte. Die Klägerin hat bei ihrer Anhörung vor dem Senat bekundet, sie hätte eine erneute Einzahlung nur auf ein Treuhandkonto vorgenommen, weil sie sichergehen wollte, dass das Geld solange treuhänderisch verwahrt wird, bis die Voraussetzungen für den Erhalt der gezeichneten Aktien erfüllt sind. Dies erscheint lebensnah. Auch wenn die Klägerin sich zum damaligen Zeitpunkt durch eine Beteiligung an der AG einen erheblichen Gewinn versprach, erscheint es ausgeschlossen, dass sie auch nur das geringste Risiko eingegangen wäre, das eingesetzte Kapital zu verlieren, ohne im Gegenzug die gezeichneten neuen Aktien zu erhalten. Dem steht nicht entgegen, dass für die Klägerin, wie die vom Beklagten gefertigte Aufstellung (Bl. 39 d.A.) zeigt, weitere Zahlungen auf Aktienzeichnungen unmittelbar auf ein Konto der AG erfolgt sind. Diese Beträge wurden, wie sich aus der Aufstellung ergibt, überwiegend von ihrem Ehemann A. A. geleistet. A. A. war es auch, wie die Identität des auf dem Zeichnungsschein befindlichen Unterschriftsbildes mit der unstreitig von ihm geleisteten Unterschrift unter den Zeichnungsschein vom 30. 9. 1999 (Bl. 29 d.A.) zeigt, der den Zeichnungsschein über 25.000 Stückaktien (Bl. 477 d.A.), der der Zahlung vom 30. 11. 1999 zugrunde lag, ausgefüllt und unterzeichnet hat. Aus dem späteren Abschluss der Umtauschvereinbarung kann der Beklagte keine Rechte herleiten. Im Abschluss dieser Vereinbarung liegt keine nachträgliche Genehmigung der Weiterleitung der Einlage an den Vorstand. Sie diente vielmehr der Schadensbegrenzung. Der Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Klägerin in dem Umtauschvertrag zugesagt hat, Zug um Zug gegen Aushändigung der F...-Aktien auf Ansprüche gegen die AG zu verzichten und der F... AG etwaige Schadensersatzansprüche abzutreten. Zu den in Aussicht genommenen Erlass- und Abtretungsvereinbarungen ist es bislang noch nicht gekommen. Der Klägerin sind von der AG noch keine F... -Aktien angeboten worden. Aus der Umtauschvereinbarung ist der Klägerin bislang auch kein Vorteil, den sie sich gegenüber dem Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten anrechnen lassen müsste, entstanden. Ihr wurden von der AG noch keine Aktien der F... AG angeboten, dies wird vermutlich auch nicht mehr geschehen, weil die Verkäuferin dieser Aktien insolvent geworden ist und nur bereit war, die Aktien gegen Zahlung weiterer 1.5 Mio. DM zu liefern, die die AG bislang aber nicht auftreiben konnte. Der Beklagte kann dem Anspruch der Klägerin auch nicht den Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegenhalten (§ 242 BGB). Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass die Klägerin in die unlauteren Machenschaften des Vorstandes der AG, die dazu führten, dass die von den Anlegern eingezahlten Gelder nicht mehr für die Durchführung der Kapitalerhöhung zur Verfügung stehen, eingeweiht war. Es besteht deshalb auch kein Anlass, der Klägerin aufzugeben, die Herkunft des eingezahlten Betrags zu belegen. Der Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, es bestehe eine anderweitige Ersatzmöglichkeit im Sinne von § 19 Abs. 2 S. 2 BNotO. Eine subsidiäre Haftung entfällt, weil die Klägerin, wie oben ausgeführt wurde, als Auftraggeberin im Sinne von § 19 Abs. 1 S. 2 Halbs. 2 BNotO anzusehen ist. Der Schadensersatzanspruch der Klägerin ist nicht aus dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens (§ 254 Abs. 1 BGB) zu mindern. Die Klägerin konnte darauf vertrauen, dass der Beklagte seinen Amtspflichten als Notar nachkam. Auch wenn sie ihm keine ausdrückliche Verwahrungsanweisung erteilt hat, brauchte sie nicht damit zu rechnen, dass der Beklagte die eingezahlten Beträge an die AG auskehren würde, ohne dass sichergestellt war, dass die Kapitalerhöhung durchgeführt wird und sie die gezeichneten Aktien erhält. Es kann nicht festgestellt werden, dass ihr Ehemann sie vor der Überweisung darüber informiert hatte, dass der Beklagte sämtliche Anlegergelder auf Anfordern der AG an diese weiterleiten würde. Hierfür bestand in der ersten Hälfte des September 1999 kein Anlass. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 n.F. BGB. Dem vom Beklagten geltend gemachten Zurückbehaltungsrecht hat die Klägerin bei ihrer Antragstellung Rechnung getragen.
II.
Demgegenüber führt die Berufung zum Erfolg, soweit sich der Beklagte gegen seine Verurteilung zur Zahlung von 119.225,43 DM wendet. Den Söhnen K. und A. A. stand kein Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 19 BNotO in Höhe des geltend gemachten Betrages gegen den Beklagten zu, den sie an die Klägerin hätten abtreten können. Der Senat geht allerdings auch insoweit, als die Klägerin ihre Klage auf ihr von ihnen Söhnen abgetretene Ansprüche stützt, davon aus, dass der Beklagte die ihm ihren Söhnen K. und A. A. gegenüber obliegenden Amtspflichten schuldhaft verletzt hat. Der Beklagte hat erkannt, dass die Zahlungen von jeweils 19.558,30 DM, von 48.846, 85 DM und von jeweils 15.630,99 DM von den Söhnen der Klägerin herrührten und dem Erwerb der in den Zeichnungsscheinen mit Datum vom 16. 9., 30. 9. und 27. 12. 1999 gezeichneten Aktien dienen sollten. Dies folgt zum einen daraus, dass er ihnen mit Schreiben vom 5. 10. 1999 den jeweiligen Zahlungseingang bestätigt hat. Zum anderen ergibt es sich daraus, dass er ihnen die eingegangenen Zahlungen, auch soweit er ihnen gegenüber den Eingang nicht bestätigt hatte, in Aufstellungen, in denen sie namentlich genannt waren, zugeordnet hat. Damit waren K. und A. A. aus seiner Sicht diejenigen, die an ihn das Ansuchen zur Ausübung von notariellen Verwahrgeschäften gestellt haben. Diese Ansuchen hätte er ablehnen müssen, da sie nicht mit einer schriftlichen Verwahranweisung verbunden waren und er ihrem Sicherungsinteresse nicht gerecht werden konnte. Schadensersatzansprüchen ihrer Söhne, die an die Klägerin hätten abgetreten werden können, steht aber entgegen, dass die Klägerin den ihr obliegenden Nachweis, ihren Söhnen sei durch die Amtspflichtverletzung des Beklagten der geltend gemachte Schaden entstanden, nicht geführt hat. Der Senat ist vielmehr davon überzeugt, dass der Ehemann der Klägerin, der Zeuge A. A., dann, wenn der Beklagte pflichtgemäß die Übernahme eines notariellen Treuhandgeschäfts abgelehnt und ihm als Vertreter seiner Söhne die erhaltenen Gelder wieder zur Verfügung gestellt hätte, die auf ihre Zeichnungen geleisteten Beträge unmittelbar auf ein Konto der AG eingezahlt hätte. Dann aber stünden die Söhne der Klägerin nicht besser als heute. Nach der Überzeugung des Senats war der Zeuge A. A. von seinen Söhnen bevollmächtigt, alle Handlungen vorzunehmen, die seiner Einschätzung nach erforderlich waren, damit sie die gewünschte Anzahl von neuen Aktien der AG erhalten würden. Dafür spricht, dass er nach dem Vortrag der Klägerin von ihren Söhnen sowohl damit beauftragt war, in ihrem Namen die Zeichnungsscheine mit Datum vom 16. 9. und 30. 9. 1999 auszufüllen und zu unterzeichnen als auch damit, zu veranlassen, dass die Beträge, die aufgrund sämtlicher Zeichnungsscheine zu erbringen waren, von ihren Konten bei der ... O2 überwiesen wurden. Dabei haben seine Söhne offensichtlich uneingeschränkt darauf vertraut, dass ihr Vater als Vertriebsleiter und späterer Vorstand der AG die mit ihrer Geldanlage verbundenen Chancen und Risiken kennt und am besten weiß, wie ihren Interessen Rechnung zu tragen ist. Dies zeigt sich insbesondere darin, dass sie ohne weiteres bereit waren, Einzelzeichnungsscheine mit Datum vom 27. 12. 1999 über jeweils 8.000 Stückaktien zu unterzeichnen, nachdem sie davon erfahren hatten, der, wie die Klägerin vorträgt, ohne ihr Wissen vom Zeugen A. A. ausgestellte Sammelzeichnungsschein über 24.000 Stückaktien als unwirksam angesehen worden war. Dass sie die Vollmacht ihres Vaters dahin eingeschränkt haben sollten, dass er nur berechtigt sein sollte, ihre Einlage auf ein Notaranderkonto einzuzahlen, erscheint unter diesen Umständen abwegig. Jedenfalls durfte der Beklagte auf eine dem Zeugen A. A. umfassend erteilte Vollmacht vertrauen und ihn als berechtigt ansehen, die auf die Zeichnungen seiner Söhne geleisteten Einlagen zurückzunehmen. Denn er war derjenige, der ihm gegenüber bei den Einzahlungen als Vertreter seiner Söhne auftrat. Er war es, wie der Beklagte es vorgetragen und die Klägerin nicht substantiiert bestritten hat, der dem Beklagten gegenüber bestimmte, auf welche Zeichnungen die Zahlungen zu verrechnen waren. Auf seine Erklärungen ist es zurückzuführen, dass die ohne Angabe eines Verwendungszwecks am 1. 10. 1999 eingegangene Zahlung von 31.261,99 DM in Höhe von 19.558,30 DM auf die Zeichnung von A. A. angerechnet wurde. Schließlich lässt sich auch der Umstand, dass der Beklagte in seinen Aufstellungen für K. und A. A. unter dem 4. 10. 1999 lediglich Gutschriften von 19.558,30 DM vermerkt hat, obwohl tatsächlich jeweils 31.261,99 DM eingegangen waren, nur auf Angaben des Zeugen A. A. zurückführen. Auch die zugunsten beider Söhne in diesen Aufstellungen unter dem 6. 1. 2000 aufgeführten Gutschriften von 15.630,99 DM können nur auf einer Anweisung des Zeugen A. A. an den Beklagten beruhen. Denn zu dieser Zeit lagen dem Beklagten, wie der Hinweis auf den Sammelzeichnungsschein über 24.000 Euro zeigt, die von den Söhnen der Klägerin unterzeichneten Einzelzeichnungsscheine mit Datum vom 27. 12. 1999 noch nicht vor. Dafür, dass der Zeuge A. A. die auf das Treuhandkonto des Beklagten überwiesenen Beträge dann, wenn der Beklagte ihre Verwahrung abgelehnt hätte, umgehend auf Konten der AG eingezahlt hätte, spricht, dass er, wie aus seiner Aussage folgt, davon ausgegangen war, dass die Kapitalerhöhung vom 1. 3. 1999 bereits durchgeführt war, die gezeichneten Aktien mithin vorhanden waren und den Zeichnern unschwer zur Verfügung gestellt werden konnten, dass er keinerlei Zweifel an der Leistungsfähigkeit der AG besaß, vom Konzept der AG vollkommen überzeugt war und sich, wie seine Familienangehörigen auch, erhebliche Gewinne durch Beteiligungen an der AG versprach. Er wusste auch, wie er bekundet hat, wofür die Gelder aus der ersten Kapitalerhöhung verwendet werden sollten, und ging davon aus, dass die AG sie für die Durchführung der in einem Business-Plan festgehaltenen Ziele einsetzen würde. Er ging selbst davon aus, dass die Anlagegelder, die von den Zeichnern auf Konten des Beklagten überwiesen wurden, der AG zur Verfügung gestellt und von ihr verwendet werden würden. Damit bestand für ihn kein Grund, Gelder, deren Annahme der Beklagte verweigert hätte, der AG nicht unmittelbar zur Verfügung zu stellen. Tatsächlich hat er auch, wie aus der vom Beklagten vorgelegten Anlage B Konten 7 A. Zu- und Abflüsse (Bl. 304 ff) und aus den von der Klägerin vorgelegten Aufstellungen des Beklagten über die Zeichnungen seiner Ehefrau und Kinder N2, A. und K. A. folgt, sowohl zu der Zeit, als er noch nicht zum Vorstand der AG bestellt war, als auch danach Zahlungen für eigene Zeichnungen oder für solche, die seine Familienangehörigen oder er in ihrem Namen getätigt hatte, auf Konten der AG vorgenommen. Er hat auch zu keiner Zeit dem Beklagten gegenüber beanstandet, dass dieser die Zeichnungsgelder der AG zur Verfügung stellte, obwohl er, wie er bekundet hat, nach Erteilung einer Vollmacht für das Konto der AG bei der B2...Bank Anfang November 1999 wusste, dass der Beklagte von seinem Treuhandkonto Anlagegelder auf dieses Konto überwies und dass die AG hierüber verfügte. Darauf, dass die Söhne der Klägerin möglicherweise die auf die Zeichnungen geleisteten Beträge nur einem Notar, nicht aber der AG anvertraut hätten, wie es die Klägerin geltend macht, kommt es nicht an. Denn der Senat ist, wie oben ausgeführt wurde, davon überzeugt, dass sie es ihrem Vater, dem Zeugen A. A., überlassen haben, eigenständig zu entscheiden, auf welche Weise er die für die Zeichnungen bestimmten Gelder einzahlt. Der Senat verkennt nicht, dass der Zeuge A. A. möglicherweise dann, wenn ihn der Beklagte darüber belehrt hätte, dass die Zeichnungsscheine unwirksam sind, gezögert hätte, ihm vom Beklagten zurückgegebene Gelder unmittelbar der AG zur Verfügung zu stellen. Zu einer solchen rechtlichen Beratung war der Beklagte jedoch nicht verpflichtet. Da der Beklagte keine Urkundstätigkeit für die Söhne der Klägerin übernommen hatte, traf ihn keine Belehrungspflicht nach § 17 Abs. 1 BeurkG. Die Söhne der Klägerin haben den Beklagten auch nicht um eine rechtliche Beratung ersucht. Schließlich war der Beklagte auch nicht an der Verfassung des Zeichnungsscheines beteiligt. Über Hintergründe und Rechtsfolgen aus Urkunden, an deren Fertigung der Notar nicht beteiligt war, muss er jedoch ungefragt nicht belehren (Haug, Amtshaftung des Notars 2. A. RZ 416). Der Beklagte hätte seiner Amtspflicht bereits dadurch genügt, dass er die Übernahme eines Treuhandgeschäftes und die Entgegennahme der Gelder abgelehnt hätte. Er hätte für die Ablehnung keinen ausreichenden Grund vorbringen müssen, denn dem Notar steht es frei, ob er eine Verwahrungstätigkeit übernehmen will oder nicht (Haug, a.a.O. RZ 683). Es hätte ausgereicht, wenn er darauf hingewiesen hätte, dass er ohne schriftliche Verwahrungsanweisung und im Hinblick auf die Anweisung der AG, eingehende Zeichnungsbeträge an sie auszuzahlen, einem Sicherungsinteresse der Einzahler nicht genügen könne. Im übrigen spricht aber auch eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Söhne der Klägerin die beim Beklagten eingezahlten Gelder selbst dann verloren hätten, wenn der Beklagten ihren Vater auf die Unwirksamkeit der Zeichnungsscheine hingewiesen hätte. Es wäre für diesen als Vertriebsleiter und künftigen Vorstand der AG, der gerade damit betraut war, für die AG zahlungsbereite Anleger zu finden und dafür Provisionen erhielt, ein Leichtes gewesen, dafür zu sorgen, dass Zeichnungsscheine, die den formalen Anforderungen des § 185 AktG genügten, gefertigt wurden. Diese Zeichnungsscheine hätte er mit Sicherheit erneut für seine Söhne unterschrieben und die von ihnen für die Zeichnungen zur Verfügung gestellten Mittel bei einer Weigerung des Beklagten, den Verwahrantrag anzunehmen, der AG unmittelbar zur Verfügung gestellt.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92, 97 und hinsichtlich der früheren Klägerin zu 2 auf § 269 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Ziff. 10, 711, 108 ZPO. Die Beschwer ist gemäß § 546 Abs. 2 ZPO festgesetzt. Der Senat hat davon abgesehen, den Rechtsstreit bis zum Abschluss des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegen die Vorstandsmitglieder der AG auszusetzen. Es ist nicht ersichtlich, dass dessen Ergebnis auf das vorliegende Verfahren Einfluss haben kann. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin oder ihre Söhne an möglichen strafbaren Handlungen beteiligt waren, bestehen nicht.
OLG Frankfurt am Main:
Urteil v. 30.01.2002
Az: 9 U 91/01
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