Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. Mai 2002
Aktenzeichen: 14 W (pat) 43/01

(BPatG: Beschluss v. 28.05.2002, Az.: 14 W (pat) 43/01)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Mit dem angefochtenen Beschluß vom 2. April 2001 hat die Patentabteilung 43 des Deutschen Patent- und Markenamtes das Patent 196 40 792 mit der Bezeichnung

"Tönungsshampoo"

widerrufen.

Dem Beschluß liegen nach Hauptantrag die erteilten Ansprüche 1 bis 9 zugrunde, von denen der Anspruch 1 wie folgt lautet:

"Tönungsshampoo auf wäßriger Basis, enthaltend mindestens ein anionisches, nichtionisches und/oder amphoteres (zwitterionisches) Tensid und eine Kombination ausa) 0,001 bis 2,5 Gew.-% mindestens eines direktziehenden Haarfarbstoffs, undb) 0,1 bis 10 Gew.-% mindestens eines kationischen Pflanzenproteinhydrolysats, jeweils berechnet auf die Gesamtzusammensetzung."

Dem Beschluß liegen ferner nach Hilfsantrag die am 5. März 1999 eingegangenen Ansprüche 1 bis 9 zugrunde, die auf die Verwendung des nach Hauptantrag beanspruchten Tönungsshampoos zur Herstellung langanhaltender glänzender Haarfärbungen gerichtet sind.

Der Widerruf ist im wesentlichen damit begründet, sowohl dem Mittel gemäß Anspruch 1 nach Hauptantrag als auch der mit dem Anspruch 1 nach Hilfsantrag beanspruchten Verwendung fehle in Hinblick auf die Entgegenhaltung

(1) EP 0 577 636 B1 iVm dem Wissen des Fachmannes, wie es im übrigen mit der auch im Streitpatent genannten

(4) K.Schrader, Grundlagen und Rezepturen der Kosmetika, 2. Auflage, Hüthig Buch Verlag, Heidelberg, 1989, S 804 bis 806 gutachtlich belegt werde, die Neuheit.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin, mit der sie ihr Patentbegehren unter Zugrundelegung der in der mündlichen Verhandlung überreichten Patentansprüche 1 bis 9 gemäß Hauptantrag weiterverfolgt. Der geltende Anspruch 1 lautet:

"1. Tönungsshampoo auf wäßriger Basis, enthaltend mindestens ein anionisches, nichtionisches und/oder amphoteres (zwitterionisches) Tensid und eine Kombination ausa) 0,001 bis < 0,5 Gew.-% mindestens eines direktziehenden Haarfarbstoffs, undb) 0,1 bis 10 Gew.-% mindestens eines kationischen Pflanzenproteinhydrolysats, jeweils berechnet auf die Gesamtzusammensetzung."

Hilfsweise verfolgt sie ihr Patentbegehren auf der Grundlage der in der mündlichen Verhandlung überreichten Patentansprüche 1 bis 9 gemäß Hilfsantrag weiter. Der Anspruch 1 lautet wie folgt:

"1. Verwendung eines Tönungsshampoos auf wäßriger Basis, enthaltend mindestens ein anionisches, nichtionisches und/oder amphoteres (zwitterionisches) Tensid, und eine Kombination ausc) 0,001 bis < 0,5 Gew.-% mindestens eines direktziehenden Haarfarbstoffs, undd) 0,1 bis 10 Gew.-% mindestens eines kationischen Pflanzenproteinhydrolysats, jeweils berechnet auf die Gesamtzusammensetzung, zur Herstellung langanhaltender glänzender Haarfärbungen."

Die Patentinhaberin macht im wesentlichen geltend, daß die Neuheit des nunmehr beanspruchten Mittels gegenüber (1) gegeben sei. Diese Entgegenhaltung gäbe lediglich Farbmittel und die Verwendung von kationischen Pflanzenproteinhydrolysaten an, nicht aber die im Anspruch 1 im Zusammenhang mit den Farbstoffen genannten Konzentrationen. Auch unter gutachtlicher Heranziehung von (4) käme der Fachmann zu keinem anderen Ergebnis, da sich die dort für Färbemittel als üblich genannten Farbstoffkonzentrationen in einem Bereich von 0,5 bis 3 Gew.-% bewegten. Die Bereitstellung des beanspruchten Mittels beruhe auch auf einer erfinderischen Tätigkeit. Es handle sich nämlich um das Vorliegen einer Kombination zweier Komponenten, die erst durch ihr Zusammenwirken die beobachteten Effekte - die Unterstützung der Farbleistung von Tönungsshampoos - verursachten. Im Zusammenhang damit verweist sie auch auf die im Streitpatent angegebenen Beispiele, nach denen sich die Farbstoffwirkung trotz niedriger Farbstoffmengen drastisch erhöhe, wenn die Zusammensetzungen zusätzlich die grundsätzlich bekannten kationischen Pflanzenproteinhydrolysate enthielten. Dagegen ginge (1) von der Aufgabe aus, die Probleme bisheriger Shampoos in Hinblick auf ihre Konditionierwirkung zu lösen, wozu sodann in einer Kombination dreier Komponenten ua auch kationische Pflanzenproteinhydrolysate eingesetzt werden könnten. Die Lehre dieser Schrift nun mit

(4) DE 41 29 926 C1 zu kombinieren zöge der Fachmann aber nicht in Betracht, um die dem Streitpatent zugrunde liegenden Aufgabe - intensive, langanhaltende Färbungen zu erreichen bzw die Farbwirkung zu erhöhen - zu lösen. Aus dieser Entgegenhaltung seien zwar Tönungsshampoos bekannt, die Farbstoffe in niedrigen Konzentrationen und Proteinhydrolysate enthielten. Sie gebe aber weder Hinweise, welche Maßnahmen für eine Verbesserung der Farbstoffwirkung zu ergreifen seien noch vermittele sie die Aussage, daß mit einer zB gegenüber (4) deutlich niedrigeren Farbstoffkonzentration in Verbindung mit kationischen Pflanzenproteinhydrolysaten eine Verbesserung der Farbstoffwirkung verbunden sei. Auch eine Zusammenschau, ausgehend von (5) führe zu keinem anderen Ergebnis. So nenne (5) zwar die gleichen Farbstoffmengen, auch würden glänzende und dauerhafte Färbungen beschrieben, wesentlich für die Beurteilung des Streitpatentes sei aber die Kombination mit den kationischen Pflanzenproteinhydrolysaten. Nur mit deren Zugabe sei nämlich die nicht vorhersehbare, festgestellte Wirkung erreichbar, mit der die in (5) angegebenen Eigenschaften verbessert werden könnten, ohne damit zugleich die Farbstoffmenge zu erhöhen. Diese Maßnahme - zB (4) oder auch den Ausführungen in der Beschreibung von (5) S 3 Z 66 folgend - ergriffe jedoch der Fachmann, stellte er mit (5) eine unzureichende Färbewirkung fest. Bezug nehmend auf die in (5) genannten Eiweißhydrolysate führt sie im weiteren aus, es sei nicht erkennbar, wie der Fachmann alleine aufgrund dieses allgemeinen Hinweises angesichts einer großen Anzahl diverser weiterer Verbindungen erkennen könne, daß es sich bei den kationischen Pflanzenproteinhydrolysaten um das Mittel der Wahl handle, wenn es darum ginge, die Färbeleistung von Tönungsshampoos zu erhöhen. Auch (4) als ein dem Fachmann gängiges Handbuch gebe diesbezüglich keine Anregung. Nur mit der Zugabe dieser Substanzen gelänge es aber, trotz der Anwesenheit weiterer Stoffe in der Zusammensetzung ausreichend Farbstoff für den Färbevorgang zur Verfügung zu stellen. Im weiteren vertritt sie die Auffassung, daß auch die in (5) genannten kationischen Polymere iVm den Eiweißhydrolysaten dem Fachmann keinen Hinweis vermitteln könnten, kationische Pflanzenproteinhydrolysate zu verwenden, da es sich dabei um eine völlig andere mit den kationischen Pflanzenproteinhydrolysaten nicht vergleichbare Verbindungsklasse handle, die als Konditioniermittel Verwendung fände. Da ferner auch im Streitpatent die Zugabe der Eiweißhydrolysate erwähnt werde, sei es im übrigen nicht ersichtlich, weshalb der Fachmann darüber hinaus noch zusätzlich kationische Eiweißhydrolysate hinzufügen sollte. Im weiteren machte die Patentinhaberin auch Kostengründe geltend, da mit der eröffneten Möglichkeit, den Farbstoffgehalt mit der Zugabe von kationischen Pflanzenproteinhydrolysaten niedrig zu halten, eine Verringerung der Kosten für Hersteller und Verbraucher einhergingen. In Hinblick auf

(3) Cosmetics & Toiletries, 1991, 106, S 41 bis 46 vertritt sie die Auffassung, daß diese Entgegenhaltung nur eine allgemeine Offenbarung enthielte und Proteinhydrolysate vorwiegend nichtionischer Natur nenne. Die mit dem Streitpatent erzielte Wirkung könne auch damit nicht diskutiert werden.

Zum Hilfsantrag führte sie aus, daß die Angaben "glänzend" und "langanhaltend" durch die Beispiele gestützt würden, da Æ E, wie in der Beschreibung des Streitpatentes ausgeführt sei, den Farbglanz angebe und die erreichten Färbungen nur dann erreicht werden könnten, wenn sie auch langanhaltend seien.

Die Patentinhaberin beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und das Patent beschränkt aufrechtzuerhalten auf der Grundlage der Patentansprüche 1 bis 9 gemäß Hauptantrag, überreicht in der mündlichen Verhandlunghilfsweiseauf der Grundlage der Patentansprüche 1 bis 9 gemäß Hilfsantrag, überreicht in der mündlichen Verhandlung, jeweils mit der in der mündlichen Verhandlung überreichten Beschreibung, Seiten 2 bis 7.

Die Einsprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie bestreitet zunächst die Neuheit des nunmehr beanspruchten Tönungsshampoos in Hinblick auf (1) in Verbindung mit der gutachtlich heranzuziehenden (4). Die in (4) genannte Konzentrationsangabe bezöge sich nämlich auf eine Mischung direktziehender Farbstoffe mit Farbstoffvorprodukten, weshalb die Menge an direktziehenden Farbstoffen nach (4) auch geringer als 0,5 Gew.-% sein könne. Unabhängig davon fehle aber die erfinderische Tätigkeit, da (5) bereits alle Informationen zur Bereitstellung eines Tönungsshampoos gemäß Streitpatent mit Ausnahme der Verwendung von kationischen Pflanzenproteinhydrolysaten enthielte. Nachdem (5) aber bereits allgemein Eiweißhydrolysate als weitere Bestandteile von Tönungsshampoos nenne, hätte der Fachmann die aus (1) bekannten kationischen Pflanzenproteinhydrolysate ohne erfinderisches Zutun zufügen können. Dies ergebe sich alleine schon aus einem Vergleich der Aufgaben der in Rede stehenden Schriften. Die dem Streitpatent zugrunde liegende Aufgabe werde nämlich zum einen Teil - bezüglich der Verbesserung der Konditioniereigenschaften, dh der mechanischen Eigenschaften der Haare wie Fülle, vollen Griff und Kämmbarkeit - in (1), zum anderen Teil - bezüglich dauerhafter und intensiver Färbung - in (5) genannt. (1) sei darüber hinaus nicht auf Shampoos begrenzt, sondern schlösse auch Färbemittel ein. Ferner seien die kationischen Proteinhydrolysate tierischen oder pflanzlichen Ursprungs eine zwingende Komponente der dort angegebenen Zusammensetzungen, weshalb dem Fachmann daher mit (1) die Lehre vermittelt werde, daß mit der Verwendung der kationischen Pflanzenproteinhydrolysate eine Verbesserung der Konditioniereigenschaften verbunden sei. Darüber hinaus sei in (5) wie in der Streitpatentschrift übereinstimmend angegeben, daß zusätzlich auch bekannte Eiweißhydrolysate verwendet werden könnten. In der Streitpatentschrift selbst sei ferner darauf hingewiesen, daß es sich bei den in Rede stehenden kationischen Pflanzenproteinhydrolysaten um bekannte Verbindungen, also bekannte Eiweißhydrolysate handle. Diese sodann in Zusammensetzungen nach (5) einzusetzen, liege sodann nahe. Die Verwendung der kationischen Pflanzenproteinhydrolysate liege auch nahe, nachdem in (5) "kationische Polymere" als bevorzugte Konditioniermittel angegeben werden und der Fachmann damit erfährt, daß keine Vorurteile dahingehend bestanden haben, kationische Verbindungen in den in Rede stehenden Zubereitungen einzusetzen. Bezugnehmend auf den Hilfsantrag führte die Einsprechende im Weiteren aus, daß für die beanspruchte Verwendung zur Erzielung langanhaltender glänzender Haarfärbungen keine Nachweise vorlägen. Mit den Versuchen nach dem Streitpatent sei nicht angegeben, daß die im Anspruch 1 genannten Mittel zu einer länger anhaltenden Färbung führten. Die Erzielung eines hohen Glanzes war bei der Verwendung von kationischen Pflanzenproteinhydrolysaten zudem zu erwarten gewesen, nachdem in (1) bereits eine Verminderung der Sprödigkeit von Haaren angesprochen wird und nur glatte, dh nicht spröde Haare glänzten.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die Beschwerde der Patentinhaberin ist zulässig (§ 73 PatG); sie ist jedoch nicht begründet.

1. Es erübrigt sich, auf die von der Einsprechenden bestrittene Neuheit einzugehen, weil weder das nach Anspruch 1 des Hauptantrages beanspruchte Tönungsshampoo noch dessen nach Anspruch 1 des Hilfsantrages beanspruchte Verwendung auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

2. Hauptantrag Bei der Anwendung bisheriger Tönungsshampoos auf wäßriger Basis ist sowohl zuweilen die Intensität der mit ihnen erreichten Haarfärbung als auch die Konditionierwirkung nicht optimal. Davon ausgehend wird die Aufgabe des Streitpatentes darin gesehen, ein flüssiges Tönungsshampoo auf wäßriger Basis bereitzustellen, das das Haar weich und geschmeidig macht, diesem einen vollen Griff verleiht und eine langanhaltende, glänzende Färbung bewirkt (vgl geltende Beschreibung S 2 Z 1 bis 5 und 10 bis 15).

Gelöst wird diese Aufgabe durch die Bereitstellung eines Tönungsshampoos auf wäßriger Grundlage, das 0,001 bis < 0,5 Gew.-% mindestens eines direktziehenden Farbstoffes und mindestens ein Tensid, sowie zusätzlich 0,1 bis 10 Gew.-% mindestens eines kationisch derivatisierten Pflanzenproteinhydrolysates enthält (vgl geltende Beschreibung S 2 Z 6 bis 9 und geltender Anspruch 1).

Tönungsshampoos mit exzellenter haarfärbender Wirkung, deren Bereitstellung das Problem zugrunde lag, daß die mit bis dahin herkömmlichen Tönungsshampoos erzielte Haarfärbungen oftmals nicht intensiv genug waren und deshalb bereits nach relativ wenigen Haarwäschen wieder verblaßten bzw ganz verschwanden, werden auch in (5) angegeben (vgl S 2 Z 1 bis 5 und Z 11 bis 13). Diese Tönungsshampoos auf wäßriger Basis, die eine verbesserte und anhaltende Farbintensität bewirken sollen, enthalten neben mindestens einem direktziehenden Farbstoff anionische und nichtionische Tenside sowie als besonders geeignete Zusatzstoffe haarkonditionierende Mittel. Die Konzentration der direktziehenden Farbstoffe liegt gemäß den Beispielen bei 0,2 (Henna-Extrakt + Farbstoffe) bzw 0,11 Gew.-%. Als haarkonditionierende Mittel werden insbesondere kationische Polymere empfohlen, darüber hinaus wird auf die bekannten Eiweißhydrolysate verwiesen (vgl Anspruch 1 iVm S 2 Z 14 bis 16, S 3 Z 50 bis 58 sowie Z 64 bis S 4 Z 5). Damit vermittelt (5) dem Fachmann die Lehre, daß mit Tönungsshampoos, die sowohl ionenaktive als auch neutrale Tenside zusammen mit direktziehenden Farbstoffen in geringen Konzentrationen, dh unter 0,5 Gew.-%, enthalten, sowie als besonders geeignete Zusatzstoffe Konditioniermittel wie kationische Polymere bzw bekannte Eiweißhydrolysate aufweisen, ausdrucksfähige, dauerhafte, intensive und glänzende Färbungen zu erzielen sind (vgl Beispiele 1 und 2).

Aus (1), die haarkosmetische Zubereitungen zur Reinigung und Pflege zum Thema hat und von dem Problem ausgeht, daß durch Haarbehandlungen unerwünschte Beeinträchtigungen der Haarstruktur, wie zB schlechte Naß- und Trokkenkämmbarkeit, verstärkte Sprödigkeit sowie ein verschlechtertes äußeres Erscheinungsbild der Frisur hervorgerufen werden, ist wiederum bekannt, daß gegenüber den bekannten, herkömmlichen Proteinhydrolysaten die kationisch derivatisierten mit vorteilhaften und verbesserten haarkosmetischen Wirkungen verbunden sind (vgl Beschreibung S 2 Z 5 bis 11, 25 bis 34 und 37 bis 46 sowie S 5 Z 3 bis 6). Vorgeschlagen werden daher Zubereitungen, bei denen es sich ua um Shampoos und Färbemittel handeln kann und die neben Tensiden sowie direktziehenden Farbstoffen auch 0,1 bis 10 Gew.-% kationisch derivatisierte Proteinhydrolysate enthalten (vgl Ansprüche 1, 2, 7 und 10 iVm Beschreibung S 2 Z 47 bis 52, S 4 Z 52 bis 53, S 5 Z 10/11 und 25 bis 27). Bei diesen handelt es sich aber nicht nur um Verbindungen, deren Ausgangsstoffe sowohl tierischer als auch pflanzlicher Herkunft sind, es handelt sich bei ihnen nach Überzeugung des Senates auch um kationische Polymere, nachdem in (1) diesbezüglich ausgeführt wird, daß durch die Hydrolyse der Proteine Stoffmischungen mit Molmassen im Bereich von ca 100 bis ca 50 000 Dalton entstehen (vgl Beschreibung S 2 Z 53/54).

Ein Fachmann, ein mit der Entwicklung von Haarfärbemitteln vertrauter Chemiker, der die Aufgabe hat, die Konditionierwirkung und Färbeleistung herkömmlicher Tönungsshampoos weiter zu verbessern, konnte daher unter Berücksichtigung der mit (1) und (5) vermittelten Lehre erwarten, daß mit der Verwendung der in Rede stehenden kationischen Proteinhydrolysate zumindest ähnliche Effekte erzielt werden, wie mit den in (1) und (5) angegebenen Zubereitungen. Eine Beeinträchtigung der erwünschten - und nach dem Stand der Technik bereits erreichten - vorteilhaften Eigenschaften war jedenfalls nicht zu befürchten. Nachdem dem Fachmann nämlich mit (5) der Hinweis gegeben wird, daß auch dann ausdrucksfähige, dauerhafte, intensive und glänzende Färbungen zu erzielen sind, wenn Tönungsshampoos den direktziehenden Farbstoff nur in Konzentrationen unterhalb von 0,5 Gew.-% enthalten, es darüber hinaus als besonders geeignet angesehen wird, ein haarkonditionierendes Mittel, insbesondere kationische Polymere aber auch die bekannten Eiweißhydrolysate bzw wasserlösliche Collagen-Derivate zuzugeben und darüber hinaus nach (1) die Verwendung von kationischen Proteinhydrolysaten statt herkömmlicher Eiweißhydrolysate im Zusammenhang mit der Verbesserung der konditionierenden Wirkung von Shampoos und Färbemitteln empfohlen wird, beruht die Verwendung von kationischen Pflanzenproteinhydrolysaten in Zusammensetzungen wie sie mit (5) angegeben werden, nicht auf Überlegungen erfinderischer Art. Auch die Auswahl der an sich bekannten kationischen Proteinhydrolysate pflanzlichen Ursprungs (vgl geltende Beschreibung S 4 Z 2 bis 6) statt tierischen Ursprungs, kann die erfinderische Leistung nicht begründen. Zum einen ist eine qualitative Unterscheidung anhand von (1) nicht erkennbar, zum anderen wird der Fachmann, zB (3) folgend, alleine schon aus Gründen des Verbraucherbedürfnisses, wonach die Verarbeitung von Zusatzstoffen pflanzlicher Herkunft jenen tierischer Herkunft, wie sie zB durch Kollagen-Derivate dargestellt werden, zunehmend vorgezogen wird (vgl (3) S 41 li Sp Abs 1 und S 46 re Sp Abs 3), diese in Erwägung ziehen. Die Bereitstellung des mit dem geltenden Anspruch 1 angegebenen Tönungsshampoos muß daher als naheliegend angesehen werden.

Die von der Patentinhaberin als Beweisanzeichen für eine erfinderische Tätigkeit geltend gemachten unerwarteten Effekte können zu keiner anderen Beurteilung führen. Zwar kann ein überraschender technischer Erfolg als Beweisanzeichen für erfinderische Tätigkeit angesehen werden. Das ist jedoch nicht der Fall, wenn, wie vorliegend, die Kombination der gemäß Streitpatent eingesetzten kationischen Pflanzenproteinhydrolysate zusammen mit den direktziehenden Farbstoffen in einem Konzentrationsbereich von 0,001 bis < 0,5 Gew.-% nahegelegt war. Dann begründet der damit erzielte Effekt, selbst wenn erheblich bessere Eigenschaften erhalten werden, keine erfinderische Leistung, sondern ist als Folge des durch den Stand der Technik nahegelegten Handelns anzusehen (vgl BGH Aktenzeichen X ZR 129/92 vom 21. Februar 1995 S 14 Abs 2 bis S 15 Abs 1).

Das Tönungsshampoo gemäß Anspruch 1 beruht somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Der Anspruch 1 ist daher nicht gewährbar.

3. Hilfsantrag Mit dem Anspruch 1 nach Hilfsantrag wird die Verwendung des mit Anspruch 1 nach Hauptantrag angegebenen Tönungsshampoos beansprucht. Die Verwendung von Tönungsshampoos zur Herstellung langanhaltender glänzender Haarfärbungen wird aber bereits - wie vorstehend dargelegt - mit (5) angegeben. Die dort genannte Zubereitung unterscheidet sich vom im Anspruch 1 angegebenen Tönungsshampoo zwar durch das Fehlen des kationischen Pflanzenproteinhydrolysates. Nachdem in (5) aber in Verbindung mit haarkonditionierenden Mitteln die Verwendung von Eiweißhydrolysaten angegeben wird, zudem darauf hingewiesen wird, daß es insbesondere kationische Polymere sind, die zum Zwecke der Verbesserung haarkonditionierender Wirkungen eingesetzt werden sollten, sind nicht nur keine Vorurteile gegenüber dem Einsatz der in Rede stehenden kationischen Pflanzenproteinhydrolysate erkennbar, sie lag auch - wie vorstehend dargelegt - nahe. Eine Verschlechterung der Eigenschaften war aufgrund der Hinweise in (1) und (5) nämlich nicht zu erwarten gewesen.

4. Da über den Antrag der Patentinhaberin nur insgesamt entschieden werden kann, fallen damit auch die geltenden Ansprüche 2 bis 9 gemäß Hauptantrag und gemäß Hilfsantrag.

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BPatG:
Beschluss v. 28.05.2002
Az: 14 W (pat) 43/01


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