Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. April 2008
Aktenzeichen: 25 W (pat) 162/05

(BPatG: Beschluss v. 24.04.2008, Az.: 25 W (pat) 162/05)

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 des DPMA vom 5. September 2005 aufgehoben, soweit der Widerspruch aus der Marke 1 118 685 hinsichtlich der Waren "Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton, Bild und Daten; optische, mechanische und magnetische Aufzeichnungsträger für Ton, Bild und Daten", der Widerspruch aus der Marke 1 168 907 hinsichtlich der Dienstleistungen "Dienstleistungen eines Informatikers"

undder Widerspruch aus der Marke 1 127 033 hinsichtlich der Waren und Dienstleistungen "Datenverarbeitungsgeräte sowie Kompakt- und Zentraleinheiten der Datenverarbeitung, nämlich Computer, Prozessoren sowie daran anschließbare Zusatzgeräte zur Ein- und Ausgabe sowie zur Wiedergabe von Daten und Informationen einschließlich von Datenverarbeitungsgeräten und Computern als Bestandteile von Datennetzen und zur Teilnahme an der Kommunikation in Datennetzen; Bildschirme, Displays und Monitore; Multimediaterminals; interaktive und nicht interaktive Informationsterminals; Computer-Programme und Computer-Software aller Art (soweit in Klasse 9 enthalten); technische Beratung und technische Hilfeleistungen bei der Gestaltung und der Benutzung von Computerprogrammen, Computern, Computerhardware und Computersystemen; technische Beratung; Bereitstellen und Lizenzieren von Computerprogrammen und von Datenbanken"

zurückgewiesen worden sind.

2. Die Marke 300 15 538 isthinsichtlich der Waren "Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton, Bild und Daten; optische, mechanische und magnetische Aufzeichnungsträger für Ton, Bild und Daten" aufgrund der Widerspruchsmarke 1 118 685, hinsichtlich der Dienstleistungen "Dienstleistungen eines Informatikers" aufgrund der Widerspruchsmarke 1 168 907 und hinsichtlich der Waren und Dienstleistungen "Datenverarbeitungsgeräte sowie Kompakt- und Zentraleinheiten der Datenverarbeitung, nämlich Computer, Prozessoren sowie daran anschließbare Zusatzgeräte zur Ein- und Ausgabe sowie zur Wiedergabe von Daten und Informationen einschließlich von Datenverarbeitungsgeräten und Computern als Bestandteile von Datennetzen und zur Teilnahme an der Kommunikation in Datennetzen; Bildschirme, Displays und Monitore; Multimediaterminals; interaktive und nicht interaktive Informationsterminals; Computer-Programme und Computer-Software aller Art (soweit in Klasse 9 enthalten); technische Beratung und technische Hilfeleistungen bei der Gestaltung und der Benutzung von Computerprogrammen, Computern, Computerhardware und Computersystemen; technische Beratung; Bereitstellen und Lizenzieren von Computerprogrammen und von Datenbanken" aufgrund der Widerspruchsmarke 1 127 033 zu löschen.

3. Im Übrigen bleibt die Entscheidung über die Beschwerde dahingestellt.

Gründe

I.

Die am 1. März 2000 angemeldete Marke Aesculanist am 14. November 2000 für verschiedene Waren und Dienstleistungen, u. a. für

"Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton, Bild und Daten; optische, mechanische und magnetische Aufzeichnungsträger für Ton, Bild und Daten; Datenverarbeitungsgeräte sowie Kompakt- und Zentraleinheiten der Datenverarbeitung, nämlich Computer, Prozessoren sowie daran anschließbare Zusatzgeräte zur Ein- und Ausgabe sowie zur Wiedergabe von Daten und Informationen einschließlich von Datenverarbeitungsgeräten und Computern als Bestandteile von Datennetzen und zur Teilnahme an der Kommunikation in Datennetzen; Bildschirme, Displays und Monitore; Multimediaterminals; interaktive und nicht interaktive Informationsterminals; Computer-Programme und Computer-Software aller Art (soweit in Klasse 9 enthalten); technische Beratung und technische Hilfeleistungen bei der Gestaltung und der Benutzung von Computerprogrammen, Computern, Computerhardware und Computersystemen; Bereitstellen und Lizenzieren von Computerprogrammen und von Datenbanken; Dienstleistungen eines Informatikers; technische Beratung"

unter der Nummer 300 15 538 in das Markenregister eingetragen worden. Die Veröffentlichung der Eintragung erfolgte am 14. Dezember 2000.

Die Inhaberin der gleichlautenden Marken Nr. 1 118 685, Nr. 1 168 907 und Nr. 1 127 033 AESCULAP hat aus diesen Marken gegen die Eintragung Widersprüche eingelegt, welche im Beschwerdeverfahren nunmehr nur noch gegen die oben genannten Waren und Dienstleistungen gerichtet sind.

Die Marke 1 118 685, geschützt für

"Videokameras für medizinische Zwecke sowie Netz- und Steuergeräte für diese Waren; Endoskope und deren Teile für technische, wissenschaftliche und medizinische Zwecke; medizinische Lasergeräte sowie Netz- und Steuergeräte für diese Waren"

ist am 2. März 1988 eingetragen worden.

Die Marke 1 168 907, geschützt für

"Reparatur und Instandhaltung von medizinischen Instrumenten, Apparaten und Geräten; Aus- und Weiterbildung für betriebsfremdes Personal sowie Durchführung von Schulungskursen für andere; Filmvorführungen; Filmvermietung; Veröffentlichung und Herausgabe von wissenschaftlichen Informationsschriften auf dem Gebiet der Medizintechnik; Erstellung von Datenverarbeitungsprogrammen für Dritte; Vermietung von Datenverarbeitungsprogrammen; Erstellen von Operationsplänen für Krankenhäuser in organisatorischer Hinsicht; Konstruktionsplanung von individuell angepassten Endoprothesen; Dienstleistungen für den Betrieb eines Krankenhauses, nämlich Durchführung der Sterilisation von Instrumenten und Geräten, Lagerhaltung von chirurgischen Instrumenten und Geräten, Bereitstellen von chirurgischen Instrumenten und Geräten zu Operationszwecken, Wegräumen und Reinigen dieser Instrumente und Geräte sowie Befüllung von Magazinen bei chirurgischen Instrumenten"

ist am 30. November 1990 eingetragen worden.

Die Marke 1 127 033, geschützt für

"Datenverarbeitungsgeräte, Computer; Computerprogramme (soweit in den Klassen 9 und 16 enthalten), einschließlich mit Programmen oder sonstigen Informationen versehene maschinenlesbare Datenträger"

ist am 2. September 1988 eingetragen worden.

Die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarken wurde bestritten. Zur Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung hat die Widersprechende mehrere eidesstattliche Versicherungen und Prospekte eingereicht.

Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 5. September 2005 durch eine Prüferin des höheren Dienstes die Widersprüche zurückgewiesen.

Die sich gegenüberstehenden Marken seien teilweise zur Kennzeichnung identischer bzw. im engsten Ähnlichkeitsbereich liegender Waren und Dienstleistungen bestimmt. Jedoch sei zu berücksichtigen, dass die Widerspruchszeichen "AESCULAP" für den entscheidungserheblichen, fachlich interessierten und informierten Teil des deutschen Verkehrs ersichtlich mit der Bezeichnung "Äskulap" übereinstimme und somit einen beschreibenden, die Bestimmung und den Zweck der jeweils vorliegenden Waren und Dienstleistungen angebenden Sachhinweis auf den Bereich der Medizin und der Heilberufe insgesamt darstelle. Der Ausdruck "Äskulap" bezeichne den Gott der Heilkunst in der griechischen Mythologie und werde seit der Antike in Verbindung mit dem Symbol der Schlange als allgemeiner Hinweis auf die Heilkunst und die Heilberufe verstanden und daher auch gerne als Hinweis auf den medizinischen Bereich verwendet. In Zusammenhang mit den vorliegenden sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen weise die Bezeichnung "AESCULAP" für die angesprochenen Verkehrskreise in verständlicher Weise lediglich auf deren Eignung und Bestimmung für den Bereich der Heilberufe und der Medizin hin, so dass allenfalls eine jeweils unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken anzunehmen sei. Der demnach erforderliche nur geringe Maßstab an den Abstand der Vergleichsmarken werde von der angegriffenen Marke noch eingehalten. Eine schriftbildliche Ähnlichkeit sei nicht anzunehmen. Trotz weitreichender Übereinstimmungen seien die Unterschiede in den Endbuchstaben "N" gegenüber "P" sowohl in Klein- als auch Großschreibung hinreichend. Auch klanglich werde die Endsilbe "-an" durch den langgezogen gesprochenen Vokal "a" deutlich wahrgenommen. Zudem klinge die angegriffene Marke weich aus, während die Endsilbe "-ap" der Widerspruchsmarken durch ein kurzes und hartes Klangbild geprägt sei. Da die angegriffene Marke ein Fantasiebegriff sei, hebe sie sich auch vom Bedeutungsgehalt der Widerspruchsmarken ab. Da eine Verwechslungsgefahr zu verneinen sei, komme es auf die Benutzugslage nicht an.

Hiergegen hat die Widersprechende Beschwerde eingelegt und beantragt sinngemäß, den Beschluss der Markenstelle vom 5. September 2005 aufzuheben, soweit die Widersprüche hinsichtlich der Waren und Dienstleistungen "Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton, Bild und Daten; optische, mechanische und magnetische Aufzeichnungsträger für Ton, Bild und Daten; Datenverarbeitungsgeräte sowie Kompakt- und Zentraleinheiten der Datenverarbeitung, nämlich Computer, Prozessoren sowie daran anschließbare Zusatzgeräte zur Ein- und Ausgabe sowie zur Wiedergabe von Daten und Informationen einschließlich von Datenverarbeitungsgeräten und Computern als Bestandteile von Datennetzen und zur Teilnahme an der Kommunikation in Datennetzen; Bildschirme, Displays und Monitore; Multimediaterminals; interaktive und nicht interaktive Informationsterminals; Computer-Programme und Computer-Software aller Art (soweit in Klasse 9 enthalten); technische Beratung und technische Hilfeleistungen bei der Gestaltung und der Benutzung von Computerprogrammen, Computern, Computerhardware und Computersystemen; Bereitstellen und Lizenzieren von Computerprogrammen und von Datenbanken; Dienstleistungen eines Informatikers; technische Beratung" zurückgewiesen worden sind und die Marke 300 15 538 insoweit zu löschen.

Aufgrund der fast vollständigen Übereinstimmung der Zeichenwörter, die sich nur im letzten Buchstaben unterschieden, bestehe sowohl klanglich als auch schriftbildlich eine hohe Ähnlichkeit, die zu Verwechslungen Anlass gebe. Die Verwechslungsgefahr werde noch dadurch erhöht, dass zum Teil sich identische oder sehr ähnliche Waren gegenüberstünden. Selbst für den Fall, dass die Widerspruchsmarke nur eine geringe Kennzeichnungskraft aufweisen sollte, wären diese Tatsachen allein bereits ausreichend, eine Verwechslungsgefahr zu begründen. Allerdings sei die Annahme, die Widerspruchsmarke sei ein schwaches Zeichen mit geringer Kennzeichnungskraft nicht gerechtfertigt. Selbst wenn die Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarke mit der Heilkunst zu tun haben, könne ein Hinweis auf den griechischen Gott der Heilkunst die Waren noch nicht unmittelbar beschreiben. Selbst ohne gesteigerte Kennzeichnungskraft käme daher der Marke "AESCULAP" im Zusammenhang mit der Kennzeichnung von ärztlichen Instrumenten und Geräten und Dienstleistungen für den ärztlichen Bereich eine zumindest durchschnittliche Kennzeichnungskraft zu. Tatsächlich sei die Bezeichnung "AESCULAP" in Deutschland eine ausgesprochen bekannte Marke. Die Widersprechende sei die größte deutsche Herstellerin von chirurgischen Instrumenten, die alle unter der Marke angeboten würden. Der Göttername "AESCULAP" führe zu keiner Schwächung der Kennzeichnung. Die zur Glaubhaftmachung der Benutzung eingereichten Unterlagen bestätigten die kontinuierliche Benutzung der Widerspruchsmarke für unterschiedlichste chirurgische Apparate und Instrumente und für eine große Anzahl von geschützten Dienstleistungen. Aus den eingereichten eidesstattlichen Versicherungen und den Prospekten ergebe sich, dass die Marke "AESCULAP" für die Waren und Dienstleistungen "Erstellung von Datenverarbeitungsprogrammen für Dritte; Datenverarbeitungsgeräte, Computer; Computerprogramme (soweit in den Klassen 9 und 16 enthalten), einschließlich mit Programmen oder sonstigen Informationen versehene maschinenlesbare Datenträger; Videokameras für medizinische Zwecke sowie Netz- und Steuergeräte für diese Waren" in den rechtserheblichen Zeiträumen als Kennzeichen benutzt worden sei.

Die Inhaber der angegriffenen Marke, die zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen sind, haben zur Beschwerde nicht Stellung genommen und lediglich schriftsätzlich um Entscheidung nach Aktenlage gebeten.

II.

1. Die Beschwerde der Widersprechenden gegen den von einer Prüferin des höheren Dienstes erlassenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 des DPMA ist gemäß § 66 Abs. 1 und 2 MarkenG zulässig.

2. Nachdem die Beschwerdeführerin ihren Widerspruch nunmehr nur noch gegen die Waren und Dienstleistungen "Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton, Bild und Daten; optische, mechanische und magnetische Aufzeichnungsträger für Ton, Bild und Daten; Datenverarbeitungsgeräte sowie Kompakt- und Zentraleinheiten der Datenverarbeitung, nämlich Computer, Prozessoren sowie daran anschließbare Zusatzgeräte zur Ein- und Ausgabe sowie zur Wiedergabe von Daten und Informationen einschließlich von Datenverarbeitungsgeräten und Computern als Bestandteile von Datennetzen und zur Teilnahme an der Kommunikation in Datennetzen; Bildschirme, Displays und Monitore; Multimediaterminals; interaktive und nicht interaktive Informationsterminals; Computer-Programme und Computer-Software aller Art (soweit in Klasse 9 enthalten); technische Beratung und technische Hilfeleistungen bei der Gestaltung und der Benutzung von Computerprogrammen, Computern, Computerhardware und Computersystemen; Bereitstellen und Lizenzieren von Computerprogrammen und von Datenbanken; Dienstleistungen eines Informatikers; technische Beratung" der angegriffenen Marke richtet, sind nur diese Gegenstand der Beschwerde. Die Beschwerde wegen der Zurückweisung der Widersprüche hinsichtlich der weiteren Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke hat sich erledigt.

3. Die Inhaber der angegriffenen Marke haben gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 MarkenG hinsichtlich der drei Widerspruchsmarken zulässig die Benutzung bestritten, so dass bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG auf Seiten der Widerspruchsmarken jeweils nur die Waren und Dienstleistungen berücksichtigt werden können, für die sowohl im Zeitraum nach § 43 Abs. 1 S. 1 MarkenG (14.12.1995-14.12.2000) als auch nach § 43 Abs. 1 S. 2 MarkenG (April 2003 bis April 2008) eine rechtserhaltende Benutzung glaubhaft gemacht wurde.

Hinsichtlich der Widerspruchsmarke 1 118 685 hat die Widersprechende eine rechtserhaltende Benutzung für die Waren "Videokameras für medizinische Zwecke sowie Netz- und Steuergeräte für diese Waren; Endoskope für medizinische Zwecke" glaubhaft gemacht. Durch eidesstattliche Versicherungen vom 11. Oktober 2001, 17. Januar 2006 und vom 14. April 2008 mit aufgeschlüsselten Umsatzangaben bzw. mit Angaben zu verkauften Stückzahlen wurde glaubhaft gemacht, dass in Deutschland beispielsweise in den Jahren 1999, 2000, 2004, 2005 erhebliche Umsätze mit Endoskopen und Kameras gemacht wurden, welche mit der Widerspruchsmarke gekennzeichnet waren, wie aus den mit eingereichten Prospekten ersichtlich ist. So ist z. B. auf der Kamera David 3 mit Netzteil die Marke auf der Ware angebracht.

Hinsichtlich der Widerspruchsmarke 1 168 907 hat die Widersprechende eine rechtserhaltende Benutzung der Marke für die Dienstleistung "Erstellung von Datenverarbeitungsprogrammen" noch hinreichend glaubhaft gemacht. Hierzu hat die Beschwerdeführerin eine eidesstattliche Versicherung vom 17. April 2008 über die (Mindest-)Umsätze mit dem Orthopilot-System in den Jahren 1999 bis 2007 eingereicht, ergänzt durch Prospektmaterial. Dieses System umfasst u. a. ein Programm zum Betrieb eines Computers für Navigationszwecke im medizinischen Bereich, zugehörige Datenverarbeitungsgeräte sowie Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Installation und Weiterentwicklung dieses Programms. Die Dienstleistung "Weiterentwicklung eines solchen Programms" fällt unter den Oberbegriff "Erstellung von Datenverarbeitungsprogrammen". Auch wenn für diese spezielle Dienstleistung die Umsatzangaben nicht aufgeschlüsselt worden sind, so lässt die eidesstattliche Versicherung ergänzt durch das Prospektmaterial mit noch hinreichender Sicherheit darauf schließen, dass nicht nur "Software" als Ware angeboten wurde, sondern auch die Weiterentwicklung der Software. Auf der Grundeinheit, die aus einem Computer, dazugehörender Tastatur und Maus, einem Bildschirm, einer Kamera und Sendern besteht, wird die Software für die Berechnung der Navigation verwendet, wobei für verschiedene Operationen eine unterschiedliche Software möglich ist. Damit legt die Beschreibung im Prospekt nahe, dass die Dienstleistung der Weiterentwicklung der Software im Orthopilot-System mit eingeschlossen ist. In den Prospekten zu diesem System ist auch die Widerspruchsmarke angebracht.

Hinsichtlich der Widerspruchsmarke 1 127 033 hat die Widersprechende eine rechtserhaltende Benutzung der Marke für die Waren "Datenverarbeitungsgeräte für Navigationszwecke im medizinischen Bereich" und "Computerprogramme für ein Instrumenten Management-System im Krankenhausbereich", welche unter die eingetragenen Oberbegriffe "Datenverarbeitungsgeräte" bzw. "Computerprogramme" fallen, noch hinreichend glaubhaft gemacht. Insoweit kann die von der Beschwerdeführerin eingereichte eidesstattliche Versicherung vom 17. April 2008 über die Mindestumsätze mit dem Orthopilot-System in den Jahren 1999 bis 2007, ergänzt durch Prospektmaterial, herangezogen werden. Da dieses System u. a. ein Programm zum Betrieb eines Computers für Navigationszwecke, zugehörige Datenverarbeitungsgeräte sowie Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Installation und Weiterentwicklung dieses Programms umfasst, ist davon auszugehen, dass die angegebenen Mindestumsätze zumindest zu einem beachtlichen Teil mit den genannten Geräten erzielt wurden, auch wenn für diese speziellen Waren die Umsatzangaben nicht aufgeschlüsselt worden sind. Aus den eingereichten Prospekten zu diesem OrthoPilot-System ist auch ersichtlich, dass die Marke "AESCULAP" auf dem Gerät und in den Prospekten angebracht ist. Außerdem wurde eine Hülle einer CD-ROM zu dem Programm "INSTACOUNT" eingereicht, auf dem ebenfalls die Widerspruchsmarke angebracht ist. Hinsichtlich dieses Computerprogramms, das eine Instrumenten Management Software für Krankenhäuser betrifft, wurden eidesstattliche Versicherungen vom 7. November 2001 und 17. Januar 2006 eingereicht, welche Umsatzzahlen in den Jahren 1999 bis 2005 enthalten, die mit dem Instrument Management System erzielt worden sind, wobei auch die Veräußerung der Software umfasst wird, ohne dass allerdings die Umsätze konkret auf die Komponenten dieses Systems aufgeschlüsselt wurden. Die Gesamtumstände legen es jedoch hinreichend nahe, dass auch mit dieser Software hinreichende Umsätze erzielt wurden, die für eine ernsthafte Benutzung sprechen.

4. Unter Berücksichtigung der Waren und Dienstleistungen, für die eine rechtserhaltende Benutzung glaubhaft gemacht wurde, besteht jeweils zumindest teilweise eine Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG mit den noch angegriffenen Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarke, nämlich hinsichtlich der Waren "Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton, Bild und Daten; optische, mechanische und magnetische Aufzeichnungsträger für Ton, Bild und Daten" aufgrund der Widerspruchsmarke 1 118 685, hinsichtlich der "Dienstleistungen eines Informatikers" aufgrund der Widerspruchsmarke 1 168 907 und hinsichtlich der Waren und Dienstleistungen "Datenverarbeitungsgeräte sowie Kompakt- und Zentraleinheiten der Datenverarbeitung, nämlich Computer, Prozessoren sowie daran anschließbare Zusatzgeräte zur Ein- und Ausgabe sowie zur Wiedergabe von Daten und Informationen einschließlich von Datenverarbeitungsgeräten und Computern als Bestandteile von Datennetzen und zur Teilnahme an der Kommunikation in Datennetzen; Bildschirme, Displays und Monitore; Multimediaterminals; interaktive und nicht interaktive Informationsterminals; Computer-Programme und Computer-Software aller Art (soweit in Klasse 9 enthalten); technische Beratung und technische Hilfeleistungen bei der Gestaltung und der Benutzung von Computerprogrammen, Computern, Computerhardware und Computersystemen; technische Beratung; Bereitstellen und Lizenzieren von Computerprogrammen und von Datenbanken" aufgrund der Widerspruchsmarke 1 127 033.

Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (EuGH GRUR 2006, 237, 238 - PICASSO; GRUR 1998, 387, 389 f. - Sabèl/Puma). Ihre Beurteilung bemisst sich nach der Identität oder Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, der Identität oder Ähnlichkeit der Marken und dem Schutzumfang der Widerspruchsmarke. Diese Faktoren sind zwar für sich gesehen voneinander unabhängig, bestimmen aber in ihrer Wechselwirkung den Rechtsbegriff der Verwechslungsgefahr, wobei ein geringerer Grad eines Faktors durch einen höheren Grad eines anderen ausgeglichen werden kann (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 9 Rdn. 26). Dabei ist nicht auf die flüchtige Wahrnehmung abzustellen, sondern auf den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der jeweiligen Produkte (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 9 Rdn. 113).

So besteht jeweils teilweise eine Identität oder starke Ähnlichkeit zwischen den angegriffenen Waren und den Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarke.

Die angegriffenen Waren "Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton, Bild und Daten; optische, mechanische und magnetische Aufzeichnungsträger für Ton, Bild und Daten" sind mit den Waren der Widerspruchsmarke 1 118 685 "Videokameras für medizinische Zwecke sowie Netz- und Steuergeräte für diese Waren" identisch bzw. erheblich ähnlich.

Die angegriffenen Waren "Datenverarbeitungsgeräte sowie Kompakt- und Zentraleinheiten der Datenverarbeitung, nämlich Computer, Prozessoren sowie daran anschließbare Zusatzgeräte zur Ein- und Ausgabe sowie zur Wiedergabe von Daten und Informationen einschließlich von Datenverarbeitungsgeräten und Computern als Bestandteile von Datennetzen und zur Teilnahme an der Kommunikation in Datennetzen; Bildschirme, Displays und Monitore; Multimediaterminals; interaktive und nicht interaktive Informationsterminals" sind den "Datenverarbeitungsgeräten für Navigationszwecke im medizinischen Bereich" der Widerspruchsmarke 1 127 033 ähnlich.

Die angegriffenen "Computer-Programme und Computer-Software aller Art (soweit in Klasse 9 enthalten)" können mit den "Computerprogrammen für ein Instrumenten Management-System im Krankenhausbereich" der Widerspruchsmarke 1 127 033 identisch oder sehr ähnlich sein.

Hinsichtlich der angegriffenen Dienstleistungen "technische Beratung und technische Hilfeleistungen bei der Gestaltung und der Benutzung von Computerprogrammen, Computern, Computerhardware und Computersystemen; technische Beratung" besteht eine erhebliche Ähnlichkeit zu den Waren "Datenverarbeitungsgeräte für Navigationszwecke im medizinischen Bereich" und "Computerprogramme für ein Instrumenten Management-System im Krankenhausbereich" der Widerspruchsmarke 1 127 033, da die Waren und Dienstleistungen oft in Kombination angeboten werden und die Dienstleistungen genau auf die speziellen Waren abgestimmt sein können. Das "Bereitstellen und Lizenzieren von Computerprogrammen und von Datenbanken" hat einen engen Bezug zu dem Verkauf der entsprechenden Waren, da es oft von der konkreten Vertragsgestaltung abhängt, ob eine Ware verkauft wird oder lediglich Lizenzen vergeben werden.

Die angegriffenen "Dienstleistungen eines Informatikers" können mit der Dienstleistung "Erstellung von Datenverarbeitungsprogrammen" der Widerspruchsmarke 1 168 907 identisch sein.

Soweit sich identische oder sehr ähnliche Waren und Dienstleistungen gegenüberstehen, reicht der vorhandene Unterschied in den Zeichen nicht aus, eine Verwechslungsgefahr zu verhindern, selbst wenn man unterstellt, dass die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken für die Waren und Dienstleistungen, für die eine rechtserhaltende Benutzung glaubhaft gemacht worden ist, als unterdurchschnittlich anzusehen ist.

Der Schutzbereich der Wortmarke "AESCULAP" ist jedenfalls nicht nur auf den Identitätsbereich beschränkt, denn sie ist nicht unmittelbar beschreibend und ihr kann nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden.

Das Wort "Aesculap" ist ein Hinweis auf den griechischen Gott der Heilkunst und der Äskulapstab generell ein Symbol für den medizinischen Bereich. Außerdem wird die Bezeichnung im medizinischen Bereich häufig verwendet. Die von der Beschwerdeführerin angenommene erhöhte Kennzeichnungskraft ist nicht hinreichend dargetan. Selbst wenn die Widersprechende geltend macht, dass sie als Herstellerin chirurgischer Instrumente Marktführer sei, so besagt dies noch nicht, dass die Kennzeichnungskraft gerade im Hinblick auf die Waren und Dienstleistungen erhöht ist, für die eine Benutzung der Widerspruchsmarke glaubhaft gemacht wurde. Außerdem müsste eine eventuelle erhöhte Kennzeichnungskraft auch bereits zum Zeitpunkt der Anmeldung der jüngeren Marke bestanden haben (Ströbele/Hacker, Markengesetz 8. Aufl. § 9 Rdn. 35). Insgesamt spricht daher viel dafür, dass wegen der erheblichen Andeutung des medizinischen Bereichs die Widerspruchsmarken von Hause aus für die Waren und Dienstleistungen, für die eine Benutzung glaubhaft gemacht worden ist, nur eine unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft haben. Dies muss vorliegend jedoch nicht entschieden werden, denn auch bei Annahme einer unterdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken, besteht eine Verwechslungsgefahr in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang.

Ausgehend von einer (unterstellten) unterdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken und von einer großen Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit reichen die vorhandenen Unterschiede, die sich auf den letzten Buchstaben ("n"/"P") beschränken, nicht aus, um eine rechtserhebliche Verwechslungsgefahr zu verhindern. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass regelmäßig der letzte Vokal "a" der angegriffenen Marke lang und damit anders ausgesprochen wird als bei der Widerspruchsmarke. Zumindest aus der Erinnerung heraus ist mit Verwechslungen zu rechnen, da der Verkehr regelmäßig verstärkt auf den identischen Zeichenanfang achtet und den Unterschied am Ende der dritten Silbe im Gesamteindruck nicht hinreichend deutlich in Erscheinung tritt. Selbst der Sinngehalt der Widerspruchsmarken ändert daran nichts. Wegen der erheblichen Ähnlichkeit der Zeichen kann der Verkehr bei Begegnung des jüngeren Zeichens leicht irrtümlich annehmen, er habe die ältere Marke wahrgenommen. Auch in schriftbildlicher Hinsicht kommen die Zeichen sich noch nahe, da die Aufmerksamkeit am Zeichenende bei längeren Wörtern oft nachlässt.

Auch wenn sich die Marken teilweise hauptsächlich im Fachverkehr begegnen, so sind die Übereinstimmungen der Zeichen jedoch so groß, dass bei identischen oder sehr ähnlichen Waren und Dienstleistungen mit noch erheblichen Verwechslungen zu rechnen ist.

Die Beschwerde der Widersprechenden hat daher in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

5. Soweit sich die Widersprüche jeweils noch gegen die weiteren Waren oder Dienstleistungen der angegriffenen Marke richten, bedarf die Beschwerde keiner Entscheidung, da diejenigen angegriffenen Waren und Dienstleistungen, hinsichtlich derer die einzelnen Widersprüche jeweils keinen Erfolg haben, jeweils bereits wegen eines der anderen Widerspruchzeichen zu löschen sind.

6. Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlass, § 71 Abs. 1 MarkenG.

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BPatG:
Beschluss v. 24.04.2008
Az: 25 W (pat) 162/05


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