Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. Mai 2000
Aktenzeichen: 26 W (pat) 13/00

(BPatG: Beschluss v. 10.05.2000, Az.: 26 W (pat) 13/00)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 15. März 1999 aufgehoben.

Gründe

I Die folgende Bildmarkesiehe Abb. 1 am Endeist als Marke für die Waren

"Gepäckwagen, Kindersportwagen und Leihschließfächer; automatische Entnahmestationen für Gepäckwagen und Sportwagen, Vermietung und Wartung von Schließfächern; Vermietung von Handgepäckwagen in Beförderungsterminals; Vermietung von Kindersportwagen"

zur Eintragung in das Register angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG) zurückgewiesen. Die Zurückweisung ist im wesentlichen damit begründet, daß die angemeldete Marke eine Bildfolge darstelle, die auch in ihrer Kombination jeglicher phantasievoller Eigenart entbehre und deren erkennbarer Sinngehalt zur betrieblichen Herkunftsunterscheidung ungeeignet sei. Die Bildfolge bestehe in einer symbolhaften Aneinanderreihung der Gegenstände, die entweder als Waren von der Markenanmeldung beansprucht würden oder Gegenstand der vorgesehenen Dienstleistungen seien. Der Verkehr werde der angemeldeten Marke deshalb keine betriebliche Kennzeichnungsfunktion beimessen, weil die Sachaussage der konkreten Bildfolge derart im Vordergrund stehe, daß kein Raum mehr für eine die Unterscheidungskraft begründende Eigenart bleibe. Die Marke stelle nicht nur hinsichtlich ihrer einzelnen Bildelemente sondern auch in ihrer Gesamtheit einen glatt beschreibenden Sachhinweis dar. Eine Mehrdeutigkeit, die soweit gehe, daß ein konkreter beschreibender Inhalt nicht mehr feststellbar sei, liege nicht vor. Der angesprochene Verkehr werde das Zeichen deshalb nur als Werbemittel und Hinweis auf die Gegenstände werten, auf die sich die beanspruchten Waren und Dienstleistungen bezögen. Bei dieser Wertung spiele die Länge des angemeldeten Zeichens eine nicht unerhebliche Rolle, da der Verkehr aufgrund der allgemein üblichen Kennzeichnungspraxis daran gewöhnt sei, daß betriebliche Herkunftsbezeichnungen kurz und prägnant gestaltet seien. Die hier vorliegende Aneinanderreihung von Bildsymbolen gehe jedoch weit über die gewöhnliche Merkfähigkeit des flüchtigen Verkehrs hinaus. Die Verbraucher seien im übrigen daran gewöhnt, in der Werbung ständig mit meist piktogrammartigen Symbolen und Bildfolgen konfrontiert zu werden, durch die nur sachliche Informationen übermittelt und die deshalb auch nur in diesem Sinn verstanden würden.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie vertritt die Auffassung, daß die angemeldete Bildmarke - von ihr als "Logo drei Symbole" bezeichnet - für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen einen glatt beschreibenden Hinweis darstellt. Ob die einzelnen Bestandteile für sich genommen unterscheidungskräftig seien oder nicht, könne dahingestellt bleiben, denn die Gesamtheit der Marke sei entscheidend. Im übrigen habe die Markenstelle beispielsweise auch nicht dargetan, inwieweit die drei Logos für die Ware "automatische Entnahmestation für Gepäckwagen und Sportwagen" eine glatt beschreibende Angabe sei. Davon abgesehen setze sich die angemeldete Marke auch nicht aus lauter selbsterklärenden Bildelementen zusammen. So sei zu fragen, welche unmißverständliche Bedeutung das phantasievoll gestaltete Bildelement "stilisierter, schräggestellter Koffer im Rechteck" haben solle und ob der erste Wagen von links einen Einkaufswagen, einen Krankenfahrstuhl oder Puppenwagen darstellen solle. Auf jeden Fall seien mehrere Gedankenschritte erforderlich, die gerade für den phantasievollen Charakter der angemeldeten Marke sprächen. Soweit ein Zeichenelement keinen Bezug zu den beanspruchten Waren aufweise, sei es für diese Waren jeweils unterscheidungskräftig. Für die Schutzfähigkeit der Marke spreche schließlich ihre Eintragung in den USA.

Nach Schluß der mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin das ursprüngliche Waren- und Dienstleistungsverzeichnis wie folgt beschränkt:

"Automatische Entnahmestationen für Gepäckwagen und Sportwagen, Vermietung und Wartung von Schließfächern; Vermietung von Handgepäckwagen in Beförderungsterminals; Vermietung von Kindersportwagen".

Die Anmelderin beantragt sinngemäß die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.

II Die zulässige Beschwerde erweist sich hinsichtlich der verbliebenen Waren und Dienstleistungen als begründet, denn der begehrten Eintragung stehen die Schutzhindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG nicht entgegen.

1. Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind - nur - Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Beschaffenheit oder sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen dienen können. Entgegen der von der Markenstelle im angefochtenen Beschluß vertretenen Auffassung handelt es sich bei dem angemeldeten "Logo drei Symbole" jedenfalls in Bezug auf die nur noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht um eine derartige, freihaltebedürftige Angabe.

Eine Verwendung der um Schutz nachsuchenden Bildmarke in der konkreten Form einer Folge dreier bestimmter piktogrammartiger Symbole ist derzeit nicht nachweisbar, auch wenn es sich bei der Anmeldung nur um eine Aneinanderreihung von drei piktogrammartigen bildlichen Darstellungen handelt, die so international üblich sind und ohne größere Überlegungen ein Leihschließfach, einen Kinder(sport)wagen und einen Gepäckwagen mit einem daraufstehenden Koffer erkennen lassen. Derartige Symbole werden weltweit insbesondere auf Flughäfen und Bahnhöfen verwendet, um Reisenden eine leichte Orientierung zu ermöglichen (vgl dazu Stiebner/Urban, "Zeichen + Signets" Bruckmann Verlag München, 1982). Solche einfachen, in ihrer beschreibenden Aussage unzweideutig erkennbaren Gestaltungen, die sich wie im vorliegenden Fall stark an bereits geläufige Piktogramme anlehnen, könnten einem Freihaltungsbedürfnis unterliegen, wenn sie in Bezug auf die verbliebenen Waren und Dienstleistungen lediglich eine unmittelbar beschreibende Sachangabe darstellen würden (vgl dazu Althammer/Ströbele, MarkenG, 5. Aufl, § 8 Rdn 32 und 108). Dies kann der Senat nicht feststellen.

Von einem auf gegenwärtige Benutzung der Marke als Sachangabe beruhenden Freihaltebedürfnis kann nicht ausgegangen werden (vgl dazu BGH GRUR 1995, 408, 409 - PROTECH).

Ebensowenig liegen Anhaltspunkte dafür vor, daß in bezug auf "Entnahmestationen..." und Vermietungsleistungen eine Benutzung der Marke als Sachangabe in Zukunft erfolgen wird. Selbst wenn mit der Markenstelle davon ausgegangen wird, daß der angesprochene Verkehr zumindest jedem einzelnen Bildsymbol eine bestimmte Bedeutung beimißt, fehlt der angemeldeten Symbolfolge in ihrer Gesamtheit die Eignung, die noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen konkret zu beschreiben. Selbst wenn den einzelnen Symbolen die Bedeutung "Leihschließfach", "Kindersportwagen" und "Gepäckwagen" beigemessen wird, enthalten diese Bildzeichen auch in ihrer Gesamtheit zumindest keinen eindeutigen Hinweis auf eine etwaige Entnahmestation oder die noch beanspruchten Vermietungsleistungen. Damit fehlt der angemeldeten Bildmarke die Eignung, in Zukunft als unmißverständliche warenbezogene Sachaussage dienen zu können, die auf eine bestimmte Eigenschaft der beanspruchten Waren und Dienstleistungen selbst Bezug nimmt (vgl dazu BGH BlPMZ 1999, 410 - FOR YOU mwNachw).

Von einem gegenwärtigen oder gar zukünftigen Freihaltebedürfnis an der angemeldeten Zeichenfolge kann deshalb nicht ausgegangen werden.

2. Der Marke kann nicht jegliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG abgesprochen werden. Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift besitzt eine Marke dann, wenn sie geeignet ist, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Hierbei ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, dh jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden, zumal der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in aller Regel so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt und er es keiner analysierenden Betrachtungsweise unterzieht. Kann demnach einer Marke keine für die beanspruchten Waren im Vordergrund stehende beschreibende Sachaussage zugeordnet werden, so gibt es in der Regel keine tatsächlichen Anhalte dafür, daß ihr die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (vgl BGH aaO - FOR YOU). Da es sich bei der angemeldeten Marke um eine nicht geläufige Symbolfolge handelt, deren beschreibender Gebrauch derzeit nicht nachweisbar ist, ist davon auszugehen, daß sie bei entsprechender Benutzung im Zusammenhang mit den noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen als Unterscheidungsmittel geeignet ist. Die von der Markenstelle hiergegen angeführte Länge der angemeldeten Bildfolge, die weit über die gewöhnliche Merkfähigkeit des flüchtigen Verkehrs hinausgehe, schließt die erforderliche Unterscheidungskraft nicht aus. Abgesehen davon, daß sich der Verkehr nur an einem Teil der leicht erfaßbaren Bildsymbole orientieren kann, würde die mangelnde Merkfähigkeit der Marke nicht ihre spezifische Unterscheidungsfunktion nehmen (vgl dazu BGH WRP 2000, 520 - St. Pauli Girl).

Schülke Richterin Eder ist erkrankt und deshalb gehindert zu unterschreiben.

Schülke Kraft Wf Abb. 1 http://agora/bpatg2/docs/26W(pat)13-00.3.gif






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