Bundespatentgericht:
Beschluss vom 21. Juli 2011
Aktenzeichen: 21 W (pat) 35/09
(BPatG: Beschluss v. 21.07.2011, Az.: 21 W (pat) 35/09)
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 01 R des Deutschen Patentund Markenamts vom 22. Dezember 2008 aufgehoben und die Sache zur weiteren Prüfung auf der Basis der in der mündlichen Verhandlung vom 21. Juli 2011 als Hauptantrag überreichten Patentansprüche 1 bis 16 an das Deutsche Patentund Markenamt zurückverwiesen.
Gründe
I Die vorliegende Patentanmeldung ist am 29. Juni 2007 unter der Bezeichnung "Verfahren zur Klassifizierung einer Speicherbatterie und Klassifizierungseinheit" beim Deutschen Patentund Markenamt eingereicht worden. Die Offenlegung erfolgte am 22. Januar 2009.
Im Prüfungsverfahren sind die Druckschriften D1 DE 693 29 087 T2 D2 US 6 404 164 B1 D3 DE 694 24 696 T2 D4 DE 195 32 013 C2 D5 WO 99/22433 A1 D6 US 7 072 871 B1 D7 US 6 175 211 B1 D8 US 5 460 901 A D9 DE 694 17 322 T2 D10 DE 295 12 957 U1 D11 DE 197 29 009 A1 D12 DE 10 2004 013 911 A1 und D13 DE 698 23 204 T2 in Betracht gezogen worden.
Die Prüfungsstelle für Klasse G 01 R hat mit Beschluss vom 22. Dezember 2008 die Anmeldung zurückgewiesen. Dem Beschluss lagen die mit Eingabe vom 10. November 2008 eingereichten Patentansprüche 1 bis 19 zugrunde. Zur Begründung ist in dem Beschluss ausgeführt, dass der Patentanspruch 1 nicht geeignet sei, ein zweifelsfreies Schutzrecht zu definieren, da keine technischen Mittel genannt seien, mit denen das behauptete Ergebnis erzielt werden könne. Es könne daher dahingestellt bleiben, ob die Erfindung in der Anmeldung so deutlich und vollständig offenbart sei, dass ein Fachmann sie ausführen könne. Außerdem sei der Gegenstand des nebengeordneten Anspruchs 18 nicht neu gegenüber dem aus der Druckschrift D1 Bekannten.
Gegen den Zurückweisungsbeschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, die ihr Patentbegehren auf der Grundlage der in der mündlichen Verhandlung als Hauptantrag überreichten Patentansprüche 1 bis 16 weiterverfolgt.
Patentanspruch 1 lautet danach wie folgt (Merkmalsgliederung hinzugefügt):
M1 Verfahren zur Klassifizierung einer Speicherbatterie, gekennzeichnet durch M2 Erfassen einer Mehrzahl von Zustandsgrößen der Speicherbatterie M2a für voneinander unterschiedliche Betriebszustände;
M3 Ermitteln mindestens einer Folge von Kenngrößen in Abhängigkeit von den für die unterschiedlichen Betriebszustände erfassten Zustandsgrößen und M4 Ableiten des Typs der Speicherbatterie aus der ermittelten mindestens einen Folge von Kenngrößen, M5 Ermitteln jeweils einer Folge von Kenngrößen für jede mögliche Bauart durch Berechnung von für jede mögliche Bauart jeweils vorgegebenen Regressionsgleichungen mit den erfassten Zustandsgrößen als Variablen und M6 Bewertung der jeweiligen Folge von Kenngrößen zur Bestimmung des Typs der Speicherbatterie einschließlich der Bauart.
Der nebengeordnete Patentanspruch 16 lautet (Merkmalsgliederung hinzugefügt):
N1 Klassifizierungseinheit zur Klassifizierung einer Speicherbatterie N2 mit Sensoren, N2a die eingerichtet sind zur Erfassung einer Mehrzahl von Zustandsgrößen der Speicherbatterie für voneinander unterschiedliche Betriebszustände, und N3 mit einer Recheneinheit, N3a die eingerichtet ist zur Ausführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 15.
Hinsichtlich der Unteransprüche 2 bis 15 wird auf die Akte verwiesen.
Die Anmelderin beantragt, den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 01 R des Deutschen Patentund Markenamts vom 22. Dezember 2008 aufzuheben und das Patent DE 10 2007 030 365 mit den in der mündlichen Verhandlung vom 21. Juli 2011 als Hauptantrag überreichten Patentansprüchen 1 bis 16, einer noch anzupassenden Beschreibung, sowie mit der ursprünglichen Zeichnung zu erteilen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II Die zulässige Beschwerde hat insoweit Erfolg, als sie zur Aufhebung des Beschlusses und zur Zurückverweisung an das Patentamt zur weiteren Prüfung auf der Grundlage der geltenden Patentansprüche 1 bis 16 führt (§ 79 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 PatG). Das beanspruchte Verfahren ist in der Anmeldung so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann es ausführen kann (§ 34 Abs. 4 PatG). Das Verfahren nach dem geltenden Patentanspruch 1 und die Klassifizierungseinheit nach dem geltenden nebengeordneten Patentanspruch 16 sind gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik neu und beruhen diesem gegenüber auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.
1. Die geltenden Patentansprüche 1 bis 16 sind zulässig, denn sie sind in den am Anmeldetag eingereichten Unterlagen offenbart. Diese Unterlagen umfassten ausweislich der Amtsakte, wie sich der Senat überzeugt hat, u. a. 10 Blätter Beschreibung (Blatt 5 bis 14 der Amtsakte) und 3 Blätter Zeichnungen mit den Figuren 1 bis 4 (Blatt 15 bis 17 der Amtsakte), jedoch keine Patentansprüche.
Die Merkmale des geltenden Anspruchs 1 sind auf Seite 2, Zeilen 14 bis 23 (Merkmale M1 bis M4) sowie auf Seite 3, Zeilen 4 bis 12 (Merkmale M5 und M6) der ursprünglichen Beschreibung offenbart.
Die geltenden Unteransprüche 2 bis 5 sind im seitenübergreifenden Absatz ab Seite 2, Zeile 32 bis Seite 3, Zeile 2 der ursprünglichen Beschreibung offenbart. Die Merkmale der geltenden Unteransprüche 6, 7 und 8 sind im dritten Absatz auf Seite 3, Zeilen 14 bis 21, und die Merkmale der geltenden Unteransprüche 9 bis 11 sind im darauf folgenden Absatz auf Seite 3, Zeilen 23 bis 26 der ursprünglichen Beschreibung angegeben. Der Unteranspruch 12 findet seine Stütze auf Seite 2, Zeilen 25 bis 28 sowie auf Seite 3, Zeilen 28 bis 31 der ursprünglichen Beschreibung. Die geltenden Unteransprüche 13 und 14 sind auf Seite 3, Zeilen 28 bis 31 und der geltende Unteranspruch 15 ist auf Seite 4, Zeilen 1 bis 4 der ursprünglichen Beschreibung offenbart.
Der geltende nebengeordnete Anspruch 16 findet seine Stütze auf Seite 4, Zeilen 6 und 7 und auf Seite 7, Zeilen 4 bis 10 sowie auf Seite 8, Zeilen 11 bis 13 der ursprünglichen Beschreibung. Der Begriff "Sensor" im geltenden Anspruch 16 ist zwar in den ursprünglichen Unterlagen nicht explizit erwähnt. Zur Aufnahme von Messwerten, wie dies auf Seite 7, Zeilen 4 bis 10 der ursprünglichen Beschreibung angegeben ist, wird jedoch üblicherweise ein Messgerät mit einem Sensor verwendet.
2. Die Erfindung betrifft gemäß der Beschreibung ein Verfahren zur Klassifizierung einer Speicherbatterie sowie eine Klassifizierungseinheit hierzu (vgl. Offenlegungsschrift, Abs. [0001]).
Insbesondere für die Überwachung von Speicherbatterien, wie bspw. von Starteroder Versorgungsbatterien in Kraftfahrzeugen, ist es oftmals erforderlich, Kenntnis von dem Batterietyp zu haben. Der Batterietyp ist bspw. durch die Kapazität und die Bauart spezifiziert. Die Bauart unterscheidet sich bspw. hinsichtlich der Elektrolyten. So sind Bleiakkumulatoren mit festgelegten Elektrolyten, mit gelartigen Elektrolyten und mit flüssigen Elektrolyten bekannt (Abs. [0002]).
Wie in der Beschreibungseinleitung weiter ausgeführt ist, sind in den Druckschriften DE 102 32 251 A1, DE 102 40 329 A1 und DE 102 36 958 A1 Verfahren zur Ermittlung der einer Speicherbatterie noch entnehmbaren Ladungsmenge beschrieben. Diese Verfahren setzen die Kapazität der Batterie im Neuzustand bzw. die Nennkapazität als bekannte Größe voraus. Die Nennkapazität muss in Kenntnis des Batterietyps vom Nutzer in eine Batterieüberwachungseinheit eingegeben werden. Dies sei fehleranfällig und erfordere Fachkenntnisse (Abs. [0003]). Die Druckschrift US 2006-0250109 A1 offenbart ein Verfahren zur Klassifizierung und Identifizierung von Batterien, bei dem der Batterietyp und die verwendeten Materialien auf einem intelligenten, einen Datenspeicher enthaltenden Aufkleber abgespeichert sind. Die in diesen sogenannten IC-Tag eingeschriebenen Informationen können jederzeit ausgelesen werden. Hierzu ist jedoch ein Ausleseprozess durch den Nutzer erforderlich, was nachteilig sei (Abs. [0004]).
3.
Der Erfindung liegt gemäß der Offenlegungsschrift das Problem zugrunde, ein Verfahren zur Klassifizierung einer Speicherbatterie zu schaffen, das selbstständig, d. h. ohne Eingriffe von außen, den Speicherbatterietyp ableitet (Abs. [0005]).
4.
Zur Lösung dieser Aufgabe wird nach dem beanspruchten Verfahren der Typ bzw. die Bauart einer Speicherbatterie durch Bewertung einer Folge von ermittelten Kenngrößen, wie bspw. die Nennkapazität, bestimmt. Dazu wird eine Mehrzahl von Zustandsgrößen der Speicherbatterie (z. B. die Batteriespannung und der Innenwiderstand) bei unterschiedlichen Betriebszuständen (z. B. bei unterschiedlichen Temperaturen) gemessen und anhand dieser Messdaten eine Folge einer Kenngröße (z. B. die Nennkapazität bei unterschiedlichen Temperaturen) mittels von für jeden möglichen Batterietyp vorgegebenen Regressionsgleichungen berechnet. Durch Bewertung dieser Folge wird dann der Typ bzw. die Bauart der Speicherbatterie abgeleitet. Die beanspruchte Klassifizierungseinheit zum Bestimmen des Typs bzw. der Bauart der Speicherbatterie weist Sensoren zum Messen der Zustandsgrößen und eine Recheneinheit auf, die zur Ausführung des beanspruchten Verfahrens eingerichtet ist.
5.
Dem Verfahren nach dem geltenden Patentanspruch 1 und der Klassifizierungseinheit nach dem geltenden nebengeordneten Patentanspruch 16 stehen patenthindernde Gründe nicht entgegen. Die Unteransprüche betreffen vorteilhafte Ausgestaltungen des beanspruchten Verfahrens.
5.1 Die Prüfungsstelle hat in ihrem Beschluss ausgeführt, dass im Patentanspruch 1 lediglich angegeben sei, welches technisches Ergebnis erzielt werden solle, nämlich den Typ einer Speicherbatterie aus zuvor erfassten Messgrößen abzuleiten, ohne dass jedoch technische Mittel genannt seien, durch die dieses Ergebnis erreicht werden könne. Der Patentanspruch beschränke sich auf die Angabe, dass es Abhängigkeiten zwischen den für unterschiedliche Betriebszustände gemessenen Zustandsgrößen und den daraus ermittelten Kenngrößen einer Batterie und dem Typ der Batterie gebe, ohne diese jedoch konkret anzugeben. Gemäß § 34 Abs. 3 Nr. 3 PatG sei aber in den Patentansprüchen anzugeben, was als patentfähig unter Schutz gestellt werden soll. Damit sei die Anweisung gemeint, mit bestimmten technischen Mitteln zur Lösung einer technischen Aufgabe ein technisches Ergebnis zu erzielen. Somit sei der Patentanspruch 1 nicht geeignet, ein zweifelsfreies Schutzrecht zu definieren, weshalb er nicht gewährbar sei.
Damit werden die Voraussetzungen dessen, was nach § 34 Abs. 3 Nr. 3 PatG erforderlich ist, überzogen. Nach dieser Vorschrift muss die Anmeldung einen oder mehrere Patentansprüche enthalten, in dem/denen angegeben ist, was als patentfähig unter Schutz gestellt werden soll. In der Verordnung zum Verfahren in Patentsachen vor dem Deutschen Patentund Markenamt (PatV) wird noch verlangt, dass im ersten Patentanspruch (Hauptanspruch) die wesentlichen Merkmale der Erfindung anzugeben sind (§ 9 Abs. 4 PatV). Die Auswahl, welche Merkmale seiner Erfindung er für wesentlich erachtet und in einen Patentanspruch aufnimmt, bleibt grundsätzlich dem Anmelder überlassen. Eine weitergehende Anweisung für den Anmelder lässt sich daraus nicht ableiten.
Der von der Prüfungsstelle geltend gemachte Mangel, dass im Patentanspruch 1 die konkreten Abhängigkeiten zwischen den Zustandsgrößen, den Kenngrößen und dem Typ einer Batterie nicht angegeben seien, und daher keine technischen Mittel genannt seien, wie der Batterietyp aus den Meßgrößen abgeleitet werden könne, kann allenfalls dazu führen, dass der Anspruch sich als gegenüber dem Stand der Technik zu breit abgefasst erweist und betrifft damit allenfalls die Frage der Neuheit oder erfinderischen Tätigkeit hier des beanspruchten Verfahrens gegenüber dem Stand der Technik.
5.2 Das beanspruchte Verfahren zur Klassifizierung einer Speicherbatterie ist in der Anmeldung so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann es ausführen kann (§ 34 Abs. 4 PatG).
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Lehre ausführbar offenbart, wenn der Fachmann ohne erfinderisches Zutun und ohne unzumutbare Schwierigkeiten in der Lage ist, die Lehre des Patentanspruchs aufgrund der Gesamtoffenbarung der Patentschrift (hier der Anmeldung) in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen so zu verwirklichen, dass der angestrebte Erfolg erreicht wird. Dabei reicht es aus, wenn dem Fachmann ein allgemeines Lösungsschema an die Hand gegeben wird. Der Patentanspruch muss nicht alle zur Ausführung der Erfindung erforderlichen Angaben enthalten (BGH, Urteil vom 5. April 2011 -X ZR 1/09 -Dentalgerätesatz, Tz. 20, m. w. N.).
Diesen Anforderungen genügen die Angaben in der vorliegenden Patentanmeldung. In ihr wird erläutert, dass der Speicherbatterietyp bspw. durch die Nennkapazität und die Bauart (bspw. Nass-, Gelund Vliesbatterie) charakterisiert ist (Abs. [0008]). Als zu messende Zustandsgrößen der Batterie sind bspw. die Ruhespannung und der Innenwiderstand angegeben (Abs. [0007]). Diese Zustandsgrößen sollen für unterschiedliche Betriebszustände, wie bspw. unterschiedliche Temperaturen oder Ladezustände der Batterie, gemessen werden (Abs. [0012]). Zur Berechnung der Folge von Kenngrößen (bspw. die Nennkapazität) werden die Messwerte in für jede mögliche Bauart vorgegebene Regressionsgleichungen eingesetzt (Abs. [0038]). Diese Regressionsgleichungen können bspw. vom jeweiligen Batteriehersteller angegeben werden (Abs. [0025]). Dem zuständigen Fachmann, einem Elektroingenieur mit Erfahrung in der Entwicklung von Überwachungsund Ladegeräten für Batterien, ist aber aufgrund seines allgemeinen Fachwissens auch bekannt, wie aus Messwertreihen mit Zustandsgrößen (Ruhespannung, Innenwiderstand) bei unterschiedlichen Betriebszuständen (Temperatur, Ladezustand) von Vergleichsbatterien, deren jeweilige Nennkapazität bekannt ist, die erforderlichen Regressionsgleichungen bestimmt werden können. Auch in der Anmeldung ist ein solches Verfahren zur Bestimmung der benötigten Regressionsgleichungen in seinen Grundzügen erläutert (Abs. [0026] bis [0033]). Mit den so erhaltenen Regressionsgleichungen werden mehrere Werte für bspw. die typabhängige Nennkapazität (= Folge von Kenngrößen) berechnet (Abs. [0038] und [0039]). Aus der jeweiligen Streuung der berechneten Werte der Nennkapazität für einen bestimmten angenommenen Batterietyp lässt sich dann auf den tatsächlichen Batterietyp bzw. dessen Bauart schließen. Denn die mit der dem tatsächlichen Batterietyp zugrunde liegenden Regressionsgleichung berechnete Folge von Nennkapazitätswerten weist die geringste Streuung (bspw. Standardabweichung) auf (Abs. [0040] und [0041]).
5.3. Das Verfahren nach dem geltenden Patentanspruch 1 ist neu und beruht unter Berücksichtigung des bisher im Verfahren befindlichen Standes der Technik auf einer erfinderischen Tätigkeit des zuständigen Fachmanns.
5.3.1. Keine der im Verfahren befindlichen Entgegenhaltungen lehrt ein Verfahren mit sämtlichen in Anspruch 1 enthaltenen Merkmalen.
a) Aus der dem Anmeldungsgegenstand am nächsten kommenden Druckschrift D2 ist ein Verfahren zur Klassifizierung einer Speicherbatterie (method of battery chemistry identification) bekannt (vgl. die Figuren 5 und 6 mit Beschreibung ab Spalte 12, Zeile 22 bis Spalte 14, Zeile 37) [= Merkmal M1], mit folgenden Schritten:
Erfassen einer Zustandsgröße (Figur 5: "monitor battery voltage") der Speicherbatterie [= Merkmal M2 ohne "Mehrzahl"] für voneinander unterschiedliche Betriebszustände (Figur 5: "apply load", "remove load") [= Merkmal M2a]; Ermitteln mindestens einer Folge von Kenngrößen (Figur 5: "decline slope", "recovery slope") in Abhängigkeit von den für die unterschiedlichen Betriebszustände erfassten Zustandsgrößen (Figur 5: "monitor battery voltage during decline period", "monitor battery voltage for recovery period") [= Merkmal M3]; und Ableiten des Typs der Speicherbatterie aus der ermittelten einer Folge von Kenngrößen (Figur 5: "determine battery chemistry from the recovery and decline slopes") [= Merkmal M4].
Bei dem aus der Druckschrift D2 bekannten Verfahren werden die zeitlichen Verläufe des Abfalls der Batteriespannung unter Zuschaltung einer Last (voltage decline) und des Anstiegs der Batterieschaltung nach dem Abklemmen einer Last (voltage recovery) als Kenngrößen der Batterie aufgenommen und ausgewertet (vgl. Spalte 13, Zeilen 4 bis 67 und die Tabelle (table) 3). Im Unterschied dazu wird beim beanspruchten Verfahren für jede mögliche Bauart der Batterie jeweils eine Folge von Kenngrößen mit für jede mögliche Bauart jeweils vorgegebenen Regressionsgleichungen berechnet. In diese Regressionsgleichungen werden die gemessenen Zustandsgrößen als Variablen eingesetzt (Merkmal M5). Die so errechneten Kenngrößenfolgen werden schließlich zur Bestimmung des Batterietyps bewertet (Merkmal M6).
b) Aus den Druckschriften D3 und D10 sind jeweils Verfahren bekannt, bei denen der Typ einer unbekannten Batterie durch Messung und Auswertung von Zustandsgrößen der Batterie bestimmt wird. Jedoch werden auch dort die gemessenen Zustandsgrößen nicht in für jede mögliche Bauart jeweils vorgegebene Regressionsgleichungen zum Berechnen und anschließenden Bewerten von Kenngrößenfolgen eingesetzt (Merkmale M5 und M6), wie dies beim beanspruchten Verfahren der Fall ist.
So werden bei dem aus der Druckschrift D3 bekannten Verfahren zur Klassifizierung einer Speicherbatterie (vgl. Anspruch 1) der Serienwiderstand und die Klemmenspannung der Batterie gemessen und zur Bestimmung des Batterietyps (Alkali-, Ni-Cd-Batterie) ausgewertet (vgl. die Figuren 1 und 2 mit Beschreibung).
Bei dem aus der Druckschrift D10 bekannten Verfahren zur Klassifizierung einer Speicherbatterie (vgl. ab Seite 3, vorletzter Absatz bis Seite 4, dritter Absatz) dient der mittels Spannungsund Strommessung (= Zustandsgrößen) ermittelte Innenwiderstand als Kenngröße zur Bestimmung des Typs (Einmal-Batterie, aufladbare Batterie) einer unbekannten Batterie.
c) Bei den aus den Druckschriften D1, D4, D5, D7, D8, D9, D11 und D12 jeweils bekannten Verfahren zum Bestimmen des Typs einer Speicherbatterie werden zur Klassifizierung keine Zustandsgrößen (wie bspw. Batteriespannung, Innenwiderstand) der Batterie gemessen und folglich auch keine Kenngrößen daraus bestimmt und bewertet (Merkmale M2 bis M6), sondern der Batterietyp wird lediglich durch jeweils eine zusätzliche Schaltung (bspw. Widerstände oder Dioden) innerhalb des Batteriegehäuses bzw. Batteriepacks angezeigt. Diese zusätzliche Schaltung, an die bspw. ein Messgerät von außen angeschlossen werden kann, zeigt durch ihre Parameter (bspw. Widerstandswert oder Spannungsabfall über Dioden) den jeweiligen Batterietyp an, ähnlich wie ein an der Batterie angebrachtes Etikett.
Diese zusätzliche Schaltung zum Bestimmen des Typs der Speicherbatterie wird jeweils gebildet durch:
-einen Widerstand 3 bzw. NTC-Widerstand 2 bei der aus der Druckschrift D1 bekannten Batterieschaltung (vgl. die Figuren 1 bis 5 mit Beschreibung);
-eine Reihenschaltung von Dioden 2 bei dem aus der Druckschrift D4 bekannten Akkumulator (vgl. die einzige Figur mit Beschreibung);
-einen Widerstandspannungsteiler (R1, R2), der eine vom Batterietyp abhängige Spannung (Vid) erzeugt, bei dem aus der Druckschrift D5 bekannten Verfahren zum Bestimmen des Batterietyps (vgl. den Anspruch 26 und die Figuren 2, 8 und 9 bis 11a mit Beschreibung);
-einen Widerstand (Rid 17) bei dem aus der Druckschrift D7 bekannten Batteriepack (vgl. die Figuren 1 bis 3 mit Beschreibung);
-eine Reihenbzw. Parallelschaltung von Dioden (D1, D2, D3) bei der aus der Druckschrift D8 bekannten Batterie (vgl. die Figuren 1 und 2 mit Beschreibung);
-einen Widerstand (7; Figur 7) bzw. zwei Widerstände (224, 225; Figur 1) bei dem aus der Druckschrift D9 bekannten Batteriepack (vgl. die Beschreibung zu den Figuren 1 und 7);
-Widerstände (R11, R12) bei dem aus der Druckschrift D11 bekannten Batterieaufbau 400 (vgl. die Figuren 1 und 3 mit Beschreibung); sowie -eine batterieinterne Detektoreinrichtung (Widerstand bzw. Kondensator bzw. IC-Chip 17) bei dem aus der Druckschrift D12 bekannten Batteriepack (vgl. die Figur 1 mit Beschreibung in den Abs. [0061] bis [0066]).
d) Die Druckschriften D6 und D13 liegen noch weiter ab, denn sie betreffen keine Verfahren zur Klassifizierung einer Speicherbatterie.
In der Druckschrift D6 ist ein Verfahren zum Feststellen des Zustands einer Batterie (battery stateofhealth), also deren Funktionstüchtigkeit, angegeben (vgl. ab Spalte 5, Zeile 61 bis Spalte 6, Zeile 11), bei der der Batterietyp vorab bekannt sein muss (vgl. die Figuren 3 und 8: "obtain model information"; "select battery type").
Die Druckschrift D13 schließlich zeigt ein fehlertolerantes verteiltes Batteriesystem, das als Netzwerk aufgebaut ist (vgl. die Figuren 1, 4 und 8 mit Beschreibung). Dort wird zwar mittels eines Batteriecomputers 122 der Zustand der Batterien überwacht und es werden Spannungbzw. Strommessungen durchgeführt (vgl. Abs. [0044] bis [0050]), eine Bestimmung des Batterietyps aufgrund der Messungen wird jedoch nicht vorgenommen.
Aus keiner der im Verfahren befindlichen Druckschriften ist somit ein Verfahren zur Klassifizierung einer Speicherbatterie bekannt, bei dem die gemessenen Zustandsgrößen einer unbekannten Batterie in für jede mögliche Bauart jeweils vorgegebene Regressionsgleichungen zum Berechnen von Kenngrößenfolgen eingesetzt wird (Merkmale M5) und anschließend durch Bewertung der jeweiligen Folge von Kenngrößen der Batterietyp bestimmt wird (Merkmal M6), wie dies beim beanspruchten Verfahren der Fall ist.
5.3.2.
Diese Vorgehensweise kann dem zuständigen Fachmann mangels entsprechender Hinweise oder Anregungen daher auch nicht durch diesen im Verfahren befindlichen Stand der Technik nahegelegt werden, auch nicht in Verbindung mit seinem allgemeinen Fachwissen.
6.
Dies gilt auch für den auf eine Klassifizierungseinheit mit Sensoren und einer Recheneinheit, die zur Ausführung des beanspruchten Verfahren eingerichtet ist, gerichteten geltenden nebengeordneten Patentanspruch 16:
Somit lässt sich mit dem bisher in Betracht gezogenen Stand der Technik eine Zurückweisung der Anmeldung nicht begründen.
7.
Das Verfahren ist jedoch noch nicht zur Entscheidung reif, so dass die Anmeldung mit den neuen Ansprüchen 1 bis 16 zur weiteren Prüfung an das Patentamt zurückzuverweisen ist, da deren Patentfähigkeit noch nicht geprüft worden ist.
§ 79 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 PatG bestimmt, dass das Patentgericht die angefochtene Entscheidung aufheben kann, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, wenn das Patentamt noch nicht in der Sache selbst entschieden hat. Dies ist auch dann der Fall, wenn -wie vorliegend -die Gründe, die der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegen, entfallen sind und geänderte Ansprüche, die nicht Gegenstand der Prüfung im Erteilungsverfahren waren, eine neue Sachprüfung erforderlich machen. Bei der Anmeldung waren die Merkmale M5 und M6 des geltenden Patentanspruchs 1 in der ursprünglichen Beschreibung und im nachgereichten Patentanspruch 6 enthalten, zu denen die Prüfungsstelle noch nicht recherchiert hat.
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BPatG:
Beschluss v. 21.07.2011
Az: 21 W (pat) 35/09
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