Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. April 2000
Aktenzeichen: 30 W (pat) 192/99

(BPatG: Beschluss v. 10.04.2000, Az.: 30 W (pat) 192/99)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 11. Mai 1999 aufgehoben.

Gründe

I.

Zur Eintragung in das Markenregister ist angemeldet die Wortfolge Nets work togetherfür die Waren/Dienstleistungen

"Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Computer-Software; Elektrokabel;

Kabel nicht aus Metall;

Telekommunikation;

Gewerbsmäßige Beratungen (ausgenommen Unternehmensberatung); Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Wartung von Computersoftware".

Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft und des Bestehens eines Freihaltungsbedürfnisses gemäß § 8 Absatz 2 Nr 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen. Begründend ist im wesentlichen ausgeführt, für den angesprochenen Verkehr, der an die Verwendung der englischen Sprache als Fachsprache auf dem Datenverarbeitungssektor gewöhnt sei, erschließe sich ohne weiteres der Sinngehalt, daß die von der Anmelderin angebotenen Waren und Dienstleistungen dazu dienten, Verbindungen zwischen einzelnen Netzwerken herzustellen und ein effektives Zusammenarbeiten dieser Netze zu gewährleisten. Die angemeldete Marke stelle damit lediglich eine sloganartige Beschreibung der angebotenen Produkte und Serviceleistungen dar, die für die Mitbewerber, denen es unbenommen bleiben müsse, ähnliche Waren und Dienstleistungen anzubieten und diese auf werbeübliche Art und Weise anzupreisen, freigehalten werden müsse. Diese schlagwortartig herausgestellte Aussage werde von den den angesprochenen Verkehrskreisen nur als rein beschreibender Hinweis gesehen, so daß die angemeldete Marke auch nicht geeignet sei, als betrieblicher Herkunftshinweis zu dienen.

Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt. Sie hält mit näheren Ausführungen die angemeldete Bezeichnung für schutzfähig, weil ihr weder ein konkreter Aussagegehalt noch ein beschreibender Begriffsinhalt in bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen entnommen werden könne; es handele sich vielmehr um eine phantasievolle Verfremdung des Spruches "Let's work together", die kurz, prägnant und phantasievoll sei.

Die Anmelderin beantragt, den Beschluß der Markenstelle aufzuheben.

Ergänzend wird auf das schriftsätzliche Vorbringen und den Beschluß der Markenstelle Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet, da der Eintragung der angemeldeten Marke die Eintragungshindernisse des § 8 Absatz 2 Nr 1 und 2 MarkenG nicht entgegenstehen.

1. Nach § 8 Absatz 2 Nr 2 MarkenG sind von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr (u.a.) zur Bezeichnung der Beschaffenheit oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren (oder Dienstleistungen) dienen können. Dieses Eintragungshindernis bezieht sich allerdings nicht nur auf die in der genannten Bestimmung ausdrücklich aufgeführten Angaben, sondern auch auf solche, die andere für den Warenverkehr wichtige und für die umworbenen Abnehmerkreise irgendwie bedeutsame Umstände mit konkretem Bezug auf die Ware selbst beschreiben; ein darüber hinausgehendes Eintragungshindernis eines Freihaltungsbedürfnisses an allgemeinen, nicht warenbezogenen und in verschiedenen Warenbereichen einsetzbaren Ausdrücken kann § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG indessen nicht entnommen werden (vgl BGH GRUR 1999, 1093 - FOR YOU).

Hiervon ausgehend kann nicht angenommen werden, daß die Wortfolge "Nets work together" werde von den angesprochenen Verkehrskreisen zum freien beschreibenden Gebrauch benötigt.

Die Annahme der Markenstelle, die Marke enthalte lediglich eine sloganartige Beschreibung in dem Sinn, daß die angebotenen Waren und Dienstleistungen dazu dienten, Verbindungen zwischen einzelnen Netzwerken herzustellen und ein effektives Zusammenarbeiten dieser Netze zu gewährleisten, berücksichtigt nicht hinreichend die Marke in ihrem Wortlaut und in ihrer Gesamtheit.

Der englischsprachigen Anmeldung "Nets work together" bzw deren deutsche Übersetzung ("Netze arbeiten zusammen") fehlt es schon an einer eindeutigen, vom Verkehr erkennbaren beschreibenden Bedeutung. So kann das Wort "Nets" zum einen herkömmliche Netze bezeichnen (Telefon, Funk, Strom), zum anderen aber auch Datenverarbeitungssysteme, die über ein Netz in Verbund stehen. Weiter kommt hinzu, daß mit "work together" ("arbeiten zusammen") keine Eigenschaft von Netzen beschrieben wird; denn Netze werden entweder miteinander verbunden oder sie werden benutzt. Der der Anmeldung entnehmbare Bedeutungsgehalt ist damit eher unscharf. Ein konkreter und unmittelbarer Aussagegehalt mit Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen kann der angemeldeten Marke daher nicht entnommen werden.

Von einem gegenwärtigen oder gar zukünftigen Freihaltebedürfnis an der angemeldeten Bezeichnung kann deshalb nicht ausgegangen werden.

2. Die angemeldete Wortfolge besitzt auch die erforderliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Absatz 2 Nr 1 MarkenG. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft als die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden, ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, dh jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden (stRspr zuletzt BGH MarkenR 2000, 48 - Radio von hier; MarkenR 2000, 50 - Partner with the Best). Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort (Wortfolge) der deutschen Sprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, daß ihr die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (BGH aaO - Partner with the Best; GRUR 1999, 1089 - "YES"; BGH aaO - FOR YOU mwN). Diese Unterscheidungseignung kann der angemeldeten Marke für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht abgesprochen werden, zumal ein konkretes Interesse an der Freihaltung nicht nachgewiesen werden kann und damit keine hohen Anforderungen an die erforderliche Unterscheidungskraft gestellt werden dürfen (BGH GRUR 1993, 136, 137 - NEW MAN), wenngleich beide Eintragungshindernisse eigenständige und nicht zwangsläufig miteinander verknüpfte Tatbestände darstellen (vgl BPatG GRUR 1997, 530, 531 - Rohrreiniger). Die Marke vermittelt aber - wie oben dargelegt - keine ohne weiteres einleuchtende, eindeutige, warenbeschreibende Gesamtaussage, so daß von daher schon die Unterscheidungskraft zu bejahen ist (vgl BGH GRUR 1997, 627, 628 - à la Carte). Zur Unterscheidung nicht geeignet sind zwar auch gebräuchliche Worte oder Wortfolgen der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, die - zB auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (stRspr BGH aaO, Radio von hier; Partner with the Best; FOR YOU; YES). Selbst wenn die Marke in dem Sinn "Netze arbeiten zusammen" von weiten Verkehrsteilen ohne weiteres verstanden wird, so fehlt es doch an ausreichenden Anhaltspunkten dafür, daß der Verkehr, wenn er die Kennzeichnung auf der Ware erblickt, diese nur im Sinn einer schlagwortartigen Aussage über die verschiedenen Möglichkeiten der damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen wertet, nicht aber als Kennzeichnungsmittel verstehen wird, zumal darin eine über das reine Wortverständnis hinausgehende Aussage liegt, die es verbietet, dem Zeichen jegliche Unterscheidungskraft abzusprechen (vgl BGH aaO - FOR YOU).

Der Beschwerde der Anmelderin ist deshalb stattzugeben.

Dr. Buchetmann Schramm Winterbr/Fa






BPatG:
Beschluss v. 10.04.2000
Az: 30 W (pat) 192/99


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