Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. Dezember 2004
Aktenzeichen: 25 W (pat) 247/03
(BPatG: Beschluss v. 09.12.2004, Az.: 25 W (pat) 247/03)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Markeist am 19. April 1999 unter der Nummer 398 68 144 für die Dienstleistungen
"Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Telekommunikation; Rechtsberatung und -vertretung, insbesondere per Telefon, per elektronischer Post (sogenannte E-Mail), per Fax, per Datenfernübertragung, über das Internet und mit Hilfe aller anderen technischen Mittel und Lösungen, die eine Übertragung von Daten zwischen räumlich getrennten Standorten erlauben"
in das Markenregister eingetragen worden. Dagegen hat die Inhaberin der für die Dienstleistungen
"Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen; Telekommunikation"
geschützten und seit dem 22. Dezember 1998 eingetragenen Marke JurCall Widerspruch erhoben.
Durch Beschluss der Markenstelle vom 21. Februar 2002 wurde die Löschung der angegriffenen Marke für die Dienstleistungen "Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten und Telekommunikation" angeordnet. Ausgehend von einer Identität der von der Löschung betroffenen Dienstleistungen und strengen Anforderungen an den von der jüngeren Marke einzuhaltenden Abstand bestehe sowohl in klanglicher Hinsicht als auch schriftbildlich Verwechslungsgefahr. Der weitergehende Widerspruch wurde zurückgewiesen, da hinsichtlich der übrigen Dienstleistungen der angegriffenen Marke eine Verwechslungsgefahr wegen des deutlichen Abstands der Dienstleistungen zu verneinen sei.
Auf die Erinnerung der Widersprechenden wurde durch Erinnerungsbeschluss der Markenstelle vom 18. September 2003 die Löschung der Marke in vollem Umfang angeordnet. Auch die weiteren von der jüngeren Marke beanspruchten Dienstleistungen seien in einem mittleren bis hohen Ähnlichkeitsbereich anzusiedeln. Dies gelte insbesondere auch für die Dienstleistung "Versicherungswesen" zu "Rechtsberatung und -vertretung", welche eine mittelgradige Ähnlichkeit aufwiesen. Da die Marken klanglich hochgradig ähnlich seien, bestehe Verwechslungsgefahr, selbst wenn man eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke unterstelle. Auf eine von der Widersprechenden geltend gemachte Steigerung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke komme es daher nicht an.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Inhaber der angegriffenen Marke mit dem sinngemäßen Antrag, den Beschluss der Markenstelle vom 18. September 2003 aufzuheben und den Beschluss der Markenstelle vom 21. Februar 2002 aufrechtzuerhalten, soweit dadurch der Widerspruch aus der Marke 398 66 205.3 zurückgewiesen worden ist.
Entgegen der Annahme der Markenstelle bestehe aus der Sicht des Verkehrs keine Verwandtschaft der sich gegenüberstehenden Dienstleistungen. Eine Verwechslungsgefahr sei wegen des großen Abstands der Marken zueinander ausgeschlossen. Die im angegriffenen Beschluss angesprochene Vorabprüfung eines Rechtsstreits durch Rechtsschutzversicherungen begründe keine Nähe zu der Dienstleistung Rechtsberatung. In allen Lebensbereichen spielten juristische Überlegungen eine Rolle. Entgegen der Annahme des HABM, dass Versicherungsunternehmen Rechtsabteilungen unterhielten, die auch Rechtsrat erteilen dürften, sei die Widersprechende hierzu nicht berechtigt. Auch müsse aufgrund der Knappheit von Benennungsvarianten für juristische Telefonhotlines bereits genügen, wenn sich die Zeichen in einem Konsonanten unterschieden. Die Zeichen wiesen auch keine Gemeinsamkeiten auf. Die Widerspruchsmarke lehne sich mit dem Bestandteil "jur" an das Wort "jure" an, was aber bei der angegriffenen Marke nicht der Fall sei. Einer klanglichen Ähnlichkeit könne keine besondere Bedeutung beigemessen werden, da der Begriff "JurCall" seinem Nutzungszweck nach nur in schriftlicher Form sinnvoll verwendet werden könne. Bei mündlicher Benennung liege die Betonung zudem auch auf dem "R", was einer Zeichenähnlichkeit ebenfalls entgegenstehe.
Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie macht geltend, dass die Markenstelle zutreffend von einer Ähnlichkeit der Dienstleistungen ausgegangen sei. Wesentlich sei, dass sich die gegenüber stehenden Dienstleistungen als einander ergänzende und auf ein gemeinsames Ziel gerichtete Dienstleistungen - den Rechtsschutz der Dienstleistungsnehmer - darstellten, von welchen der Verkehr auch annehme, dass sie einem Verantwortungsbereich entspringen. So verstehe sich z.B. die Rechtsschutzversicherung "Advocard" als Partnerin der Rechtsanwälte und präsentiere sich so auf ihrer Homepage. Der Verkehr reduziere auch den Leistungsumfang seiner Rechtsschutzversicherung nicht, wie die Beschwerdeführer unterstellten, auf die bloße Finanzierung eines Rechtsanwalts, sondern die Rechtsschutzversicherungen, die auch eigene Rechtsabteilungen unterhielten, seien die erste Anlaufstelle, die im Rahmen einer Vorprüfung die Erfolgsaussichten eines Rechtsstreits klärten. Es komme nicht darauf an, dass die Widersprechende keine Rechtsberatung durchführen dürfe, da der Verkehr das RBerG nicht kenne. Sie vermittele jedoch spezialisierte Anwälte und kläre den Versicherungsnehmer über Risiken und Erfolgsaussichten eines Rechtsstreits auf. Es bestehe daher ein besonderes Näheverhältnis zu der Dienstleistung Rechtsberatung. Auch bestehe zwischen den Marken sowohl in phonetischer als auch in optischer Hinsicht nahezu Identität, so dass der erforderliche Abstand nicht gewahrt sei.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Mit der Markenstelle ist der Senat der Ansicht, dass zwischen den Vergleichsmarken auch in Bezug auf die Rechtsberatungs- und -vertretungsdienstleistungen der jüngeren Marke Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG besteht, so dass die Marke entsprechend dem Erinnerungsbeschluss der Markenstelle vom 18. September 2003 in vollem Umfang zu löschen ist.
Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen denen in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der mit ihnen gekennzeichneten Waren/Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke.
Der Senat sieht dabei keine durchgreifenden Gründe für eine in entscheidungserheblichem Umfang geminderte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke in ihrem Dienstleistungsbereich.
Verwechslungsgefahr zu der Dienstleistung "Rechtsberatung und - vertretung per Telefon" der angegriffenen Marke scheidet auch nicht bereits deshalb aus Rechtsgründen aus, weil es der Widerspruchsmarke insoweit wegen ihres beschreibenden Charakters an Unterscheidungskraft fehlt (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) bzw. es sich um eine freihaltungsbedürftige beschreibende Sachangabe handelt (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG; vgl. BGH, MarkenR 2004, 359, 360 - Regiopost/Regional Post).
Zwar fehlt einem sprachüblich gebildeten Wortzeichen mit Bestandteilen, die aus einer geläufigen fremden Sprache stammen und die als solche in die deutsche Umgangssprache eingegangen sind, die Unterscheidungskraft i.S. von § 8 Abs. 1 Nr. 1 MarkenG, wenn der Verkehr das Zeichen angesichts der ohne weiteres verständlichen begrifflichen Bedeutung nur in diesem Sinn und nicht als Unterscheidungsmittel für Dienstleistungen versteht (BGH, MarkenR 2004, 39, 40 - Cityservice). Davon kann hier aber nicht ausgegangen werden. Auch wenn "Jur" als allgemeine bekannte Abkürzung für "Recht" verstanden wird und der in die deutsche Sprache eingegangene Begriff "Call" im Sinne von "anrufen, (Telefon)Anruf, (Telefon)Gespräch" gebräuchlich ist, weist die aus diesen beschreibenden Begriffen gebildeten Wortkombination "JurCall" noch ein Mindestmaß an Unterscheidungskraft auf. So lässt sich eine in den allgemeinen Sprachgebrauch eingegangene tatsächliche Verwendung dieses Begriffs zur Kennzeichnung telefonischer Rechtsberatungsdienstleistungen nicht feststellen. Da "Jur" zudem eine zwar bekannte, aber sehr allgemein auf "Recht" hinweisende Abkürzung ist, liegt eine Kombination der einzelnen Begriffe "Jur" bzw. "Call" zur Beschreibung einer telefonischen Rechtsberatung für den Verkehr, welcher Kennzeichen in aller Regel ohne analysierende Betrachtungsweise aufnimmt, nicht so nahe, dass er unmittelbar und ohne weiteres Nachdenken einen solchen konkreten und unmittelbaren Bezug zu der beanspruchten Dienstleistung herstellen wird (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl. § 8 Rdnr. 125). Es handelt sich daher bei der Bezeichnung "JurCall" nicht um eine feststehende oder naheliegende und glatt beschreibende Sachangabe, sondern um eine kurze, prägnante Kombination zweier Wortelemente, die ihrem Gesamteindruck nach trotz der beschreibenden Anklänge geeignet ist, von den angesprochenen Verkehrskreisen als unterscheidungskräftiges Zeichen wahrgenommen zu werden , wobei allerdings der Schutzumfang solcher Marken sich nach dem Maß der Eigenprägung gegenüber den beschreibenden Angaben bestimmt (vgl. BGH, MarkenR 2003, 388 - AntiVir/AntiVirus).
Da "JurCall" weder eine glatt beschreibende Sachangabe ist noch eine allgemeine Benutzung dieser Bezeichnung als beschreibender Fachbegriff für die Dienstleistung "Rechtsberatung und - vertretung per Telefon" festgestellt werden kann, besteht an dieser Bezeichnung auch kein aktuelles Freihaltungsbedürfnis i.S. von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Es fehlen bei dieser Sachlage auch hinreichende Anhaltspunkte, dass sie künftig als solche benötigt wird, so dass auch ein zukünftiges Freihaltungsbedürfnis nicht besteht.
Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Dienstleistungen ist von der Registerlage und nicht von der tatsächlichen Benutzungslage auszugehen, da seitens der Inhaber der angegriffenen Marke eine Nichtbenutzungseinrede nach § 43 Abs. 1 Satz 1 und/oder Satz 2 MarkenG nicht erhoben wurde. Soweit die Inhaber der angegriffenen Marke auf die Verwendung der Widerspruchsmarke im Rahmen einer Rechtsschutzversicherung hinweisen, ist darin keine Erhebung der Einrede zu sehen. Denn der Wille, die Benutzung der Widerspruchsmarke i.S. von § 43 MarkenG zu bestreiten, muss ausdrücklich erklärt werden. Ausführungen zur Benutzung der Widerspruchsmarke in anderem Zusammenhang (z.B. bei der Erörterung der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Dienstleistungen) können daher nicht als Einrede der Nichtbenutzung gewertet werden (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 43 Rdnr. 43)
Nach der Registerlage besteht aber zwischen den Rechtsberatungsdienstleistungen der angegriffenen Marke und den Dienstleistungen "Versicherungswesen, Finanzwesen, Geldgeschäfte" der Widerspruchsmarke eine nicht nur geringe Ähnlichkeit.
Zwar bestehen Zweifel, ob diese in Bezug auf die Dienstleistung "Versicherungswesen" der Widerspruchsmarke damit begründet werden kann, dass bei Rechtsschutzversicherungen im Vorfeld häufig eine Vorabrisikoprüfung bzw. überschlägige Prüfung der Erfolgsaussichten durch die Versicherung stattfindet und auch bereits beim Abschluss einer Versicherung häufig juristische Überlegungen eine Rolle spielen. Denn eine Versicherung nimmt mit der Prüfung ihrer Einstandspflicht im Rahmen einer Rechtsschutzversicherung in diesem Stadium zunächst ihre eigenen (vertraglichen) Interessen wahr. Interessen des Versicherungsnehmers stehen dabei nicht im Vordergrund, so dass der Versicherungsnehmer darin auch keine (rechtsberatende) Dienstleistung seiner Versicherung sehen dürfte.
Eine rechtsberatende bzw. rechtsbesorgende Dienstleistung erbringt eine Versicherung jedoch z.B. im Rahmen einer Haftpflichtversicherung nach Eintritt eines Schadensfalles. Zu den Vertragspflichten z.B. eines Haftpflichtversicherers gehört es, den Versicherungsnehmer von (unberechtigten) Schadensersatzansprüchen Dritter freizuhalten. Um diese vertragliche Pflicht zu erfüllen, sind Haftpflichtversicherer gehalten, Schäden unmittelbar mit dem Geschädigten zu regulieren, wodurch sie aber gleichzeitig Rechtsangelegenheiten ihrer Versicherungsnehmer oder deren Mitversicherten besorgen, indem sie diese von ihren Schadensersatzpflichten gegenüber den Geschädigten befreien. Ob es sich in solchen Fällen um die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten i.S. des Rechtsberatungsgesetzes handelt - so Rennen/Caliebe, RBerG, 3. Aufl. Art 1 § 5 RBerG Rdnr. 42 für den Fall einer Schadensregulierung ohne Direktanspruch - oder aber die Vorschriften des RBerG keine Anwendung finden, weil es sich auch um die Besorgung eigener Rechtsangelegenheiten der Versicherung handelt - so BGH, NJW 1963, 441; Chemnitz/Johnigk, Rechtsberatungsgesetz, 11. Aufl., Art. 1 § 5 Rdnr. 548; -, bedarf keiner Entscheidung, da auch im erstgenannten Fall die Besorgung dieser (fremdem) Rechtsangelegenheiten den Versicherungen nach Art 1 § 5 Nr. 1 RBerG erlaubt ist (Chemnitz/Johnigk, Rechtsberatungsgesetz, 11. Aufl., Art. 1 § 5 Rdnr. 54; Rennen/Caliebe, RBerG, 3. Aufl. Art 1 § 5 RBerG Rdnr. 42). Entgegen der Auffassung der Inhaber der angegriffenen Marke ist eine Versicherung daher in solchen Fällen trotz der Vorschriften des RBerG zu Wahrnehmung der Interessen ihres Versicherungsnehmers und damit auch zu Rechtsberatungsdienstleistungen zumindest recht nahe kommenden Dienstleistungen berechtigt. Es handelt sich dabei um eine ergänzende Dienstleistung zu den sich aus dem Versicherungsvertrag ergebenden Pflichten. Im Anschluss an die bereits von der Markenstelle zitierte Entscheidung des HABM vom 25.04.2001 (PAVIS PROMA, R 0518/00 - 1 EUROPAY 6000/EUROPAY) geht der Senat daher ebenfalls davon aus, dass Rechtsberatungsdienstleistungen wie die der angegriffenen Marke der Dienstleistung "Versicherungswesen" ähnlich sind.
Ähnlich den Dienstleistungen der angegriffenen Marke sind darüber hinaus auch die Dienstleistungen "Finanzwesen" und "Geldgeschäfte" der Widerspruchsmarke, da vor allem Banken die rechtliche Erledigung von Angelegenheiten möglich ist, die mit einem Bankgeschäft des Kunden in unmittelbarem Zusammenhang stehen, insbesondere die Beratung für die Sicherung eines aufzunehmenden Kredits, die Beschaffung der hierzu erforderlichen Unterlagen, die Beschaffung der hierzu erforderlichen grundbuchmäßigen Unterlagen sowie die Betreuung bei der Vornahme der hierzu notwendigen grundbuchrechtlichen Schritte (vgl. Chemnitz/Johnigk, Rechtsberatungsgesetz, 11. Aufl., Art. 1 § 5 Rdnr. 560; HABM PAVIS PROMA, R 0518/00 - 1 EUROPAY 6000/EUROPAY für "Finanzwesen").
Ob es sich dabei um eine enge Ähnlichkeit handelt, bedarf keiner Erörterung. Selbst wenn man zugunsten der Inhaber der angegriffenen Marke von einem allenfalls durchschnittlichen Grad der Ähnlichkeit der Dienstleistungen ausgeht und deswegen keine strengen Anforderungen an den Markenabstand stellt, wird dieser durch die angegriffene Marke nicht eingehalten.
Denn zwischen den Vergleichsmarken besteht ihrem Gesamteindruck nach, auf den es maßgeblich ankommt (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 9 Rdnr. 152), eine zur Verwechslungsgefahr führende hochgradige klangliche Ähnlichkeit.
In der angegriffenen Marke kommt dem Wortbestandteil eine prägende und selbständig kollisionsbegründende Bedeutung zu, da der Verkehr beim Zusammentreffen von Wort- und Bildbestandteilen dem Wort als einfachster und kürzester Bezeichnungsform eine prägende Bedeutung beimisst (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 9 Rdnr. 434), zumal der Bildbestandteil der angegriffenen Marke keine abweichende oder eigenständige Benennung nahe legt; der Verkehr sich daher an dem Markenwort "Jucall" orientieren wird.
Die Markenwörter stimmen fast vollständig in Buchstabenfolge und Aussprache überein und unterscheiden sich lediglich durch den Konsonanten "R" bei der Widerspruchsmarke, der aber zwischen dem klangstarken Vokal "U" und dem nachfolgenden wie ein "K" gesprochenen Konsonanten "C" klangschwach bleibt. Diese klangliche Abweichung kann daher leicht überhört werden und fällt neben den genannten Übereinstimmungen - denen bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr in der Regel ohnehin größere Bedeutung zukommt (vgl. BGH, MarkenR 2003, 461, 465 - Kellogg's/Kelly's) - nicht ins Gewicht. Unmittelbare Verwechslungen können daher nicht ausgeschlossen werden, zumal der Verbraucher die Wörter in der Regel nicht gleichzeitig nebeneinander wahrnimmt und miteinander vergleicht, sondern seine Auffassung aufgrund eines meist undeutlichen Erinnerungsbildes gewinnt (vgl. Ströbele/Hacker, Markenrecht, 7. Aufl., § 9 Rdnr. 162).
Diese weitgehende klangliche Übereinstimmung reicht zur Begründung einer unmittelbaren Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG aus. Marken wirken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht, wobei bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer der genannten Hinsichten für die Annahme einer Verwechslungsgefahr grundsätzlich ausreicht (std Rspr, zuletzt BGH, MarkenR 2004, 356, 358 - NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX m.w.Nachw.). Die Ausführungen der Inhaber der angegriffenen Marke zu der mit der Widerspruchsmarke versehenen Kundenkarte bzw. zu den darauf enthaltenen Informationen sind hingegen für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr unerheblich. Vielmehr ist auch insoweit von dem im Register eingetragenen Dienstleistungen auszugehen, die entsprechende Konkretisierungen nicht enthalten.
Die von den Inhabern der angegriffenen Marke weiterhin vertretene Auffassung, dass es angesichts einer Knappheit von Benennungsvarianten für juristische Telefonhotlines genügen muss, dass sich die gegenüberstehenden Begriffe durch einen Konsonanten unterscheiden, hat weder eine gesetzliche noch eine tatsächliche Grundlage. Auch für die Dienstleistungen der angegriffenen Marke ist eine unübersehbare Vielzahl von Kennzeichnungen denkbar. Eingeschränkt ist nur die Anzahl der an beschreibende Angaben eng angelehnten Zeichen. Diesem Umstand wird bei der Prüfung der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr dadurch Rechnung getragen, dass sich der Schutzumfang solcher Marken nach dem Maß der Eigenprägung gegenüber den beschreibenden Angaben bestimmt. Selbst wenn man hier einen solchen Fall annimmt, reicht der geringfügige klangliche Abstand der angegriffenen Marke zur Widerspruchsmarke nicht aus, um die Gefahr von Verwechslungen zu vermeiden, zumal durch die bloße Weglassung des "r" der Begriffsanklang nicht verändert wird. Die in der Beschwerdeschrift angeführten weiteren "JU"-Marken halten demgegenüber einen weit größeren Abstand ein.
Das weitere Vorbringen der Inhaber der angegriffenen Marke ist im markenrechtlichen Widerspruchsverfahren nicht relevant. Es kommt hier nicht darauf an, wie sich die Widersprechende tatsächlich geschäftlich betätigt und welchen bedeutungsmäßigen Bezug die Widerspruchsmarke dazu hat. Dies gilt insbesondere seit der Aufhebung der Bindung der Marke an den Geschäftsbetrieb durch das am 01. Januar 1995 in Kraft getretene MarkenG. Vielmehr sind - abgesehen von Sonderfällen wie der Einrede mangelnder Benutzung nach § 43 Abs. 1 MarkenG - die registrierten Markenschutzrechte als solche auf eine Verwechslungsgefahr hin zu prüfen.
Die Beschwerde hat daher keinen Erfolg.
Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlass (§ 71 Abs. 1 MarkenG).
Kliems Bayer Merzbach Na
BPatG:
Beschluss v. 09.12.2004
Az: 25 W (pat) 247/03
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/9f94d76635ed/BPatG_Beschluss_vom_9-Dezember-2004_Az_25-W-pat-247-03