Bundespatentgericht:
Beschluss vom 25. März 2004
Aktenzeichen: 6 W (pat) 28/02

(BPatG: Beschluss v. 25.03.2004, Az.: 6 W (pat) 28/02)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse E 03 F des Deutschen Patent- und Markenamts vom 4. Oktober 2001 aufgehoben und das Patent erteilt.

Bezeichnung: Vorrichtung zum Reinigen von Sinkkästen Anmeldetag: 24. April 1996 Die Prioritäten der Anmeldungen in Deutschland vom 2. September 1995 und 19. Dezember 1995 wurden in Anspruch genommen.

(Aktenzeichen der Erstanmeldungen DE 195 32 488.9 und DE 195 47 350.7)

Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde:

- Patentansprüche 1 bis 15, eingegangen am 17. März 2004,

- Beschreibung Seiten 1 bis 15, eingegangen am 17. März 2004

- 3 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1, 2, 3a bis 3d und 4 bis 8, eingegangen am 17. März 2004.

Gründe

I.

Die Beschwerde der Anmelderin ist gegen den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse E 03 F des Deutschen Patent- und Markenamts vom 4. Oktober 2001 gerichtet, mit dem die vorliegende Anmeldung mit der Begründung zurückgewiesen worden war, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 vom 15. November 1999 nicht patentfähig sei, da er im Hinblick auf die deutsche Patentschrift DE 43 28 480 C1 nicht neu sei.

Im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt sind zum Stand der Technik folgende Druckschriften berücksichtigt worden:

D1: deutsche Patentschrift 43 28 480 C1 D2: deutsche Offenlegungsschrift DE 42 23 931 A1 D3: deutsches Gebrauchsmuster DE-GM 73 38 188 Gegen den vorgenannten Beschluss hat die Anmelderin am 22. November 2001 Beschwerde eingelegt. Sie hat mit Eingabe vom 16. März 2004 neue Patentansprüche 1 bis 15, eine neue Beschreibung Seiten 1 bis 15 sowie 4 Blatt Zeichnungen (Figuren 1, 2, 3a bis 3d und 4 bis 8) vorgelegt und mit Schreiben vom 18. März 2004 beantragt, den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse E 03 F des Deutschen Patent- und Markenamts vom 4. Oktober 2001 aufzuheben und das Patent mit den mit Eingabe vom 16. März 2004 eingereichten Unterlagen zu erteilen:

Der Patentanspruch 1 lautet:

"Vorrichtung zum Reinigen von Sinkkästen (2) mit einem Sinkkastendeckel (11), insbesondere an Straßenrändern, mit einem absenkbaren Saugrohr oder Saugschlauch (7) zum Absaugen des in den Sinkkästen (2) befindlichen Schmutzes und mit Mitteln (10) zum Anheben des Sinkkastendeckels (11) und zum Ablegen des Sinkkastendeckels (11) in seinen Deckelsitz (12), dadurch gekennzeichnet, daß Mittel (21) zum Verschwenken des Sinkkastendeckels (11) in der angehobenen Position zur Freigabe der Sinkkastenöffnung vorhanden sind und eine Führungshilfe (32) für den Saugschlauch (7) oder das Saugrohr in einer verschwenkbaren Grundplatte (18) vorgesehen ist, wobei durch Verschwenken der Grundplatte (18) eine Stellung der Führungshilfe (32) oberhalb des Sinkkastens (2) erreichbar ist."

Laut Beschreibung (S. 3, Abs. 3) soll die Aufgabe gelöst werden, eine Vorrichtung zur Reinigung von Sinkkästen vorzuschlagen, bei der die Freigabe der Sinkkastenöffnung und die Positionierung des Saugschlauches vereinfacht wird.

Hinsichtlich der auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 15 sowie wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig und im Hinblick auf die geltenden Unterlagen auch begründet.

1. Die Gegenstände der geltenden Patentansprüche sind in den in der Stammanmeldung ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen vom 24.4.1996 offenbart, die Patentansprüche sind somit zulässig. So ergibt sich der geltende Anspruch 1 aus den ursprünglichen Ansprüchen 1 und 6 sowie S. 17, Abs. 3, der geltende Anspruch 6 basiert auf dem ursprünglichen Anspruch 7 und S. 4, letzter Abs. und die geltenden Ansprüche 2 bis 5 und 7 bis 15 entsprechen den ursprünglichen Ansprüchen 2 bis 5, 23 bis 25, 28 und 30 bis 35.

2. Der Anmeldungsgegenstand stellt eine patentfähige Erfindung i. S. d. PatG § 1 bis 5 dar.

a. Die Vorrichtung zum Reinigen von Sinkkästen nach Patentanspruch 1 ist gegenüber dem aufgezeigten Stand der Technik neu. Denn keine der entgegengehaltenen Druckschriften zeigt eine solche Vorrichtung mit sämtlichen im Patentanspruch 1 angegebenen Merkmalen, wie sich auch aus den folgenden Ausführungen ergibt.

b. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 der vorliegenden Anmeldung, dessen gewerbliche Anwendbarkeit nicht in Zweifel steht, ist das Ergebnis einer erfinderischen Tätigkeit.

Aus der deutschen Patentschrift DE 43 28 480 C1 ist eine gattungsgleiche Vorrichtung zum Reinigen von Sinkkästen bekannt, bei der ein Saugschlauch über den geschlossenen Sinkkasten geschwenkt wird (vgl. Sp. 6, Z. 44 bis 49). Nachdem der Saugschlauch über dem Sinkkasten positioniert ist, wird der Sinkkastendeckel mittels eines Greifersystems angehoben und linear auf einer ebenen Stützkonstruktion zum Fahrzeug bewegt (vgl. Sp. 10, Z. 11 bis 17). Anschließend wird der Saugschlauch in den nunmehr geöffneten Sinkkasten abgesenkt und der Sinkkasten gereinigt.

Zu den im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 genannten Merkmalen vermag dieser Stand der Technik jedoch keine Anregung zu liefern. Denn dort erfolgt weder ein Verschwenken des Sinkkastendeckels in der angehobenen Position zur Freigabe der Sinkkastenöffnung, noch ist eine verschwenkbare Grundplatte mit einer Führungshilfe für den Saugschlauch vorhanden derart, dass durch Verschwenken der Grundplatte eine Stellung der Führungshilfe oberhalb des Sinkkastens erreichbar ist.

Zu einer solchen Ausgestaltung wird der Fachmann - ein Diplomingenieur der Fachrichtung Maschinenbau mit langjähriger Erfahrung in der Entwicklung von Fahrzeugen zur Kanal- und Straßenreinigung - auch nicht bei zusätzlicher Kenntnis der deutschen Offenlegungsschrift DE 42 23 931 A1 oder des deutschen Gebrauchsmusters DE-GM 73 38 188 angeregt.

Die deutsche Offenlegungsschrift DE 42 23 931 A1 offenbart keine Vorrichtung zum Reinigen von Sinkkästen, sondern ein Kanalreinigungsfahrzeug, bei dem zwar Mittel zum Verschwenken des Kanaldeckels in der angehobenen Position vorgesehen sind (vgl. Fig. 2 und Sp. 2, Z. 56 bis 64), eine verschwenkbare Grundplatte mit einer Führungshilfe für den Saugschlauch ist aber nicht vorgesehen. Dort muss vielmehr das Fahrzeug so über dem zu reinigenden Kanal positioniert werden, dass der Saugschlauch exakt über der Kanalöffnung liegt.

Das deutsche Gebrauchsmuster DE-GM 73 38 188 zeigt ein weiteres Kanalreinigungsfahrzeug, bei dem ebenfalls Mittel zum Verschwenken des Kanaldeckels in der angehobenen Position vorgesehen sind (vgl. Fig. 1 und S. 3, vorletzter Abs.), eine verschwenkbare Grundplatte mit einer Führungshilfe für den Saugschlauch fehlt aber auch dort.

Somit zeigt zwar der Stand der Technik - wie oben ausgeführt - ein Teilmerkmal der beanspruchten Ausgestaltung, eine Anregung, dieses Teilmerkmal sowie das zusätzliche und dem Stand der Technik nicht entnehmbare Merkmal, wonach in einer verschwenkbaren Grundplatte eine Führungshilfe für den Saugschlauch oder das Saugrohr vorgesehen ist und durch Verschwenken der Grundplatte eine Stellung der Führungshilfe oberhalb des Sinkkastens erreichbar ist, zu der im geltenden Anspruch 1 beschriebenen Lösung zu kombinieren, ist dort aber nicht zu entnehmen.

Auch durch sein Fachwissen allein wird der Fachmann nicht dazu veranlasst, eine Vorrichtung der aus dem Stand der Technik bekannten Art in der im Anspruch 1 angegebenen Weise weiterzuentwickeln, da der grundlegende Gedanke fehlt, durch eine Schwenkbewegung sowohl den Sinkkasten freizugeben als auch eine Führungshilfe für den Saugschlauch über dem Sinkkasten anzuordnen.

Der Patentanspruch 1 ist somit gewährbar. Das gleiche gilt für die auf diesen Patentanspruch rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 15, die auf Merkmale zur Weiterbildung der Vorrichtung nach Patentanspruch 1 gerichtet sind.

Lischke Heyne Riegler Schneider Cl






BPatG:
Beschluss v. 25.03.2004
Az: 6 W (pat) 28/02


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