Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. März 2010
Aktenzeichen: 19 W (pat) 316/09
(BPatG: Beschluss v. 17.03.2010, Az.: 19 W (pat) 316/09)
Tenor
Das Patent 103 08 386 wird beschränkt mit folgenden Unterlagen aufrecht erhalten: Patentansprüche 1 bis 7 mit angepasster Beschreibung, Abs. 0001 bis 0017 und 0019 bis 0028, wie überreicht in der mündlichen Verhandlung, 1 Blatt Zeichnung, wie erteilt.
Gründe
I.
Das Deutsche Patentund Markenamt hat für die Anmeldung vom 27. Februar 2003 ein Patent mit der Bezeichnung "Identifikation von modularen Maschinenanbauteilen" erteilt, und die Patenterteilung am 14. Juli 2005 veröffentlicht.
Gegen das Patent hat die A... GmbH + Co. KG mit Schriftsatz vom 14. Oktober 2005, eingegangen per Fax am selben Tag, Einspruch erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, der Gegenstand des Patents sei nicht neu und beruhe nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
Die Einsprechende hat ihren Vortrag zunächst auf folgende Unterlagen gestützt:
D1 DE 44 29 304 C1 D2 DE 102 39 759 A1 (nachveröffentlichte, ältere Druckschrift)
D3 DE 102 04 016 A1 (nachveröffentlichte, ältere Druckschrift)
D4 US 5 536 159 A D5 DE 199 58 790 C2 D6 Best of Automation "INTERBUS & APPLICATONS" stellt Global Players der Industrie vor. In: Interbus applications, Ausgabe 02/1998 D7 DE 33 23 353 C1 D8 Auftragsbestätigung Nr. 013846/01 der Arburg GmbH -Co.
bezüglich der Lieferung der Spritzgießmaschine Nr. 177085 an die Phoenix AG, D9 Rechnung Nr. 15 14474/00 der Arburg GmbH + Co. zum Auftrag gemäß D8 D10 Auszüge aus der Maschinenauftragsverwaltung der Arburg GmbH + Co. zu D8 und D9 einschließlich Schaltplan mit der Sachnummer 183.905, D11 Auszüge aus der Maschinenauftragsverwaltung bezüglich der Maschinennummer 176891 der Arburg GmbH + Co. bezüglich einer Lieferung an die Firma Lancer Orthodontics in San Marcos, USA, D12 Listung der Schaltpläne zu dieser Maschine, D13 zugehörige Schaltpläne hinsichtlich einer SERCOS-Schnittstelle D14 Schaltplan einer Ein-/Ausgangskarte T-ARB 771 Interbus-S, Fernbus mit optischer Einkopplung, D15 "AMKASYN, Drehstromregelantriebe, System KU" als Dokumentation SERCOS interface ¨ Slave von 2002/02 D16 "AMKASYN, Drehstromregelantriebe, Digitale Umrichter, Baureihe KU, KU 0,5, KU 0,7, KU 1,5, KU 2" Gerätebeschreibung von 1998.
Die D8 bis D10 sowie D11 bis D16 waren als Beleg für eine jeweilige offenkundige Vorbenutzung gedacht. Zu den Dokumenten D8 bis D16 hat die Einsprechende Zeugenbeweis durch Herrn Dr. D..., Leiter der Entwicklungsabteilung der Einsprechenden -zu laden über die Einsprechende -angeboten.
Im weiteren Verfahren wurden darüber hinaus u. a. noch folgende Druckschriften von der Einsprechenden und dem Senat eingeführt:
D17 Gebhard Balluff GmbH & Co., 7303 Neuhausen/Filder: Elektronische Identifikations-Systeme BIS, Schreib-/Lesesysteme, Ausgabe 9010 D21 WO 02 / 04186 A1 D22 DE 100 39 093 A1 D23 EP1106557A2 D24 DE4229566A1 D25 DE 100 57 585 A1 D26 WO 02 / 47215 A1 D27 DE 41 14 921 C2.
Die Einsprechende vertritt die Auffassung, dass die im Patentanspruch 1 des Streitpatents genannten "spezifischen Parameter eines Bauteils", die an eine Steuerungseinrichtung übermittelbar sein sollten, nicht über eine Codierung des Bauteiltyps und dessen Erkennung durch die Steuerungseinrichtung hinausgingen. Eine derartige Erkennung sei jedoch gang und gäbe und vielfach aus dem Stand der Technik bekannt.
Auch die Speicherung der Parameter in einer Steckverbindung und zusätzlich die Temperaturkompensation für Thermoelemente in dieser Steckverbindung vorzusehen, ginge nicht über den Stand der Technik der Technik hinaus, wie er aus den Druckschriften WO 02 / 04186 A1 (D21), WO 02 / 47215 A1 (D26) und DE 199 58 790 C2 (D5) bekannt sei. Aus einer Zusammenschau dieser Druckschriften ergebe sich eine Maschine mit den im geltenden Patentanspruch 1 genannten Merkmalen in nahe liegender Weise.
Die Einsprechende beantragt, das Patent 103 08 386 in vollem Umfang zu widerrufen.
Die Patentinhaberin beantragt, das angegriffene Patent beschränkt mit folgenden Unterlagen aufrecht zu erhalten: Patentansprüche 1 bis 7, mit angepasster Beschreibung, Abs. 0001 bis 0017 und 0019 bis 0028, wie überreicht in der mündlichen Verhandlung, 1 Blatt Zeichnung, wie erteilt.
Sie ist der Überzeugung, bauteilspezifische Parameter, die direkt am Bauteil einer kunststoffverarbeitenden Maschine gespeichert seien und erst im Zusammenhang mit der Inbetriebnahme des Bauteils an die Steuerungseinrichtung übermittelt würden, seien ohne Vorbild aus dem Stand der Technik.
Bislang seien nämlich die Parameter im Steuerungsprogramm selbst oder in einer zentralen Speichereinrichtung hinterlegt gewesen. Durch den am Bauteil angebrachten Code sei der Steuerungseinrichtung lediglich bekannt gemacht worden, um welches Bauteil es sich handele, spezifische Informationen über das Bauteil seien jedoch nicht übermittelt worden.
Durch die Erfindung sei es möglich geworden, das zentrale Steuerprogramm stets unverändert beizubehalten und die erforderlichen Änderungen und Anpassungen ausschließlich auf der Bauteilseite vorzunehmen.
Dazu komme, dass es zumindest für kunststoffverarbeitende Maschinen bislang nicht bekannt gewesen sei, irgendwelche Speichereinrichtungen in einer Steckverbindung und außerdem auch noch die erforderliche Temperaturkompensation der Thermoelemente in der gleichen Steckverbindung vorzusehen.
Daher sei die kunststoffverarbeitenden Maschine gemäß Patentanspruch 1 nicht nur neu sondern beruhe auch auf erfinderischer Tätigkeit.
Der geltende, in der mündlichen Verhandlung überreichte Patentanspruch 1 lautet:
"Kunststoffverarbeitende Maschine, insbesondere Spritzgießmaschine oder Extruder, mit -zumindest einem durch spezifische Parameter gekennzeichneten Bauteil zur Durchführung eines Arbeitsoder Verfahrensschrittes -einer Steuerungseinrichtung (10), die mit dem zumindest einen Bauteil verbunden und zur Steuerung des zumindest einen Bauteils ausgebildet ist, wobei die bauteilspezifischen Parameter in der Steuerungseinrichtung (10) zur Steuerung des Bauteils verwendbar sind, wobei für das Bauteil eine separate Speichereinrichtung vorgesehen ist, welche die bauteilspezifischen Parameter in der Speichereinrichtung des Bauteils speichert, dadurch gekennzeichnet, dass -vor oder bei Inbetriebnahme des Bauteils bauteilspezifische Parameter an die Steuerungseinrichtung (10) zum Einfügen als Parameter in ein Steuerungsprogramm übermittelbar sind,
-am Bauteil eine Steckverbindung (2) vorgesehen ist, über die das Bauteil mit der Steuerungseinrichtung (10) verbindbar ist und in die die Speichereinrichtung integriert ist,
-die Steckverbindung (2) einen Steckkontakt (4) und einen Stecker (5) umfasst, wobei der Steckkontakt (4) die Speichereinrichtung enthält und am Bauteil angebracht ist,
-die Signale Messwerte von an dem Bauteil angebrachten Sensoren (8) und Steuersignale von der Steuerungseinrichtung an Aktuatoren (9) des Bauteils umfassen,
-die Sensoren Thermoelemente (12) umfassen, und -eine Temperaturkompensation für die Thermoelemente (12) direkt am Steckkontakt (4) vorgesehen ist."
Als Aufgabe liegt dem geltenden Patentanspruch 1 zugrunde, eine Möglichkeit zu schaffen, vielfältige Bauteile in spezifischer Konfiguration, insbesondere Plastifizierund Einspritzeinheiten mit verschiedenartigen Schnecken-Zylinder-Konfigurationen, in kunststoffverarbeitenden Maschinen bei geringem Programmanpassungsaufwand einsetzbar zu machen, wobei eine möglichst konfigurationsunabhängige globale Steuerungssoftware verwendet und die Temperaturkompensation der in der Maschine eingesetzten Thermoelemente verdrahtungstechnisch vereinfacht ist (Absatz [0009] der geltenden Unterlagen).
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die gemäß § 147 Abs. 3 Nr. 1 PatG a. F. begründete Zuständigkeit des Bundespatentgerichts für die Entscheidung über den am 14. Oktober 2005 eingelegten Einspruch besteht auch nach Aufhebung dieser Bestimmung zum 1. Juli 2006 (vgl. Art. 1 Nr. 17. u. Art. 8 des Gesetzes z. Änd. d. patentrechtl. Einspruchsverfahrensu. d. PatKostG v. 21. Juni 2006; BlPMZ 2006, 225, 226, 228) nach dem allgemeinen verfahrensrechtlichen Grundsatz der "perpetuatio fori" fort (vgl. u. a. BGH GRUR 2009, 184, 185 (Nr. 5) -Ventilsteuerung).
1.
Der Einspruch ist zulässig, er hat jedoch keinen über die erfolgte beschränkte Aufrechterhaltung hinausgehenden Erfolg.
2.
Der geltende Patentanspruch 1 ist in seinem Wortlaut aus den ursprünglichen und unverändert erteilten Patentansprüchen 1, 3, 4, 7, 8 sowie 9 hervorgegangen, somit geht er nicht über den Inhalt der Anmeldung in der Fassung hinaus, in der sie beim Deutschen Patentund Markenamt als der für die Einreichung der Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereicht worden ist (§ 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG).
Obwohl der von der Prüfungsstelle für Klasse B29C des Deutschen Patentund Markenamtes erteilte Patentanspruch 7 einen Rückbezug auf den Patentanspruch enthielt, der mit der geltenden Fassung des Patentanspruchs 1 entfallen ist, liegt keine Erweiterung des Schutzbereichs vor (§ 22 Abs. 1 HS 2 PatG), da der damals erteilte Patentanspruch 1 keine konkreten Merkmale über Aufbau und Struktur des Datenaustausches zwischen Steuerungseinrichtung und den Bauteilen der Maschine umfasste. Daher waren von dessen Schutzumfang nicht nur die im vormaligen Patentanspruch 5 genannte Busankopplung umfasst, sondern auch jede andere Art der Datenübertragung.
3.
Der Patentanspruch 1 unterliegt folgendem Verständnis des Fachmanns, der hier nach Überzeugung des Senats als Dipl.-Ing. (FH) der Elektrotechnik mit langjähriger Erfahrung im Bereich der nummerischen Steuerung von Fertigungsanlagen im Industriebereich anzunehmen ist.
Von der als Steckkontakt (4) bezeichneten Steckbuchse ist als Gegenstück zu dem Stecker (5) außer den stromführenden Kontaktteilen auch ein elektrisch isolierendes Gehäuse, das die Kontaktteile mechanisch haltend umgibt, sowie weitere in diesem Gehäuse eingebaute Funktionsbaugruppen umfasst.
Bei der Angabe im geltenden Patentanspruch 1 "dass eine Temperaturkompensation für die Thermoelemente direkt am Steckkontakt vorgesehen ist" liest der Fachmann mit, dass bei der Temperaturmessung mittels Thermoelementen ein Temperaturbezugspunkt an einer Vergleichsstelle -hier am Steckkontakt -gebildet werden muss. Bei der Bestimmung der tatsächlichen Temperatur am Messort aus der Spannung des Thermoelements durch Messung an der Vergleichsstelle wird berücksichtigt, dass die Temperatur an der Vergleichsstelle nicht konstant ist, sondern sich ebenfalls verändert. Diese Temperaturänderung am Steckkontakt, dessen Temperatur als Vergleichstemperatur für das Thermoelement dient, wird also kompensiert.
Mit dem Merkmal, dass "die Signale Messwerte von an dem Bauteil angebrachten Sensoren (8) und Steuersignale von der Steuerungseinrichtung an Aktuatoren (9) des Bauteils umfassen", ist gemeint, dass zwischen der Steuereinrichtung und dem Bauteil mittels elektrischer Datenübertragung, außer der Übermittlung der bauteilspezifischen Parameter im Rahmen der Inbetriebnahme des Bauteils, Signale (= Informationen) übertragen werden, die unter anderem Messwerte und Steuerbefehle sein können.
4. Eine kunststoffverarbeitenden Maschinen des so verstandenen Patentanspruchs 1 geht nach Erkenntnis des Senats über den im Verfahren zu berücksichtigenden Stand der Technik hinaus und ist somit neu (§ 3 PatG).
Aus der WO 02/04186 A1 (D21) ist bekannt, eine Kunststoffverarbeitende Maschine, insbesondere Spritzgießmaschine oder Extruder (Seite 1, Zeilen 4, 5), mit -zumindest einem durch spezifische Parameter gekennzeichneten Bauteil (Seite 1, Zeilen 5 bis 7: Spritzgießform, meist kurz "Form" 20, 21 genannt) zur Durchführung eines Arbeitsoder Verfahrensschrittes (Spritzgießen)
-einer Steuerungseinrichtung (Seite 3, Zeilen 20 bis 22: Die Spritzgießmaschine kann sich nur an die Form 20, 21 anpassen, wenn sie über eine intelligente Steuerung verfügt), die mit dem zumindest einen Bauteil 20, 21 verbunden und zur Steuerung des zumindest einen Bauteils 20, 21 ausgebildet ist (Figur 2, in Verbindung mit Brückenabsatz Seite 7/8: Die Seitenteile 20.1, 20.2 werden durch die Steuerung der Maschine relativ zum Mittelteil 20.3 verschoben), wobei die bauteilspezifischen Parameter in der Steuerungseinrichtung zur Steuerung des Bauteils verwendbar sind (Brückenabsatz Seite 2/3)
wobei -für das Bauteil eine separate Speichereinrichtung (Mittel zur Speicherung von Information 25) vorgesehen ist, welche die bauteilspezifischen Parameter in der Speichereinrichtung des Bauteils speichert (Seite 8, Zeilen 24 bis 26), und -wobei die bauteilspezifischen Parameter vor oder bei Inbetriebnahme des Bauteils bauteilspezifische Parameter an die Steuerungseinrichtung zum Einfügen als Parameter in ein Steuerungsprogramm übermittelbar sind (Seite 5, Zeilen 10 bis 11).
Der WO 02/04186 A1 ist aber nicht zu entnehmen, dass die dort als Speichereinrichtung genannten Chips oder Kodierstecker in einer Steckverbindung integriert wären, die die Spritzgießform mit der Steuerungseinrichtung verbände.
Auch Ausführungen über die Art der Temperaturerfassung und die Übertragung der entsprechenden Daten an die Steuereinrichtung sind dieser Druckschrift nicht zu entnehmen.
Aus der WO 02/47215 A1 (D26) ist bekannt: eine Anlage mit -zumindest einem durch spezifische Parameter (Seite 2, Zeilen 15 bis 18) gekennzeichneten Bauteil ("Gerät" Seite 2, Zeilen 25 bis 30) zur Durchführung eines Arbeitsoder Verfahrensschrittes (Seite 2, Zeile 18: Die Existenz von Aktoren impliziert, dass Arbeitsschritte durchgeführt werden.)
-einer Steuerungseinrichtung ("Steueroder Regelgerät"), die mit dem zumindest einen Bauteil verbunden und zur Steuerung des zumindest einen Bauteils ausgebildet ist, wobei die bauteilspezifischen Parameter in der Steuerungseinrichtung zur Steuerung des Bauteils verwendbar sind (siehe Patentanspruch 1: das Bauteil ist mit einem Steuergerät verbunden), wobei für das Bauteil eine separate Speichereinrichtung vorgesehen ist, welche die bauteilspezifischen Parameter in der Speichereinrichtung des Bauteils speichert (Patentanspruch 2), wobei -vor oder bei Inbetriebnahme des Bauteils bauteilspezifische Parameter an die Steuerungseinrichtung zum Einfügen als Parameter in ein Steuerungsprogramm übermittelbar sind (Seite 1, Zeilen 26 bis 28),
-am Bauteil eine Steckverbindung vorgesehen ist, über die das Bauteil mit der Steuerungseinrichtung verbindbar ist und in die die Speichereinrichtung integriert ist (Patentanspruch 5),
-die Steckverbindung einen Steckkontakt und einen Stecker umfasst, wobei der Steckkontakt die Speichereinrichtung 18 enthält und am Bauteil angebracht ist (Seite 4, Absätze 1 bis 3),
-die Signale Messwerte von an dem Bauteil angebrachten Sensoren (Seite 2, Zeilen 15 bis 16) und Steuersignale von der Steuerungseinrichtung an Aktuatoren (Seite 2, Zeilen 17 bis 18) des Bauteils umfassen.
Anders als im Patentanspruch 1 angegeben sind in der WO 02/47215 A1 keine kunststoffverarbeitende Maschinen als Anwendungsbereich genannt sondern Geräte der Medizintechnik und es ist keine spezielle Temperaturkompensation für die Thermoelemente genannt sondern lediglich "Kalibrierparameter für den Betrieb der Sensoren" (Seite 2, Zeile 16).
Aus der DE 199 58 790 C2 (D5) ist Folgendes bekannt, einekunststoffverarbeitende Maschine 1, insbesondere Spritzgießmaschine oder Extruder (Abs. 0001) mit zumindest einem durch spezifische Parameter gekennzeichneten Bauteil zur Durchführung eines Arbeitsoder Verfahrensschrittes (Spalte 3, Zeile 65 bis Spalte 4, Zeile 16) mit -einer Steuerungseinrichtung 7, diemit dem zumindest einen Bauteil verbunden und zur Steuerung des zumindest einen Bauteils ausgebildet ist, wobei die bauteilspezifischen Parameter in der Steuerungseinrichtung 7 zur Steuerung des Bauteils verwendbar sind, wobei -am Bauteil eine Steckverbindung 3 vorgesehen ist, über die das Bauteil mit der Steuerungseinrichtung 7 verbindbar ist,
-die Steckverbindung 3 einen Steckkontakt und einen Stecker umfasst,
-die Signale Messwerte von an dem Bauteil angebrachten Sensoren Th1 .. Th8 und Steuersignale von der Steuerungseinrichtung an Aktuatoren H1 .. H8 des Bauteils umfassen, und -die Sensoren Thermoelemente umfassen.
Nicht bekannt ist aus der DE 199 58 790 C2:
-dass für das Bauteil eine separate Speichereinrichtung vorgesehen ist, welche die bauteilspezifischen Parameter in der Speichereinrichtung des Bauteils speichert, demzufolge auch nicht, dass -ein Steckkontakt die Speichereinrichtung enthält und am Bauteil angebracht ist. Vielmehr ist gemäß dieser Druckschrift eine Elektronikeinheit 4, die aber ohnehin keine Speichereinrichtung für bauteilspezifische Parameter umfasst, im Stecker integriert, der nicht mit der Maschine, bzw. deren Bauteil verbunden ist, sondern mit der Verbindungsleitung 5.
-Auch über eine Übermittlung von bauteilspezifischen Parametern vor oder bei Inbetriebnahme des Bauteils an die Steuerungseinrichtung ist der DE 199 58 790 C2 nichts zu entnehmen.
-Eine Temperaturkompensation für die Thermoelemente als solche ist zwar in Übereinstimmung mit der Lehre der Streitpatentschrift direkt an der Steckverbindung ausgebildet, jedoch nicht am bauteilseitigen Steckkontakt, sondern im leitungsseitigen Stecker (Abs. 0014).
Die weiteren im Verfahren genannten Unterlagen liegen noch weiter vom Gegenstand des Streitpatents ab und wurden im Übrigen weder von der Einsprechenden noch vom Senat in der mündlichen Verhandlung aufgegriffen, so dass die Neuheit des Gegenstands des geltenden Patentanspruchs 1 sowohl gegenüber den oben im Einzelnen dargelegten Druckschriften als auch gegenüber den nicht abgehandelten, gegeben ist.
5. Die kunststoffverarbeitende Maschine gemäß geltendem Patentanspruch 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 4 PatG).
Der der Erfindung nächstkommende Stand der Technik ist nach Überzeugung des Senats aus der WO 02/04186 A1 (D21) bekannt, nämlich eine Kunststoffverarbeitende Maschine (Seite 1, Zeile 4), insbesondere Spritzgießmaschine (Seite 1, Zeile 5), mit -zumindest einem durch spezifische Parameter gekennzeichneten Bauteil (Seite 1, Zeilen 5 bis 7: Spritzgießform, meist kurz "Form" 20, 21 genannt) zur Durchführung eines Arbeitsoder Verfahrensschrittes (Spritzgießen)
-einer Steuerungseinrichtung (Seite 3, Zeilen 20 bis 22: Die Spritzgießmaschinen kann sich nur an die Form 20, 21 anpassen, wenn sie über eine intelligente Steuerung verfügt), die mit dem zumindest einen Bauteil 20, 21 verbunden und zur Steuerung des zumindest einen Bauteils 20, 21 ausgebildet ist (Figur 2, in Verbindung mit Brückenabsatz Seite 7/8: Die Seitenteile 20.1, 20.2 werden durch die Steuerung der Maschine relativ zum Mittelteil 20.3 verschoben), wobei die bauteilspezifischen Parameter in der Steuerungseinrichtung zur Steuerung des Bauteils verwendbar sind (Brückenabsatz Seite 2/3)
wobei -für das Bauteil eine separate Speichereinrichtung (Mittel zur Speicherung von Information 25) vorgesehen ist, welche die bauteilspezifischen Parameter in der Speichereinrichtung des Bauteils speichert (Seite 8, Zeilen 24 bis 26), und -wobei die bauteilspezifischen Parameter vor oder bei Inbetriebnahme des Bauteils bauteilspezifische Parameter an die Steuerungseinrichtung zum Einfügen als Parameter in ein Steuerungsprogramm übermittelbar sind (Seite 5, Zeilen 10 bis 11).
Der WO 02/47215 A1 ist zwar außer dem gleichen Grundprinzip, dass und wie bauteilspezifische Parameter von Bauteilen an eine Steuereinrichtung übermittelt werden -wenn auch auf einem anderen Technologiesektor -noch bekannt: dass -am Bauteil eine Steckverbindung vorgesehen ist, über die das Bauteil mit der Steuerungseinrichtung verbindbar ist und in die die Speichereinrichtung integriert ist (Patentanspruch 5),
-die Steckverbindung einen Steckkontakt und einen Stecker umfasst, wobei der Steckkontakt die Speichereinrichtung 18 enthält und am Bauteil angebracht ist (Seite 4, Absätze 1 bis 3),
-die Signale Messwerte von an dem Bauteil angebrachten Sensoren (Seite 2, Zeilen 15 bis 16) und Steuersignale von der Steuerungseinrichtung an Aktuatoren (Seite 2, Zeilen 17 bis 18) des Bauteils umfassen.
Aber selbst wenn man unterstellt, dass der Fachmann ausgehend von der WO 02/4186 A1 Kenntnisse aus dem Bereich der Medizintechnik hat und die Analogie an die Anforderungen der jeweiligen Steuerprogramme erkennt und in Folge dessen die Speichervorrichtung für die bauteilspezifischen Parameter in einen am Bauteil angebrachten Steckverbinderteil integriert, bliebe bei einer Zusammenschau dieser beiden Druckschriften gegenüber dem Streitpatent noch offen, wo und wie die Verarbeitung der Messsignale der Temperatursensoren erfolgt, da auch der WO 02/47215 A1 hierzu lediglich zu entnehmen ist, dass in der Speichereinrichtung "Parameter für den Betrieb der Sensoren, z. B. "Kalibrierparameter" (Seite 2, Zeile 18) abgelegt sind. Daraus zu schließen, dabei handele sich auch um die im geltenden Patentanspruch 1 genannte Temperaturkompensation für die Thermoelemente, wäre nur rückschauend in Kenntnis der Erfindung möglich.
Einzelheiten zur Temperaturmessung mittels Thermoelementen bei kunststoffverarbeitenden Maschinen und der dabei erforderlichen Kompensation an der Vergleichsstelle sind lediglich der DE 199 58 790 C2 zu entnehmen. Demnach ist zwar vorgesehen, die Vergleichstelle für die Temperaturmessung und die Temperaturkompensation in der Steckverbindung anzuordnen (Spalte 3, Zeilen 16 bis 28), jedoch nicht wie im Patentanspruch 1 angegeben am bauteilseitigen Steckverbindungsteil sondern am bauteilabgewandten. In der DE 199 58 790 C2 ist außerdem keinerlei Hinweis auf eine Übermittlung von bauteilspezifischen Parametern vor oder bei Inbetriebnahme eines Bauteils einer Maschine an eine Steuerungseinrichtung zu finden.
Auch ausgehend von der letztgenannten DE 199 58 790 C2 müsste der Fachmann erfinderisch tätig werden, um zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 zu gelangen, da er nicht nur die Vergleichstelle für die Temperaturmessung und die Temperaturkompensation in der Steckverbindung entgegen der Lehre dieser Druckschrift von der bauteilabgewandten Seite auf die bauteilseitige verlegen müsste, sondern darüber hinaus auch noch die Anregung aus der WO 02/04186 A1 aufzugreifen hätte, die für die Steuerung des Bauteils erforderlichen Parameter nicht wie bislang üblich zentral in der Steuerungseinrichtung, sondern zusammen mit den Komponenten für die Temperaturmessung im selben Steckverbindungsteil zu speichern. Hierfür gab es nicht nur kein Vorbild aus dem Stand der Technik, vielmehr musste der Fachmann auch noch das Vorurteil überwinden, dass es nachteilig ist, die Vergleichstelle für die Temperaturmessung mit weiteren Bauelementen in einer Baueinheit anzuordnen, die potentielle Wärmequellen darstellen, wie dies auch bei den hier in Rede stehenden Speichereinrichtungen der Fall ist.
Somit müsste der Fachmann, selbst wenn er den Inhalt der drei Druckschriften WO 02/04186 A1, WO 02/472215 A1 und DE 199 58 790 C2 kennt, aus diesem Teillehren zusammentragen, um zu einer kunststoffverarbeitenden Maschine zu gelangen, wie sie im geltenden Patentanspruch 1 angegeben ist.
Zu einer derartigen Zusammenschau gibt aber keine der drei Druckschriften Anlass und auch darüber hinaus ist keine Problemstellung zu erkennen, die den Fachmann veranlassen könnte, zu der erfindungsgemäßen Lösung zu gelangen.
Auch den weiteren im Verlauf des Verfahrens genannten Druckschriften ist kein Hinweis in Richtung auf die Erfindung zu entnehmen, so dass sich eine Darlegung dieser Druckschriften erübrigt.
Somit ergibt sich der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nicht in nahe liegender Weise aus dem Stand der Technik, sondern beruht auf einer erfinderischer Tätigkeit.
6. Die auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 7 betreffen vorteilhafte Ausgestaltungen der kunststoffverarbeitende Maschine gemäß Patentanspruch 1 und genügen daher, wie auch die überarbeiteten übrigen Unterlagen, den an sie zu stellenden Erfordernissen.
Somit war das Patent, wie von der Patentinhaberin beantragt, in beschränktem Umfang aufrecht zu erhalten.
Bertl Kirschneck Dr. Scholz J. Müller Pü
BPatG:
Beschluss v. 17.03.2010
Az: 19 W (pat) 316/09
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