Bundespatentgericht:
Beschluss vom 8. Mai 2006
Aktenzeichen: 33 W (pat) 62/05
(BPatG: Beschluss v. 08.05.2006, Az.: 33 W (pat) 62/05)
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 35 vom 26. Oktober 2004 und vom 18. März 2005 aufgehoben.
2. Die Rückzahlung der Erinnerungs- und der Beschwerdegebühr wird angeordnet.
Gründe
I Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 11. Mai 2004 die Wortmarke GroupInoxfür folgende Waren und Dienstleistungen zur Eintragung in das Register angemeldet worden:
"Ventile, Metallrohre; Maschinen (Armaturen); Unternehmensverwaltung".
Die Markenstelle für Klasse 35 hat die Anmeldung durch Erstprüferbeschluss vom 26. Oktober 2004 gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen und diese Entscheidung im Erinnerungsbeschluss vom 18. März 2005 bestätigt. Sie hat ausgeführt, dass der Gesamtbegriff vom Verkehr dahingehend verstanden werde, dass es sich um Produkte aus Edelstahl handle, die von einer Unternehmensgruppe hergestellt würden. Die Dienstleistung "Unternehmensverwaltung" könne sich auf eine beliebige edelstahlproduzierende Unternehmensgruppe beziehen. Es handle sich daher um eine glatt beschreibende Angabe hinsichtlich der Art der Produkte sowie des Themas der Dienstleistungen. Zwar stamme der Begriff "Group" aus der englischen Sprache, sei jedoch dem entsprechenden deutschen Wort "Gruppe" phonetisch sehr ähnlich. "Inox" bedeute im Französischen rostfreies Metall, im vorliegenden Fall würden Fachkreise angesprochen, denen der Begriff bekannt sei. Selbst wenn Laien die im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis genannten Produkte verwendeten, würden sie sich genau informieren, um das richtige Produkt zu erhalten und sich vorab mit den Begriffen vertraut machen.
Die Markenstelle hat ihren beiden Entscheidungen jeweils Ermittlungsunterlagen beigelegt und auf diese in den Beschlüssen Bezug genommen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Diese beantragt, die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben sowie die Erinnerungs- und Beschwerdegebühr zurückzuzahlen.
Sie trägt vor, dass ein Teil der angesprochenen Verkehrskreise die Einwortmarke in "Groupinox" zerlegen würde, da dies den deutschen Trennungsregeln entspräche. Für diesen Teil der Verkehrskreise käme der von der Markenstelle zugrunde gelegte Inhalt sowieso nicht in Betracht. Der übrige Teil der angesprochenen Verkehrskreise müsse zunächst erkennen, dass das Wort "Group" ein englisches sei und es sodann ins deutsche übersetzen. Weiter müsse erkannt werden, dass "Inox" das französische Kurzwort für "inoxydable" sei und dass dieses die Bedeutung "nicht oxidierend" habe. Schlussendlich müsse der Verkehr dann auch noch den Gesamtbegriff zu "GruppeEdelstahl" oder "KonzernEdelmetall" zusammensetzen.
Zum Antrag auf Rückzahlung der Erinnerungs- und Beschwerdegebühr trägt die Anmelderin vor, dass das rechtliche Gehör verletzt sei. Mit den Beschlüssen seien Rechercheergebnisse übersandt worden, auf die auch im Beschluss eingegangen worden sei, wobei eine Stellungnahme zu den Rechercheergebnissen jeweils nicht möglich gewesen sei. Sie verweist insoweit auf mehrere Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (z. B. "Active Line" GRUR 1998, 394).
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II 1. Die Beschwerde ist in der Sache begründet. Der Senat hält die beanspruchte Marke für unterscheidungskräftig und nicht freihaltungsbedürftig. Ihrer Eintragung stehen daher keine absoluten Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG entgegen.
a. Unterscheidungskraft im Sinne der genannten Bestimmung ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, die Waren und Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH GRUR 2004, 428 - Henkel; GRUR 2004, 1027 - Das Prinzip der Bequemlichkeit). Keine Unterscheidungskraft besitzen nach der Rechtsprechung vor allem solche Marken, denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden sachbezogenen Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674 - Postkantoor; ähnlich BGH MarkenR 2005, 145 - BerlinCard). Das ist hinsichtlich der hier beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht der Fall.
Die hier begehrte Marke setzt sich aus den Begriffen "Group" und "Inox" zusammen. Dies werden die angesprochenen Verkehrskreise, hier teils Fachkreise, teils das allgemeine Publikum ohne weiteres allein deshalb erkennen, weil die beiden Begriffe durch das "Binnen-I" auch optisch geteilt werden. Eine Zerlegung des Gesamtbegriffes in "Groupi" und "nox" liegt daher bereits aus diesem Grund fern.
"Group" ist ein englischsprachiger Ausdruck, der phonetisch eng mit dem deutschen Ausdruck "Gruppe" verwandt ist und auf eine Unternehmensgruppe hinweist (ähnlich BPatG, 33 W (pat) 17/01 - Interstate Investment Group; BPatG 33 W (pat) 371/02 - MEDIA PLANNING GROUP; HABM, R0362/00-2 - THE ONE GROUP). "Inox" ist als Kurzbezeichnung für "Edelstahl" weit verbreitet, wie sich aus den Recherchen des Patentamts sowie auch aus einer eigenen Recherche des Senats ergeben hat (vgl. z. B. www.boschpt.de; www.gartengeraeteecker.de; www.mercateo.com; www.recanorm.de). Eine gewisse Verfremdung der Gesamtbezeichnung ergibt sich jedoch, wie die Anmelderin zutreffend ausgeführt hat, bereits daraus, dass die Begriffe aus verschiedenen Sprachen stammen, nämlich "Inox" als französisches Wort für "inoxydable" und "Group" als englisches Wort für "Gruppe".
Hinzu kommt, dass die vorliegende Gesamtbezeichnung nicht sprachüblich gebildet ist. In der englischen Sprache müssten die Markenwörter umgestellt sein, der Gesamtbegriff daher "Inox Group" lauten. In der französischen Sprache würde eine korrekte Begriffsbildung "GroupeInox" lauten. Das hier nicht vorhandene "e" und die Binnen-Großschreibung gehen daher über eine unbeachtliche Abwandlung, die nur als Druckfehler wirken würde, deutlich hinaus. Auch in der deutschen Sprache wird im Übrigen grundsätzlich ein Fachbegriff, der sich auf die Tätigkeit bezieht, Ausdrücken wie "Unternehmensgruppe" vorangestellt.
Doch selbst wenn die angesprochenen Verkehrskreise den Begriff als "Inoxgruppe" übersetzen werden, bedarf es dennoch weiterer analysierender Zwischenschritte, um einen Zusammenhang mit den hier beanspruchten relativ spezifischen Waren herzustellen. Erst recht gilt dies hinsichtlich der Dienstleistung "Unternehmensverwaltung".
Es fehlt daher insgesamt an ausreichenden Anhaltspunkten dafür, dass die angesprochenen Verkehrskreise die angemeldete Marke im Sinne einer Aussage über eine bestimmte Eigenschaft oder ein sonstiges Merkmal der damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen werten, nicht aber als Kennzeichnungsmittel verstehen werden.
b. Nach § 8 Abs. 2 MarkenG sind von der Eintragung weiter solche Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Beschaffenheit, der Bestimmung oder der Bezeichnung sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen dienen können (vgl. BGH GRUR 2000, 882 - Bücher für eine bessere Welt; EuGH GRUR 2004, 146 - DOUBLEMINT). Solche Zeichen oder Angaben müssen im Gemeininteresse aller Unternehmen zur freien Verfügung belassen werden (vgl. EuGH GRUR 2004, 680 - BIOMILD).
Solche Umstände werden durch die angemeldete Marke "GroupInox" jedoch nicht ausreichend klar und verständlich genannt. Eine Verwendung der Bezeichnung als beschreibende Angabe im Zusammenhang mit den begehrten Waren und Dienstleistungen, konnte der Senat nicht nachweisen. Von einem auf gegenwärtiger Benutzung als Sachangabe beruhenden Freihaltungsbedürfnis kann daher insoweit nicht ausgegangen werden. Ebenso wenig liegen hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, dass in Zusammenhang mit diesen Waren und Dienstleistungen in Zukunft eine Verwendung der angemeldeten Bezeichnung als Sachangabe erfolgen wird.
2. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr und der Erinnerungsgebühr entspricht der Billigkeit (§ 71 Abs. 2, 64, Abs. 5 MarkenG). Im vorliegenden Fall ist von einem Verfahrensfehler, insbesondere von der Verletzung des rechtlichen Gehörs, seitens der Markenstelle auszugehen. Die Markenstelle hat ihre Entscheidungen jeweils auf Rechercheunterlagen gestützt, die der Anmelderin erst zusammen mit den jeweiligen Beschlüssen übersandt worden sind. Die Anmelderin hatte somit keine Gelegenheit zu diesen Unterlagen vorab Stellung zu nehmen. Auch eine Kausalität zwischen der Verletzung des rechtlichen Gehörs und der Notwendigkeit der Beschwerdeeinlegung kann vorliegend nicht verneint werden. Dies ergibt sich bereits daraus, dass der Senat die entsprechenden Entscheidungen der Markenstelle in diesem Beschluss aufgehoben hat.
BPatG:
Beschluss v. 08.05.2006
Az: 33 W (pat) 62/05
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