Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. Mai 2003
Aktenzeichen: 28 W (pat) 133/02

(BPatG: Beschluss v. 28.05.2003, Az.: 28 W (pat) 133/02)

Tenor

Auf die Beschwerde der Markeninhaberin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 29 vom 7. Mai 2002 aufgehoben.

Der Widerspruch wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die am 7. Februar 2000 für die Waren "konserviertes Gemüse" eingetragene Wortmarke STIXX ist Widerspruch erhoben worden aus der Marke 859 039 Sticksidie seit 1969 für die Waren "Gurken-Sticks" eingetragen ist.

Die Markenstelle für Klasse 29 hat eine Verwechslungsgefahr bejaht, denn bei der hier möglichen Warenidentität reiche der klangliche Abstand der Marken für eine hinreichend klare Unterscheidung nicht aus.

Mit der hiergegen gerichteten Beschwerde beruft sich die Markeninhaberin insbesondere auf eine Kennzeichnungsschwäche der Widerspruchsmarke, denn das Wort "Sticks" werde bei Lebensmitteln verschiedenster Art zur Beschreibung ihrer stangen- oder stäbchenartigen Warenform verwendet. Die klangliche Übereinstimmung der Marken in dieser Lautfolge könne eine Verwechslungsgefahr deshalb nicht begründen.

Die Widersprechende meint hingegen, "Sticks" gebe keinerlei Hinweis auf die damit bezeichneten Waren, sei also durchaus unterscheidungskräftig. Im übrigen hält sie die Argumente der Markenstelle für zutreffend. Auch werde ihre Marke umfangreich benutzt, 1999 bis 2001 seien jährlich etwa ... Gurkengläser verkauft worden.

II.

Die Beschwerde der Markeninhaberin ist begründet, denn zwischen den Marken besteht schon aus Rechtsgründen keine Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.

Bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr ist von der Ähnlichkeit der Waren, der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke und der Ähnlichkeit der Marken auszugehen. Zwischen diesen Faktoren besteht eine Wechselwirkung, so daß ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Zeichen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH GRUR 2000, 506, 508 - ATTACHE/TISSERAND).

Die bei der Entscheidung zu berücksichtigenden Waren können nach der vorliegend maßgeblichen Registerlage identisch sein, denn "konserviertes Gemüse" umfasst auch konservierte Gurken und Essiggurken. Die Waren richten sich an breiteste Verkehrskreise im Sinne von Endabnehmern, so dass vor diesem Hintergrund der von der jüngeren Marke zur Verneinung einer Verwechslungsgefahr einzuhaltende Abstand zunächst einmal sehr deutlich sein muß. Allerdings werden diese strengen Anforderungen an den Markenabstand durch die geringe Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke kompensiert.

Die Widerspruchsmarke "Sticksi" ist erkennbar angelehnt an die nahezu im gesamten Lebensmittelbereich anzutreffende Sachangabe "Sticks", mit der auf die Stäbchenform der Ware hingewiesen wird (zB Käsesticks, Schokoladesticks, Fischsticks, Salzstangen als Sticks, Zuckersticks usw). Wenn auch bei manchen Lebensmitteln die Sticksform noch eher ungewöhnlich ist, bei eingelegten und tafelfertig zubereiteten Gurken jedoch ist sie seit Jahren gebräuchlich. Dies belegt nicht nur das Warenverzeichnis der Widersprechenden selbst, das bereits 1969 ausdrücklich "Gurken-Sticks" erwähnt, sondern zB auch eine Verordnung von 1993, nämlich die "Leitsätze für pasteurisierte Gurkenkonserven aus frischer Rohware" (zuletzt geändert am 7.4.1997, GMBl. Nr 45, 871) in der "Gurkensticks" ausdrücklich als eine der Verkehrbezeichnungen für zerkleinerte Gurken erwähnt ist. Der Einwand der Widersprechenden, dass "Sticks" keinen Rückschluss auf die Art und das Aussehen der Waren zulasse, ist unbeachtlich, denn die Aussagekraft einer Marke kann nicht isoliert gesehen werden, sondern ist allein im Zusammenhang mit der damit gekennzeichneten Ware zu beurteilen. Wenn auf einem Glas Essiggurken das Wort "Sticks" steht, so geht der Verbraucher davon aus, dass die Essiggurken eine Sticks-Form haben.

Diesem Fachbegriff hat die Widersprechende ein "i" hinzugefügt, was zwar dem deutschen Sprachgebrauch entsprechend nur auf eine verkleinerte Form hinweist, letztlich aber wohl ausreichend war, um einen Markenschutz zu erhalten. Der Schutz aus derart an eine glatt beschreibende Aussage angelehnten Marken beschränkt sich aber im wesentlichen allein auf die Abwandlung, dh es müssen konkurrierende Marken hingenommen werden, die von der Sachaussage in ebensolch geringfügiger Weise abweichen (vgl BGH, GRUR 1990, 453 L-Thyroxin). Andernfalls nämlich erhielten diese Marken einen nicht gerechtfertigten Schutz auf die Sachangabe selbst. Nur dann, wenn neben der Übereinstimmung in dem schutzunfähigen Bestandteil einer Marke weitere Gemeinsamkeiten bei der eintragungsbegründenden Abwandlung selbst bestehen, ist eine Verwechslungsgefahr nach den allgemeinen Grundsätzen in Betracht zu ziehen. Hier stimmen "Stixx" und "Sticksi" zwar klanglich in der schutzunfähigen beschreibenden Aussage "Sticks" überein, die Eigenprägung beider Marken, die ihren Markenschutz bewirkte, ist zwar jeweils sehr geringfügig, im Vergleich zueinander jedoch ausreichend deutlich. Das zusätzliche "i" in der Widerspruchsmarke ist weder klanglich noch schriftbildlich mit dem "xx" der jüngeren Marke ähnlich, so dass dies eine Verwechslungsgefahr nicht begründen kann. Dass die klangliche Wiedergabe der jüngeren Marke mit dem Sachbegriff übereinstimmt muss dabei hingenommen werden, denn auch der Schutz der jüngeren Marke beschränkt sich allein auf die nur in der Schreibform bemerkbare Eigenheit des doppelten "x". Damit ist eine Verwechslungsgefahr aus Rechtsgründen zu verneinen.

Aus eben diesen Gründen wäre eine gesteigerte Bekanntheit der älteren Marken nicht beachtlich; diese liegt hier jedoch angesichts des von der Markeninhaberin unwidersprochen vorgetragenen Gesamt - Jahresgesamtumsatzes von Essiggurken in Gläsern in Deutschland von etwa ... Gläsern nicht vor.

Die Beschwerde war somit stattzugeben. Eine Kostenauferlegung war nicht veranlasst (§ 71 Abs 1 MarkenG).

Stoppel Paetzold Schwarz-Angele






BPatG:
Beschluss v. 28.05.2003
Az: 28 W (pat) 133/02


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