Bundespatentgericht:
Beschluss vom 3. März 2004
Aktenzeichen: 32 W (pat) 188/02
(BPatG: Beschluss v. 03.03.2004, Az.: 32 W (pat) 188/02)
Tenor
Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 41 - vom 25. Januar 2002 insoweit aufgehoben, als die Anmeldung zurückgewiesen wurde.
Gründe
I.
Die Anmeldung der Wortmarke Your Boursewurde für die Dienstleistungen Durchführung von Versteigerungen und Auktionen im Internet; Dienstleistungen im Internet, nämlich Veranstaltung von Tauschbörsen, Vermittlung von Verträgen über den Verkauf von Waren und deren Abrechnung (Online-Shopping in Computer-Netzwerken und/oder mittels anderer Vertriebskanäle; Betrieb von elektronischen Märkten im Internet durch Online-Vermittlung von Verträgen sowohl die Anschaffung von Waren als auch über die Erbringung von Dienstleistungen; Vermittlung und Abschluß von Handelsgeschäften im Rahmen eines elektronischen Kaufhauses; Finanzdienstleistungen; Immobilienvermittlung; Wertpapierhandel; Bereitstellen von Informationen zum Wertpapierhandel; Bereitstellen von Informationen zum Wertpapierhandeln; Entwicklung von Franchisekonzept und für die Vermittlung von finanziellem Knowhow; Such- und Vermittlungsdienste, nämlich Suchen und Auffinden von Informationen in einem Daten-Netzwerk, insbesondere dem Internetmit der Begründung zurückgewiesen, dass ihr jegliche Unterscheidungskraft fehle. Die Marke kombiniere die Bestandteile "Your" und "Bourse" und deren begriffliche Bedeutung dem breiten Publikum geläufig sei, zu einer aus sich heraus auch im Inland verständlichen Sinneinheit. Die angesprochenen Verkehrskreise würden die Marke mit dem Bedeutungsgehalt "Deine bzw. Ihre Börse" wahrnehmen und vor dem Hintergrund der zurückgewiesenen Dienstleistungen auf einen Markt bzw. eine Online-Plattform schließen, die auf die individuellen Bedürfnisse des Angesprochenen zugeschnitten sei. Die Marke erschöpfe sich mithin darin, den Gegenstand der zurückgewiesenen Dienstleistungen zu beschreiben und werde nicht als Hinweis auf die Herkunft der Dienstleistungen verstanden. Ob der Eintragung auch das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegenstehe, könne dahingestellt bleiben.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Er ist der Auffassung, den inländischen Verbrauchern sei die Doppelbedeutung des Wortes "Bourse" nicht bekannt. Dieses Wort erscheine den angesprochenen Verkehrskreisen als Kunstwort, mit dem diese in Bezug auf die so gekennzeichneten Produkte keine bestimmten Assoziationen verbinden.
II.
Die Beschwerde des Anmelders ist zulässig und begründet. Der angemeldeten Marke kann die Eintragung in das Markenregister nicht versagt werden. Insbesondere besteht weder das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) noch das einer Angabe gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.
1. Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende, konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen. Kann eine Wortmarke kein für die fraglichen Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass ihr jegliche Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (st. Rspr. vgl. BGH BlPMZ 2002; 85 - INDIVIDUELLE).
Der angemeldeten Marke "Your Bourse" kann nicht ohne weiteres ein im Vordergrund stehender Begriffsinhalt entnommen werden.
Zunächst kann nicht festgestellt werden, dass die Marke innerhalb der hier angesprochenen allgemeinen inländischen Verkehrskreise, also auch bei den Teilen, die die englische Sprache nur rudimentär oder gar nicht kennen, als Sachangabe bekannt ist (vgl. BGH, NJW RR 1998, 1261 - Today).
"Bourse" mit der Bedeutung "Börse" ist im Inland nicht so bekannt, dass ausgeschlossen werden kann, dass nicht unbeträchtliche Teile des Verkehrs (vgl. BGH BlPMZ 1995, 444 - Quatro) diese Bedeutung nicht kennen. Da der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen erfahrungsgemäß in aller Regel so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. BGH BlPMZ 1999, 408 - Yes), ist nicht auszuschließen, dass "Your Bourse" für nicht unbeträchtliche Teile der Verbraucher eine reine Phantasiebezeichnung darstellt. Damit konnte auch nicht festgestellt werden, dass "Your Bourse" nur als Werbeschlagwort und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird. Bei der Eingabe des Begriffs in übliche Suchmaschinen des Internets (Google/11.02.2004) ergaben sich nur Treffer mit einer kennzeichenmäßigen Verwendung des beanspruchten Begriffs. Dies verbietet die Annahme, dass die Marke nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird.
2. Da die Markenstelle einen aktuellen beschreibenden Gebrauch der Bezeichnung "Your Bourse" nicht belegt hat und es auch im Senat nicht möglich war, entsprechende Verwendungsformen zu ermitteln, fällt die Marke nicht unter die Regel des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Ausreichende Anhaltspunkte für eine zukünftige deskriptive Verwendung der Marke auf den maßgeblichen Dienstleistungssektoren waren ebenfalls nicht feststellbar.
3. Dem Deutschen Patent- und Markenamt bleibt es unbenommen, das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis auf seine Bestimmtheit zu überprüfen.
Viereck Sekretaruk Kruppa Ko
BPatG:
Beschluss v. 03.03.2004
Az: 32 W (pat) 188/02
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