Bundespatentgericht:
Beschluss vom 8. Juli 2009
Aktenzeichen: 28 W (pat) 154/08
(BPatG: Beschluss v. 08.07.2009, Az.: 28 W (pat) 154/08)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
BPatG 152
Gründe
I.
Angemeldet für die Eintragung in das Markenregister ist die Wortmarke NATURLICH für die Waren "Futtermittel für Tiere aller Art".
Die Markenstelle für Klasse 31 des Deutschen Patentund Markenamts hat die Anmeldung als nicht unterscheidungskräftige Angabe von der Eintragung ausgeschlossen und zur Begründung ausgeführt, die Bezeichnung "natürlich" sei für Futtermittel eine zentrale und außerordentlich wichtige Beschaffenheitsangabe, die auch in Alleinstellung als besonderes Eigenschaftsund Wertversprechen im Sinn von "biologisch, naturbelassen" Verwendung finde. Soweit sich die angemeldete Bezeichnung hiervon durch das Weglassen der diakritischen Zeichen des Umlautes unterscheide, bleibe das im Verkehr unbemerkt oder werde für einen Hörfehler gehalten, so dass auch der Abweichung der genannte beschreibende Aussagegehalt beigemessen werde. Somit besitze sie keine schutzbegründende Eigenart. Ob der angemeldeten Marke darüber hinaus auch wegen § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG die Eintragung zu versagen sei, ist dahingestellt geblieben.
Mit seiner Beschwerde verfolgt der Anmelder sein Eintragungsbegehren weiter und beruft sich darauf, dass die Marke in ihrer konkret angemeldeten Form zu beurteilen sei. Insoweit handele es sich weder um ein gebräuchliches Wort der deutschen noch einer bekannten Fremdsprache. "NATURLICH" sei folglich ein Phantasiebegriff, dem kein beschreibender Sinngehalt zugeordnet und damit nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden könne. Der Verkehr begegne ständig Begriffen mit dem Bestandteil "Natur..." ebenso wie Wörtern mit dem Element "natür...", so dass er das angemeldete Zeichen nicht als Hörfehler, sondern als betriebliches Herkunftszeichen werte, wozu auch die Großschreibung beitrage.
Der Anmelder beantragt sinngemäß, die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben.
Seinen Antrag auf mündliche Verhandlung hat er mit Schriftsatz vom 30. Juni 2009 zurückgenommen und gebeten im schriftlichen Verfahren zu entscheiden.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Der Eintragung der angemeldeten Marke stehen auch nach Auffassung des Senats die Schutzhindernisse § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG entgegen.
Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende, konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens im Unterschied zu solchen anderer Unternehmen wahrgenommen zu werden (std. Rspr., vgl. z. B. BGH GRUR 2003, 1050 -Cityservice) und damit eine eindeutige betriebliche Zuordnung dieser Waren und Dienstleistungen zu ermöglichen. Der Europäische Gerichtshof hat für den Bereich der registrierten Marken mehrfach die Herkunftsfunktion als die entscheidende Hauptfunktion herausgehoben. Die Eintragung einer Marke kommt daher nur in Betracht, wenn sie geeignet ist, den Verbraucher klar und eindeutig den betrieblichen Ursprung der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu offenbaren und damit die Herkunftsfunktion der Marke zu erfüllen. Sonstige Funktionen einer Marke -insbesondere ihre Werbefunktion -dürfen daneben nur von nachrangiger, untergeordneter Bedeutung sein (vgl. EuGH GRUR 2004, 1027, 1029 (Nr. 35) -DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT). Der EuGH hat weiter klargestellt, dass nur merkliche oder erhebliche Unterschiede gegenüber schutzunfähigen Angaben zur Begründung der markenrechtlichen Unterscheidungskraft ausreichend sind. Dagegen wird eine Reduzierung des Prüfungsmaßstabs, wovon die Anmelderin auszugehen scheint, und damit das Ausreichen jeder auch noch so geringen Unterscheidungskraft mit der Begründung abgelehnt, das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb und der Schutz vor ungerechtfertigten Monopolen sei angemessen zu berücksichtigen. Im Ergebnis kann nur dasjenige Zeichen eingetragen werden, dessen Unterscheidungskraft sich eindeutig und unzweifelhaft feststellen lässt. Diese Voraussetzungen sind bei der angemeldeten Bezeichnung nicht erfüllt. Unstreitig unterscheidet sich die angemeldete Bezeichnung "NATURLICH" vom im Deutschen geläufigen Adjektiv "natürlich" neben der vom Anmelder gewählten Schreibweise in Versalien lediglich durch die fehlenden Punkte auf dem Vokal der 2. Silbe. Im Zusammenhang mit den beanspruchten "Futtermittel für Tiere aller Art" weist das Wort "natürlich" darauf hin, dass diese Waren nicht künstlich vom Menschen hergestellt sind, sondern in der Natur vorkommen (z. B. Getreide, Obst oder Gemüse sowie Pflanzen allgemein als Futtermittel) und damit in ihrer natürlichen Substanz unverändert, also naturbelassen sind. Was für den Tierhalter im Rahmen einer bewussten Ernährung selbstverständlich ist, nämlich eine möglichst ohne Verwendung chemischer Zusatzstoffe oder Konservierungsmittel produzierte und damit natürlich belassene Nahrung, darf auch den Hausund Nutztieren nicht vorenthalten werden, zumal bei einer artgerechten Ernährung und Aufzucht von Tieren die Verwendung weitgehend natürlich hergestellter Futtermittel eine Selbstverständlichkeit darstellt, die nicht nur ethischen Grundsätzen eher entspricht, sondern auch Vorteile in der Vermarktung bietet, da nicht zuletzt eine natürliche Aufzucht eine höhere Fleischqualität und damit einen besseren Preis mit sich bringt. Diese Ausführungen zeigen nicht zuletzt die zentrale Bedeutung, die dem Begriff "natürlich" im Zusammenhang mit Futtermitteln im Verkehr zukommt. Vor diesem Hintergrund kann das Weglassen der Umlaut-Punkte der angemeldeten Bezeichnung die notwendige Unterscheidungskraft nicht verleihen. Der Schutzbereich einer Eintragung der vorliegenden Bezeichnung als Marke in Versalien würde sich auch auf eine Wiedergabe im Verkehr in Kleinschreibung erstrecken, so dass für diesen Fall erst recht nicht von erkennbaren Unterschieden zur glatt beschreibenden Angabe die Rede sein kann. Jedoch auch bei Wiedergabe in Versalien fallen die fehlenden Umlaut-Punkte den beteiligten Verkehrskreisen, insbesondere den Endverbrauchern, beim Kauf dieser eher flüchtig erworbenen Waren nicht auf. Vielmehr entspricht es der Lebenserfahrung, dass beim Lesen bzw. Hören das fehlende Zeichen (hier die beiden Punkte über dem Buchstaben U) bzw. der nicht wiedergegebene Laut unwillkürlich ergänzt und somit als das bekannte Wort wahrgenommen wird. Der vorliegend angesprochene Verkehr wird den Unterschied der Schreibweise zwischen dem angemeldeten Zeichen und der beschreibenden Angabe regelmäßig oder zumindest sehr häufig nicht bemerken (BGH GRUR 2003, 882-883, Rn. 18 -Lichtenstein). Soweit der Anmelder sich in diesem Zusammenhang auf klangliche Unterschiede zwischen der beanspruchten Bezeichnung und der Sachangabe beruft, nimmt der Verkehr die lediglich marginalen Unterschiede regelmäßig nicht wahr, weil er sie für Schreibbzw. Hörfehler hält, die der häufig unbewusst durch Korrektur ausgleicht. Im Übrigen entspräche es einer unzulässigen zergliedernden Betrachtungsweise, wenn man mit dem Anmelder dem interessierten Verkehr unterstellt, dass dieser aus der Existenz zahlreicher Begriffsbildungen mit "Natur" einerseits sowie mit "natürlich" andererseits den Schluss zieht, die angemeldeten Bezeichnung weise ausschließlich auf die betriebliche Herkunft der so gekennzeichneten Waren hin. Dies wäre jedenfalls nicht ohne eingehende Analyse der Wortbildung und in mehreren gedanklichen Schritten möglich, was aber nicht berücksichtigt werden kann, da es im Widerspruch zu den Gepflogenheiten des Verkehrs auf dem vorliegenden Warengebiet steht.
Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.
Stoppel Schell Martens Bb
BPatG:
Beschluss v. 08.07.2009
Az: 28 W (pat) 154/08
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