Bundespatentgericht:
Beschluss vom 5. November 2002
Aktenzeichen: 24 W (pat) 46/02
(BPatG: Beschluss v. 05.11.2002, Az.: 24 W (pat) 46/02)
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 28. Dezember 2001 aufgehoben.
Gründe
I.
Die Wortmarke INDOCAFE ist für verschiedene Dienstleistungen der Klasse 42 zur Eintragung in das Markenregister angemeldet.
Mit Beschluß vom 28. Dezember 2001 hat die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamtes, besetzt mit einer Beamtin des höheren Dienstes, die Anmeldung teilweise, und zwar für die Dienstleistungen
"Verpflegung von Gästen; Hoteldienstleistungen; Dienstleistungen von Cafes und Kantinen; Catering-Dienstleistungen; Dienstleistungen von Lounges, Restaurants und Snack Bars; Zubereitung von Speisen und Lebensmitteln sowie Dienstleistungen von Gastwirtschaften."
wegen fehlender Unterscheidungskraft und als beschreibende freihaltebedürftige Angabe gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen. Die Wortmarke setze sich aus "INDO", der gebräuchlichen Abkürzung für "Indonesien" bzw "indonesisch", und dem Wort "CAFE" zusammen, das in der Schreibweise "Cafe" die Bedeutung einer Gaststätte, die in erster Linie Kaffee und Kuchen anbiete, habe und das auch oft anstelle des Wortes "Kaffee" verwendet werde. Der Gesamtmarke kämen daher die den angesprochenen Verkehrskreisen ohne weiteres verständlichen Bedeutungen "indonesisches Cafe(haus)" oder "Kaffee(produkte) aus Indonesien" zu. In bezug auf die betroffenen Dienstleistungen, die alle im Zusammenhang mit dem Betreiben eines indonesischen Cafes erbracht oder im Liefern, Zubereiten und Servieren usw von indonesischen Kaffeeprodukten bestehen könnten, beschreibe die Marke lediglich den Erbringungsort oder den Gegenstand der beanspruchten Dienstleistungen. Ihr fehle daher die Unterscheidungskraft. Da Indonesien als Kaffeeanbaugebiet bekannt sei, verschiedene indonesische Unternehmen Kaffeeprodukte unter der Bezeichnung "INDOCAFE" anböten und die Abkürzung "Indo" bereits von Anbietern indonesischer Lebensmittel verwendet werde, sei die Marke auch als beschreibende freihaltebedürftige Angabe zu bewerten. Den Voreintragungen in mehreren Ländern komme keine entscheidungserhebliche indizielle Bedeutung zu.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.
Eine Begründung der Beschwerde ist nicht eingereicht worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Nach Auffassung des Senats stehen der Eintragung der angemeldeten Marke nicht die Schutzhindernisse der fehlenden Unterscheidungskraft und einer beschreibenden freihaltebedürftigen Angabe nach § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG entgegen.
Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Hierbei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, dh jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden. Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, daß der Marke die vorerwähnte Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (vgl ua BGH GRUR 1999, 1093, 1094 "FOR YOU"; MarkenR 2000, 420, 421 "RATIONAL SOFTWARE CORPORATION"; GRUR 2001, 1151, 1152 "marktfrisch"). Diesen Anforderungen an die Unterscheidungskraft genügt die angemeldete Marke.
Entgegen der Markenstelle kann nicht davon ausgegangen werden, daß die beteiligten inländischen Verkehrskreise die angemeldete Wortzusammensetzung "INDOCAFE" in Zusammenhang mit den von der Zurückweisung betroffenen Dienstleistungen ohne weiteres und eindeutig im Sinn von "indonesisches Cafe(haus)" oder "indonesischer Kaffee" auffassen und darin lediglich eine im Vordergrund stehende beschreibende Bezeichnung der Herkunft oder Art des Geschäftslokals, in dem die Dienstleistungen erbracht werden, bzw eine Bezeichnung der Herkunft oder Art der Getränke, die Gegenstand der Dienstleistungen sind, sehen werden.
Der Begriff "INDOCAFE" läßt sich lexikalisch nicht nachweisen. Auch sonst ist sein Gebrauch im inländischen Geschäftsverkehr nicht feststellbar. Die von der Markenstelle zum Beleg herangezogene Verwendung der Bezeichnung "INDOCAFE" für Kaffee-Produkte im Internet erfolgt ausschließlich auf englischsprachigen Internet-Seiten. Außerdem lassen die von der Markenstelle angeführten Fundstellen nicht eindeutig einen beschreibenden Gebrauch der Bezeichnung "INDOCAFE" iSv "indonesischer Kaffee" bzw englisch "indonesian coffee" erkennen, ebenso wenig wie im übrigen einen Gebrauch durch verschiedene Unternehmen. Wie eine diesbezügliche weitere Internet-Recherche des Senats ergeben hat, handelt es sich bei den mit "INDOCAFE" bezeichneten Produkten um verschiedene Kaffee-Erzeugnisse, welche mit den stets in gleicher Weise graphisch gestalteten Schriftzug "INDOCAFÉ" versehen sind. Dies deutet aber eher auf einen markenmäßigen Gebrauch durch ein bestimmtes Unternehmen hin, als auf eine von verschiedenen Unternehmen verwendete beschreibende Angabe.
Die Interpretation "Indonesisches Cafe" oder "Indonesischer Kaffee" erschließt sich dem inländischen Publikum auch nicht zweifelsfrei und eindeutig aus den beiden Wortkomponenten "INDO" und "CAFE" der angemeldeten Marke. Zwar wird das inländische Publikum den Wortbestandteil "CAFE" unproblematisch in der ihm in der deutschen wie auch in der englischen Sprache geläufigen Bedeutung "Kaffeehaus, Cafe" bzw auch "Kaffee" verstehen. Nicht zu erwarten ist hingegen, daß es dem Wortelement "INDO" in der Marke notwendig die Bedeutung "Indonesien/indonesisch" beimißt. So stellt "Indo" in der deutschen Sprache keine gebräuchliche Abkürzung für "Indonesien" bzw "indonesisch" dar, vielmehr ist "Indo" nur in der englischen Sprache als Abkürzung für "Indonesia/Indonesian nachweisbar (vgl Ralph De Sola, Abbreviations Dictionary, Ausg 1986; Peter Wennrich, Anglo-Amerikanische und deutsche Abkürzungen in Wissenschaft und Technik, 1. Ausg, jeweils unter "Indo"). In bekannten, lexikalisch belegten Wortzusammensetzungen, die in ihrer Bildung der angemeldeten Marke entsprechen, wird "Indo" als Wortelement im Deutschen nicht in der Bedeutung "indonesisch" verwendet (vgl ua Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 3. Aufl, S 1928; Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 3. Aufl, S 759 f; Brockhaus, Die Enzyklopädie in 24 Bänden, Bd 10, 1997, S 485 ff: zB "Indochina, Indoeuropäer, Indoarier, Indogermane, indogermanisch, indopazifisch"; vgl auch BPatGE 31, 56, 58 zu der vieldeutigen Verwendung von "Indo" im chemischen Bereich).
Nicht feststellbar ist ferner, daß im inländischen Verkehr andere Anbieter einschlägiger Dienstleistungen und Waren im Gastronomie-, Verpflegungs- und Lebensmittelbereich, "Indo"-Wortzusammensetzungen zum Hinweis auf die indonesische Herkunft bzw Art der Dienstleistungen und Waren einsetzen, insbesondere ist es nicht üblich, indonesische Spezialitäten-Lokale in Deutschland als "Indolokale", "Indorestaurants" oä zu bezeichnen, ebenso wenig sind Begriffsbildungen wie zB "Indospeisen, -gewürze, -tee" etc für einschlägige Waren indonesischer Herkunft bzw Art bekannt oder belegbar.
Die für die Beurteilung der Unterscheidungskraft maßgeblichen beteiligten inländischen Verkehrskreise werden daher dem Wortelement "INDO" in der angemeldeten Wortzusammensetzung "INDOCAFE" allenfalls einen nur unbestimmten vagen Hinweis auf den ostasiatischen Raum (Indien, Indonesien, Indochina, Indopazifischer Raum), möglicherweise auch eine Andeutung orthographisch verwandter Begriffe wie "Indianer" oder "Indio" sehen, nicht jedoch einen klaren und eindeutigen Hinweis auf die Herkunft der Dienstleistungen aus einem bestimmten Land oder einer bestimmten geographischen Region. Im Hinblick auf die sich daraus ergebende Mehrdeutigkeit und Interpretationsfähigkeit der angemeldeten Marke auch in ihrer Gesamtheit, kann ihr demnach nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden.
An der angemeldeten Marke besteht des weiteren kein Freihaltebedürfnis iSd § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Nach dieser Vorschrift sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, welche ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr (ua) zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der geographischen Herkunft sowie zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Die Regelung verbietet die Versagung der Eintragung auch dann, wenn die fragliche Benutzung als Sachangabe noch nicht zu beobachten ist, eine solche Verwendung aber jederzeit in Zukunft erfolgen kann (vgl ua EuGH GRUR 1999, 723, 726 "Chiemsee"; BGH GRUR 2000, 882, 883 "Bücher für eine bessere Welt"). Da vorliegend ausschließlich Dienstleistungen in Rede stehen, die im Inland angeboten und erbracht werden, ist in erster Linie darauf abzustellen, ob die Marke im inländischen Geschäftsverkehr zur beschreibenden Bezeichnung der Dienstleistungen dienen kann, ob sie also von dem angesprochenen inländischen Publikum in einer vordergründig beschreibenden Bedeutung verstanden wird. Demgegenüber sind bei Dienstleistungen, anders als bei Waren, welche regelmäßig auch im- oder exportiert werden, die Bedürfnisse des internationalen Handelsverkehrs grundsätzlich nicht tangiert, so daß das Verständnis einer Dienstleistungsmarke in anderen Ländern nur in Ausnahmefällen, etwa bei grenzüberschreitender Dienstleistungstätigkeit, zu berücksichtigen ist. Ein solcher Auslandsbezug ist bei den hier in Frage stehenden Dienstleistungen aber nicht erkennbar.
Wie bereits oben ausgeführt, ist ein aktueller Gebrauch der Bezeichnung "INDOCAFE" zur Beschreibung von Dienstleistungen der angemeldeten Art im inländischen Geschäftsverkehr nicht feststellbar. Gleiches gilt für Kaffee oder Kaffee-Produkte, die Gegenstand der betroffenen Gastronomie-Dienstleistungen sein können. Die in dem angefochtenen Beschluß angeführten englischsprachigen Internet-Seiten betreffend die Verwendung der Bezeichnung "INDOCAFE" stellen aus den bereits oben dargelegten Gründen keinen hinreichend sicheren Beleg dafür dar, daß im angloamerikanischen Sprachraum eine beschreibende Verwendung der Bezeichnung durch verschiedene Unternehmen stattfindet. Auch lassen sich, obwohl Indonesien ein traditionelles Kaffeeanbauland ist und sich die Bezeichnung des Kaffees im Welthandel nach der botanischen und geographischen Herkunft richtet (vgl Täufel/Ternes/Tunger/Zobel, Lebensmittel-Lexikon, Bd 1 A-K, 3. Aufl, S 718), in einschlägigen Fachlexika weder der angemeldete Begriff "Indocafe" noch vergleichbare Begriffe wie "Indokaffee" oder "Indocoffee" finden.
Aus diesen Gründen ist auch nicht zu erwarten, daß die angemeldete Marke "INDOCAFE" künftig als beschreibende Angabe für die betroffenen Dienstleistungen verwendet und benötigt werden wird.
Das Schutzhindernis des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG ist daher zu verneinen, ohne daß es noch einer Erörterung der Frage bedarf, ob und inwieweit die von der Anmelderin im Verfahren vor der Markenstelle geltend gemachten verschiedenen Eintragungen der Marke in Ländern des asiatischen Raums und in den USA ein Indiz gegen eine beschreibende freihaltebedürftige Angabe darstellen.
Dr. Ströbele Guth Kirschneck Bb
BPatG:
Beschluss v. 05.11.2002
Az: 24 W (pat) 46/02
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/9fac38daad4c/BPatG_Beschluss_vom_5-November-2002_Az_24-W-pat-46-02