Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen:
Beschluss vom 2. März 2016
Aktenzeichen: 1 B 1375/15

(OVG Nordrhein-Westfalen: Beschluss v. 02.03.2016, Az.: 1 B 1375/15)

Einem Ruhestandsrichter des Landes Nordrhein-Westfalen ist das Auftreten als Rechtsanwalt vor dem Gericht seiner früheren Dienstleistung nach Maßgabe der §§ 71 DRiG, 41 BeamtStG, 2 Abs. 2 LRiStaG NRW, 52 Abs. 5 LBG NRW zu untersagen; der zuständigen letzten dienstvorgesetzten Behörde kommt hierbei kein Ermessen zu.

Die Anwendung der vorgenannten dienstrechtlichen Ermächtigungsgrundlage wird nicht durch die berufsrechtlichen Vorschriften der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) und namentlich nicht durch § 45 Abs. 1 Nr. 1 BRAO gehindert.

Ein Tätigkeitsverbot nach § 41 Satz 2 BeamtStG hat bei einem Beamten oder Richter im Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen, der vorzeitig, aber weniger als zwei Jahre vor dem Erreichen der für ihn geltenden Regelaltersgrenze in den Ruhestand getreten ist, spätestens drei Jahre nach dem Zeitpunkt des für ihn geltenden Regelruhestandseintritts zu enden; die Regelung des § 52 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 1 LBG NRW ist insoweit teleologisch zu reduzieren.

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird teilweise geändert.

Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage 4 K 1789/15 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 14. August 2015 wird insoweit abgelehnt, als dem Antragsteller mit diesem Bescheid ein Auftreten vor dem Landgericht Münster bis zum Ablauf des 31. März 2018 untersagt worden ist.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen der Antragsteller und der Antragsgegner jeweils zur Hälfte.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde des Antragsgegners hat teilweise Erfolg. Die gegen den angefochtenen Beschluss fristgerecht vorgebrachten und nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist zulässigerweise ergänzten Gründe, auf deren Überprüfung das Beschwerdegericht gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen es (nur), den angefochtenen Beschluss wie tenoriert teilweise zu ändern. Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag des Antragstellers,

die aufschiebende Wirkung seiner Klage 4 K 1789/15 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 14. August 2015 wiederherzustellen.

insoweit zu Unrecht entsprochen, als dem Antragsteller mit dem angefochtenen Bescheid ein Auftreten vor dem Landgericht N. bis zum Ablauf des 31. März 2018 untersagt worden ist. Im Übrigen, d h. soweit die Untersagung für den Zeitraum vom 1. April 2018 bis zum 31. Dezember 2019 erfolgt ist, ist die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung hingegen im Ergebnis zu Recht erfolgt.

Nicht von Relevanz für dieses Ergebnis ist die Behauptung des Antragstellers, der Antragsgegner habe nicht dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügt. Denn ein solcher Verstoß liegt nicht vor (nachfolgend I.). Dass beide Beteiligten im Beschwerdeverfahren nur die soeben dargestellten Teilerfolge erzielen, ergibt sich vielmehr erst im Rahmen der Interessenabwägung (nachfolgend II.).

I. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Verfügung vom 14. August 2015, mit welcher dem Antragsteller als einem pensionierten Richter untersagt worden ist, bis einschließlich 31. Dezember 2019 vor dem Landgericht N. - dem Gericht seiner letzten Dienstausübung vor der Zurruhesetzung - als Rechtsanwalt aufzutreten, genügt entgegen dem Antragsvorbringen den formalen Begründungserfordernissen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Das mit dieser Vorschrift normierte Erfordernis einer schriftlichen Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts soll zwar - neben der Information des Betroffenen und des mit einem eventuellen Aussetzungsantrag befassten Gerichts - vor allem die Behörde selbst mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG zwingen, sich des Ausnahmecharakters der Vollziehungsanordnung bewusst zu werden und die Frage des Sofortvollzuges besonders sorgfältig zu prüfen. Gleichwohl dürfen die Anforderungen an den erforderlichen Inhalt einer solchen Begründung nicht überspannt werden. Diese muss allein einen bestimmten Mindestinhalt aufweisen. Dazu gehört es insbesondere, dass sie sich - in aller Regel - nicht lediglich auf eine Wiederholung der den Verwaltungsakt tragenden Gründe, auf eine bloße Wiedergabe des Textes des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO oder auf lediglich formelhafte, abstrakte und letztlich inhaltsleere Wendungen, namentlich solche ohne erkennbaren Bezug zu dem konkreten Fall, beschränken darf. Demgegenüber verlangt § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO nicht, dass die für das besondere Vollzugsinteresse angeführten Gründe auch materiell überzeugen, also auch inhaltlich die getroffene Maßnahme rechtfertigen.

Ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. etwa die Senatsbeschlüsse vom 30. September 2014- 1 B 1001/14 -, ZBR 2015, 99 = juris, Rn. 5 bis 7, und vom 25. September 2013 - 1 B 571/13 -, juris, Rn. 5 f., m.w.N.

Einen in diesem Sinne (formal gesehen) nur formelhaften Charakter weist die hier gegebene Begründung ersichtlich nicht auf. Der Antragsgegner hat zur Begründung seiner Anordnung des Sofortvollzugs ausgeführt, durch die Rechtsmitteleinlegung gegen die Untersagungsverfügung könne der Eintritt der Rechtsfolgen derselben so lange hinausgezögert werden, dass der Antragsteller wie von ihm beabsichtigt in vier laufenden Verfahren und ggf. in einem weiteren Verfahren weiter vor dem Landgericht N. tätig werden könnte. Ein solches Tätigwerden bringe die Gefahr eines dauerhaften Schadens für das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Unabhängigkeit und Integrität der Rechtsprechung sowie deren Freiheit von persönlich motivierten Einflüssen und Rücksichtnahmen mit sich. Vor diesem Hintergrund überwiege ausnahmsweise das erhebliche öffentliche Interesse, dieser Gefahr entgegenzuwirken, das nur vorübergehend betroffene Interesse des Antragstellers an einer beruflichen Tätigkeit vor diesem einen Landgericht. Diese Ausführungen geben zu erkennen, dass sich der Antragsgegner fallbezogen schlüssige - und damit den rechtlichen Anforderungen genügende - Gedanken zur Eilbedürftigkeit gemacht hat. Zugleich belegt der Inhalt der gegebenen Begründung, dass sich der Antragsgegner des Ausnahmecharakters der Anordnung der sofortigen Vollziehung bewusst gewesen ist.

II. Die gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO gebotene Abwägung des Interesses des Antragstellers, einstweilen von einer Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts verschont zu bleiben, mit dem Interesse der Behörde, den Verwaltungsakt sofort vollziehen zu können, geht hinsichtlich des Teilzeitraumes der Untersagung bis zum Ablauf des 31. März 2018 zugunsten und bezüglich des weiteren Teilzeitraumes der Untersagung vom 1. April 2018 bis zum 31. Dezember 2019 zulasten des Antragsgegners aus.

Die in Verfahren der vorliegenden Art gebotene Interessenabwägung ist in erster Linie an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache auszurichten. Sie fällt regelmäßig zugunsten der Behörde aus, wenn der angefochtene Verwaltungsakt offensichtlich rechtmäßig ist und ein besonderes Interesse an seiner sofortigen Vollziehung besteht. Dagegen ist dem Aussetzungsantrag stattzugeben, wenn der Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist, da an der sofortigen Vollziehung eines solchen Verwaltungsakts kein öffentliches Interesse bestehen kann. Lässt die im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotene summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage eine abschließende Beurteilung der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts nicht zu, so hat das Gericht eine eigenständige, von den Erfolgsaussichten unabhängige Abwägung der widerstreitenden Interessen vorzunehmen.

Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat der Antrag des Antragstellers hinsichtlich des Teilzeitraumes der Untersagung ab dem 1. April 2018 Erfolg. Die Untersagungsverfügung vom 14. August 2015, die in jeder Hinsicht eine gebundene Entscheidung darstellt (dazu noch im Folgenden) und deswegen in zeitlicher Hinsicht ohne Weiteres teilbar ist, ist insoweit offensichtlich rechtswidrig, als sie dem Antragsteller ein Auftreten vor dem Landgericht N. für den Teilzeitraum vom 1. April 2018 bis zum 31. Dezember 2019 untersagt, und zwar allein aus in der Befristung liegenden Gründen (nachfolgend 2.). Soweit die Verfügung hingegen den Zeitraum bis zum Ablauf des 31. März 2018 betrifft, ist sie in jeder Hinsicht offensichtlich rechtmäßig (nachfolgend 1. und - soweit die Frage der Befristung betroffen ist - 2.) und es besteht auch ein besonderes öffentliches Interesse an ihrer sofortigen Vollziehung (nachfolgend 3.).

1. Die Untersagungsverfügung vom 14. August 2015 ist abgesehen von ihrer zeitlichen Erstreckung über den 31. März 2018 hinaus offensichtlich rechtmäßig.

a) Rechtsgrundlage für diese Verfügung sind §§ 71 DRiG, 41 Satz 2 und 3 BeamtStG sowie §§ 4 Abs. 1 LRiG NRW (heute entsprechend: § 2 Abs. 2 LRiStaG NRW), 52 Abs. 5 LBG NRW. Nach § 71 DRiG gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, für das Statusrecht der Richter im Landesdienst bis zu einer besonderen Regelung die Vorschriften des Beamtenstatusgesetzes entsprechend. Zu den danach unmittelbar für die Richter im Landesdienst geltenden, entsprechend anwendbaren Regelungen zählt u.a. auch die Vorschrift des § 41 BeamtStG.

Vgl. Schmidt-Räntsch, DRiG, 6. Aufl. 2009, § 71 Rn. 2, 3, 8 und 43.

Nach § 41 Satz 1 BeamtStG - soweit hier von Interesse - haben Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamte die Ausübung einer Erwerbstätigkeit oder sonstigen Beschäftigung außerhalb des öffentlichen Dienstes anzuzeigen, die mit der dienstlichen Tätigkeit innerhalb eines Zeitraums, dessen Bestimmung dem Landesrecht vorbehalten bleibt, im Zusammenhang steht und durch die dienstliche Interessen beeinträchtigt werden können. Die Erwerbstätigkeit oder sonstige Beschäftigung ist nach § 41 Satz 2 BeamtStG zu untersagen, wenn zu besorgen ist, dass durch sie dienstliche Interessen beeinträchtigt werden. Das Verbot endet gemäß § 41 Satz 3 BeamtStG spätestens mit Ablauf von fünf Jahren nach Beendigung des Beamtenverhältnisses. Die vorstehenden Regelungen werden durch die Regelungen der landesrechtlichen Vorschrift des § 52 Abs. 5 LBG NRW ergänzt, welche § 41 BeamtStG näher ausgestaltet und hier gemäß § 4 Abs. 1 LRiG NRW entsprechend für die Berufsrichterinnen und -richter des Landes gilt. Nach § 52 Abs. 5 Satz 1 LBG NRW beträgt der Zeitraum gemäß § 41 Satz 1 BeamtStG für Ruhestandsbeamte fünf Jahre, bei Eintritt in den Ruhestand nach § 31 Abs. 1 LBG NRW (also wegen Erreichens der Altersgrenze) drei Jahre. Gemäß § 52 Abs. 5 Satz 2 LBG NRW wird ein Verbot nach § 41 Satz 2 Halbsatz 1 BeamtStG durch die letzte dienstvorgesetzte Stelle ausgesprochen; es endet spätestens mit Ablauf der in Satz 1 genannten Fristen (§ 41 Satz 2 Halbsatz 2 BeamtStG).

b) Gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung bestehen keine Bedenken. Insbesondere bedurfte es nicht der vom Verwaltungsgericht angesprochenen Beteiligung der Personalvertretung. Ein solches Erfordernis kann sich aus den hier noch allein in Betracht kommenden Regelungen der §§ 72 ff. LPVG NRW schon deswegen nicht ergeben, weil Richterinnen und Richter nach Absatz 1 Satz 3 der den persönlichen Geltungsbereich des LPVG bestimmenden Vorschrift des § 5 LPVG NRW nicht Beschäftigte im Sinne dieses Gesetzes sind. Außerdem fehlt es (für den Beamtenbereich) an einem entsprechenden Beteiligungstatbestand, was auch nicht verwundert, weil Ruhestandsbeamte keine Beschäftigten i. S. d. LPVG NRW sind (§ 5 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 LPVG NRW i. V. m. § 21 Nr. 4 BeamtStG). Lediglich ergänzend - weil hier mit Blick auf den Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung noch im Jahre 2015 nicht erheblich - sei darauf hingewiesen, dass auch das seit dem 1. Januar 2016 geltende Richter- und Staatsanwältegesetz für das Land NRW, soweit hier von Interesse, nur die aktiven Berufsrichterinnen und €richter des Landes betrifft und kein entsprechendes Beteiligungsrecht des Richter- oder Präsidialrats vorsieht.

c) Die Untersagungsverfügung ist, soweit sie den Zeitraum bis zum Ablauf des 31. März 2018 betrifft, auch materiell rechtmäßig. Die herangezogene - offensichtlich über die Verweisungsnorm auch für Ruhestandsrichter hinreichend bestimmte - Ermächtigungsgrundlage wird hier nicht durch spezielle Regelungen der Bundesrechtsanwaltsordnung verdrängt (nachfolgend aa)). Die Tatbestandsvoraussetzungen für die gebundene Entscheidung sind gegeben (nachfolgend bb)). Schließlich ist der mit der Verfügung verbundene Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit des Antragstellers verfassungsrechtlich gerechtfertigt und liegt die behauptete Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG nicht vor (nachfolgend cc)).

aa) Entgegen dem Vorbringen des Antragstellers wird die gemäß § 71 DRiG entsprechend auf Richter im Landesdienst anzuwendende Untersagungsvorschrift des § 41 Satz 2 BeamtStG hier nicht durch die Regelung des § 45 Abs. 1 Nr. 1 BRAO verdrängt. Es trifft nicht zu, dass § 45 Abs. 1 Nr. 1 BRAO für den Fall einer Interessenkollision bei Auftreten eines Rechtsanwalts in einer Sache, in welcher er früher als Richter tätig war, eine gegenüber §§ 71 DRiG, 41 Satz 2 BeamtStG speziellere und im Übrigen abschließende Regelung darstellt.

Gegen die Annahme des behaupteten Spezialitätsverhältnisses spricht zunächst schon der unterschiedliche Inhalt der fraglichen Regelungen. Nach § 45 Abs. 1 Nr. 1 BRAO darf der Rechtsanwalt, soweit es hier interessiert, dann nicht tätig werden, wenn er in derselben Rechtssache als Richter bereits tätig geworden ist, wenn also ein Fall der Vorbefassung vor dem "Seitenwechsel" vorliegt. In Fällen wie dem des Antragstellers wird es hingegen in aller Regel um das Auftreten des früheren Richters in solchen (neuen) Rechtssachen gehen, an denen er nicht schon als Richter gearbeitet hat. Zudem hat der Gesetzgeber mit § 45 Abs. 1 Nr. 1 BRAO ein Verbot (schon) der Mandatsübernahme aufgestellt,

vgl. etwa Hartung, Berufs- und Fachanwaltsordnung, 5. Aufl. 2012, BRAO § 45 Rn. 1,

während vorliegend allein ein Verbot des Auftretens in einer übernommenen Rechtssache vor dem früheren "Dienstgericht" in Rede steht.

Letztlich maßgeblich ist aber der Gesichtspunkt, dass der Gesetzgeber mit beiden Vorschriften gänzlich unterschiedliche Zielsetzungen verfolgt.

Dem Tätigkeitsverbot des § 45 Abs. 1 Nr. 1 BRAO liegt der Gedanke zugrunde, dass derjenige, der schon einmal eine bestimmte Rechtssache in anderer Funktion bearbeitet hat, dies nicht ein weiteres Mal in einer nun anderen Rolle (als Rechtsanwalt) tun darf. Das ergibt sich schon aus der tatbestandlich verlangten Vorbefassung, die ohne Verbot der Mandatsübernahme dazu führen würde, dass der Rechtsanwalt in ein- und derselben Sache nacheinander in unterschiedlichen Rollen tätig wird. Bestätigt wird dieses Verständnis durch einen Blick auf die übrigen Regelungen des § 45 Abs. 1 BRAO, die sämtlich entsprechende Fallkonstellationen betreffen. Hinter dem angesprochenen Gedanken steht erkennbar das Bestreben des Gesetzgebers sicherzustellen, dass die Anwaltschaft ihren Beitrag zur Funktionsfähigkeit des Rechtspflegesystems mit der dafür notwendigen Unabhängigkeit - hier: dem Staat gegenüber - und unter Meidung etwaiger Interessenkollisionen leisten kann.

Vgl. Hartung, Berufs- und Fachanwaltsordnung, 5. Aufl. 2012, BRAO § 45 Rn. 8; Träger, in: Feuerich/Weyland, BRAO, 9. Aufl. 2016, BRAO § 45 Rn. 1, 3 und 6; Sächsisches OVG, Beschluss vom 10. Juli 2003 - 2 E 98/02 -, NJW 2003, 3504 = juris, Rn. 7 bis 9; vgl. ferner BGH, Urteil vom 4. März 2013 - NotSt (Brfg) 1/12 -, BGHZ 197, 15 = NJW-RR 2013, 622 = juris, Rn. 12: "Inhaltlich stellt die Verletzung der Tätigkeitsverbote nach § 45 BRAO eine Verletzung der anwaltlichen Verpflichtung zur Unabhängigkeit dar."

Das ergibt sich schon aus dem Umstand, dass das Tätigkeitsverbot in systematischer Hinsicht Teil des anwaltlichen Berufsrechts ist, also die Rechtsanwälte als unabhängige Organe der Rechtspflege (vgl. §§ 1, 3 Abs. 1 BRAO) in ihrer Pflichtenstellung betrifft, welche wiederum maßgeblich durch die beiden Gebote gekennzeichnet ist, die eigene berufliche Unabhängigkeit nach allen Seiten zu wahren (§§ 1, 3, 43a BRAO) und den Beruf gewissenhaft auszuüben (§ 43 Satz 1 BRAO).

Zum Ganzen vgl. Träger, in: Feuerich/Weyland, BRAO, 9. Aufl. 2016, BRAO § 45 Rn. 1 bis 3, 6.

Bestätigt wird dieser normative Befund durch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Nach den entsprechenden Ausführungen "soll das Vertrauen in die Rechtspflege, dass nicht dieselben Personen auf verschiedenen Seiten für unterschiedliche Interessen tätig werden", geschützt werden (BT-Drs. 12/4993, S. 29). Vor allem aber wird grundlegend festgehalten, Ausgangspunkt aller Reformüberlegungen müsse "aber immer sein, dass an der besonderen Mittlerfunktion des Rechtsanwalts im System der Rechtspflege nicht gerüttelt werden darf, weil dem Bürger ein rechtskundiger Berater in Form eines freien und unabhängigen Rechtsanwalts zur Verfügung stehen muss" (BT-Drs. 12/4993, S. 23; Hervorhebung durch den Senat).

Vgl. ferner schon BT-Drs. 03/120, S. 75 f., wonach das in Rede stehende Tätigkeitsverbot die "Anforderungen an die gewissenhafte Ausübung des Berufes des Rechtsanwalts" betrifft und eine "Gefährdung der Rechtspflege" (d.h. des anwaltlichen Beitrags zu derselben) verhindern will (zu § 57 Nr. 4 E-BRAO). Im Kern ebenso die vom Antragsteller mit Schriftsatz vom 27. Dezember 2015 (Gerichtsakte Blatt 130 ff.) auszugsweise zitierte Begründung des - nicht Gesetz gewordenen - Entwurfs, § 45 Abs. 1 BRAO durch Nr. 5 bis 7 zu ergänzen, es erscheine gerade im Hinblick auf die Loslösung der anwaltlichen Tätigkeit von einem Zulassungsgericht "zur Wahrung der anwaltlichen Unabhängigkeit geboten, ein Tätigkeitsverbot zu statuieren, wenn einer der genannten Tatbestände bei dem Gericht gegeben ist, an dem der Rechtstreit anhängig ist oder wird" (BT-Drs. 16/513, S. 16; Hervorhebung durch den Senat).

Dem im Schrifttum demgegenüber vereinzelt vertretenen Ansatz, § 45 Abs. 1 Nr. 1 BRAO bezwecke neben der Sicherung der anwaltlichen Unabhängigkeit gegenüber dem Staat auch den Schutz des Vertrauens der Öffentlichkeit in die Integrität und Neutralität von Justiz und öffentlicher Verwaltung bzw. der betroffenen Amtsträger

- so Bormann, in: Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, § 45 BRAO Rn. 3, 5, 7 bis 9; in diese Richtung möglicherweise auch BT-Drs. 16/513, S. 16, wo nicht nur vom "generellen Vertrauen in die anwaltliche Unabhängigkeit" die Rede ist, sondern auch von der "Unparteilichkeit der Gerichte" -,

vermag der Senat nicht zu folgen. Denn er widerspricht dem oben dargestellten normativen Befund und berücksichtigt namentlich nicht hinreichend, dass die Vorschrift, soweit hier von Interesse, nicht die (nachwirkenden) Pflichten des jeweils Betroffenen etwa als früherer Richter betrifft, sondern seine aktuelle Pflichtenstellung als Rechtsanwalt.

Die im vorliegenden Fall zentrale Regelung des § 41 Satz 2 BeamtStG hingegen verfolgt einen gänzlich anderen Zweck. Nach ihr ist die Erwerbstätigkeit oder sonstige Beschäftigung zu untersagen, wenn zu besorgen ist, dass durch sie dienstliche Interessen beeinträchtigt werden. Da die Vorschrift, soweit hier von Interesse, vom Ruhestandsbeamten bzw. bei ihrer entsprechenden Anwendung über § 71 DRiG vom Ruhestandsrichter ausgeht, welcher eine Erwerbstätigkeit oder sonstige Beschäftigung außerhalb des öffentlichen Dienstes (vgl. § 41 Satz 1 BeamtStG) ausübt, können die zu schützenden dienstlichen Interessen im Sinne der Vorschrift ungeachtet ihrer genaueren Bestimmung stets nur solche sein, die der Dienststelle zugeordnet werden können, in welcher der Ruhestandsbeamte bzw. €richter vor der Aufnahme der Erwerbstätigkeit oder sonstigen Beschäftigung seinen Dienst geleistet hat. Die Vorschrift bezweckt demnach nicht den Schutz solcher Rechtsgüter, die mit der aktuellen Tätigkeit des Betroffenen verknüpft sind; es geht also - konkreter - nicht um die Pflichtenstellung, welche den Ruhestandsbeamten bzw. €richter in seiner neuen, vom Gesetz ja auch gar nicht spezifizierten Rolle betrifft. Dieser Befund wird nachdrücklich durch die systematische Stellung der Vorschrift im Beamtenstatusgesetz und dort in dessen Abschnitt 6 (Rechtliche Stellung im Beamtenverhältnis) bestätigt: Es geht um (nachwirkende) Pflichten des Ruhestandsbeamten bzw. €richters aus seinem früheren Dienstverhältnis.

Vor dem Hintergrund der nach alledem gänzlich unterschiedlichen Zielrichtungen des berufsrechtlichen Verbots der Mandatsübernahme im Falle einer Sukzessivtätigkeit bei Funktionswechsel einerseits und einer dienstrechtlichen Untersagung einer Erwerbstätigkeit oder sonstigen Beschäftigung andererseits kann auch der Hinweis des Antragstellers auf die inzwischen aufgehobene, bis zum 31. Mai 2007 in Geltung befindliche Vorschrift des § 20 BRAO a.F. hier nicht weiterführen. Nach dieser - noch die Singularzulassung von Rechtsanwälten betreffenden - Vorschrift sollte, soweit hier relevant, die Zulassung bei dem im Antrag bezeichneten Gericht in der Regel versagt werden, wenn der Bewerber innerhalb der letzten fünf Jahre in dem Bezirk des Landgerichts, in dem er zugelassen werden wollte, als Richter oder Beamter auf Lebenszeit angestellt war (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 BRAO F. 2001). Auch diese Regelung diente als berufsrechtliche Vorschrift ersichtlich allein dem Zweck, die Unabhängigkeit des Rechtsanwalts als Organ der Rechtspflege und die gewissenhafte Ausübung der anwaltlichen Tätigkeit sicherzustellen.

Gegen eine Spezialität dieser Norm im vorliegenden Kontext auch Günther, Beschränkung der Tätigkeit von Versorgungsberechtigten, DÖD 1990, 129 ff. (136).

Abweichendes ergibt sich auch nicht mit Blick auf die von dem Antragsteller offenbar in Bezug genommene (noch) ältere, bis zum 31. Juli 2001 gültige Fassung des § 20 BRAO, nach welcher die beantragte Zulassung in der Regel auch dann versagt werden sollte, wenn der Ehegatte des Bewerbers an diesem Gericht tätig war, auch wenn die Ehe nicht mehr bestand (§ 20 Abs. 1 Nr. 2 BRAO F. 1976). Denn auch diese Regelung wollte aus den dargelegten Gründen nicht die dienstlichen Interessen des Gerichts schützen, sondern die Unabhängigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie ihre Freiheit von Interessenkonflikten.

Zu dem Zweck dieses Versagungsgrundes vgl. auch BT-Drs. 16/513, S. 16: "Zweck, eine abstrakte Gefährdung der anwaltlichen Unabhängigkeit auszuschließen".

Die von dem Antragsgegner herangezogenen Vorschriften werden entgegen der Meinung des Antragstellers auch nicht durch die Regelungen der §§ 150 ff. BRAO (i. V. m. § 45 BRAO€) verdrängt. Die Erwägung, nach den §§ 150 ff. BRAO seien nach wie vor allein die Anwaltsgerichte dazu berufen, gegenüber Rechtsanwälten ein Berufs- oder Vertretungsverbot auszusprechen, greift insoweit nicht durch. Denn in den Fällen des § 41 BeamtStG geht es offensichtlich nicht um die Verhängung eines vorläufigen Berufsverbots oder eines vorläufigen (ggf. gegenständlich beschränkten, vgl. § 161a BRAO) Vertretungsverbots in einem wegen des Vorwurfs der Verletzung anwaltlicher Pflichten betriebenen anwaltsgerichtlichen Verfahren, sondern, wie bereits dargelegt, ausschließlich um den Schutz dienstlicher Interessen, die der früheren Dienststelle des Betroffenen zugeordnet werden können.

bb) Die Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 71 DRiG, 41 Satz 2 BeamtStG sowie §§ 4 Abs. 1 LRiG NRW (heute entsprechend: § 2 Abs. 2 LRiStaG NRW), 52 Abs. 5 LBG NRW sind erfüllt.

(1) Bei der Tätigkeit des Antragstellers als Rechtsanwalt handelt es sich um eine §§ 71 DRiG, 41 Satz 2 BeamtStG unterfallende Erwerbstätigkeit eines Ruhestandsrichters.

Gegenstand der Untersagung nach § 41 Satz 2 BeamtStG können wegen der systematischen Anknüpfung dieser Regelung an § 41 Satz 1 BeamtStG

- vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Dezember 1989- 6 C 52.87 -, BVerwGE 84, 194 = NVwZ-RR 1990, 365 = juris, Rn. 20 (zu der vergleichbar strukturierten Regelung des § 20a SG) -

nur anzeigepflichtige Tätigkeiten nach § 41 Satz 1 BeamtStG sein, also solche Erwerbstätigkeiten oder sonstigen Beschäftigungen außerhalb des öffentlichen Dienstes, die mit der dienstlichen Tätigkeit des Betroffenen innerhalb eines bestimmten, hier drei oder fünf Jahre (vgl. die jeweils entsprechend anzuwendenden §§ 41 Satz 1 BeamtStG, § 52 Abs. 5 Satz 1 LBG NRW) umfassenden Zeitraums im Zusammenhang stehen und durch die dienstliche Interessen beeinträchtigt werden können. Die Erwerbstätigkeit des Antragstellers erfüllt diese Voraussetzungen.

Der geforderte Zusammenhang ist dann gegeben, wenn die neue Tätigkeit einen Anknüpfungspunkt in der früheren dienstlichen, im maßgeblichen Bezugszeitraum ausgeübten Tätigkeit hat und die dienstliche Tätigkeit auf das frühere Hauptamt des Betroffenen bezogen und für dieses nicht nur von untergeordneter Bedeutung war.

So BVerwG, Urteil vom 26. Juni 2014 - 2 C 23.13 -, BVerwGE 150, 153 = NVwZ 2015, 442 = juris, Rn. 18.

Die neue Tätigkeit knüpft an die dienstliche Tätigkeit im o. g. Sinne an, wenn sie einen qualitativen Bezug zu dieser aufweist. Dieser Bezug kann insbesondere dann anzunehmen sein, wenn der Betroffene bei seiner neuen Tätigkeit die gleiche Materie bearbeitet wie zuvor bei der Dienstausübung, also gleichsam nur die Seiten gewechselt hat.

Zum Ganzen vgl. etwa Kohde, in: von Roetteken/ Rothländer, Hessisches Bedienstetenrecht, Stand: November 2015, BeamtStG § 41 Rn. 14, Geis, in: Fürst, Gesamtkommentar Öffentliches Dienstrecht (GKÖD), Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Richterrecht und Wehrrecht, Bd. I, Stand: Februar 2016, L § 105 BBG Rn. 13 f. (zu der Parallelvorschrift des § 105 Abs. 1 Satz 1 BBG), und Günther, Beschränkung der Tätigkeit von Versorgungsberechtigten, DÖD 1990, 129 ff. (133 f.).

In Anwendung dieser Grundsätze ist der erforderliche Zusammenhang hier immer dann gegeben, wenn der Kläger bei seiner anwaltlichen Tätigkeit vor dem Landgericht N. in Zivil- oder Strafsachen auftritt, also genau vor demjenigen Gericht, an welchem er zuvor entsprechende Rechtssachen bearbeitet hat.

(2) Durch die Tätigkeit des Antragstellers als Rechtsanwalt können dienstliche Interessen beeinträchtigt werden (§§ 71 DRiG, 41 Satz 1 BeamtStG).

Das insoweit maßgebliche Tatbestandsmerkmal des dienstlichen Interesses stellt einen sogenannten unbestimmten Rechtsbegriff dar. Die Bedeutung unbestimmter Rechtsbegriffe wie etwa "dienstlicher Belang", "öffentliches Interesse" oder "dienstlicher Grund" erschließt sich aus der Zweckbestimmung und Zielsetzung der jeweiligen gesetzlichen Regelung sowie aus dem systematischen Zusammenhang, in den der Begriff hineingestellt ist.

Ständige Rechtsprechung des BVerwG, vgl. etwa die Urteile vom 19. März 2015 - 2 C 31.13 -, IÖD 2015, 146 = juris, Rn. 16, m. w. N., und vom 25. Juni 2009 - 2 C 68.08 -, ZBR 2010, 45 = juris, Rn. 16; ferner Senatsbeschluss vom 27. Januar 2016- 1 A 2725/15 -, juris, Rn. 8.

Mit Blick darauf, dass § 41 Satz 1 BeamtStG einen Zusammenhang der Erwerbstätigkeit außerhalb des öffentlichen Dienstes mit einer vor dem Eintritt in den Ruhestand konkret ausgeübten dienstlichen Tätigkeit verlangt, ist aus systematischen Gründen zunächst evident, dass dienstliche Interessen hier nur die Interessen der jeweiligen Verwaltung sind, in der der Beamte - einen Zusammenhang zu der jetzigen Tätigkeit stiftend - tätig gewesen ist, nicht aber sonstige öffentliche Belange.

Vgl. etwa Battis, BBG, 4. Aufl. 2009, § 105 Rn. 5, und Kugele, BeamtStG, 1. Aufl. 2011, § 41 Rn. 4.

Aus dieser Begrenzung der maßgeblichen dienstlichen Interessen auf die der jeweiligen früheren Beschäftigungsbehörde kann in der Zusammenschau mit dem Erfordernis eines qualitativen Zusammenhangs zwischen Dienst- und Erwerbstätigkeit ferner abgeleitet werden, dass die Vorschrift ihrem Sinn und Zweck nach im Grundsatz darauf abzielt, mögliche Interessen- und Loyalitätskonflikte im Dienstbereich der Behörde zu vermeiden und auf diese Weise die Integrität des öffentlichen Dienstes und des Vertrauens in diesen zu schützen, was wiederum der Erhaltung der vollen Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes dient.

Vgl. etwa Günther, Beschränkung der Tätigkeit von Versorgungsberechtigten, DÖD 1990, 129 ff. (130): "Es geht um Abwehr von Nachteilen illegitim direkt oder indirekt gegen die Verwaltung gerichteten Handelns und Schutz gegenüber der Gefahr immaterieller Einbuße durch Erschütterung des Vertrauens der Allgemeinheit in die Integrität der Verwaltung."

Dementsprechend hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem grundlegenden Urteil vom 6. Dezember 1989

- 6 C 52.87 -, BVerwGE 84, 194 = NVwZ-RR 1990, 365 = juris, Rn. 18 f. -

zum Schutzzweck der Parallelvorschrift des § 20a SG das Folgende ausgeführt:

"Schutzzweck des § 20 a SG ist es primär, die Funktionsfähigkeit des Dienstes in den Streitkräften zu wahren (Zitate). Dabei geht es sowohl um die Erhaltung der Unbefangenheit und Unparteilichkeit der Soldaten, namentlich bei ihrer in den letzten Jahren vor dem Ausscheiden ausgeübten Tätigkeit, als auch um das Ansehen des öffentlichen Dienstes, soweit es das nach innen und außen unverzichtbare Vertrauen in die Integrität der Streitkräfte betrifft (Zitate). Was die Integrität der Dienstleistung angeht, so ist damit sowohl die frühere Tätigkeit desjenigen angesprochen, der sich nunmehr im Ruhestand befindet (Zitat), als auch diejenige der gegenwärtig aktiven Soldaten, die sich in ihrer Amtsausübung nicht durch spätere "Karriereaussichten" beeinflussen lassen sollen (Zitat).

Daneben soll - über die Verpflichtung zur Wahrung der Amtsverschwiegenheit hinausgehend - aber auch verhindert werden, daß das "Amtswissen" eines früheren Soldaten bei Aufnahme einer Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit außerhalb des öffentlichen Dienstes mißbräuchlich "für private Zwecke zum Schaden des Dienstherrn genutzt" wird (Zitate). Dieses "Amtswissen" schließt die Kenntnis dienstlicher Weisungen, Zusammenhänge und sonstiger dienstlicher Vorgänge, die im allgemeinen der Öffentlichkeit nicht zugänglich sind, sowie auch kollegiale Kontakte zu anderen Angehörigen der Streitkräfte ein (Zitate)" (Hervorhebung durch den Senat).

Von dieser näheren Bestimmung des Schutzzwecks des § 20a SG, welche den Senat überzeugt und welche sich ohne Weiteres auf § 41 BeamtStG übertragen lässt, ist das Bundesverwaltungsgericht in seiner späteren Rechtsprechung nicht abgerückt. Es hat vielmehr in seinem Urteil vom 12. Dezember 1996

- 2 C 37.95 -, BVerwGE 102, 326 = NVwZ-RR 1998, 322 = juris, Rn. 18 -

erneut den Zweck der Norm, eine missbräuchliche Nutzung des Amtswissens zu verhindern, hervorgehoben und sowohl in dieser Entscheidung als auch in weiteren Urteilen bei der Bestimmung des Schutzzwecks des § 20a SG bzw. des § 41 BeamtStG stets uneingeschränkt auf das soeben auszugsweise zitierte Urteil vom 6. Dezember 1989 - 6 C 52.87 - Bezug genommen.

So in den Urteilen vom 24. September 1992- 2 A 6.91 -, BVerwGE 91, 57 = ZBR 1993, 88 = juris, Rn. 20, und vom 26. Juni 2014 - 2 C 23.13 -, BVerwGE 150, 153 = NVwZ 2015, 442 = juris, Rn. 25 bis 27.

Vor diesem Hintergrund kann namentlich das gerade zitierte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Juni 2014 - 2 C 23.13 - nicht dahin verstanden werden, vom Schutzzweck der Norm sei nicht auch das Ziel mit umfasst, das Vertrauen in die Integrität der öffentlichen Verwaltung dadurch zu schützen, dass bereits der Anschein der Ausnutzung kollegialer Kontakte des Ruhestandsbeamten zu noch aktiven Bediensteten seiner früheren Dienststelle vermieden wird. Dies gilt auch in Ansehung des Umstandes, dass diese Entscheidung (in juris unter Rn. 25) die- missverständliche - Wendung enthält, "nur" der Gesichtspunkt, dass "die Tätigkeit nachteilige Rückschlüsse auf die frühere Amtsführung des Ruhestandsbeamten" (Hervorhebung durch den Senat) zulasse, stelle ein dienstliches Interesse dar, das die Untersagung rechtfertigen könne. Zwei Gründe sind für diese Einschätzung des Senats maßgeblich: Zum einen weicht das Bundesverwaltungsgericht den dargestellten engen Ansatz in derselben Entscheidung sogleich wieder auf, indem es dem Schutzzweck der Norm auch das Verhindern des Eindrucks der Nichtbeachtung einer nachwirkenden Dienstpflicht des Ruhestandsbeamten (beispielhaft wird die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit benannt) zurechnet (juris, Rn. 26), obwohl dieser Aspekt nicht unmittelbar dessen frühere Amtsführung betrifft, und zudem die Amtsführung noch aktiver Beamter in den Blick nimmt, auf die präventiv eingewirkt werden solle (juris, Rn. 27). Zum anderen würde es nicht einleuchten, den einschlägigen Untersagungstatbeständen nicht auch den mehr als nur naheliegenden Zweck zu entnehmen, das Vertrauen in die Integrität der öffentlichen Verwaltung u. a. auch dadurch zu schützen, dass bereits der Anschein der Ausnutzung kollegialer Kontakte des Ruhestandsbeamten zu noch aktiven Bediensteten seiner früheren Dienststelle vermieden wird. Dies gilt umso mehr, als eine solche Beschränkung des Schutzzwecks nicht einmal ansatzweise in dem für die Auslegung maßgeblichen Gesetzestext seinen Niederschlag gefunden hat; etwaige Hinweise in den Gesetzesmaterialien könnten insoweit als bloße Verlautbarungen des historischen Gesetzgebers ein von Wortlaut und Sinn des Gesetzes abweichendes Normverständnis schon aus methodischen Gesichtspunkten nicht rechtfertigen.

Auch im Schrifttum ist die Einbeziehung des vorstehenden Aspekts in den Schutzzweck der einschlägigen Untersagungsnormen weithin anerkannt. So wird regelmäßig betont, dass die besonderen Kenntnisse und/oder Kontakte des Ruhestandsbeamten die korrekte Willensbildung der jetzigen Amtsinhaber beeinflussen könnten, so dass entsprechende Kontakte bei Außenstehenden die Integrität und das Ansehen der Behörde in Frage stellten.

So etwa Geis, in: Fürst, Gesamtkommentar Öffentliches Dienstrecht (GKÖD), Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Richterrecht und Wehrrecht, Bd. I, Stand: Februar 2016, L § 105 BBG Rn. 15 (zu der Parallelvorschrift des § 105 Abs. 1 Satz 1 BBG); Battis, BBG, 4. Aufl. 2009, § 105 Rn. 5; Günther, Beschränkung der Tätigkeit von Versorgungsberechtigten, DÖD 1990, 129 ff. (134), der als relevante Aspekte die "korrekte Willensbildung der Exekutive (Gefahr illegitimen Einflusses auf Entscheidungen jetziger Amtsträger durch Nutzen von "Kontakten"- Loyalitätskonflikt - und/oder Wissen um Behördeninterna etc.) sowie das Ansehen der Verwaltung (Zweifel der Bürger an der Integrität der Behörde)" benennt; Kohde, in: von Roetteken/Rothländer, Hessisches Bedienstetenrecht, Stand: November 2015, BeamtStG § 41 Rn. 15 ("persönliche Kontakte"; "vorbeugende Abwehr von möglichen Loyalitätskonflikten zwischen dem/der erwerbstätigen Ruhestandsbeamten/in und seinen/ihren früheren Arbeitskollegen"); ferner Lemhöfer, in: Plog/Wiedow, BBG, Stand: Januar 2016, BBG a. F. § 69a Rn. 8 ("kollegiale Kontakte"), Scheerbarth/Höffken/Bauschke, Beamtenrecht, 6. Aufl. 1992, S. 542: "Es geht darum, von vornherein zu verhindern, dass ein Beamter sein Amtswissen und die Kontakte zu Kollegen möglicherweise in privatem Interesse (...) zum Schaden des Dienstherrn ausnutzt."

Dass diese Gesichtspunkte auch bei der hier in Rede stehenden entsprechenden Anwendung des § 41 BeamtStG auf einen Richter Geltung beanspruchen, liegt auf der Hand: Das Auftreten eines pensionierten Richters als Rechtsanwalt vor dem Gericht seiner früheren Dienstleistung ist aus der Sicht eines vernünftigen Bürgers ohne Weiteres geeignet, den Anschein zu erwecken, dass durch persönliche Beziehungen des früheren Richters zu den aktiven Richtern und nichtrichterlichen Dienstkräften dieses Gerichts eine dort anhängige Rechtssache - von dem früheren Richter nicht steuerbar - in einer nicht sachgemäßen Weise gefördert werden könnte. Das gilt unabhängig davon, ob der frühere Richter die Funktion eines Dienstvorgesetzten ausgeübt hat oder nicht. Da es insoweit nur auf die Eignung ankommt, den genannten Anschein zu erzeugen, ist es ferner unerheblich, dass die Bediensteten selbstverständlich zu pflichtgemäßem Verhalten verpflichtet sind. Ebenso wenig kommt es darauf an, wie viele Bedienstete aus der aktiven Zeit des betroffenen früheren Richters an dem Gericht noch ihren Dienst versehen. Denn für Außenstehende ist dieser Umstand regelmäßig nicht erkennbar. Schließlich kann der frühere Richter auch nichts gegen eine etwaige Bevorteilung unternehmen, weil er auf das Handeln der aktiv Beschäftigten keinen unmittelbaren Einfluss hat. Erst recht kann er dem Anschein einer etwaigen Bevorteilung nicht wirksam entgegentreten. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang auch die Anzahl der vor dem früheren Dienstgericht vertretenen Fälle, ihre wirtschaftliche Bedeutung oder ihre rechtliche Komplexität. All dies sind Umstände, die Außenstehende nicht zuverlässig beurteilen können. Abgesehen davon wäre schon ein einziger und zugleich wirtschaftlich unbedeutender sowie juristisch einfach gelagerter Fall geeignet, den Anschein einer womöglich ungebührlichen Förderung der Rechtssache hervorzurufen.

So schon Senatsbeschluss vom 8. Juli 2015- 1 B 472/15 -, RiA 2015, 272 = DRiZ 2015, 358 = juris, Rn. 29; im Ergebnis ebenso: Günther, Beschränkung der Tätigkeit von Versorgungsberechtigten, DÖD 1990, 129 ff. (135 und 137).

Dies ist, wie der Senat bereits früher unter Angabe umfangreicher Rechtsprechungszitate hervorgehoben hat,

vgl. den Senatsbeschluss vom 8. Juli 2015- 1 B 472/15 -, RiA 2015, 272 = DRiZ 2015, 358 = juris, Rn. 25 f.,

in der Rechtsprechung der Instanzgerichte auch anerkannt.

Vgl. ferner noch, einen früheren Amtsrichter betreffend, Bayerischer VGH, Beschluss vom 11. Januar 1988 - 3 CS 87.03322 -, NJW 1988, 1406 = juris (nur Leitsatz).

Vor diesem Hintergrund ist es offensichtlich, dass auch durch die Tätigkeit des Antragstellers als Rechtsanwalt vor dem Gericht seiner früheren Dienstleistung dienstliche Interessen i. S. v. §§ 71 DRiG, 41 Satz 1 BeamtStG beeinträchtigt werden können.

(3) Es ist ferner zu besorgen, dass die o. a. dienstlichen Interessen durch das Auftreten des Antragstellers vor dem Landgericht N. beeinträchtigt werden (§ 41 Satz 2 BeamtStG).

Eine "Besorgnis" im vorgenannten Sinne ist gegeben, wenn bei verständiger, d. h. aus der Sicht eines sachlich denkenden Bürgers erfolgender Würdigung der gegenwärtig erkennbaren konkreten Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der erfahrungsgemäß zu erwartenden Entwicklung eine Beeinträchtigung dienstlicher Interessen wahrscheinlich ist, wenn also ein vernünftiger Grund für die Annahme besteht, dass eine solche Beeinträchtigung voraussichtlich eintreten wird.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 26. Juni 1980- 2 C 37.78 -, BVerwGE 60, 254 = ZBR 1981, 31 = juris, Rn. 23 (zum parallelen Begriff der Besorgnis im Nebentätigkeitsrecht), und vom 6. Dezember 1989- 6 C 52.87 -, BVerwGE 84, 194 = NVwZ-RR 1990, 365 = juris, Rn. 31 (zu § 20a SG); ferner Geis, in: Fürst, Gesamtkommentar Öffentliches Dienstrecht (GKÖD), Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Richterrecht und Wehrrecht, Bd. I, Stand: Februar 2016, L § 105 BBG Rn. 25, und Battis, BBG, 4. Aufl. 2009, § 105 Rn. 8 und § 99 Rn. 7 (jeweils zu der Parallelvorschrift des § 105 Abs. 2 Satz 1 BBG); ebenso schon Günther, Beschränkung der Tätigkeit von Versorgungsberechtigten, DÖD 1990, 129 ff. (137).

Vorliegend ist danach die Annahme, die o. g. Beeinträchtigung der dienstlichen Interessen werde im konkreten Fall voraussichtlich eintreten, schon mit Blick auf die vorstehenden, generell auf Ruhestandsrichter bezogenen Ausführungen gerechtfertigt, weil diese auch im hier vorliegenden Einzelfall zutreffen. Unabhängig davon tritt im konkreten Fall für die Bewertung noch der Aspekt hinzu, dass der Antragsteller, wenn ihm die Tätigkeit vor dem Landgericht N. nicht untersagt werden würde, wahrscheinlich in nicht wenigen Fällen vor diesem Gericht auftreten würde. Diese Annahme rechtfertigt sich aus zwei Umständen heraus: Zum einen hat der Antragsteller bereits mehrere Mandate, die eine Vertretung vor dem Landgericht N. erforderlich gemacht haben, übernommen und insoweit auch die Absicht erklärt, diese weiterführen zu wollen. Zum anderen ergibt sich die angesprochene Wahrscheinlichkeit auch daraus, dass einem Rechtsanwalt wie dem Antragsteller, der als Sitz seiner Kanzlei N. gewählt hat, der in seinem früheren Beruf als Richter mit Rechtssachen der ordentlichen Gerichtsbarkeit befasst gewesen ist und der deshalb gerade in diesem Bereich Kompetenz aufzuweisen hat, mit einiger Wahrscheinlichkeit auch künftig in nicht seltenen Fällen solche Mandate angetragen werden, welche eine Vertretung vor dem Landgericht N. erforderlich machen würden. Lediglich ergänzend merkt der Senat in diesem Zusammenhang an, dass der Antragsteller selbst auch in seinem Internetauftritt als Rechtsanwalt sowohl auf der Startseite als auch unter der Rubrik "Vita" auf seine langjährige richterliche Tätigkeit gerade bei dem Landgericht N. hinweist.

cc) Die mit der Untersagungsverfügung (bei rechtmäßiger Befristung) einhergehende Einschränkung der Berufsausübung des Antragstellers ist aus den nachfolgenden Gründen nicht mit Blick auf dessen Grundrechte zu beanstanden.

Zunächst liegt kein Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG vor. Die Untersagungsverfügung ist vielmehr durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt. Die insoweit ausreichenden vernünftigen Gründe des Allgemeinwohls liegen hier in dem Ziel, das wichtige Gemeinschaftsgut der Funktionsfähigkeit und Integrität der Rechtspflege

- vgl. insoweit etwa BVerfG, Kammerbeschluss vom 25. September 2003 - 2 BvR 1580/03 -, juris, Rn. 5 -

dadurch zu schützen, dass schon der Anschein vermieden wird, von dem pensionierten Richter vor dem Gericht seiner früheren Diensttätigkeit vertretene Rechtssachen könnten wegen seiner Beziehungen zu Personal dieses Gerichts in ungebührlicher Weise gefördert werden. Die Untersagungsverfügung ist auch im Übrigen verhältnismäßig, also geeignet, erforderlich und angemessen. Sie ist geeignet, den verfolgten Zweck zu fördern, da der angesprochene Anschein nicht entstehen kann, wenn dem Antragsteller in einem zulässigen Zeitraum jegliche Tätigkeit vor dem Landgericht N. untersagt ist. Ferner ist insoweit ein milderes, aber gleich geeignetes Mittel nicht ersichtlich. Der bloße Verweis auf das Bestehen der Befangenheitsvorschriften stellt ersichtlich kein milderes Mittel dar. Denn auf diese Weise kann einem Vertrauensverlust nicht in jedem Fall, sondern allenfalls dann entgegengewirkt werden, wenn der betroffene aktive Bedienstete eine Selbstablehnung formuliert oder ein Ablehnungsberechtigter die näheren Umstände kennt und einen Befangenheitsantrag stellt. Für das Rechtspublikum, also die interessierte Öffentlichkeit, scheidet dieser Weg offenkundig aus. Kein milderes, gleich geeignetes Mittel wäre es ferner, dem Antragsteller nur die Teilnahme an Terminen zu untersagen. Denn eine ungebührliche Förderung von Rechtssachen durch Bedienstete des Gerichts kann von dritter Seite ohne Weiteres auch dann angenommen werden, wenn die Gerichtskontakte des früheren Richters und jetzigen Rechtsanwalts nur in einem schriftlichen Verfahren oder telefonisch erfolgen.

Ausdrücklich zu dem Aspekt telefonischer Kontakte: Günther, Beschränkung der Tätigkeit von Versorgungsberechtigten, DÖD 1990, 129 ff. (137).

Die Untersagung der Tätigkeit des Antragstellers vor dem Landgericht N. innerhalb der zulässigen Frist belastet diesen schließlich nicht übermäßig, ist also angemessen. Bei dieser Bewertung ist namentlich zu berücksichtigen, dass insoweit eine eher geringfügige Beeinträchtigung der Berufsausübung vorliegt. Zum einen ist der Kläger bezüglich keines weiteren Gerichtes in oder außerhalb des Landgerichtsbezirks gehindert, vor diesem aufzutreten. Zum anderen bleibt es ihm möglich, auch solche Mandate (nur) zum Zwecke vorgerichtlicher Beratung zu übernehmen, welche im Falle eines nachfolgenden, vor dem Landgericht N. zu führenden Prozesses eine Vertretung des Mandanten durch einen anderen Rechtsanwalt erforderlich machen würden.

Zur Verfassungsmäßigkeit des § 69a BBG a.F. (Vorgängervorschrift des heutigen § 105 BBG) vgl. ausführlich Günther, Beschränkung der Tätigkeit von Versorgungsberechtigten, DÖD 1990, 129 ff. (131 f.).

Ferner verstößt die "Anwendung der Vorschrift" - also die Untersagungsverfügung, soweit sie einen rechtmäßigen zeitlichen Umfang nicht überschreitet - entgegen der Ansicht des Antragstellers auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Eine Gleichbehandlung mit Ehepartnern von Richtern des Landgerichts N. , die, wie der Antragstellers substantiiert allein geltend macht, ohne Beanstandungen als Rechtsanwälte vor diesem Landgericht tätig werden, kann der Antragsteller nicht verlangen. Denn es liegen schon keine vergleichbaren Sachverhalte vor. Der Antragsteller verkennt, dass er mit Blick auf sein früheres Richterverhältnis der in Rede stehenden nachwirkenden Pflicht unterworfen ist, während eine solche Pflichtenstellung im Falle der angesprochenen Ehepartner gerade nicht besteht.

2. Der Bescheid ist aber insofern offensichtlich unverhältnismäßig und deswegen offensichtlich rechtswidrig, als die Untersagung über den Ablauf des 31. März 2018 hinaus verfügt worden ist.

Nach der insoweit maßgeblichen, die bundesrechtlichen Normen der §§ 71 DRiG, 41 BeamtStG ergänzenden Regelungen der §§ 4 Abs. 1 LRiG NRW, 52 Abs. 5 LBG NRW endet ein Verbot nach § 41 Satz 2 BeamtStG wie die Anzeigepflicht spätestens mit Ablauf von drei Jahren, wenn der Ruhestandsrichter nach § 31 Abs. 1 LBG NRW (Ruhestand wegen Erreichens des Altersgrenze) in den Ruhestand getreten ist, und im Übrigen spätestens mit Ablauf von fünf Jahren nach Beendigung des Richterverhältnisses. Danach gilt für den 1949 geborenen Antragsteller - unstreitig - grundsätzlich die Fünfjahresfrist, weil er aufgrund eigenen Antrags in Anwendung des § 3 Abs. 4 Nr. 2 LRiG NRW vorzeitig, nämlich mit Ablauf des 31. Dezember 2014 und damit vor dem Erreichen der für ihn geltenden Regelaltersgrenze mit Ablauf des 31. März 2015 (vgl. § 3 Abs. 1, 2 Satz 1 und 3 LRiG NRW), in den Ruhestand versetzt worden ist. Gleichwohl ist es hier nur zulässig, die Untersagung für eine Zeitspanne bis zum Ablauf des Dreijahreszeitraumes, berechnet ab dem Zeitpunkt des Erreichens der Regelaltersgrenze, zu verfügen, also bis zum Ablauf des 31. März 2018.

Dies folgt allerdings nicht schon aus der Gesetzesformulierung, nach welcher das Verbot "spätestens" mit Ablauf der maßgeblichen Frist endet. Denn bei der Bestimmung der Verbotsdauer steht der Behörde kein Ermessen zu, und die zitierte Formulierung trägt lediglich dem Umstand Rechnung, dass die Voraussetzungen der Untersagung ggf. auch nur für einen kürzeren Zeitraum als den gesetzlich grundsätzlich vorgesehenen gegeben sein können.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1996- 2 C 37.95 -, BVerwGE 102, 326 = NVwZ-RR 1998, 322 = juris, Rn. 24, m. w. N.; ferner etwa Battis, BBG, 4. Aufl. 2009, § 105 Rn. 8, und Günther, Beschränkung der Tätigkeit von Versorgungsberechtigten, DÖD 1990, 129 ff. (137); vgl. insoweit auch die für den Bereich der Bundesbeamten geltende ausdrückliche Regelung des § 105 Abs. 2 Satz 2 BBG, wonach die Untersagung für den Zeitraum bis zum Ende der Anzeigepflicht auszusprechen ist, "es sei denn, die Voraussetzungen für eine Untersagung liegen nur für einen kürzeren Zeitraum vor"; zu denken wäre etwa an eine auf z.B. zwei Jahre befristete Tätigkeit eines früheren Richters als angestellter Rechtsanwalt.

Es ergibt sich aber aus einer teleologischen Reduktion des § 52 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 LBG NRW, welche auch aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten ist.

Allgemein zur Befugnis der Gerichte, den Wortlaut einer Vorschrift zu korrigieren, wenn sie nach ihrem Wortsinn Sachverhalte erfasst, die sie nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers nicht erfassen soll, vgl. BVerwG, Urteil vom 7. Mai 2014- 4 CN 5.13 -, NVwZ 2014, 1170 = juris, Rn. 14.

Die Abstufung der für § 41 Satz 1 und 3 BeamtStG geltenden Fristen hat ersichtlich den Zweck, dem Umstand Rechnung zu tragen, dass für einen Ruhestandsbeamten, der vor dem Erreichen der Regelaltersgrenze und damit noch in jüngeren Jahren in den Ruhestand getreten ist, in der Regel ein höherer Anreiz und auch bessere Chancen dafür bestehen werden, nach Eintritt in den Ruhestand eine ggf. mit dienstlichen Interessen kollidierende Erwerbstätigkeit oder sonstige Beschäftigung aufzunehmen, als für einen Beamten, der erst mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze in den Ruhestand tritt. Das Gesetz nimmt also an, bei vorzeitigem Eintritt in den Ruhestand bestehe eine höhere und länger andauernde Gefahr der Beeinträchtigung der zu schützenden dienstlichen Interessen, und setzt deshalb den (unabdingbar als gefahrenträchtig angesehenen) Anzeige- und Verbotszeitraum auf fünf Jahre und damit zwei Jahre länger als bei Erreichen der Regelaltersgrenze fest.

Vgl. etwa Battis, BBG, 4. Aufl. 2009, § 105 Rn. 6; Scheerbarth/Höffken/Bauschke, Beamtenrecht, 6. Aufl. 1992, S. 542; Günther, Beschränkung der Tätigkeit von Versorgungsberechtigten, DÖD 1990, 129 ff. (135); Geis, in: Fürst, Gesamtkommentar Öffentliches Dienstrecht (GKÖD), Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Richterrecht und Wehrrecht, Bd. I, Stand: Februar 2016, L § 105 BBG Rn. 21.

Bestätigt werden diese Erwägungen durch die historische Gesetzesentwicklung. In der maßgeblichen Begründung zum Entwurf der später - jeweils zum 1. März 1985 - Gesetz gewordenen, die nämliche Abstufung der Fristen enthaltenden §§ 42a BRRG a. F., 69a BBG a. F. hat der Innenausschuss des Deutschen Bundestages ausgeführt, dass nach seiner Einschätzung die Gefahr einer Ausnutzung von Amtswissen bei Aufnahme einer Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit außerhalb des öffentlichen Dienstes für private Zwecke zum Schaden des Dienstherrn "bei jüngeren, früher ausscheidenden Beamten stärker gegeben" sei "als bei Beamten, die erst nach Vollendung des 65. Lebensjahres ausscheiden."

Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses, BT-Drs. 10/2542, vom 30. November 1984, S. 15 ("Zu Nummer 2") und S. 16 ("Zu Nummer 5").

Problematisch sind mit Blick auf den dargelegten Gesetzeszweck all jene Fälle, in denen der Beamte oder Richter - wie hier - weniger als zwei Jahre vor dem Erreichen seiner Regelaltersgrenze in den Ruhestand getreten ist. Bei starrer Anwendung der für ihn geltenden Fünfjahresfrist würde dies dazu führen, dass ihm die Erwerbstätigkeit oder sonstige Beschäftigung bis zum Erreichen eines höheren Alters zu verbieten wäre als im Falle des Eintritts in den Ruhestand mit Erreichen der Regelaltersgrenze; im Falle des Antragstellers beträgt die entsprechende zeitliche Differenz 21 Monate. Denn der Sinn und Zweck des Gesetzes, einer angenommenen Gefahrerhöhung durch die längere Frist entgegenzutreten, greift ersichtlich nicht mehr durch, wenn gerechnet ab dem im Einzelfall maßgeblichen Zeitpunkt des Eintritts des Regelruhestandes bereits drei Jahre verstrichen sind.

So auch Günther, Beschränkung der Tätigkeit von Versorgungsberechtigten, DÖD 1990, 129 ff. (135).

Schon vor diesem einfachgesetzlichen Hintergrund ist der Anwendungsbereich des § 52 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 1 LBG NRW mithin teleologisch dahin zu reduzieren, dass ein Verbot nach § 41 Satz 2 BeamtStG bei einem Beamten, der vorzeitig, aber weniger als zwei Jahre vor dem Erreichen der ihn betreffenden Regelaltersgrenze in den Ruhestand getreten ist, spätestens drei Jahre nach dem Zeitpunkt des für ihn geltenden Regelruhestandseintritts endet.

Im Ergebnis ebenso: Geis, in: Fürst, Gesamtkommentar Öffentliches Dienstrecht (GKÖD), Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Richterrecht und Wehrrecht, Bd. I, Stand: Februar 2016, L § 105 BBG Rn. 22, Günther, Beschränkung der Tätigkeit von Versorgungsberechtigten, DÖD 1990, 129 ff. (135), Kohde, in: von Roetteken/Rothländer, Hessisches Bedienstetenrecht, Stand: November 2015, BeamtStG § 41 Rn. 13, und Lemhöfer, in: Plog/Wiedow, BBG, Stand: Januar 2016, BBG a. F. § 69a Rn. 12.

Dieses Gesetzesverständnis ist im Übrigen auch mit Blick auf Art. 12 Abs. 1 GG geboten. Denn ein Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit des Beamten oder Richters kann insoweit nicht mehr gerechtfertigt sein, als die Gefahr, welche mit der Eingriffsnorm gebannt werden soll, nach der Bewertung eben dieser Norm nicht mehr besteht.

3. Erweist sich die streitgegenständliche Untersagungsverfügung nach alledem somit als offensichtlich rechtmäßig, soweit sie den Zeitraum bis zum Ablauf des 31. März 2018 betrifft, besteht insoweit auch ein besonderes öffentliches Interesse an ihrer sofortigen Vollziehung. Zweck der Verfügung ist es zu verhindern, dass das Ansehen der Justiz in den Augen der Öffentlichkeit dadurch aktuell Schaden nimmt, dass der Eindruck entstehen könnte, die von dem Antragsteller als Rechtsanwalt vor dem Gericht seiner letzten Dienstausübung vertretenen Sachen könnten in irgendeiner Weise bevorzugt behandelt werden. Das kann der Bescheid nicht erreichen, wenn der Antragsteller das Verbot des Auftretens vor dem Landgericht N. , soweit es offensichtlich rechtmäßig verfügt worden ist, erst nach Abschluss eines ggf. mehrjährigen Rechtsbehelfsverfahrens zu befolgen hätte. Dies gilt umso mehr, als der Antragsteller bereits in mehreren vor dem Landgericht N. zu führenden Sachen mandatiert ist und, wie bereits dargestellt, damit zu rechnen wäre, dass er auch künftig eine nicht geringe Zahl von Verfahren gerade vor dem Landgericht N. führen würde.

Vgl. insoweit auch Günther, Beschränkung der Tätigkeit von Versorgungsberechtigten, DÖD 1990, 129 ff. (138), wonach sich die Anordnung der sofortigen Vollziehung einer Untersagungsverfügung der in Rede stehenden Art auf aktuellen Bedarf an Abwehr von Schaden, zumal für das Ansehen der Verwaltung, stützen darf; vgl. ferner den Senatsbeschluss vom 8. Juli 2015 - 1 B 472/15 -, RiA 2015, 272 = DRiZ 2015, 358 = juris, Rn. 30.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 und 2, 47 Abs. 1 Satz 1 GKG.

Dieser Beschluss ist hinsichtlich der Streitwertfestsetzung nach §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG und im Übrigen gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.






OVG Nordrhein-Westfalen:
Beschluss v. 02.03.2016
Az: 1 B 1375/15


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/a06919b9ef28/OVG-Nordrhein-Westfalen_Beschluss_vom_2-Maerz-2016_Az_1-B-1375-15




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