Landgericht Dortmund:
Urteil vom 1. März 2012
Aktenzeichen: 13 O 47/11
(LG Dortmund: Urteil v. 01.03.2012, Az.: 13 O 47/11)
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages.
Tatbestand
Der Ehemann der Klägerin war Gesellschafter und alleiniger Geschäftsführer der von ihm 1992 gegründeten X GmbH mit Sitz in I. Gegenstand des Unternehmens war Planung und Konstruktion, Bau und Inbetriebnahme und Instandsetzung von Werkzeugen, Vorrichtungen und Sondermaschinen einschließlich der Steuerungstechnik. Er entwickelte allein oder gemeinsam mit Dritten verschiedene Vorrichtungen zum Einsatz für die industrielle Schweißtechnik, wofür zu seinen Gunsten und zu Gunsten der Gesellschaft Schutzrechte angemeldet und eingetragen wurden.
Am 06.09.2005 gründeten die X GmbH und der für sie tätige Steuerberater L die Beklagte. Deren Unternehmensgegenstand ist Entwicklung, Herstellung und Vertrieb von Komponenten und Zubehör für die industrielle Schweißtechnik. Vom Stammkapital von 25.000,00 € übernahmen die X GmbH 18.750,00 € und der Steuerberater L 6.250,00 €. Die Klägerin wurde von den Gesellschaftern zur alleinigen Geschäftsführerin bestellt. Ihr Ehemann erklärte am 28.09.2005 für sich und die X GmbH die Übertragung verschiedener Schutzrechte und Schutzrechtsanmeldungen auf die Beklagte. Diese wurde zunächst nicht tätig. Ihr Firmensitz wurde im April 2009 von S nach L2 verlegt. Zum genauen Inhalt des Gesellschaftsvertrages in der geänderten Fassung vom 28.04.2009 wird auf Blatt 32 - 39 d.A. verwiesen.
Der Geschäftsanteil der X GmbH wurde in der Folge übernommen von der Klägerin in Höhe von 10.000,00 € und zwei weiteren Gesellschaften in Höhe von 6.250,00 € und 2.500,00 €.
Über das Vermögen der X GmbH wurde am 01.07.2009 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Ehemann der Klägerin wurde auf Grund Anstellungsvertrages vom 18.06.2009 für die Beklagte als Konstruktionsleiter tätig. Er und die Klägerin unterzeichneten Nutzungs-Lizenzvertrag vom 19.06.2009 betreffend bestimmte Schutzrechte. Die Klägerin erteilte ihrem Ehemann unter dem 12.07.2009 auch Generalvollmacht für alle Belange der Beklagten.
Es kam zu Meinungsverschiedenheiten zwischen den Gesellschaftern der Beklagten und dem Ehemann der Klägerin. Der Gesellschafter L bat zu einer Gesellschafterversammlung am 02.02.2011 in seinem Büro. Zur angegebenen Zeit erschienen dort sämtliche Gesellschafter der Beklagten, auch die Klägerin. Es wurde beschlossen, die Geschäftsführung der Beklagten dahingehend neu zu regeln, dass die Geschäftsführerin die Gesellschaft nur zusammen mit einem Prokuristen vertreten kann oder die Gesellschaft durch zwei Prokuristen vertreten wird. Ob die Beschlussfassung in Anwesenheit der Klägerin erfolgte, ist streitig.
Mit Schreiben vom 12.02.2011 forderte der Gesellschafter L die Klägerin auf, unverzüglich eine Gesellschafterversammlung einzuberufen zu den Tagesordnungspunkten "Ausschluss der Gesellschafterin L3 bzw. Einziehung ihrer Geschäftsanteile aus wichtigem Grund", "Abberufung der Geschäftsführerin L3 aus wichtigem Grund", "Neubestellung eines Geschäftsführers" und "Kündigung des Anstellungsverhältnisses L4". Er wies die Klägerin zudem darauf hin, dass nach Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 07.02.2011 sie nicht mehr berechtigt sei, die Gesellschaft ohne Mitwirkung eines Prokuristen nach außen zu vertreten und dass der klägerische Ehemann bis zum 31.03.2011 freigestellt und ihm Hausverbot erteilt worden sei. Die Klägerin wies dies mit Anwaltsschreiben vom 14.02.2011 zurück. Sie forderte die Mitgesellschafter auf, den Beschluss vom 07.02.2011 aufzuheben oder für nichtig zu erklären. Die Mitgesellschafter taten dies nicht. Der Gesellschafter L erstattete vielmehr unter dem 25.02.2011 Strafanzeige gegen die Klägerin und ihren Ehemann wegen Unterschlagung und Betruges.
Mit Schreiben vom 28.02.2011, der Klägerin mit Einwurf-Einschreiben zugegangen am 02.03.2011, berief der Gesellschafter L eine Gesellschafterversammlung zum 15.03.2011 ein. Die Klägerin erschien zu dieser Gesellschafterversammlung nicht. Mit Einwurfs-Einschreiben vom 15.03.2011, der Klägerin zugegangen am 17.03.2011, berief der Gesellschafter L sodann eine Gesellschafterversammlung für den 31.03.2011 ein. Die Verfügungsklägerin erschien zu dieser Gesellschafterversammlung und übergab zwei Schreiben, mit denen sie der Durchführung einer Gesellschafterversammlung widersprach. Sie verließ sodann die Versammlung. Der Gesellschafter L übernahm den Vorsitz und wies die Widersprüche der Klägerin zurück. Die anwesenden Gesellschafter beschlossen einstimmig, die Klägerin als Gesellschafterin aus wichtigem Grund auszuschließen, den Gesellschaftsanteil der Klägerin einzuziehen, die Klägerin mit sofortiger Wirkung ihres Amtes als Geschäftsführerin zu erheben, Frau S2 mit sofortiger Wirkung als Geschäftsführerin zu bestellen und das Anstellungsverhältnis mit dem Ehemann der Klägerin außerordentlich, hilfsweise bei Einhaltung gesetzlicher Kündigungsfrist zu kündigen. Zum genauen Inhalt des Protokolls wird auf Blatt 45 - 50 d.A. Bezug genommen.
Die Geschäftsführerabberufung und -neubestellung wurde zum Handelsregister angemeldet. Die Eintragung wurde vom Handelsregister zunächst abgelehnt, auf Beschwerde der Beklagten aber im Juni 2011 veranlasst.
Die Klägerin reichte gegen den Beschluss vom 31.03.2011 unter dem 19.04.2011 Nichtigkeits- und Anfechtungsklage ein. Sie verlangte zudem, der Beklagten im Wege einstweiliger Verfügung zu untersagen, bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache ihre Abberufung als Geschäftsführerin und ihren Ausschluss aus der Gesellschaft und die Einziehung ihres Geschäftsanteils zu vollziehen, und ihr zu gestatten, weiterhin die Geschäfte der Beklagten zu führen. Zudem sollte dem Handelsregister des Amtsgerichts Hamm aufgegeben werden, ihre Abberufung im Handelsregister nicht einzutragen. Die Hauptsacheklage wurde mit Beschluss vom 27.04.2011 abgetrennt zur gesonderten Entscheidung in diesem Verfahren. Die Klägerin wurde unter dem 28.04.2011 vom Gericht zur Zahlung des Klagevorschusses aufgefordert. Zahlung erfolgte zunächst nicht.
In einer Gesellschafterversammlung vom 05.05.2011 beschlossen die Gesellschafter der Beklagten, nach der Einziehung noch vorhandene Geschäftsanteile so aufzustocken, dass das Stammkapital in Höhe von 25.000,00 € wieder erreicht wird. Mit Urteil der Kammer vom selben Tage wurde im Verfahren 13 O 46/11 LG Dortmund der Beklagten unter Zurückweisung des Antrags im Übrigen im Wege einstweiligen Rechtsschutzes verboten, bis zur Entscheidung in der Hauptsache den Ausschluss der Klägerin aus der Gesellschaft und die Einziehung ihres Geschäftsanteils zu vollziehen.
Mit Verfügung vom 25.05.2011 wurde das Ermittlungsverfahren gegen die Klägerin und ihren Ehemann mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt. Es wurde auf Beschwerde des Gesellschafters L vom 14.06.2011 im Juli 2011 wieder aufgenommen und ist noch nicht abgeschlossen.
Die Beklagte legte gegen das Urteil vom 05.05.2011 Berufung ein. Sie beantragte zudem unter dem 21.07.2011, der Klägerin aufzugeben, Hauptsacheklage zu erheben. Mit Beschluss des Rechtspflegers vom 26.07.2011, zugestellt am 28.07.2011, wurde der Klägerin aufgegeben, innerhalb von 4 Wochen Hauptsacheklage zu erheben. Die Klägerin zahlte den Klagevorschuss ein am 28.08.2011. Die Klage wurde der Beklagten daraufhin am 14.09.2011 zugestellt.
Das Urteil der Kammer im einstweiligen Verfügungsverfahren vom 05.05.2011 wurde vom Berufungsgericht am 23.11.2011 aufgehoben, weil die Monatsvollziehungsfrist nicht gewahrt worden war.
Die Klage im Verfahren 13 O 34/11 LG Dortmund war zum Teil erfolgreich. Mit Urteil der Kammer vom 01.03.2012 wurde festgestellt, dass der Beschluss vom 07.02.2011 mit dem Inhalt, dass die Gesellschaft durch zwei Prokuristen vertreten wird, nichtig ist. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen.
Die Klägerin hält den Beschluss vom 31.03.2011 wegen erheblicher formeller Mängel für nichtig, jedenfalls anfechtbar. Das Einberufungsverlangen stamme von einer nichtberechtigten Personen und sei, da nur mit Einwurf-Einschreiben und ohne Angabe von Zweck und Gründen ausgesprochen, formunwirksam. Auch sei weder für die Gesellschafterversammlung vom 15.03.2011 noch die vom 31.03.2011 die vom Gesellschaftsvertrag vorgesehene Form der Einladung noch die Ladungsfrist von 14 Kalendertagen eingehalten worden. Außerdem seien ihre Rügen gegen die Durchführung der Versammlung vom 31.03.2011 übergangen worden. Die Klägerin hält den Beschluss vom 31.03.2011 auch aus materiell rechtlichen Gründen für nichtig. Ein wichtiger Grund für ihren Ausschluss als Gesellschafterin liege nicht vor. Der Vorwurf der Unterschlagung von Firmengeldern und Patentrechten sei unberechtigt und nicht nachvollziehbar dargelegt. Die Patente, hinsichtlich derer Übertragungserklärungen vorliegen, seien nicht mehr existent und hätten keinerlei Wert mehr. Die Beklagte benutze zudem Patente unrechtmäßig, weil mit der Kündigung des Arbeitsvertrages ihres Ehemannes zum 31.07.2011 Nutzungsrechte der Beklagten ab diesem Zeitpunkt erloschen seien. Sie habe auch keine Untreuehandlung durch Zahlung begangen, weil sämtliche Zahlungsangelegenheiten ausschließlich über ihren Ehemann und Angestellte der Beklagten abgewickelt worden seien. Die Einziehung ihres Geschäftsanteils verstoße gegen § 5 Abs. 3 GmbHG, da der Einziehungsbeschluss nicht mit einer gesellschaftsrechtlichen Lösung zur Regelung der künftigen Übereinstimmung zwischen den Nennbeträgen der Geschäftsanteile und dem Stammkapital verbunden war.
Die Anfechtungsklage sei auch nicht verspätet. Die Monatsfrist des § 247 Abs. 1 AktG analog sei durch Einlegung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zusammen mit der Hauptsacheklage und Zahlung der noch ausstehenden Gerichtskosten innerhalb der ihr gesetzten Frist zur Hauptsacheklageerhebung gewahrt worden.
Die Klägerin beantragt,
festzustellen, dass der in der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 31.03.2011 gefasste Gesellschafterbeschluss mit dem Inhalt, sie als Gesellschafterin aus wichtigem Grund aus der Gesellschaft auszuschließen und ihre Geschäftsanteile lautend auf 40 % des Stammkapitals einzuziehen, sie als Geschäftsführerin mit sofortiger Wirkung ihres Amtes als Geschäftsführerin zu entheben und Frau S2 mit sofortiger Wirkung als Geschäftsführerin zu bestellen sowie das mit der Gesellschaft bestehende Arbeitsverhältnis mit Herrn L4 außerordentlich, hilfsweise unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist zu kündigen, nichtig ist.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hält diese Beschlüsse weder für nichtig noch anfechtbar. Eine Anfechtung sei zudem verspätet. Das Einberufungsverlangen und die Einladungen seien formgerecht und alle Ladungsfristen gewahrt. Sollte es im Rahmen dessen zu Fehlern gekommen sein, seien diese zumindest nicht gravierend. Die Klägerin könne sich hierauf auch nicht berufen, weil sie selbst ihrer Pflicht als Geschäftsführerin zur Einberufung der Gesellschaftsversammlung nicht nachgekommen sei.
Auch liege keine Nichtigkeit des Einziehungsbeschlusses wegen Verstoßes gegen § 5 GmbHG vor. Die Regelung in § 14 der Satzung zeige, dass von den Gesellschaftern eine Vernichtung des eingezogenen Geschäftsanteils nicht gewollt war. Dass die entsprechende Kapitalmaßnahme erst mit Gesellschafterbeschluss vom 05.05.2011 beschlossen wurde, sei ausreichend.
Die Beschlüsse vom 31.03.2011 seien auch materiellrechtlich nicht zu beanstanden. Ein wichtiger Grund für die Ausschließung der Klägerin als Gesellschafterin und die Einziehung ihres Geschäftsanteils und ihre Abberufung als Geschäftsführerin lägen vor. Der Klägerin seien zahlreiche Unterschlagungshandlungen vorzuwerfen. Sie habe die Umschreibung der Nutzungsrechte versäumt, obwohl zwischen den Gesellschaftern und dem klägerischen Ehemann die Übertragung der Patente vereinbart worden sei. Weshalb für Patente, die ihr übertragen werden sollten, ein Lizenz- und Nutzungsvertrag hätte abgeschlossen werden sollen, sei nicht nachvollziehbar. Die Schutzrechte seien keineswegs tot und wertlos. Ihr Wert beliefe sich vielmehr auf ca. 200.000,00 €. Die Patente stellten auch die wesentliche Grundlage für ihre Produktion dar. Die Klägerin habe zudem mit unberechtigten Zahlungen an ihren Ehemann das Gesellschaftsvermögen mit im Saldo 58.869,52 € geschädigt.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf den Inhalt der beigezogenen Akten 13 O 46/11 und 13 O 34/11 jeweils Landgericht Dortmund Bezug genommen.
Gründe
Die Klage ist unbegründet.
Die Beschlüsse vom 31.03.2011 sind weder nichtig noch können sie von der Klägerin angefochten werden.
Nichtigkeit der Beschlüsse wegen Verletzung wesentlicher Regeln über die Einberufung der Gesellschafterversammlung entsprechend § 241 Ziff. 3 AktG liegt nicht vor. Die Einberufung zur Versammlung durch einen Gesellschafter anstelle der Geschäftsführerin ist nicht zu beanstanden. Der Gesellschafter L konnte am 28.02.2011 nach § 10 Abs. 3 Satz 2 des Gesellschaftsvertrages selbst eine Gesellschafterversammlung einberufen. Dabei kann dahinstehen, ob an diesem Tag bereits die Wartefrist von 14 Kalendertagen abgelaufen war. Wenn das nicht der Fall war, ist das unschädlich, weil sich dies nicht ausgewirkt hätte. Auch eine Einberufung durch die Klägerin hätte spätestens am 28.02.2011 erfolgen müssen. In diesem Fall hätte die Gesellschafterversammlung auch am 15.03.2011 stattfinden können. Dabei ist nicht auf den Zugang der Einladung bei den Gesellschaftern abzustellen. Wenn wie vorliegend die gesetzliche Mindestfrist von 1 Woche des § 51 Abs. 1 Satz 2 GmbHG durch die Satzung verlängert ist, muss bei Berechnung der Ladungsfrist kein Aufschlag um die Zustellungsdauer erfolgen.
Das Einberufungsverlangen vom 02.02.2011 war auch formgerecht. Mit der Mitteilung der gewünschten Tagesordnung war die Forderung von § 10 Abs. 3 der Satzung, Zweck und Gründe der beabsichtigten Gesellschafterversammlung anzugeben, erfüllt. Diese waren der Klägerin auch ohne weitere Ausführungen angesichts vorausgegangener Diskussionen zwischen den Gesellschaftern bekannt.
Auch die Versammlungseinberufung vom 15.03.2011 durch einen Gesellschafter anstelle der Geschäftsführerin ist ordnungsgemäß. Die Selbstladungskompetenz des Gesellschafters nach § 10 Abs. 3 der Satzung gilt auch für den Fall der Ersatzladung nach § 10 Abs. 4 Satz 1 2.Halbsatz der Satzung. Zwar ist dies in der Satzung so ausdrücklich nicht ausgesprochen. Es wäre aber unnötige Förmelei, zu fordern, dass ein Geschäftsführer, der bereits pflichtwidrig bei der Ersteinladung untätig geblieben ist, bei der Ersatzladung erneut zum Tätigwerden aufgefordert werden muss.
Auch die Einladungen durch den Gesellschafter L sind frist- und formgerecht erfolgt. Die von der Satzung vorgesehene Ladungsfrist von 14 Tagen ist gewahrt. Abzustellen ist, wie bereits ausgeführt, dabei auf den Tag der Absendung der Ladungen. Ausgehend von den von der Klägerin vorgetragenen Daten des Zugangs ist unter Berücksichtigung einer Postlaufzeit von üblichen 2 Tagen anzunehmen, dass die Absendung am 28.02.2011 und am 15.03.2011 erfolgte.
Die Formvorschrift des § 10 Abs. 2 der Satzung wurde ebenfalls gewahrt. Es reicht Bekanntgabe der Tagesordnung. Zusätzliche Angabe von Zweck und Gründen ist nicht erforderlich. Ob die Ladung durch einfaches Einwurfschreiben anstelle eines Übergabeeinschreibens den Anforderungen der Satzung entspricht, kann dahinstehen. Die Klägerin hat beide Einladungen erhalten. Sinn und Zweck der Satzungsvorgabe wurden erreicht. Ein schwerwiegender zur Nichtigkeit führender Ladungsfehler kann angesichts dessen nicht vorliegen.
Ob die Einwendungen der Klägerin in der Gesellschafterversammlung unzulässiger Weise übergangen wurden, kann dahinstehen. Nichtigkeit der Beschlüsse kann sich bei einem solchen Verfahrensverstoß nicht ergeben, allenfalls deren Anfechtbarkeit.
Gleiches gilt im Hinblick auf materiellrechtliche Unwirksamkeit der Beschlüsse. Nur bei Beschlüssen, die mit dem Wesen der GmbH unvereinbar sind und bei inhaltlichen Verstößen gegen die guten Sitten oder gläubigerschützende oder sonst im öffentlichen Interesse liegende Vorschriften kommt es zur Nichtigkeit entsprechend § 241 Nr. 3, Nr. 4 AktG. Für die Annahme eines Sittenverstoßes trägt die Klägerin nichts vor. Sie beruft sich für eine Nichtigkeit nach § 241 Nr. 3 AktG analog auch nur im Hinblick auf den Beschluss betreffend die Einziehung ihres Gesellschaftsanteils auf einen Verstoß gegen § 5 Abs. 3 GmbHG. Diese Vorschrift liegt im öffentlichen Interesse. Ein Verstoß hiergegen liegt aber nicht vor. Das Gericht geht wie das Oberlandesgericht Saarbrücken davon aus, dass sich aus dem neuformulierten Wortlaut des § 5 Abs. 3 S. 3 GmbHG und den Materialien zur Begründung dieser Neuformulierung kein Verbot ergibt für eine getrennte Beschlussfassung über die Einziehung des Geschäftsanteils und die erforderliche Regelung zur Behebung des sich dabei ergebenden Auseinanderfallens von Stammkapital und Nennbeträgen der Geschäftsanteile. § 5 Abs. 3 S. 3 GmbHG gilt für die Gründungsphase der Gesellschaft. Die Vorschrift kann ohne entsprechenden Verweis keine allgemeine Gültigkeit auch im Hinblick auf die spätere Entwicklung der Geschäftsanteile beanspruchen. Einen solchen Verweis enthält die gesetzliche Regelung zur Einziehung von Gesellschaftsanteilen in § 34 GmbHG aber nicht. Die Entscheidung darüber, wie eine Divergenz zwischen Stammkapital und Summe der Stammeinlagen behoben werden soll, ist zudem allein den Gesellschaftern vorbehalten. Zumindest dann, wenn wie hier durch die Satzung den verbleibenden Gesellschaftern dafür eine bestimmte Kapitalmaßnahme schon vorgegeben wird, ist nicht ersichtlich, weshalb dieser Beschluss mit dem Entziehungsbeschluss zugleich ergehen muss. Er kann auch im Nachgang getroffen werden.
Der Einziehungsbeschluss ist auch nicht entsprechend § 241 Nr. 3 AktG nichtig, weil bereits bei Beschlussfassung feststeht, dass das Einziehungsentgelt nicht aus freiem Vermögen der Gesellschaft geleistet werden kann. Dies wird von der Klägerin nicht dargetan und ist auch nicht ersichtlich. Die Frage, in welcher Höhe ein Einziehungsentgelt der Klägerin zusteht, ist zwischen den Parteien umstritten. Es wird aber von keiner der Parteien behauptet, dass bereits bei Beschlussfassung im März 2011 feststand, dass die Abfindung nicht aus freiem Vermögen der Gesellschaft geleistet werden kann.
Nichtigkeitsgründe für die sonstigen Beschlussinhalte werden nicht vorgetragen. Ob die gesetzlichen und satzungsmäßigen Voraussetzungen für einen Gesellschafterausschluss, eine Einziehung des Gesellschafteranteils, die Abberufung als Geschäftsführerin und die Berufung einer neuen Geschäftsführung vorliegen, ist keine Frage der Nichtigkeit, sondern der Anfechtbarkeit. Gleiches gilt für die Beschlussfassung betreffend die Kündigung des Angestelltenverhältnisses mit dem Ehemann der Klägerin.
Auf Anfechtbarkeit kann sich die Klägerin aber für keinen der beanstandeten Beschlüsse berufen. Die Anfechtungsklage ist, weil nicht binnen angemessener Frist erhoben, unzulässig. Es kann dahinstehen, ob und wie sich eine angemessene Klagefrist an der Monatsfrist des § 246 Abs. 1 AktG zu orientieren hat. Wenn, wie hier, die Klageerhebung erst fast 6 Monate nach Beschlussfassung erfolgt, ist dies aber auf jeden Fall verspätet. Abzustellen ist auf den Zeitpunkt der Zustellung der Klage und nicht auf den Zeitpunkt der Klageeinreichung. Ein Fall der Rückwirkung der Zustellung nach § 167 ZPO liegt nicht vor. Die Verzögerung der Klagezustellung beruht ausschließlich auf von der Klägerin zu vertretender verspäteter Zahlung des Klagevorschusses. Der Klagevorschuss war nach Abtrennung der Hauptsacheklage bereits Ende April 2011 angefordert worden. Er wurde aber erst am 25.08.2011 eingezahlt. Nachvollziehbare Gründe hierfür trägt die Klägerin nicht vor. Dass sie erst Ende Juli 2011 zur Erhebung der Hauptsacheklage aufgefordert wurde, ist dabei ohne Belang. Diese Anordnung erfolgte nach § 926 ZPO ausschließlich im Hinblick auf die ergangene einstweilige Verfügung. Für die Wahrung der Anfechtungsfrist hatte dies keinerlei Bedeutung. Die Klägerin konnte auch nicht erwarten, dass die Nichtigkeits- und Anfechtungsklage entgegen § 12 GKG ohne Vorschusszahlung zugestellt würde. Ihr Versuch, dies durch Kopplung des einstweiligen Rechtsschutzbegehrens mit der Hauptsacheklage zu erreichen, war erfolglos. Spätestens nach Abtrennung der Hauptsacheklage und Anforderung des Vorschusses war auch für die Klägerin klar, dass Vorschuss zu zahlen ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht nach § 709 ZPO.
LG Dortmund:
Urteil v. 01.03.2012
Az: 13 O 47/11
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