Brandenburgisches Oberlandesgericht:
Urteil vom 2. August 2007
Aktenzeichen: 6 U 127/05
(Brandenburgisches OLG: Urteil v. 02.08.2007, Az.: 6 U 127/05)
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 2. November 2005 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) € 13 O 594/03 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I.
Die Schuldnerin vertrieb sog. C.-Häuser im Großraum B. und in S.; sie vergab ferner sog. Know-How-Lizenzen. Am 21.12.2001 beschloss sie ihre Liquidation, die am 8.1.2002 zum Handelsregister angemeldet wurde. Nachdem das Finanzamt ..., das am 21. 5. 2001 für die Jahre 1994 bis 1997 Steuerbescheide gegen die Schuldnerin in Höhe von insgesamt 1.353.989 € erlassen hatte, wegen dieser Steuerbescheide im Jahr 2002 die Vollstreckung angekündigt hatte, stellte der Liquidator der Schuldnerin am 8.7.2002 für die Schuldnerin einen Insolvenzantrag wegen drohender Zahlungsunfähigkeit. Durch Beschluss des AG Meppen vom 31.10.2002 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt.
Der im Jahr 2002 erstellte Jahresabschluss der Schuldnerin zum 31.12.2000 weist einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag in Höhe von 432.968,59 DM aus. Von den aus dem Jahresabschluss ersichtlichen Darlehensverbindlichkeiten der Schuldnerin wurden bis zum 31.12.2001 folgende Darlehen vollständig zurückgeführt:
- Konto 3503H. G. 320.000 DM- Konto 3507C.-Haus ...gesellschaft G. mbH 400.000 DM- Konto 3509C. Massivhaus Baugesellschaft mbH 500.000 DM- Konto 3512G. AG (Beklagte)1.650.000 DM- Konto 3514G. Verwaltungsgesellschaft mbH 150.000 DMDer Anhang zum Jahresabschluss 2000 (Anlagenband Bl. 47) enthält einen Hinweis auf einen Rangrücktritt der M. H. Anstalt (im Folgenden: H.)€ eines Gesellschafters der Schuldnerin - in Höhe von 1.200.042,86 DM. Der Rangrücktritt wurde am 14.2.2002 in Höhe von insgesamt 1.649.756,58 DM erklärt. Die Verbindlichkeiten der Schuldnerin gegenüber der H. beliefen sich am 31.12.2001 auf diese Höhe. Des weiteren wird im Jahresabschluss 2000 darauf hingewiesen, dass Rückstellungen für die Steuerschulden anzusetzen seien, die mit den - mit Einspruch angegriffenen - Bescheiden vom 21.5.2001 festgesetzt worden sind.
Der Jahresabschluss der Schuldnerin zum 31.12.2001 weist einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag in Höhe von 2.466.657,47 DM aus.
Mit der vorliegenden Teil-Klage hat der Kläger die Erstattung eines Teilbetrages der Zahlungen begehrt, mit denen die Schuldnerin in der Zeit vom 23. 1. bis zum 16. 3. 2001 das ihr von der Beklagten gewährte Darlehen von 1.650.000 DM (Konto 3512) getilgt hat. Er hat behauptet, bereits vor Erbringung der fraglichen Tilgungsleistungen habe eine Unterdeckung bestanden. Diese sei durch die Zahlungen an die Beklagte vertieft worden. Zur Rückzahlung der Tilgungsleistungen sei die Beklagte gem. § 31 I GmbHG verpflichtet. Zwar sei die Beklagte formell nicht Gesellschafterin der Schuldnerin gewesen. Sie sei gleichwohl zur Erstattung verpflichtet, weil sie als mit der Beklagten verbundenes Unternehmen im Sinne des § 15 ff. AktG anzusehen sei. Sowohl die Schuldnerin als auch die Beklagte gehören nach der Darstellung des Klägers zur G.-Unternehmensgruppe. Diese Unternehmensgruppe werde von der Familie G. und insbesondere von Herrn H. G. beherrscht und gelenkt und sei als faktischer Konzern anzusehen.
Hilfsweise begehrt der Kläger im Wege der Insolvenzanfechtung Wertersatz wegen der Aufhebung eines Erbbaurechts an einem Betriebsgrundstück der Schuldnerin sowie wegen der Veräußerung eines weiteren Betriebsgrundstücks der Schuldnerin.
Wegen der Feststellungen im Einzelnen wird auf das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 2.11.2005 Bezug genommen (§ 540 I Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht hat dem Kläger den Anspruch auf Zahlung in Höhe von 750.000 € aus §§ 30, 31 GmbHG zuerkannt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Darlehensrückzahlungen der Schuldnerin an die Beklagte zwischen dem 23.1.2001 und dem 16.3.2001 seien als verbotene Zahlungen an einen Gesellschafter anzusehen, die daher vom Empfänger zurückzuerstatten seien.
Zwar sei die Beklagte im maßgeblichen Zeitraum nicht an der Schuldnerin beteiligt gewesen. Die Beklagte sei aber einem Gesellschafter der Schuldnerin gleichzustellen. Sowohl sie als auch die Schuldnerin hätten der C.-Haus-Gruppe angehört. Bei dieser Gruppe habe es sich um einem faktischen Gleichordnungskonzern im Sinne von § 18 II AktG gehandelt, Formal existiere zwar keine einheitliche Leitung dieser Gruppe im Sinne von § 18 AktG. Angesichts des in Bezug auf die Gesellschaftszusammenhänge € mit Ausnahme der Gesellschafterstellungen und Besetzung der Organe € wenig bis gar nicht qualifizierten Bestreitens der Beklagten sei auf Grund im einzelnen aufgeführter unstreitiger Ausgangstatsachen von einem zumindest bis März 2001 einheitlichen faktischen Gleichordnungskonzern, geführt durch die Familie des H. G., auszugehen. Mit der Darlehenstilgung hätten die Kapitalerhaltungsvorschriften zielgerichtet umgangen werden sollen.
Die Auszahlung von 1,6 Mio. DM an die Beklagte zwischen Januar und März 2001 sei unter Verletzung des Stammkapitals erfolgt. Von einer durch die fraglichen Zahlungen verursachten Vertiefung der bereits zum 31. 12. 2000 bestehenden Unterdeckung zumindest im Umfang des mit der Klage verlangten Teilbetrages von 750.000 € sei angesichts des Jahresabschlusses zum 31.12.2001 auszugehen, ohne dass eine konkrete Fortschreibung der Bilanz der Schuldnerin zum 31.12.2000 erforderlich wäre. Das Stammkapital sei bereits zum 31.12.2000 mit 0 DM ausgewiesen. Der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag habe sich innerhalb des Jahres 2001 um einen Betrag von weiteren 2.033.688,88 DM = 1.039.808,61 € erhöht, was den klageweise geltend gemachten Betrag von 750.000 € übersteige. Eine frühere Rückzahlung der übrigen €Gesellschafterdarlehen€ an die Beklagte habe die Beklagte nicht eingewendet. Dass € wie die Beklagte pauschal behauptet habe - die laufende betriebswirtschaftliche Auswertung im Zeitpunkt der Zahlungen einen Gewinn habe erwarten lassen, sei angesichts der gesicherten Jahresergebnisse nicht nachvollziehbar.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beklagte mit der Berufung.
Sie behauptet, ein faktischer Gleichordnungskonzern liege nicht vor. Die Schuldnerin und die Beklagte hätten nicht kollusiv zur Umgehung von Kapitalerhaltungsvorschriften zusammengewirkt. Eine einheitliche Leitung bestehe nicht. Der Verwaltungsvertrag sei keine gemeinsame Klammer für eine einheitliche Leitung von Gemeinschuldnerin und Beklagter, weil die Beklagte nicht Partnerin des Verwaltungsvertrages gewesen sei. Mit dem Verwaltungsvertrag seien lediglich Einzelbereiche der vertraglich verbundenen Unternehmen koordiniert, deren wirtschaftliche Selbständigkeit jedoch nicht beeinflusst worden. Nur Hilfsfunktionen seien Gegenstand des Vertrages. Aus der Verwendung des Markennamens €C.-Haus€ lasse sich ein Gleichordnungskonzern nicht herleiten. Eine Quasi-Betriebsaufspaltung, in deren Ergebnis sich die Gesellschaften ergänzten, liege ebenfalls nicht vor. Die Vollmacht welche sei kein Indiz für eine einheitliche Leitung.
Bei Rückzahlung der Darlehen habe bei der Schuldnerin auch keine Unterdeckung bestanden. Das Landgericht habe keine Feststellungen zum Bestehen einer Unterbilanz im Zeitpunkt der Auszahlung bzw. Rückzahlung der Darlehen getroffen. Die Berechnung des Landgerichts sei falsch. Man könne nicht aus dem Vergleich zweier Bilanzzeitpunkte schließen, dass sich das Eigenkapital der Gesellschaft nahezu linear verschlechtert habe. Es sei nicht ausgeschlossen, dass sich das Eigenkapital bis zum März 2001 positiv entwickelt und sich der Verlust des Jahres 2001 erst aus später eingetretenen Umständen, insbesondere der entstandenen Steuerschuld ergeben habe. Fehlerhaft habe das Landgericht auch nur auf die Auszahlung des Geldes abgestellt. Da damit eine Darlehensverbindlichkeit erfüllt worden sei, sei die Auszahlung bilanziell neutral.
Das Landgericht habe zudem bei der Feststellung der Unterbilanz den qualifizierten Rangrücktritt der H. nicht beachtet, der nicht nur Aussagen zur Reihenfolge der Befriedigung treffe, sondern auch zum Umfang der Verbindlichkeiten durch den Forderungsverzicht für den Fall, dass kein auszahlungsfähiges Kapital mehr vorhanden sei. Die Bilanz hätte daher zu einem Eigenkapital von 1.217.000 DM kommen müssen. Der Ende 2000 erstellte Rangrücktritt mit Forderungsverzicht erweitere diesen lediglich auf die Forderungen der H. aus Erlösen aus dem Jahr 1999. Tatsächlich hätten die Herren G. M. und H. G. bereits im Januar 2000 auch diese Forderungen des Jahres 1999 in ihre Vereinbarung über den Rangrücktritt mit Forderungsverzicht einbezogen. Die Rangrücktrittserklärungen vom Mai bzw. Dezember 2000 hätten lediglich die bereits im Januar 2000 verbindlich getroffene Vereinbarung schriftlich gefasst.
Die Beklagte beantragt,
in Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt (Oder) (AZ: 13 O 594/03) die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil.
Er ist der Auffassung, es liege nicht nur ein Gleichordnungskonzern vor, die streitigen Rückzahlungen seien auch als eine Leistung an einen Gesellschafter anzusehen, da durch die streitigen Rückzahlungen mittelbare Leistungen an die Gesellschafter erbracht worden seien, die ebenfalls nach §§ 30, 31 GmbHG hafteten. Es bestehe daneben ein Anspruch nach § 32a GmbHG. Außerdem bestünden Ansprüche hinsichtlich der Grundstücksübertragungen wegen Insolvenzanfechtung.
Ein Gleichordnungskonzern bestehe. Die erforderlichen unternehmerischen Aktivitäten seien in der C.-Haus-Gruppe in einer quasi mit einer Betriebsaufspaltung vergleichbaren Weise aufgeteilt worden. Mit dem Verwaltungsvertrag habe die Schuldnerin im Ergebnis den Vertrieb von C.-Häusern sowie die Überwachung der von Drittfirmen erstellten C.-Häuser auf Personal der Verwaltungsgesellschaft (zu stellendes Büropersonal und zu stellende Bauleiter) übertragen, mithin den Kern des Unternehmensgegenstandes der Schuldnerin. Der von der Beklagten in der Berufung vorgelegte Nachtrag zum Verwaltungsvertrag vom 31.3.2000, nach dem die €Verwaltungsaufgaben€ nur noch €unterstützend€ hätten ausgeführt werden sollen und H. G. die Geschicke der Schuldnerin alleinverantwortlich übernommen habe, sei fingiert. Die Begründung zur behaupteten €Aufhebung€ des Verwaltungsvertrages sei falsch. Die Unternehmungen der G.-Gruppe wie auch der C.-Haus-Gruppe, darunter die Schuldnerin, seien von der Familie (H.) G. finanziert worden. Die Beklagte habe von der Schuldnerin nicht nur die Betriebsstätten in O. und W. übernommen, sondern auch diverse Musterhäuser und den bundesweiten Vertrieb der C.-Häuser.
Zutreffend habe das Landgericht für den Zeitraum der streitgegenständlichen Auszahlungen zwischen dem 23.1.2001 und dem 16.3.2001 eine Unterdeckung festgestellt.
II.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Dem Kläger steht der Zahlungsanspruch in Höhe von 750.000 € aus § 31 I GmbHG zu.
Die Beklagte ist Schuldnerin des Erstattungsanspruches aus § 31 I 1 GmbHG. Die Voraussetzungen dieses Anspruchs liegen sämtlich vor.
1) Die Beklagte ist zwar nicht selbst Gesellschafterin der Schuldnerin, jedoch einer solchen gleichzustellen. Die Gleichstellung ist, weil ansonsten die das haftende Kapital der GmbH sichernden Kapitalerhaltungsvorschriften umgangen werden könnten, immer dann geboten, wenn der Leistungsempfänger zur Gesellschaft in einem Näheverhältnis steht, das dem eines Gesellschafters zur Gesellschaft gleichzuachten ist. Ein derartige Näheverhältnis ergibt sich vorliegend daraus, dass im Zeitpunkt, als die streitgegenständliche Darlehenstilgung erfolgte, sowohl die Schuldnerin als auch die Beklagte als €Konzernschwestern€ einem Gleichordnungskonzern im Sinne von § 18 II AktG angehörten.
Die Voraussetzungen, unter denen ein derartiger Gleichordnungskonzern anzunehmen ist - Zusammenfassung mehrerer vertraglich oder auch nur faktisch miteinander verbundener Unternehmen unter einer einheitlichen Leitung, ohne dass dabei das eine Unternehmen zu dem anderen in einem Abhängigkeitsverhältnis steht (BGH, Beschluss vom 8.12.1998, KVR 31/97, Rn. 37 € zitiert nach Juris) € liegen vor. Zwar lässt sich nicht feststellen, dass die für die Annahme eines Gleichordnungskonzerns erforderliche einheitliche Leitung durch eigens geschaffene gemeinschaftliche Leitungsorgane ausgeübt oder dazu eine € u.U. auch konkludente € vertragliche Absprache getroffen worden ist. Dass gleichwohl eine der Schuldnerin, der Beklagten und einer Reihe weiterer der €G.-Unternehmen€ zuzurechnender Unternehmen übergeordnete gemeinsame und einheitliche Leitung bestand, ergibt sich aus den Gesamtumständen, insbesondere den personellen Verflechtungen, einheitlichen Zielvorgaben und dem gleichgerichteten Verhalten der genannten Gesellschaften (vgl. BGH, a.a.O., LS und Rn. 38).
Der Senat hat die Überzeugung vom Bestehen eines Gleichordnungskonzerns im Sinne von § 18 II AktG, d.h. einer einheitlichen Leitung der Unternehmen aus der zusammenfassenden Würdigung folgender Indizien gewonnen:
- Sowohl die Beklagte als auch die Schuldnerin verwendeten das Wortgebilde €C.-Haus€ in ihren Briefköpfen. Dies würde allerdings dann nicht für die Zugehörigkeit beider Unternehmen zu einer abgestimmt agierenden Unternehmensgruppe und für eine außerhalb der Unternehmen liegende die gesamte Unternehmensgruppe erfassende einheitliche Leitung sprechen, wenn es sich bei €C.-Haus€ um eine beliebige Bezeichnung handeln würde. Die Bezeichnung €C.-Haus€ stand aber gerade nicht jedem offen, vielmehr handelte es sich um einen geschützten Markennamen. Da dessen Gebrauch im geschäftlichen Verkehr von der Zustimmung des (einen) Markeninhabers abhing und es sich bei diesem um den in vielfacher Funktion an den Gesellschaften der C.-Haus-Gruppe beteiligten H. G. handelte, indiziert der gemeinsame Gebrauch der Bezeichnung bereits eine von dritter € H. G. - Seite initiierte gemeinsame Einflussnahme auf Schuldnerin und Beklagte.
- Für abgestimmtes Verhalten und damit einheitliche Leistung der €G.-Gruppe€ spricht ferner € worauf bereits das Landgericht zutreffend hingewiesen hat -, dass die insgesamt verfolgten unternehmerischen Aktivitäten vergleichbar einer Betriebsaufspaltung unterschiedlichen Gesellschaften zugewiesen worden sind. So betreibt die Beklagte ein Planungsunternehmen und einen Baustoffhandel. Geschäftsgegenstand der Schuldnerin war der Vertrieb von C.-Häusern und die Vergabe von Lizenzen. Daneben bestehen eine Erschließungsgesellschaft (C.-Haus Bau- und Erschließungsgesellschaft G. mbH), ein Unternehmen für Gewerbebauten (C.-Haus Bau- und Gewerbebaugesellschaft) und ein Unternehmen für Hochbau (C.-Haus Bau- und Hochbaugesellschaft). Unternehmensgegenstand der H. war die Finanzverwaltung, der eine von der Schuldnerin zu zahlende €Risikokapitalgebühr€ in Höhe von 7,5 % ihres Jahresumsatzes zufloss. Außerdem besteht eine Verwaltungsgesellschaft, mit der u.a. die Schuldnerin durch einen Verwaltungsvertrag verbunden war.
- Für eine einheitliche innere Organisation der G.-Gruppe spricht weiter, dass mit dem Kooperationsvertrag zwischen Schuldnerin und Beklagter vom 21. 6./27. 6 2001 der bis dahin von der Schuldnerin betreute Teilbereich der unternehmerischen Aktivitäten € der Vertrieb von C.-Häusern und die Vergabe von Lizenzen € der Beklagten übertragen und damit Vorsorge getroffen wurde, dass dieser Bereich der Gruppe nicht durch das zu diesem Zeitpunkt bereits zu erwartende €Ende€ der Schuldnerin verloren ging.
- Bemerkenswert im Zusammenhang mit dem Kooperationsvertrag ist außerdem der Umstand, dass für die Beklagte nicht deren bei Unterzeichnung anwesender Vorstand D. D., sondern € nur - der einzelzeichnungsberechtigte H. G. unterzeichnet hat. Dass dies nur wegen seiner ohnehin aus markenrechtlichen Gründen erforderlichen Zustimmung zum Vertrag geschehen sein soll, erscheint angesichts der Tatsache, dass H. G. nicht in eigenem Namen, sondern nur für die Beklagte unterzeichnet hat.
- Für abgestimmtes Verhalten und einheitliche Leitung der G.-Gruppe spricht weiter die sprachliche Fassung des Verwaltungsvertrag, mit dem die Schuldnerin der G-. Verwaltungsgesellschaft - entgegen der Auffassung der Beklagten - ihre allgemeine Verwaltung übertragen hat. Es mag zwar zutreffen, dass durch die mit der Verwaltungsgesellschaft abgeschlossenen Verwaltungsverträge nicht die Kerntätigkeit der Unternehmen der C.-Haus-Gruppe berührt, sondern €lediglich€ € allerdings zahl- und umfangreiche € Einzelbereiche der vertraglich gebundenen Unternehmen koordiniert werden sollten, die die wirtschaftliche Selbständigkeit der Unternehmen nicht beeinflussen sollten. Auch mag zutreffen, dass die Verwaltungsgesellschaft nicht die Geschäftsführung der Schuldnerin steuerte und selbst keine Leitungsfunktionen wahrnahm. Der Einleitungssatz des Verwaltungsvertrages, wonach €die Firma G. Verwaltungsgesellschaft die Firmen der C.-Haus-Gruppe allgemein verwalten€ wird, intendiert aber einen über den einzelnen Vertrag hinausgehenden Zweck bezogen auf alle Unternehmen der C.-Haus-Gruppe. Dieser einheitliche übergeordnete Vertragszweck deutet auf eine einheitliche Leitung der C.-Haus-Gruppe hin. Diese muss nicht von einem dieser Gruppe zugehörigen Unternehmen ausgeübt werden. Bei einem faktischen Gleichstellungskonzern liegt die einheitliche Leitung gerade außerhalb der gleichgeordneten Unternehmen des Konzerns, die sich nicht gegenseitig beherrschen oder voneinander abhängig sind (Hüffer, AktG, 7. Aufl., Rn. 20 zu § 18).
- Hiergegen spricht auch nicht der von der Beklagten behauptete Nachtrag zum Verwaltungsvertrag. Dass dieser wirklich gewollt und in Vollzug gesetzt worden ist, kann nicht angenommen werden. Zum einen erscheint nicht plausibel, warum, wenn wirklich die geschuldeten Leistungen erheblich verringert werden sollten, für die nur noch €unterstützende€ Tätigkeit gleichwohl eine unveränderte Vergütung gezahlt werden sollte. Zum anderen sprechen gegen eine wirklich erfolgte Reduktion der Tätigkeit die in der Bilanz zum 31.12.2000 eingestellten erheblichen Verwalterkosten in Höhe von 720.000 DM. Endlich hat ausweislich ihres Schreibens vom 27.6.2001 an das Ordnungsamt Hütten die Verwaltungsgesellschaft auch noch zu diesem Zeitpunkt Verwaltungstätigkeiten für die Schuldnerin ausgeübt.
- Mit einer €Klarstellung der Kompetenzen€ lässt sich der Nachtrag zum Verwaltungsvertrag nicht erklären. Andererseits belegt dieser Nachtrag die erheblichen Aktivitäten des Herrn H. G. Zudem deutet der Nachtrag entgegen dem Vorbringen der Beklagten auf den erheblichen Einfluss der Verwaltungsgesellschaft auf die Schuldnerin hin, wenn es dort heißt, dass der neu bestellte, alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer, Kaufmann und Bauunternehmer H. G. die Geschicke der Schuldnerin alleinverantwortlich entscheiden und veranlassen wird. Denn im Umkehrschluss bedeutet das, dass es vor dem Nachtrag anders gewesen wäre.
Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, dass der Verwaltungsvertrag ebenfalls auf eine einheitliche Leitung innerhalb der C.-Haus-Gruppe und auf ein konzertiertes Vorgehen hindeutet. Die Beklagte ihrerseits hat ihre Zugehörigkeit zu der C.-Haus-Gruppe im Briefkopf deutlich herausgestellt. Vor diesem Hintergrund spricht der Umstand, dass der Abschluss eines Verwaltungsvertrages zwischen der Beklagten und der Verwaltungsgesellschaft nicht dargelegt ist, nicht entscheidend gegen die Zugehörigkeit der Beklagten zur C.-Haus-Gruppe und zu einem faktischen Konzern. Letztlich spricht auch der Umstand, dass die Gesellschaften, die Querschnittsaufgaben wie z.B. Finanzierung und Verwaltung erfüllten - H., Beklagte, Verwaltungsgesellschaft -, sich auf die Unternehmen der C.-Haus-Gruppe beschränkten. Trotz ausdrücklichen Hinweises des Senates in der mündlichen Verhandlung vom 6.7.2007 ist anderes von der Beklagten insbesondere hinsichtlich ihres eigenen Geschäftsfeldes nicht vorgetragen worden.
- Die Beklagte hat auf Schreiben vom 23.8.2000 und 12.12.2000 der Schuldnerin Einzugsermächtigungen erteilt an finanzierende Banken mit explizitem Hinweis auf die Veräußerung von Grundstücken der Schuldnerin an die Beklagten, die €zu unserem Firmenverbund gehörende Aktiengesellschaft G. AG€ an die ein Unternehmen der C.-Haus-Gruppe. Ein €Firmenverbund€ deutet ebenfalls auf eine einheitliche Leitung als gemeinsames Band zur Verfolgung gemeinsamer Interessen hin.
- Ein weiteres Indiz für einen unter gemeinsamer Leitung agierenden Unternehmensverbund ergibt sich aus den vielfältigen Verflechtungen zwischen den Unternehmen der C.-Haus-Gruppe untereinander und den als Gesellschaftern, Geschäftsführern und Kapitalgebern hinter diesen Unternehmen stehenden, durch enge familiäre Beziehungen verbundenen natürlichen Personen aus dem Bereich der Familien G. und M. So waren Gesellschafter der G. Verwaltungsgesellschaft mbH, eines Unternehmens der C.-Haus-Gruppe, Frau R. G. und ihr Ehemann Herr H. G. Gesellschafter der W. Massivbaugesellschaft mbH, später firmierend als C. Massivhaus Baugesellschaft mbH, waren zunächst nur Herr H. G., ab dem 16.7.2001 Herr H. G. und dessen Sohn, Herr M. G. Gesellschafterin der C.-Haus Hochbaugesellschaft war zunächst bis Januar 2000 die Schuldnerin, später dann Frau R. G. Auch im Bezug auf die Schuldnerin und die Beklagte sowie auf ihre jeweiligen Gesellschafter bestanden im Zeitraum, in dem die streitgegenständlichen Darlehensrückzahlungen erfolgten, wechselseitige Verflechtungen. Gesellschafter der Schuldnerin waren die H. mit einem Anteil am Stammkapital in Höhe von 196.000 DM sowie H. G. mit einem Anteil in Höhe von 4.000 DM. An der H. war der Schwager von H. G., G. M., unstreitig zu 10 %, nach der Behauptung des Klägers gar zu 100 % beteiligt. Weiter hat G. M. jedenfalls die H. im Geschäftsverkehr allein handelnd vertreten.
Darüber, wer im fraglichen Zeitraum € Januar bis März 2001 - Gesellschafter der Beklagten war, streiten die Parteien zwar. Selbst wenn man jedoch von der Behauptung der Beklagten ausgeht, Herr G. M. habe damals 100 % der Gesellschaftsanteile gehalten, ergibt sich eine Verflechtung des dann alleinigen Gesellschafters der Beklagten mit der Schuldnerin daraus, dass er zugleich als Gesellschafter und Vertretungsberechtigter der an der Schuldnerin als Gesellschafterin der Schuldnerin beteiligten H. in Erscheinung trat. Erst recht gilt dies, wenn entsprechend der Behauptung des Klägers Herr H. G., die H., Frau R. G. und Herr G. M. Gesellschafter der Beklagten gewesen sein sollten.
- Ein vergleichbares Bild ergibt sich bei den Vertretungsgremien der Gesellschaften der C.-Haus-Gruppe.
Bei der Schuldnerin war zunächst Herr E. M., dann Herr H. G. alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer, ehe ab dem 3.5.2000 Herr F. St. als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer berufen und Herr H. G. abberufen wurde.
Als Vorstand der Beklagten war allerdings Herr D. D. eingesetzt, Herr H. G. erst ab dem 19.11.2001 und noch später erst dessen Sohn, Herr M. G. als heutiger Vorstand. Bevor Herr H. G. zum Vorstand bestellt wurde, hat er jedoch die Beklagte schon als €Bevollmächtigter mit Einzelzeichnungsrecht€ vertreten, wie sich aus dem Kooperationsvertrag der Beklagten mit der Schuldnerin vom 21.6. bzw. 27.6.2001 ergibt.
Als Vertretungsorgan der H. ist wieder nur Herr G. M. als Bruder von Frau R. G. und Schwager von Herrn H. G. aufgetreten.
Als Geschäftsführer der G. Verwaltungsgesellschaft agierten zunächst nur Frau R. G. und ihr Ehemann Herr H. G., bevor am 29.9.1999 Herr D. D. zum weiteren Geschäftsführer bestellt wurde.
Geschäftsführer der C.-Haus Hochbaugesellschaft G. mbH wiederum war von Mai 2000 bis November 2003 Frau R. G.
Sämtliche Darlehen der beteiligten Unternehmen C.-Haus Hochbaugesellschaft mbH, C. Massivhaus Baugesellschaft mbH, der Beklagten, der G. Verwaltungsgesellschaft mbH und von Herrn H. G. in beträchtlicher Höhe von insgesamt 3.020.000 DM sind von der Schuldnerin innerhalb nur eines Jahres zum 31.12.2001 vollständig getilgt worden.
Die Schuldnerin ist durch die Familie G. und die Gesellschaften der C.-Haus-Gruppe finanziert worden.
In der Bilanz zum 31.12.1998 der Schuldnerin sind die von der Familie G. bis dahin gewährten Darlehen ausgewiesen.
In der Bilanz zum 31.12.2001 sind die Darlehen von Herrn H. G. und der G.-Gesellschaften in erheblicher Höhe ausgewiesen, die bis zum 31.12.2001 zurückgeführt worden sind. Hinzu kommt, dass die Eu. die Eheleute H. und R. G. weiterhin gemäß Schreiben der Eu. vom 27.2.2001 hinsichtlich von der Schuldnerin an die Beklagte veräußerten mit Musterhäusern bebauten Grundstücke an Herrn H. G. und Frau R. G. als Gesamtschuldner führt. Aus dem Schreiben des Herrn H. G. vom 11.6.2002 an das Unternehmen Tiefbau J. O. geht hervor, dass sich Herr H. G. auch persönlich für der Beklagten gewährte Bankdarlehen zur Finanzierung von Projekten verbürgt hat. Aus dem Schreiben der Eu. vom 27.2.2001 an Frau R. G. und Herrn H. G. ergibt sich dies ebenfalls, wenn es darin heißt: €Wir haben zur Kenntnis genommen, dass Sie die obigen Objekte auf die in Ihrem Firmenverbund gehörende Aktiengesellschaft übertragen haben. Es bleibt bei den bisherigen Schuldverhältnissen. Der Ordnung halber erlauben wir uns den Hinweis, dass wir Sie nach wie vor als Gesamtschuldner führen.€
Der Geschäftsführer St. der Schuldnerin im maßgeblichen Zeitraum der Darlehensrückzahlungen hatte vertragliche Rahmenbedingungen, die es ihm objektiv jedenfalls erheblich erschwerten, die Geschäfte der Schuldnerin effektiv zu führen. Er verfügte über keinen Büroraum, hatte eine Arbeitszeit von lediglich 30 Stunden monatlich zu leisten und erhielt ein Monatsgehalt von lediglich 3.000 DM. Hinzu kommt, dass dieser nach der Darlegung der Beklagten neben seiner Geschäftsführertätigkeit seine sonstige vorher ausgeübte Tätigkeit als Finanzberater ausüben wollte.
- Der Vertrag für den Geschäftsführer St. der Schuldnerin vom Juli 2000 ist von Herrn D. abgefasst worden, der wiederum zu diesem Zeitpunkt auch Vorstand der Beklagten war.
- Nach der Notiz von Herrn D., auch Vorstand der Beklagten, zum Geschäftsführervertrag mit Herrn St. ist die Gehaltsanweisung €in Abstimmung mit H. G.€ erfolgt. Es erschließt sich dem Senat nicht, aus welchem Grund, wenn nicht die Beklagte und die Schuldnerin einer einheitlichen Leitung unterworfen waren.
- Im Schreiben vom 27.2.2001 an Frau R. G. und Herrn H. G. betreffend den Verkauf von Musterhausgrundstücken von der Schuldnerin an die Beklagte bestätigt die Eu., dass €die obigen Objekte auf die in ihrem Firmenverbund gehörende Aktiengesellschaft übertragen wurden€, obwohl zu diesem Zeitpunkt Frau R. G. und Herr H. G. noch nicht Gesellschafter der Beklagten waren.
- Als prägende Unternehmerpersönlichkeit tritt Herr H. G. auf.
Er ist Inhaber der Marke €C.-Haus€. Er trat auch umfangreich als Finanzier in Erscheinung. Er war an verschiedenen Gesellschaften beteiligt und in verschiedenen Vertretungsfunktionen tätig, z.B. auch als Bevollmächtigter der Beklagten mit Einzelzeichnungsrecht, bevor er zum Vorstand der Beklagten bestellt worden ist. Ausweislich des Protokolls vom 20.4.2000 trat Herr H. G. als Verhandlungssprecher für die Belange von C.-Haus auf.
- Der Mitarbeiter der Verwaltungsgesellschaft Rechtsanwalt V. wird später Liquidator der Schuldnerin.
- Die Betriebsimmobilien der Schuldnerin Ka. 2 in O. und ...straße 12 in W. werden von der Erwerberin, der Beklagten, jeweils für 10 Jahre an die Verwaltungsgesellschaft vermietet mit der der Verwaltungsgesellschaft eingeräumten Option, den Mietvertrag um 30 Jahre zu verlängern.
- Von der Schuldnerin und der W. Massivbaugesellschaft werden an die Beklagte Gewinnbeteiligungen als Mietzinsverbesserung gezahlt.
- Die Verwaltungsgesellschaft € zu Händen deren Geschäftsführers D. D. € erhält beglaubigte Abschriften des Gründungsberichtes der Beklagten, deren Vorstand Herr D. D. ebenfalls ist.
- Telefon-/Faxnummern, Email-Adressen, Websites, teils auch Anschriften von Gesellschaften der G.-Gruppe sind identisch.
2. Die Darlehensrückzahlungen von der Schuldnerin an die Beklagte zwischen Januar und März 2001 verletzten das Stammkapital der Schuldnerin.
Aus zutreffenden Gründen, auf die verwiesen wird, hat das Landgericht festgestellt, dass durch die Auszahlungen eine sich aus dem Jahresabschluss 2000 ergebende Unterbilanz vertieft wurde. Die dagegen in der Berufung gerichteten Einwände greifen nicht durch.
Der Kläger hat seiner Darlegungslast für eine Unterbilanz im Zeitpunkt der Zahlungen der Kläger genügt. Dafür muss er nicht Zwischenbilanzen für jeden einzelnen Auszahlungszeitpunkt darlegen (vgl. Baumbach/Hueck, GmbHG, 18. Aufl., Rn. 11 zu § 30). Wie das Landgericht bereits festgestellt hat, ergibt sich aus dem Jahresabschluss 2000 eine Unterbilanz, die ausweislich des Jahresabschlusses 2001 während des Jahres 2001 erheblich größer geworden ist. Danach spricht jedenfalls der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass eine Unterdeckung auch zu den Zeitpunkten der Auszahlungen gegeben war. Hierfür spricht zusätzlich die Lebenserfahrung, nach der zum Ende des Jahres festgestellte Bilanzverluste im Verlaufe des Jahres angewachsen sind (vgl. KG, Urteil vom 3.4.2000, 23 U 865/98, Rn. 28 € zitiert nach Juris). Tatsachen, die darauf schließen ließen, dass der im Jahresanfang 2001 bestehende Fehlbetrag im Verlauf des Jahres 2001 € zudem schon kurz danach € vorübergehend ausgeglichen gewesen sein könnten und erst zum Jahresende wieder € rapide € angestiegen sind, hat die Beklagte nicht dargelegt. Es besteht danach kein vernünftiger Grund zu der Annahme, dass die Schuldnerin innerhalb des gesamten fraglichen Zeitraumes zu irgendeinem Zeitpunkt über ausreichendes Vermögen verfügt haben könnte, um ohne Beeinträchtigung des Stammkapitals Zahlungen an die Beklagte vornehmen zu können.
Richtig hat das Landgericht zunächst aus dem Jahresabschluss 2000 der Schuldnerin ermittelt, dass zum 31.12.2000 einen Unterbilanz vorlag.
Das Stammkapital war im Jahresabschluss 2000 (AB Bl. 29) bereits zu Recht mit 0 DM ausgewiesen.
Berechnung (vgl. Baumbach/Hueck, a.a.O., Rn. 10 zu § 30):
Aktiva 10.152.774,03 DMVerbindlichkeiten einschließlich Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten./.10.585.742,62 DMnicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag 432.968,59 DMZutreffend hat das Landgericht dabei den von der Beklagten geltend gemachten Rangrücktritt der H. für Forderungen im Betrage von 1.200.042,86 DM und weiteren 449.713,72 DM nicht berücksichtigt.
In der Bilanz zum 31.12.2000 (AB Bl. 29) sind Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungenausgewiesen in Höhe von2.980.446,27 DM.Darin enthalten waren nach Vortrag der Beklagten Ansprüche des Gesellschafters der Schuldnerin H.
a) aus Rechnung vom 24.5.2000 in Höhe von1.200.042,86 DM,b) aus Rechnung vom 22.12.2000 in Höhe von 449.756,58 DM.Das sollte nach der Behauptung der Beklagten die Gegenleistung für die Zurverfügungstellung von Risikokapital an die Schuldnerin in den Jahren 1992 ff. sein.
Vom unstreitigen Rangrücktritt, wann auch immer nach dem insoweit widersprüchlichen Vortrag der Beklagten erklärt, ist auszugehen. Dann gilt Folgendes:
Ein (einfacher) Rangrücktritt wäre bei der Ermittlung einer Unterbilanz nicht zu berücksichtigen. Die Verbindlichkeit würde trotz eines Rangrücktritts bestehen. Der Rangrücktritt wäre nur für die Feststellung einer eventuellen Überschuldung relevant (Baumbach/Hueck, a.a.O., Rn. 10 zu § 30, Rn. 24 zu § 64). Die Beklagte macht hier aber geltend, die H. habe nicht nur einen Rangrücktritt, sondern einen Forderungsverzicht für den Fall erklärt, dass kein auszahlungsfähiges Kapital mehr vorhanden sein sollte. Das trifft nach den vorgelegten Erklärungen zu.
Der von der Beklagten geltend gemachte Forderungsverzicht ist nicht zu berücksichtigen. Die Bedingungen für diesen Verzicht sind nicht eingetreten. Denn er wurde nicht für den Fall einer Unterbilanz erklärt, sondern für den, dass die Gläubiger (tatsächlich) befriedigt und dann kein Kapital mehr zur Verfügung steht (Liquidation, Insolvenz). Damit ist diese Forderung richtig auch passiviert worden.
Selbst wenn der Forderungsverzicht zu berücksichtigen wäre, würde diese der Forderung des Klägers nicht entgegenstehen.
Ist nach der Bilanz der Schuldnerin die Bedingung für den Verzicht der H. auf ihre Forderung eingetreten, dann sind die Forderungen der H. nicht mehr zu passivieren, sondern diese vielmehr als außerordentlicher Ertrag zu aktivieren. Dann wäre die Bilanz der Schuldnerin zum 31.12.2000 entsprechend der von der Beklagten vorgelegten korrigierten Bilanzübersicht zu einem Eigenkapital von 1.217.000 DM gekommen € genau von 1.216.787,93 DM (Rangrücktritt/Forderungsverzicht in Höhe von 1.200.042,86 DM + 449.713,72 DM = 1.649.756,52 abzüglich nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag 432.968,59 DM).
Um zu diesem Schluss zu kommen, bedarf es nicht der Einholung des von der Beklagten angebotenen Gutachtens.
Es wären jedoch Rückstellungen für die Steuerrückforderungen des Finanzamtes ... in der Bilanz 2000 der Schuldnerin zu berücksichtigen. Dies würde wiederum zu einer Unterbilanz führen.
Der Sache nach wäre eine Rückstellung für eine ungewisse Verbindlichkeit (§ 249 I 1 HGB) vorzunehmen. Die Steuerrückforderung ist eine Verbindlichkeit der Schuldnerin gegenüber dem Finanzamt und ungewiss, weil im Streit. Die wirtschaftliche Verursachung bis zum Bilanzstichtag 31.12.2000 spielt keine Rolle, weil es nicht um eine erst künftig entstehende Forderung geht (vgl. Baumbach/Hopt-Merkt, HGB, 32. Aufl., Rn. 2 zu § 249).
Dafür kommt es nicht darauf an, ob die Schuldnerin bis zum Bilanzstichtag 31.12.2000 von der vom Finanzamt ... beabsichtigten Geltendmachung der Steuerrückforderung wusste.
Für die Bildung einer Rückstellung kommt es auf die objektive Rechtslage zum Bilanzstichtag an und nicht darauf, wie der Steuerpflichtige sie zu diesem Zeitpunkt subjektiv beurteilte (BFH, Urteil vom 19.5.1983, IV R 205/79, LS 4 und Rn. 15 € zitiert nach Juris). Das Be- oder Entstehen einer Verbindlichkeit sowie die Inanspruchnahme des Steuerpflichtigen sind wahrscheinlich, wenn mehr Gründe für als gegen das Be- oder Entstehen einer Verbindlichkeit und eine künftige Inanspruchnahme sprechen. Diese Voraussetzung ist nicht nach den subjektiven Erwartungen des Steuerpflichtigen zu prüfen, sondern auf der Grundlage objektiver, am Bilanzstichtag vorliegender und spätestens bei Aufstellung der Bilanz erkennbarer Tatsachen aus der Sicht eines sorgfältigen und gewissenhaften Kaufmanns zu beurteilen (BFH, Urteil vom 1.8.1984, I R 88/80, LS und Rn. 31 € zitiert nach Juris). Nach der objektiven Rechtslage bestand eine Steuerrückforderung. Das wird von der Beklagten nicht in Abrede gestellt. Sie meint nur, gestützt auf den behaupteten falschen Rat ihres Steuerberaters habe für sie kein Anlass bestanden, anzunehmen, dass die Steuerrückforderung geltend gemacht werden würde. Das sei erst anders gewesen, als sie von der beabsichtigten Steuerrückforderung Kenntnis erlangt habe. Unerheblich ist in Ansehung der zitierten Rechtsprechung des BFH, ob die Schuldnerin bis zum Bilanzstichtag 31.12.2000 von der Absicht des Finanzamtes, die Steuerrückforderung geltend zu machen, Kenntnis erlangte. Entscheidend ist, ob die Schuldnerin bis zum Zeitpunkt der Aufstellung der Bilanz 2000 Kenntnis davon erlangte.
Die Bilanz 2000 der Schuldnerin wurde unter dem Datum 3.5.2002 aufgestellt (Anlagenband Bl. 28). Im Anhang zu dieser Bilanz ist bereits angegeben, dass die Steuerrückforderungen auf Grund von Bescheiden vom 21.5.2001 festgesetzt wurden. Da gegen diese Bescheide Einspruch eingelegt worden sei, sei diese noch nicht in die Bilanz eingearbeitet. Damit geht aus der Bilanz 2000 der Schuldnerin (Anhang) selbst hervor, dass im Zeitpunkt der Bilanzerstellung die Steuerrückforderungen bekannt waren, die Einarbeitung in die Bilanz jedoch nur wegen der Einsprüche gegen die Bescheide unterblieben sei. Sie hätten dann aber eingearbeitet werden müssen.
Darauf, ob entsprechend der unter Beweis durch Zeugnis des Finanzbeamten G. gestellten Behauptung des Klägers der Schuldnerin bereits am 5.6.2000 anlässlich der Ankündigung der Betriebsprüfung für die Jahre 1993 bis 1997 mitgeteilt wurde, dass zu Unrecht die Sonderabschreibung für die streitigen Betriebsstätten von mehr als 2 Mio. DM gezogen und von der Schuldnerin zu erstatten seien, kommt es danach nicht an.
Die Einstellung einer Rückstellung für Steuerrückforderungen in Höhe von 1.232.714,35 DM in die Bilanz 2000 der Schuldnerin führt wiederum zu einer Unterbilanz.
Denn der zuvor ermittelte Eigenkapitalbetrag in Höhe von 1.216.787,93 DMwürde sich vermindern um die Rückstellung in Höhe von./.1.232.714,35 DMDer nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag beträgt danach 15.926,42 DMAuch danach ist durch die Darlehensrückzahlungen eine Unterbilanz der Schuldnerin vertieft worden.
Die von der Beklagten vorgelegte betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA) für die Monate Januar und Februar 2001 belegt nicht die (mögliche) Behebung der Unterbilanz im Zeitpunkt der Rückzahlung der Darlehen. Mit der Klägerin geht der Senat bereits davon aus, dass in der BWA ausgewiesene Gewinn tatsächlich nicht erzielt worden ist. Denn Werbe-/Reisekosten, Kosten Warenabgabe, Instandhaltung/Werkzeuge und Abschreibungen sind mit 0 angesetzt.
Zudem verbleibt selbst unter Berücksichtigung des Gewinns in Höhe von 61.876,26 DM eine Unterbilanz im Betrage von
Gezeichnetes Kapital200.000,00 DMabzüglich Gewinn lt. BWA 61.876,26 DMNicht gedeckter Fehlbetrag nach obiger Berechnung 15.926,42 DM 45.949,84 DMDifferenz154.050,16 DMDie Schuldnerin zahlte Darlehen im Gesamtbetrag von 2.150.000 DM = 1.099.277,54 € an die Beklagte zurück. Mit der Klage wird die Rückzahlung von 750.000 € = 1.466.872,50 DM geltend gemacht. Die danach durch die Darlehensrückzahlungen vertiefte Unterbilanz wird selbst unter Berücksichtigung vorhandenen buchmäßigen Eigenkapitals in Höhe von 45.949,84 DM bei weitem nicht ausgeschöpft.
Dass in diesem Fall eine entsprechende Forderung der Schuldnerin gegen den Steuerberater wegen Falschberatung zu aktivieren wäre, hat die Beklagte nach zulässigem Bestreiten des Klägers mit Nichtwissen über eine Falschberatung nicht substantiiert dargelegt und dafür Beweis angeboten.
Unabhängig davon ist ein solcher Schadensersatzanspruch auch der Höhe nach nicht schlüssig dargelegt. Denn der Schaden würde nicht darin bestehen, dass die Schuldnerin unter Verstoß gegen § 30 GmbHG Zahlungen an die Beklagte geleistet hat. Denn für die Steuerrückforderungen wären trotz der € hier unterstellten € Falschberatung des Steuerberaters Rückstellungen vorzunehmen gewesen.
Darauf, ob dem Kläger aus weiteren Anspruchsgrundlagen der geltend gemachte Zahlungsanspruch zusteht, kommt es danach nicht mehr an.
III.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 I, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 II Nr. 1 und 2 ZPO).
Brandenburgisches OLG:
Urteil v. 02.08.2007
Az: 6 U 127/05
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/9fac657ec61c/Brandenburgisches-OLG_Urteil_vom_2-August-2007_Az_6-U-127-05