Amtsgericht Düsseldorf:
Urteil vom 9. Juli 2013
Aktenzeichen: 57 C 14411/12
(AG Düsseldorf: Urteil v. 09.07.2013, Az.: 57 C 14411/12)
Tenor
Es wird festgestellt, dass die Klägerin im Hinblick auf die Zugänglichmachung der Bl. 21-23 der Akte dargestellten Fotos über eine zweite Webdomain ihres Internetauftrittes nicht verpflichtet ist, an die Beklagte Schadenersatz sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zu zahlen und zwar insbesondere nicht Schadenersatz in Höhe von 1'162,50 Euro zuzüglich 130,50 Euro vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten wie beides mit Schreiben Kanzlei U & Partner vom 02.11.2012 verlangt.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Dieses Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten gestattet das Gericht, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Die Klägerin befasst sich mit dem Verkauf von Textilien, die Beklagte mit der Erbringung von Dienstleistungen im Foto- und Medienbereich.
Mit Vertragsannahme der Beklagten vom 14.11.2011 haben die Parteien einen Vertrag geschlossen, wonach die Beklagte sich verpflichtet für die Klägerin den Internetauftritt www...de zu entwickeln. Zugleich wurden fünfzehn von der Beklagten erstellte Fotos, die im Einzelnen Bl. 21ff. der Akte zu entnehmen sind, in den Internetauftritt eingestellt und der Klägerin hierfür das einfache Nutzungsrecht erteilt. Wörtlich heißt es in Punkt 1.4 der AGB der Beklagten: "Der Designer überträgt dem Auftraggeber die für den jeweiligen Zweck erforderlichen Nutzungsrechte. Soweit nichts anderes bestimmt ist, wird jeweils das einfache Nutzungsrecht übertragen..." In Punkt 2.3 heißt es: "Werden die Entwürfe später oder in größeren Umfang als ursprünglich vorgesehen genutzt, so ist der Designer berechtigt, die Vergütung für die Nutzung nachträglich in Rechnung zu stellen bzw. die Differenz zwischen der höheren Vergütung für die Nutzung und der ursprünglich gezahlten zu verlangen." Für das gesamte Leistungspaket vereinbarten die Parteien einen Sonderpreis in Höhe von 750 Euro.
Nachfolgend ordnete die Klägerin ihrem Internetauftritt die weitere Domain www...de zu, die ihr von der Beklagten zur Verfügung gestellt worden war. Auch über diese weitere Domain bestand Zugriff auf die von der Beklagten erstellten Fotos.
Mit Schreiben vom 10.08.2012, Bl. 15 der Akte, erläuterte die Beklagte, dass hinsichtlich der Fotolizenzen für die Nutzung auf einer weiteren Webdomain ein Zuschlag von 25% auf das nutzungsbezogene Honorar anfalle. Mit anwaltlichem Schreiben vom 02.11.2012 (Bl. 18 der Akte) forderte die Beklagte die Klägerin zur Zahlung des Lizenzaufschlages in Höhe von 25% der üblicherweise von der Beklagten verlangten Lizenzgebühren auf. Hieraus ergibt sich eine Forderung von 77,50 Euro pro Foto, mithin bei 15 Fotos 1€162,50 Euro zuzüglich 130,50 Euro vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Für die genaue Rechnungsstellung wird auf Bl. 21 der Akte Bezug genommen.
Die Klägerin ist der Ansicht, durch die Zuordnung einer weiteren Domain zu ihrem bestehenden Internetauftritt ergebe sich eine Verletzung der Urheberrechte der Beklagten nicht.
Die Klägerin beantragt,
festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, an die Beklagte Lizenzgebühren in Höhe von 1€162,50 Euro zu zahlen und / oder ihr Anwaltshonorare in Höhe von 130,50 Euro zu erstatten wie mit Schreiben der Kanzlei U & Partner vom 02.11.2012 verlangt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Gründe
Die Klage ist zulässig, insbesondere besteht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse, weil die Beklagte die Klägerin in der geltend gemachten Höhe zur Zahlung aufgefordert hat, sich also der Forderung berühmt.
Der Klageantrag war im Zusammenhang mit der Klagebegründung dahingehend auszulegen, dass die Klägerseite nicht lediglich begehrt festzustellen, dass ein Anspruch aus einem bestimmten Anwaltsschreiben in der geltend gemachten Höhe nicht besteht, sondern dass es ihr darum geht, dass aus der Zugänglichmachung der von der Beklagten gefertigten Fotos über eine zweite Webdomain ein Schadenersatzanspruch insgesamt nicht gegeben ist. Auch seitens der Beklagtenseite ist die Klage dahingehend ausgelegt worden, dass die Klägerin Feststellung über das Nichtbestehen des gesamten Schadenersatzanspruches begehrt. Der Urteilstenor war dieser Auslegung anzupassen.
Die Klage ist auch begründet, weil der Beklagten ein Anspruch aus §97 UrhG auf Schadenersatz nicht zusteht, da eine Verletzung des Urheberrechts der Beklagten durch die Klägerin nicht gegeben ist.
Die Klägerin war im Rahmen des ihr eingeräumten Nutzungsrechts berechtigt, ihre Website auch über eine zweite Domain zugänglich zu machen. Dies ergibt sich aus der Auftragsbestätigung der Beklagten vom 14.11.2011, wonach die Beklagte sich verpflichtet für die Klägerin den Internetauftritt www...de zu entwickeln und gemäß 1.4 der wirksam einbezogenen AGB der Beklagten für den jeweiligen Zweck erforderliche einfache Nutzungsrechte übertragen werden. Für die rechtliche Bewertung unerheblich ist das Schreiben der Beklagten vom 10.08.2012, wonach für die Nutzung auf mehr als einer Webdomain Zuschläge in Höhe von 25% auf das nutzungsbezogene Honorar anfallen, denn zu diesem Zeitpunkt war der Vertrag zwischen den Parteien geschlossen und die Beklagte nicht mehr berechtigt, einseitig neue Vertragsbedingungen zu diktieren.
In welchem Umfang eine Übertragung von Nutzungsrechten erfolgt, ergibt sich gemäß § 31 Abs. 5 UrhG aus dem jeweiligen Vertragszweck. Dabei normiert die Vorschrift zunächst, dass an den von beiden Parteien angenommenen Zweck des Vertrages anzuknüpfen ist. Ein Zweifelssatz dahingehend, dass die konkrete Nutzungsart von der Rechteeinräumung nicht umfasst ist, besteht höchstens dann, wenn eine Auslegung am Vertragszweck zu keinem eindeutigen Ergebnis führt (BeckOK-UrhG-Soppe § 31 Rn. 94.1). Was genau der jeweilige Vertragszweck ist, ergibt sich entsprechend §§ 133, 157 BGB aus Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses (Schricker / Loewenheim UrhG § 31 Rn. 89). Somit ergibt sich der Vertragszweck nicht lediglich aus dem Umfang dessen, was zur Erstellung eines Internetauftrittes zwingend erforderlich ist, nämlich lediglich eine Domain; sondern nach dem, was die Verkehrsanschauung üblicherweise unter einem Internetauftritt versteht. Das Wort "Internetauftritt" ist gleichbedeutend mit einer bestimmten Website, die üblicherweise - auch dann, wenn mehrere Domains auf sie verweisen - im Rechtsverkehr mit einer bestimmten Hauptdomain, hier www...de bezeichnet wird ähnlich wie zum Beispiel eine bekannte Internet-Suchmaschine im Rechtsverkehr als "google.de" bezeichnet wird, obwohl ihr z. B. auch die weitere Schreibfehler-Domain "googel.de" zugewiesen ist. Die Verwendung einer konkreten Webadresse im Zusammenhang mit dem Wort "Internetauftritt" trifft also keine Aussage darüber, dass die Vertragspartner davon ausgegangen sind, dass dem Auftritt lediglich eine Domain zugeordnet werden wird; vielmehr ist der Vertrag dahingehend auszulegen, dass die Klägerin durch den Vertragsschluss in die Lage versetzt werden sollte, einen Internetauftritt zu erlangen und diesen in gemäß Verkehrsanschauung üblicher Art und Weise zu nutzen. Daher war es auch erforderlich im Sinne von 1.4 der AGB der Beklagten, dass ihr die zu diesem Zweck benötigten Nutzungsrechte übertragen werden. Zur üblichen Art und Weise der Nutzung eines Internetauftritts gehört auch die Ermöglichung des Zugangs über zwei Domains, denn es ist für Firmenhomepages marktüblich, dass Anbieter von Webhosting bereits im Grundpreis die Zuweisung von zwei Domains ermöglichen. So bietet zum Beispiel sogar das Einstiegspaket T-Homepage Starter der Deutschen Telekom AG die Möglichkeit der Zuweisung von zwei Domains. Auch der Anbieter "Strato AG" ermöglicht in seinem Angebot "Firmen-Homepage" die Zuweisung von zwei Domains (https://www.strato.de/homepagebaukasten/€adword=google/DE/MW). Auch der Anbieter 1&1 bietet für Business-Webhosting bereits im günstigsten Paket "Dual Starter" zwei inklusive Domains an (http://hosting.1und1.de/linuxhosting€linkId=ct.txt.linuxhosting). Im Hinblick auf die Marktüblichkeit der Möglichkeit, seinen Internetauftritt mit einer zweiten Domain zu versehen, ohne dass hierdurch höhere Webhosting-Kosten entstehen, gehört die Zuweisung einer zweiten Domain auch zu dem, womit beide Vertragsparteien im Rahmen der üblichen Verwendung eines Firmeninternetauftritts, dessen Erstellung Vertragszweck war, rechnen müssen. Die Einräumung von Fotolizenzen zum Zwecke der Entwicklung eines Internetauftritts führt daher dazu, dass soweit nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart ist, der Zugang über bis zu zwei Domains vom Vertragszweck und damit auch vom eingeräumten Nutzungsrecht umfasst ist. Mit einer solchen Auslegung bleibt der von § 31 Abs. 5 UrhG intendierte Schutz des Urhebers vor den unangemessenen wirtschaftlichen Folgen einer Pauschalvergabe von Nutzungsrechten (Wandtke / Bullinger UrhG § 31 Rn. 39) gewahrt, denn das Nutzungsrecht auch hinsichtlich der Zugänglichmachung des Internetauftritts über zwei Domains verbleibt im Rahmen dessen, was auch aus Sicht des Urhebers bei Vertragsschluss vom Nutzer eines Internetauftrittes im Rahmen dessen üblicher Nutzung zu erwarten war. Die Beklagte als professionelle Marktteilnehmerin musste angesichts der marktüblichen Zuweisung von zwei Domains zu einem Internetauftritt mit einer solchen Nutzungsweise der Klägerin rechnen, solange sie dies nicht ausdrücklich in ihren AGB untersagt. Die Nutzungsweise des Internetauftritts geht unter Berücksichtigung der Verhältnisse bei Vertragsschluss in keiner Weise über das hinaus, was üblicherweise zu erwarten ist, sodass keine unangemessene wirtschaftliche Folge für die Rechteinhaberin darin erblickt werden kann, dass diese Nutzungsweise von dem ursprünglich eingeräumten Nutzungsrecht umfasst ist.
Die Entscheidung zu den Kosten folgt aus § 91 ZPO, die zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Der Streitwert wird auf 1.162.50 EUR festgesetzt, denn die weiteren 130,50 Euro betreffen nicht Abmahnkosten, sondern vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten der Hauptforderung, deren Nichtbestehen festgestellt werden soll.
AG Düsseldorf:
Urteil v. 09.07.2013
Az: 57 C 14411/12
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