Oberlandesgericht Stuttgart:
Beschluss vom 20. Juli 2006
Aktenzeichen: 20 W 5/05
(OLG Stuttgart: Beschluss v. 20.07.2006, Az.: 20 W 5/05)
Für die Vergütung des gemeinsamen Vertreters im Beschwerdeverefahren nach dem SpruchG verweist § 6 Abs. 2 Satz 1 SpruchG auf Nr. 3500, 3515 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz.Vergütung des gemeinsamen Vertreters im Spruchverfahren 2. Instanz nach VV Nr. 3500, 3515 zum RVG
Tenor
1. Die Vergütung des gemeinsamen Vertreters für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.451,43 EUR festgesetzt.
2. Der weitergehende Vergütungsantrag des gemeinsamen Vertreters wird zurückgewiesen.
Gründe
Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 SpruchG in der durch das SEEG mit Wirkung vom 29.12.2004 geänderten Fassung kann der gemeinsame Vertreter eine Vergütung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) verlangen. In der ursprünglichen Fassung der Vorschrift war die Vergütung in entsprechender Anwendung der BRAGO zu bestimmen. Nach der Gesetzesbegründung sollte der gemeinsame Vertreter hinsichtlich der Vergütung den sonst am Verfahren beteiligten anwaltlichen Vertretern gleichgestellt werden, weil Aufgabenzuschnitt und Arbeitsaufwand vergleichbar sind; deshalb sollte er wie diese nach § 118 BRAGO vergütet werden (Begründung des Regierungsentwurfs, abgedruckt im KK-SpruchG bei § 6). Denn nach dieser Vorschrift wurden Rechtsanwälte u.a. für die Tätigkeit in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit vergütet (vgl. nur Riedel/Sußbauer, BRAGO, 8. Aufl., Vorbem. vor § 118 Rn. 1 und § 118 Rn. 11; Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 13. Aufl., Vorb. § 13 a Rn. 10); das galt auch im Spruchverfahren (Schwarz in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, Nach § 312 Rn. 14 f). Eine dem § 118 BRAGO vergleichbare Vorschrift über eine Geschäftsgebühr, die auch die Tätigkeit in Gerichtsverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit erfasst, gibt es seit Inkrafttreten des RVG nicht mehr. Für die anwaltliche Tätigkeit im Spruchverfahren gelten vielmehr die Regelungen nach Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses (VV) zum RVG über die Tätigkeit in Bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit und anderen Gerichtsverfahren. An dem in der ursprüngliche Gesetzesbegründung ausgedrückten Grundgedanken der Gleichstellung mit der anwaltlichen Vergütung hat sich durch die Änderung der Verweisung in § 6 Abs. 3 Satz 1 SpruchG auf das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz nichts geändert (vgl. BT-Drucksache 15/4053, S. 60).
Deshalb verweist § 6 Abs. 2 Satz 1 SpruchG für die Vergütung des gemeinsamen Vertreters, die naturgemäß ausschließlich eine Tätigkeit in einem Gerichtsverfahren ist, auf die Gebührentatbestände des 3. Teils des VV. Insbesondere kommt keine Geschäftsgebühr nach VV Nr. 2400 (in der bis 30.06.2006 geltenden Fassung) in Betracht, die, wie aus der dafür einschlägigen Überschrift des Teils 2 des VV folgt, nur für außergerichtliche Tätigkeiten verlangt werden kann und nur in diesem Rahmen als Nachfolgevorschrift des § 118 BRAGO verstanden werden kann (unzutreffend deshalb Vollrath in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, Anh. 13, § 6 SpruchG Rn. 31; Wittgens, Das Spruchverfahrensgesetz, S. 122). Kein Argument für die Anwendung von VV Nr. 2400 ist es, dass § 31 RVG nicht anwendbar sei, weil der gemeinsame Vertreter keinen Antragsteller vertrete (so Vollrath und Wittgens a.a.O.). Denn § 31 RVG regelt den Gegenstandswert für die anwaltliche Vertretung in Spruchverfahren und nicht die Gebühren; für den Gegenstandswert, der für die Vergütung des gemeinsamen Vertreters anzusetzen ist, gilt ohnehin die Sonderregelung des § 6 Abs. 2 Satz 3 SpruchG. Das alles besagt nichts für den richtigen Gebührentatbestand.
Aus der Verweisung in § 6 Abs. 2 Satz 1 SpruchG auf das RVG folgt also, dass der gemeinsame Vertreter für das Beschwerdeverfahren eine Vergütung nach den Gebührensätzen verlangen kann, die auch der Vergütung von Rechtsanwälten im Spruchverfahren zweiter Instanz zugrunde zu legen sind (vgl. Keller in Riedel/Sußbauer, RVG, § 31 Rn. 4; Emmerich in Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 4. Aufl., § 6 SpruchG Rn. 20; Krieger in Lutter, UmwG, Anh. I SpruchG, § 6 Rn. 14). Für das Beschwerdeverfahren sind hier die im Abschnitt 5 von Teil 3 des VV geregelten Gebühren anzusetzen. Das sind eine halbe Verfahrensgebühr nach VV Nr. 3500 und eine halbe Terminsgebühr nach VV Nr. 3513 (Keller a.a.O.). Dagegen sind die besonderen Gebührensätze für im einzelnen gesondert aufgeführte Beschwerden in Abschnitt 5 oder auch die allgemeinen Gebührensätze in Abschnitt 2 des Teils 3 des VV für die in der Vorbemerkung 3.2.1. aufgeführten bestimmten Beschwerden nicht einschlägig, weil das Spruchverfahren dort nicht erwähnt ist (übersehen von Krieger a.a.O., der in Fn. 7 die Nr. 3200 ff aus dem zweiten Abschnitt für einschlägig hält). Erst recht kommt der Ansatz der im Antrag des gemeinsamen Vertreters aufgeführten Nr. 3400 und 3402 VV nicht in Betracht, weil es sich um die im Abschnitt 4 - Einzeltätigkeiten geregelten Verkehrsanwaltsgebühren handelt, die nicht die regelmäßige anwaltliche Tätigkeit für das Spruchverfahren und damit auch nicht die des gemeinsamen Vertreters vergüten (abgesehen davon ergibt sich aus Nr. 3400 keine Gebühr von 1,6 - möglicherweise liegt ein Schreibfehler vor und es war Nr. 2400 gemeint, die aber auch nicht einschlägig ist, s.o.).
Es spielt keine Rolle, ob der Gesetzgeber mit der Änderung der Verweisung auf das RVG eine materielle Änderung der Vergütung des gemeinsamen Vertreters bedacht oder gewollt hat, weil er jedenfalls nichts anderes geregelt hat. Er hat vielmehr bewusst die Verweisungsvorschrift auf das mit dem RVG geänderte System der Vergütung von Rechtsanwälten angepasst. Diese Regelung ist der gerichtlichen Festsetzung nach § 6 Abs. 2 Satz 2 SpruchG zugrunde zu legen.
Als Gegenstandswert ist ist nach § 6 Abs. 3 Satz 2 SpruchG weiter der für die Gerichtsgebühren maßgebliche Geschäftswert heranzuziehen. Er beträgt 200.000 EUR (Beschluss vom 08.03.2006; vgl. auch Beschluss vom 20.07.2006).
Weiter stehen dem gemeinsamen Vertreter der Ersatz von Auslagen und Umsatzsteuer nach Maßgabe von § 6 Abs. 3 Satz 1 SpruchG i.V.m. Teil 7 (Nr. 7000 ff) wie beantragt zu.
Danach berechnet sich der Vergütungsanspruch bei einem Gegenstandswert von 200.000 EUR wie folgt:
0,5 Verfahrensgebühr (Nr. 3500 VV RVG)908,00 EUR0,5 Terminsgebühr (Nr. 3513 VV RVG)908,00 EURPauschale für Post- u. Telekommunikationsentgelte (Nr. 7002 VV RVG) 20,00 EURDokumentenpauschale für Ablichtungen (Nr. 7000 Nr. 1 VV RVG)277,30 EURNettobetrag2.113,30 EUR16 % Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV RVG)338,13 EURGesamtbetrag2.451,43 EUR
OLG Stuttgart:
Beschluss v. 20.07.2006
Az: 20 W 5/05
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