Landgericht Hannover:
Urteil vom 3. Dezember 2009
Aktenzeichen: 23 O 123/09

(LG Hannover: Urteil v. 03.12.2009, Az.: 23 O 123/09)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden wie folgt verteilt:

Die Klägerin zu 1. trägt ihre eigenen außergerichtlichen Kosten sowie 14/126 der Gerichtskosten, der außergerichtlichen Kosten der Beklagten und der außergerichtlichen Kosten der Nebenintervenientin zu 2..

Die vormaligen Kläger zu 2. bis 4. tragen jeweils ihre außergerichtlichen Kosten sowie jeweils 7/126 der Gerichtskosten, der außergerichtlichen Kosten der Beklagten und der außergerichtlichen Kosten der Nebenintervenientin zu 2..

Die Kläger zu 5. bis 11. tragen jeweils ihre außergerichtlichen Kosten sowie jeweils 13/126 der Gerichtskosten, der außergerichtlichen Kosten der Beklagten und der außergerichtlichen Kosten der Nebenintervenientin zu 2..

Die Nebenintervenientin zu 1. trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert wird für die Anfechtung des Tagesordnungspunktes 6. auf 30.000 € und für die Anfechtung der Tagesordnungspunkte 7. und 8. auf jeweils 300.000 €, insgesamt für das Verfahren auf 630.000 € festgesetzt.

Tatbestand

Streitgegenstand des vorliegenden, aus zwei gesonderten Verfahren verbundenen Rechtsstreits sind Beschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten am 23. April 2009 zu drei Tagesordnungspunkten (6 bis 8). Die Beschlüsse betreffen Kapitalmaßnahmen zur Unternehmensfinanzierung. Soweit die Kläger zu 5. bis 11. mit ihrer Klageschrift vom 25. Mai 2009 (dort unter 1. mit Hilfsantrag) auch Beschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten zu einem anderen Tagesordnungspunkt (TOP 5 - Aufsichtsratswahlen) angefochten haben, wurde dieser Teil des Streitgegenstands durch Beschluss der Kammer vom 15. Juli 2009 vom vorliegenden Verfahren abgetrennt (Band II, Blatt 65 f d.A.; Rubrumsberichtigung: Beschluss vom 22.07.2009, Band II, Blatt 72 f d.A.). Das weitere Anfechtungsbegehren ist jetzt Gegenstand des Rechtsstreits 23 O 124/09.

Unter den Tagesordnungspunkten 6 bis 8 hat die Hauptversammlung der Beklagten am 23. April 2009, in jedem Fall mit Abstimmungsmehrheiten von mehr als 75 %, jeweils mehrere sachlich zu unterscheidende Entscheidungen getroffen.

Gegenstand der - drei - Beschlussfassungen zum Tagesordnungspunkt 6 waren die Aufhebung bedingter Kapitalerhöhungsmaßnahmen, die in den Absätzen 2 und 4 von § 4 der Satzung der Beklagten in der bis zum 23. April 2009 geltenden Fassung enthalten waren. Die dort vorbehaltenen bedingten Erhöhungen des Grundkapitals der Beklagten waren verbunden mit zwei Aktienoptionsplänen der Beklagten (1999 und 2004) und mit Wandlungsrechten einer Wandelanleihe (2004/2011), die eine Tochtergesellschaft der Beklagten, die €.., Amsterdam, ausgegeben und für die die Beklagte zur Erfüllung von Bezugsrechten eigenes, neu zu schaffendes Grundkapital bereitgestellt hatte.

Die Beklagte hat insoweit unwidersprochen vorgetragen, dass Bezugsrechte aus dem Aktienoptionsplan 1999 nicht mehr bestünden und aus dem Aktienoptionsplan 2004 jetzt noch bestehende Bezugsrechte im Rahmen des nach § 4 Abs. 6 der Satzung bestehenden und bestehen bleibenden bedingten Kapitals erfüllbar seien. Neue Bezugsrechte aus dem Aktienoptionsplan 2004 würden nicht mehr begründet werden. Bezugsrechte aus der Wandelanleihe 2004/2011 ihrer Tochtergesellschaft seien inzwischen ausgeübt. Der Rest der Anleihe sei abgelöst, so dass insoweit keine weiteren Wandlungsrechte mehr bestünden.

Auch der Inhalt der Beschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten zum Tagesordnungspunkt 7 enthält mehrere sachlich unterscheidbare Entschließungen:

Im einzelnen handelt es sich um die für einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren nur mit Zustimmung des Aufsichtsrats ausübbare Ermächtigung des Vorstands der Beklagten zur Schaffung eines weiteren genehmigten Kapitals für die Beklagte und zwar für eine Erhöhung des Grundkapitals um bis zu 66.000.000 € durch Ausgabe von bis zu 25.781.250 Inhaber-Stückaktien mit Bezugsrechten für die Anteilseigner.

Nur für eine Teilmenge des danach erhöhbaren Grundkapitals der Beklagten hat die Hauptversammlung zugleich den Vorstand der Beklagten, nur bei Zustimmung des Aufsichtsrats, zum Ausschluss der Bezugsrechte der zum Erhöhungszeitpunkt bereits vorhandenen Aktionäre ermächtigt. Die Teilmenge der insoweit betroffenen, vom Bezugsrecht ausschließbaren neuen Aktien ist auf 10 % des Grundkapitals der Beklagten beschränkt, wobei sich die Menge dieses bezugsrechtslosen Aktienanteils dadurch verringert, dass ab dem 23. April 2009 aus schon bestehenden anderen und weiteren Kapitalmaßnahmen bereits bezugsrechtslose Aktien ausgegeben worden sind.

Soweit danach neue Aktien ohne Bezugsrecht ausgegeben werden können, kann dies nur gegen Bareinlagen oder im Wege der Sacheinlage sowie zum Ausgleich von etwaigen Spitzenbeträgen oder zur Erfüllung von Bezugsrechten aus Options- und Wandlungsverpflichtungen erfolgen. Bei der Ausgabe neuer Aktien gegen Bareinlage darf der festzulegende Ausgabepreis den Börsenpreis der bereits börsenorientierten Aktien nicht wesentlich unterschreiten. Erfolgt der Ausschluss der Bezugsrechte im Falle einer Kapitalerhöhung gegen Sacheinlagen, hat der Vorstand vor der Festlegung der Ausgabebedingungen die Zustimmung des Aufsichtsrates einzuholen.

Insoweit soll die so beschlossene Ermächtigung zur Schaffung genehmigten Kapitals mit teilweisem Bezugsrechtsrechtsausschluss als neuer Absatz 2 in den § 4 der Satzung der Beklagten eingefügt werden.

Noch inhalts- und detailreicher ist die Beschlussfassung der Hauptversammlung der Beklagten zum Tagesordnungspunkt 8:

Die Beschlussfassung vereinigt neben eher formellen Inhalten (zur Einfügung in die Satzung der Beklagten und zur Information über das Wirksamwerden der Beschlussfassung) im Grundsatz zwei strukturell unterscheidbare Beschlussgegenstände und zwar jeweils in der Form von bloßen - fünf Jahre wirksamen - Vorbehaltsbeschlüssen, also der Ermächtigung des Vorstands zur rechtsverbindlichen, im Außenverhältnis der Gesellschaft wirksam werdenden Vollziehung der Ermächtigungsbefugnisse, für die der Vorstand jeweils der Zustimmung des Aufsichtsrates bedarf.

Die strukturell unterschiedlichen Teilbeschlussgegenstände der Ermächtigung sind zum einen die Unternehmensfinanzierung durch die Aufnahme von Unternehmensanleihen (Wandel- und Optionsanleihen; Gewinnschuldverschreibungen sowie Genussrechte). Der Gesamtbetrag, der auf diese Weise aufzunehmenden Finanzmittel beträgt bis zu 850.000.000 Euro, die zu einer Erhöhung des Grundkapitals der Beklagten um bis zu 43.500.000 € führen dürfen.

Die Unternehmensfinanzierungsmittel müssen nach dem Beschluss der Hauptversammlung, wenn von ihnen Gebrauch gemacht wird, im Ausgangspunkt mit Bezugsrechten der Anteilsinhaber der Beklagten ausgegeben werden.

Die Ermächtigung des Vorstands der Beklagten enthält aber zugleich auch die Befugnis, für eine Teilmenge der auf diese Weise begründbaren Rechte zur Beteiligung an einem neuen erhöhten Grundkapitals der Beklagten, die Bezugsrechte der bisherigen Anteilsinhaber der Beklagten auszuschließen. Diese ergänzende Befugnis reicht jedoch nur solange und soweit das bezugsrechtslos erhöhbare Grundkapital höchstens 10 % des Grundkapitals zum Zeitpunkt der Ermächtigungsausübung nicht überschreitet, wobei nach dem 23. April 2009 umgesetzte Grundkapitalerhöhungen aus anderen Kapitalerhöhungsmaßnahmen bei der Beklagten mit Bezugsrechtsausschluss quotenmindernd anzurechnen sind.

Der Kapitalmaßnahmebeschluss der Hauptversammlung der Beklagten bestimmt daneben das Umtauschverhältnis zwischen dem Nennbetrag der Unternehmensfinanzierungsmittel und der Anzahl der darauf jeweils entfallenden Anteilsrechte am neuen Grundkapital der Beklagten. Dies geschieht in der Weise, dass das Verhältnis als Ergebnis einer Bruchteilsrechnung zu bestimmen ist, deren einer Faktor der Wandlungspreis der ausgebbaren Wandlungsrechte darstellt, der wiederum durch die nach finanzmathematischen Methoden ermittelten volumengewichteten Durchschnittskurse der Aktien der Beklagten zu bestimmten Stichtagen mit einem festgelegten Vervielfältigungsfaktor errechnet werden soll.

Soweit die Bezugsrechte aus den Unternehmensfinanzierungsmaßnahmen für die bisherigen Inhaber von Anteilsrechten zum Zeitpunkt der Umsetzung der Kapitalmaßnahme durch den Vorstand der Beklagten ausgeschlossen werden, darf

"€ der Ausgabepreis den nach anerkannten finanzmathematischen Methoden ermittelten theoretischen Marktwert der Schuldverschreibungen mit Wandlungs- und/oder Optionsrecht bzw. Wandlungspflicht nicht wesentlich unterschreitet(n). Zur Ermittlung des theoretischen Marktwerts wird die Gesellschaft die Stellungnahme einer erfahrenen Investmentbank oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaft einholen. €"

Der zweite strukturell zu unterscheidende Teil des Beschlusses der Hauptversammlung der Beklagten zum Tagesordnungspunkt 8 betrifft die Schaffung eines weiteren, als Absatz 8 von § 4 der Satzung der Beklagten einzufügendes bedingtes Kapital für die Begründung von Bezugsrechten aus Unternehmensfinanzierungsmaßnahmen nach dem voranstehenden ersten Teil der Beschlussfassung zum Tagesordnungspunkt 8 und zwar für eine Grundkapitalerhöhung um bis zu 43.500.000 € durch Ausgabe von bis zu 16.992.187 neuen Inhaber-Stückaktien der Beklagten.

Die Kläger zu 1. und 5. bis 11. greifen die Beschlussfassung der Beklagten zu allen genannten Tagesordnungspunkten wegen der Verletzung ihrer Informationsrechte auf der Grundlage der vom Aktionär €€ aus Geldern in der Hauptversammlung der Beklagten gestellten Fragen an. Die Fragen seien vom Vorstand der Beklagten unzureichend und ausweichend beantwortet worden.

Die Kläger zu 5. bis 11. beanstanden darüber hinaus die nicht verwirklichte Ankündigung des Vorstands der Beklagten, innerhalb von 100 Tagen nach der Hauptversammlung ein Gesamtkonzept für die Zukunft der Beklagten, insbesondere mit Blick auf ihr Verhältnis zu ihrer Großaktionärin, der €€-Gruppe, vorzulegen. Der Vorstand habe über seine bereits am 23. April 2009 vorhandenen alternativen Überlegungen zu diesem Gesamtkonzept nicht hinreichend informiert.

Wegen des weiteren Sachvortrags der Kläger wird auf den materiellen Teil des Schriftsatzes der Klägerin zu 1. vom 20. Mai 2009 (Seiten 36 - 43; Band I Blatt 37 - 44 d.A.) und vom 9. November 2009 (Band III Blatt 142 f d.A.), der Kläger zu 5. bis 11. vom 25. Mai 2009 (Seiten 6 - 9; Band II Blatt 6 - 9 d.A.) und 10. November 2009 (Seiten 1 - 5; Band III Blatt 144 - 148 d.A.) sowie auf die Seite 22 der Niederschrift über die Hauptversammlung der Beklagten am 23. April 2009 (Anlage B1) und die stenographischen Transskripte der Fragen und Antworten zu den Fragen 140 und 157 (Anlagen B4 und B5) Bezug genommen.

Die Nebenintervenientin zu 1. hält die Beschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten vom 23. April 2009 wegen unzureichender Beachtung der Einladungsfrist nach § 123 Abs. 1 AktG für nichtig. Zwischen dem Tag, bis zu dem die Anmeldung der Aktionäre zur Hauptversammlung erfolgen musste (16.04.2009) und dem Tag der Einberufung zu der Hauptversammlung (17.03.2009) läge kein Zeitraum von 30 Tagen, sondern nur ein solcher von 29 Tagen.

Diesen Anfechtungsgrund hat sich die Klägerin zu 1. erstmals im Schriftsatz vom 9. November 2009 zu eigen gemacht.

Die Kläger zu 2. bis 4., die sich zunächst durch den Prozessbevollmächtigten der Klägerin zu 1. haben vertreten und Klage erheben lassen, haben im Verlauf des Rechtsstreits, dies allerdings erst nach ausdrücklichem Hinweis des Gerichts auf die §§ 78 Abs. 1 Satz 1, 80, 87, 172 Abs. 1 Satz 1 ZPO, durch legitimierte andere Rechtsanwälte vertreten lassen und sodann ihre Klagen zurückgenommen. Insoweit wird auf die Schriftsätze vom 17. September und 6. Oktober 2009 (Band III Blatt 92, 115 d.A.), 18. September und 1. Oktober 2009 (Band III Blatt 96, 114 d.A.) und 24. August und 14. September 2009 (Band III Blatt 81, 91 d.A.) Bezug genommen.

Die Kläger zu 1. und 5. bis 11. beantragen,

die Beschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten am 23. April 2009 zu den Tagesordnungspunkten 7 und 8 für nichtig zu erklären,

hilfsweise

die Nichtigkeit der genannten Beschlüsse festzustellen.

Die Klägerin zu 1. beantragt,

das Vorstehende ergänzend auch in Bezug auf den Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten zum Tagesordnungspunkt 6

und zusätzlich weiter hilfsweise

die Feststellung der Unwirksamkeit der Beschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten am 23. April 2009 zu den Tagesordnungspunkten 6, 7 und 8.

Wegen des genauen Wortlauts der Anträge der Kläger zu 1. und 5. bis 11. wird auf den Schriftsatz der Klägerin zu 1. vom 20. Mai 2009 (Seiten 4 - 8; Band I Blatt 5 - 9 d.A.) und den Schriftsatz der Kläger zu 5. bis 11. vom 25. Mai 2009 (Seite 3 f, Band III Blatt 3 f d.A.) Bezug genommen.

Die Nebenintervenientin zu 1. hat sich den Anträgen der verbliebenen Kläger angeschlossen. Insoweit wird auf die Seite 2 des Schriftsatzes vom 22. Juni 2009 (Band I Blatt 80 d.A.) Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen

sowie den vormaligen Klägern zu 2. bis 4. die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Die Nebenintervenientin zu 2. tritt den Anträgen der Beklagten bei.

Die Beklagte bestreitet die Anfechtungsbefugnis der Kläger zu 10. und 11. Diese Kläger seien in der Hauptversammlung am 23. April 2009 nicht anwesend gewesen und hätten sich auch nicht vertreten lassen.

Die Beklagte hält die Anfechtungsbegehren der verbliebenen Kläger für nicht ausreichend dargelegt. Eine Verletzung von Informationsrechten der Kläger liege jedenfalls betreffend die streitgegenständlichen Beschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten nicht vor. Die gestellten Fragen seien dem damaligen Wissens- und Sachstand entsprechend wahrheitsgemäß und vollständig beantwortet worden. Nachträglich eingetretene Umstände seien für die Anfechtbarkeit der Beschlüsse ohne rechtliche Bedeutung. Die beschlossenen Kapitalerhöhungsermächtigungen hätten einen gesetzmäßigen Inhalt. Dies gelte auch für die Ermächtigung zum teilweisen Bezugsrechtsausschluss der vorhandenen Anteilsinhaber der Beklagten. Diese Ermächtigung beschränke sich auf Bezugsrechtsausschlüsse im vereinfachten Verfahren nach § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG. Bei der Einladung zur Hauptversammlung rechne der Tag der Einberufung zur 30-Tage-Frist nach § 123 Abs. 1 AktG.

Die Nebenintervenientin zu 2. schließt sich der Sachargumentation der Beklagten an.

In formeller Hinsicht bestreitet sie erstmals im Schriftsatz vom 3. November 2009 die Anfechtungsbefugnisse sämtlicher Kläger. Außerdem seien die Klagen nicht fristgerecht erhoben worden.

Die Klägerin zu 1. bestreitet erstmals im Schriftsatz vom 9. November 2009 die Nebeninterventionsbefugnis der Nebenintervenientin zu 2..

Nach dem Abtrennungsbeschluss der Kammer vom 15. Juli 2009 hat Herr €€€. durch seine Prozessbevollmächtigten erklären lassen, seine Nebenintervention im Hinblick auf die Klage der Kläger zu 5. bis 11. beziehe sich nur auf den Tagesordnungspunkt 5 der Hauptversammlung der Beklagten vom 23. April 2009 (Aufsichtsratswahlen). Insoweit wird auf die Erklärung im Schriftsatz vom 30. Juli 2009 (Band III Blatt 23 f d.A.) Bezug genommen.

Das Gesamtteilnehmerverzeichnis zur Hauptversammlung der Beklagten am 23. April 2009 (Anlage B3) lag in der mündlichen Verhandlung am 11. November 2009 vor und war Gegenstand der Verhandlung.

Gründe

Die Klage ist nicht begründet.

A.

I.

Die Klage der Kläger zu 10. und 11. ist als Anfechtungsklage (§ 246 Abs. 1 AktG) abzuweisen, weil diesen Klägern die Anfechtungsbefugnis nach § 245 Nr. 1 AktG fehlt.

Die Kläger zu 10. und 11. haben an der Hauptversammlung der Beklagten am 23. April 2009 nicht als anwesende und stimmberechtigte Anteilsinhaber teilgenommen. Denn dazu hätte es nach der Satzung der Beklagten (§ 18 Abs. 1 Satz 1) der vorherigen Anmeldung bedurft. Dass dies geschehen ist, haben die Kläger zu 10. und 11. nicht behauptet. Ihre Nichterwähnung in der Teilnehmerliste über die Hauptversammlung der Beklagten (Anlage B3) spricht dagegen. Dass und warum das Verzeichnis fehlerhaft sein könnte, haben die Kläger zu 10. und 11. nicht dargelegt.

Mangels ordnungsgemäßer Anmeldung zur Hauptversammlung und darauf beruhenden fehlenden Stimmrechts geht der Widerspruch der Kläger zu 10. und 11., den der Kläger zu 6. auch für sie in der Hauptversammlung gegen die gefassten Beschlüsse erhoben hat, ins Leere.

II.

Als isolierte Nichtigkeitsklage (§§ 249, 241 Nrn. 1 - 4 und 6 AktG) bleibt die Klage der Kläger zu 10. und 11. demgegenüber zulässig.

Die Begrenzung des Anfechtungsrechts durch § 245 AktG bezieht sich nur auf förmliche Anfechtungsklagen im Sinne von § 246 AktG.

III.

1. Die weitergehenden formellen Einwendungen der Nebenintervenientin zu 2. bleiben erfolglos.

Zwar ist die Nebenintervenientin zu 2. befugt, Tatsachen zu bestreiten, die die Hauptpartei, der sie beigetreten ist - die Beklagte -, nicht bestreitet. Für den streitgenössischen Nebenintervenienten (§ 69 ZPO; § 248 AktG) gilt zumindest insoweit das Gebot einheitlichen Prozessvortrages (§ 67 ZPO) nicht.

2. Trotzdem bleibt der über die Prozessverteidigung der Beklagten hinausgehende Angriff der Nebenintervenientin zu 2. auf die Klagebefugnis der Kläger zu 1. und 5. bis 9. ohne Erfolg.

a) Die Klageerhebungsfrist für Anfechtungsklagen in diesem Verfahren endete am 25. Mai 2009 (§ 246 Abs. 1 AktG; § 193 BGB). Bis zu diesem Zeitpunkt waren die Klagen jedenfalls mittels Fernkopie, was ausreichte, bei Gericht eingegangen (Band I Blatt 1; Band II Blatt 1 d.A.). Die insbesondere im Hinblick auf § 246 Abs. 2 Sätze 1 und 2 AktG ordnungsgemäß erhobenen Klagen sind zeitnah nach Eingang bei Gericht ordnungsgemäß zugestellt worden (§ 167 ZPO).

b) Aus dem Gesamtteilnehmerverzeichnis zur Hauptversammlung der Beklagten am 23. April 2009 ergibt sich auch, dass die Kläger zu 1. und 5. bis 9. in der Hauptversammlung anwesend waren bzw. sich dort haben vertreten lassen und Widerspruch zur Niederschrift des Verhandlungsnotars erhoben haben. Das spricht sowohl für ihren Aktienbesitz als auch für die Wahrnehmung ihrer Mitgliedschaftsrechte als Aktionäre der Beklagten. Denn zur Aufnahme in das Teilnehmerverzeichnis mussten sich die Kläger bei der Beklagten anmelden und ihren Beteiligungsbesitz belegen. Die Beklagte hatte die Angaben und die Belege verantwortlich zu prüfen. Für dabei etwa gemachte Fehler oder Versäumnisse hat die Nebenintervenientin zu 2. nichts vorgetragen. Müssten sie festgestellt werden, könnte dies der Ordnungsmäßigkeit der in der Hauptversammlung erfolgten Beschlussfassungen entgegenstehen.

c) Allerdings bezieht sich der Prüfungszeitpunkt für den Beteiligungsbesitz der im Teilnehmerverzeichnis erwähnten Versammlungsteilnehmer wegen § 123 Abs. 3 Satz 3 AktG (record date) nicht auf den Tag, der nach § 245 Nr. 1 AktG zur Anfechtung berechtigt.

Es ist jedoch ernstlich zweifelhaft, ob Anteilserwerbe im Zeitraum zwischen dem Tag der Einberufung zu der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft und dem Nachweisstichtag nach § 123 Abs. 3 Satz 3 AktG in verfassungsmäßiger Weise von den aus dem Anteilseigentum abzuleitenden Mitgestaltungs- und Mitverwaltungsbefugnisse von Aktionären wirksam ausgeschlossen werden können.

Für die Kammer reicht der Inhalt der vorhandenen Dokumente als Grundlage für die Feststellung der Anfechtungsbefugnis der Kläger zu 1. und 5. bis 9. aus. Mit Sachvortrag über eine missbräuchliche Ausnutzung der Anfechtungsrechte durch die Kläger zu 1. und 5. bis 9. ist die Nebenintervenientin zu 2. nicht hervorgetreten.

IV.

Die Nebenintervenientin zu 1. kann sich auf einen Ladungsmangel bei der Einberufung der Hauptversammlung der Beklagten am 23. April 2009 wegen Verletzung der Einberufungsfrist nach § 123 Abs. 1 AktG a.F. nicht berufen.

1. Es ist schon zweifelhaft, ob das Kongruenzgebot des § 67 ZPO bei streitgenössischer Nebenintervention (§ 69 ZPO; § 248 AktG) allgemein nicht nur das Bestreiten von unbestrittenem Sachvortrag der Hauptpartei erlaubt, sondern daneben auch abweichenden eigenen positiven Sachvortrag einer Nebenintervenientin gestattet.

2. Denn jedenfalls geht die Befugnis nicht soweit, um auf diesem Wege Angriffsmittel vorzubringen, die bei der unterstützten Hauptpartei in zeitlicher Hinsicht Präklusionsregelungen unterliegen, wie dies bei Anfechtungsgründen durch die Regelung in § 246 Abs. 1 AktG der Fall ist. Insoweit gilt, dass der Nebenintervenient nicht selbständig Anfechtungsgründe vorbringen kann, mit denen die von ihm unterstützte Hauptpartei - bereits - ausgeschlossen ist, für die aktienrechtliche Anfechtungsklage also stets dann, wenn die Nebeninterventionserklärung erst nach Ablauf der Klageerhebungsfrist (§ 246 Abs. 1 AktG) abgegeben worden ist.

3. So ist es hier. Erstmals im Schriftsatz vom 8. September 2009 beruft sich die Nebenintervenientin zu 1. auf den Einladungsmangel, der allein als Anfechtungsgrund, nicht jedoch als Nichtigkeitsgrund im Sinne von § 249 AktG in Verbindung mit § 241 Nrn. 1 - 4 und 6 AktG zu werten ist. § 123 AktG ist im Katalog des § 241 Nr. 1 AktG nicht erwähnt.

V.

Die Klägerin zu 1. ist zur Geltendmachung des zuvor von der Nebenintervenientin zu 1. geltend gemachten Anfechtungsgrundes betreffend die Fehlerhaftigkeit der Einladung zur Hauptversammlung nicht mehr befugt.

Die Klägerin zu 1. ist damit vielmehr ausgeschlossen, weil sie diesen Anfechtungsgrund erstmals im Schriftsatz vom 9. November 2009 vorgebracht hat, ihn aber bis zum 25. Mai 2009 hätte vorbringen müssen (§ 246 Abs. 1 AktG).

VI.

Die Klägerin zu 1. ist mit dem Bestreiten der Tatsachen, aus denen sich die Nebeninterventionsbefugnis der Nebenintervenientin zu 2. ergeben soll, ausgeschlossen (§§ 282, 296 Abs. 2 ZPO).

Die Klägerin zu 1. hat diesen Einwand erstmals im Schriftsatz vom 9. November 2009, also zwei Tage vor der mündlichen Verhandlung am 11. November 2009 vorgebracht. Die Klägerin zu 1. hat dadurch nicht nur die Mindestfristen nach § 132 Absätze 1 und 2 ZPO nicht beachtet. Der Vertreter der Klägerin zu 1. hat den Prozess zudem so nachlässig geführt, dass er selbst im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht in der Lage war, sämtlichen Verfahrensbeteiligten erstmals Abschriften seines schriftsätzlichen Sachvortrages zur Verfügung zu stellen. Dies kann nur aus grober Nachlässigkeit und mangelndem Respekt vor den anderen Verfahrensbeteiligten geschehen sein.

Die von der Nebenintervenientin zu 2. beantragte Erklärungsfrist auf den neuen Sachvortrag der Klägerin braucht nicht bewilligt zu werden.

Nach § 71 Abs. 1 ZPO erfolgt die Zurückweisung einer Nebenintervenientin nicht von Amts wegen, sondern bedarf eines ausdrücklichen Antrags dessen, der dem Nebenintervenienten selbständig entgegentreten will. Einen solchen Antrag hat die Klägerin zu 1. nicht gestellt.

B.

Die Beschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten am 23. April 2009 zu den Tagesordnungspunkten 6, 7 und 8 sind weder für nichtig zu erklären (§§ 246 Abs. 1, 241 Nr. 5 AktG) noch ist ihre Nichtigkeit (§§ 249, 241 Nrn. 1 - 4 und 6 AktG) oder ihre Unwirksamkeit festzustellen.

I.

Die Anfechtung der Beschlüsse der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft bedarf der präzisen Bestimmung der Gründe, die die Anfechtung tragen sollen (§ 243 AktG). Die Anfechtungsgründe müssen ausdrücklich benannt, in zulässiger Weise erhoben und in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht dargelegt werden. Nur auf diese so und innerhalb der Anfechtungsfrist in das Verfahren eingeführten Gründe beschränkt sich die gerichtliche Prüfung. Eine Prüfung von Amts wegen erfolgt demgegenüber nicht.

Nach diesen Maßstäben ist die Anfechtungsklage der Kläger zu 1. und 5. bis 9. ganz überwiegend ohne die unerlässliche Präzisierung der Anfechtungsgründe und ohne eine durchgearbeitete Struktur der sie tragen sollenden tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen. Es ist nicht die Aufgabe des Prozessgerichts, allgemein gehaltene Überlegungen zum Anlass für eine umfassende Rechtmäßigkeitskontrolle gefasster Beschlüsse der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft zu nehmen.

73Soweit den Anfechtungsbegehren der Kläger überhaupt ein hinreichend konkreter Bezug zu den unterschiedlichen, in § 243 AktG enthaltenen Tatbestandsgruppen einer Beschlussanfechtung entnommen werden kann, kommt nur die Verletzung von Informationsrechten der Anteilseigner nach den §§ 131, 243 Abs. 4 AktG ernstlich in Betracht. Dazu bedarf es der Feststellung, dass eine bestimmte, in der Hauptversammlung nachgefragte (Ergänzungs-)Information als wesentliche Voraussetzung für die sachgerechte Wahrnehmung der Teilnahme- und Mitgliedschaftsrechte von Aktionären anzusehen war, aber trotzdem nicht oder nicht ausreichend gegeben wurde. Nicht entscheidend ist demgegenüber, ob gerade der Anfechtungskläger die Information selbst verlangt hat und ob bei sachgerechter Information ein anderes als das tatsächlich festgestellte Abstimmungsergebnis erzielt worden wäre. Die als unzureichend zu qualifizierende Information muss dabei in einem sachlichen Bezug zu der jeweils beanstandeten Beschlussfassung stehen.

II.

Nach diesen Maßstäben ist nicht ersichtlich, warum die Beschlussfassung der Hauptversammlung der Beklagten am 23. April 2009 zum Tagesordnungspunkt 6 erfolgreich anfechtbar sein könnte.

Es leuchtet nicht ein, in welcher Hinsicht das von der Klägerin zu 1. angesprochene Informationsbegehren, das unerfüllt geblieben sein soll, weitergehende Erkenntnisse dazu leisten konnte, Vorratsregelungen für Kapitalerhöhungen in § 4 Absätze 2 und 4 der Satzung der Beklagten in der bis zum 23. April 2009 geltenden Fassung aufzuheben, nachdem die Rechtsverpflichtungen der Beklagten gegenüber Dritten aus zwei Aktienoptionsplänen und einer Unternehmensanleihe mit Wandlungsberechtigungen durch eine Tochtergesellschaft der Beklagten erfüllt worden waren bzw. nicht mehr erfüllt zu werden brauchten oder ihnen durch andere schaffbare Grundkapitalanteilsrechte entsprochen werden konnte. Die dieser Beschlussfassung zugrundeliegenden Tatsachenannahmen sind in der Einladung zur Hauptversammlung der Beklagten unter Ziffer 6. ausgeführt und mitgeteilt worden und als solche im vorliegenden Verfahren unstreitig.

III.

Die Kläger zu 1. und 5. bis 9. haben nicht aufgezeigt, welche als unerfüllt geblieben gerügten Informationen über den in der Einladung zur Hauptversammlung der Beklagten zum Tagesordnungspunkt 7 enthaltenen Vorstandsbericht hinaus von Bedeutung sein könnten, um besser oder anders als schon geschehen beurteilen zu können, ob dem Vorstand der Beklagten für fünf Jahre die Ermächtigung zur Schaffung eines weiteren genehmigten Kapitals von bis zu 66.000.000 € gegen Ausgabe von bis zu 25.781.250 neuen Inhaber-Stückaktien erteilt werden soll.

1. Das Gesetz gestattet diese Form von Vorratsbeschlüssen (§ 202 Abs. 1 AktG).

Das Verfahren für die Ausgabe neuer Aktien ergibt sich aus § 203 Abs. 1 AktG in Verbindung mit den §§ 185 - 191 AktG. Über die Bedingungen der Ausgabe entscheidet der Vorstand mit Zustimmung des Aufsichtsrates (§ 204 Abs. 1 AktG), sofern die Hauptversammlung keine anderweitige Entscheidung trifft.

Gegen die Stärkung der Eigenkapitalbasis eines Unternehmens kann kein vernünftiger Aktionär etwas einwenden. Solange ein allgemeines und gleiches Bezugsrecht für die neuen Aktien besteht (§§ 203 Abs. 1, 186 Abs. 1 AktG), sind Benachteiligungen einzelner Aktionäre ausgeschlossen. Der Vorstand und der zustimmungsbefugte Aufsichtsrat haben dabei die Gleichbehandlung aller Aktionäre zu beachten und zu gewährleisten (§§ 53 a, 93 Abs. 1 Satz 1, 116 Satz 1 AktG). Der Vorstand ist und bleibt den Aktionären rechenschafts- und informationspflichtig, dass und wenn er von einer ihm in einem solchen Zusammenhang erteilten Ermächtigung Gebrauch gemacht hat.

2. Die Kläger zu 1. und 5. bis 9. haben auch nicht dargelegt, dass sie über den Inhalt des in der Einladung zur Hauptversammlung enthaltenen, insoweit auch unerlässlichen Vorstandsberichts (§§ 203 Abs. 1, 186 Abs. 4 Satz 2 AktG) hinaus weitere Informationen zur ergänzenden Ermächtigung des Vorstands der Beklagten zum teilweisen Ausschluss von Bezugsrechten der vorhandenen Aktionäre verlangt und trotzdem nicht erhalten haben. In der Tat ist eine solche - ausnahmsweise - Ermächtigung zum Ausschluss von Bezugsrechten zwar möglich (§ 203 Abs. 2 AktG), dann aber präventiv berichtspflichtig (§§ 203 Abs. 2, 186 Abs. 4 Satz 2 AktG). In diesem Bericht ist insbesondere der vorgesehene Ausgabebetrag zu begründen.

Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 18. Mai 2009 (II ZR 262/07) braucht dieser Bericht und der in seinem Zusammenhang vorgeschlagene Inhalt des Hauptversammlungsbeschlusses jedenfalls dann die Festlegung auf einen - bestimmten - Ausgabebetrag für die unter Bezugsrechtsausschluss für Altaktionäre erfolgende Ausgabe junger Aktien nicht zu enthalten, wenn die bedingte Kapitalerhöhung im vereinfachten Verfahren nach § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG erfolgt, also sich auf einen Maximalanteil von 10 % des Grundkapitals beschränkt und der Ausgabebetrag den Börsenpreis nicht wesentlich unterschreiten darf. Wenn und solange sich die Ermächtigung zum Bezugsrechtsausschluss in den sachlichen und quantitativen Grenzen der sogenannten Kapitalerhöhung im vereinbarten Verfahren (§ 186 Abs. 3 Satz 4 AktG) hält, bedarf er keiner zusätzlichen besonderen Begründung durch den Vorstand.

3. Kritischer ist demgegenüber die von der Hauptversammlung der Beklagten beschlossene Ermächtigung des Vorstands zum Ausschluss des Bezugsrechts der (Alt-)Aktionäre bei der Ausnutzung des genehmigten Kapitals alternativ durch Ausgabe von neuen Aktien gegen Sacheinlage, auch wenn sie sich - wie geschehen - innerhalb des quantitativen Rahmens für eine sogenannte vereinfachte Kapitalerhöhung nach § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG hält.

Denn anders als bei der Kapitalerhöhung gegen Bareinlagen ist hier zwar der Ausgabepreis für die neu auszugebenden Aktien auch am Börsenpreis der bereits börsennotierten Aktien zu messen - ohne dass dies allerdings im Text der Ermächtigungsgrundlage selbst unmissverständlich zum Ausdruck gebracht wird. Bei der Kapitalerhöhung gegen Sacheinlagen kommt aber erschwerend hinzu, dass deren Wert gerade nicht bares Kapital ist, sondern die einzubringenden Sacheinlagen nur einen solchen Wert repräsentieren sollen. Damit ist zweifelhaft, ob die zweite Bedingung für einen Bezugsrechtsausschluss im sogenannten vereinfachten Kapitalerhöhungsverfahren nach § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG - die Anknüpfung des Ausgabebetrages für die Kapitalerhöhung an den Börsenpreis der bisher schon notierten Aktien - überhaupt kriteriengebunden vollständig erfüllt werden kann.

Nach dem Inhalt der Beschlussfassung der Hauptversammlung der Beklagten soll es insoweit bei der alleinigen Einschätzungsbefugnis des Vorstands nach den §§ 202 Abs. 1, 205 Abs. 2 Satz 1 AktG bleiben, die nur durch die Zustimmungsobliegenheit des Aufsichtsrats dazu (§ 205 Abs. 2 Satz 2 AktG) kontrollierbar ist, die der Erhöhungsbeschluss, insoweit über die gesetzliche Mindestregelung hinaus, in eine Zustimmungspflicht des Aufsichtsrats zu den Ausgabebedingungen verschärft.

Diese Regelung, deren außergewöhnlicher Inhalt in der Pflichtberichterstattung des Vorstands nach den §§ 203 Abs. 1, 186 Abs. 4 Satz 2 AktG allerdings weder besonders hervorgehoben ist noch zum Gegenstand einer eigenen ausdrücklichen und transparenten Begründung des vorgeschlagenen Beschlussinhalts gemacht wird, verletzt das Informationsrecht der Aktionäre nicht allein deshalb nicht, weil § 205 Abs. 3 Satz 1 AktG in der am 23. April 2009 noch geltenden Fassung für die Kapitalerhöhung gegen Ausgabe von Sacheinlagen eine Sonderprüfung für das Leistungs-/Gegenleistungsverhältnis vorsieht, also in einem solchen Fall den Vorstand (und im Falle der Beklagten zusätzlich den Aufsichtsrat) einer außenstehenden präventiven Kontrolle unterwirft.

Entscheidend ist im konkreten Falle der Beklagten vielmehr, dass der Ausschluss des Bezugsrechts - die Ermächtigung des Vorstands dazu - alle (Alt-)Aktionäre der Beklagten in gleicher Weise trifft, mithin auch diejenigen, die unmittelbar oder mittelbar über einen erheblichen oder gar bestimmenden Einfluss auf die Beklagte verfügen. Denn für alle Aktionäre gilt in gleicher Weise § 53 a AktG, wobei das rein quantitative Gewicht des Beteiligungsbesitzes keinen sachlichen Grund für die Ungleichbehandlung der Aktionäre sein kann.

Insbesondere angesichts der inzwischen auch allgemein bekannt gewordenen tatsächlichen Umstände vor der Publikation des Ausmaßes des Beteiligungserwerbs an der Beklagten durch jetzige Anteilseigner mit erheblichem Beteiligungsbesitz, deren temporäre Intransparenz schon nach damaligem Recht kontrovers diskutiert wurde, und die unterschiedlich bewerteten Bemühungen, größeren personellen Einfluss auf Vorstand und Aufsichtsrat der Beklagten zu gewinnen, machen die Pflichtprüfung nach § 205 Abs. 3 Satz 1 AktG a.F., die ihr vorangehende Ausübung des pflichtgemäßen Beurteilungs- und Bewertungsermessens durch den Vorstand und die zuvor erforderliche Zustimmung des Aufsichtsrates dazu zu einer schweren Aufgabe, bei der sich der Vorstand aufgrund seiner Pflichten aus § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG, die wegen der von der Hauptversammlung der Beklagten beschlossenen Zustimmungspflicht hier auch für den Aufsichtsrat bestehen (§ 116 Satz 1 AktG), nur und belegbar transparent am alleinigen Wohl der Beklagten orientieren muss, gegenüber dem in dieser Hinsicht Sonderinteressen auch von Hauptaktionären unberücksichtigt bleiben und zurückgestellt werden müssen. § 93 Abs. 3 Nrn. 1 und 9, Abs. 2 Satz 1 und 2 AktG (§ 116 Satz 1 AktG) umschreiben die besondere Verpflichtung, denen Vorstand und Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft dabei unterliegen.

4. Weil der Ermächtigungsbeschluss der Hauptversammlung der Beklagten zum Tagesordnungspunkt 7 außer für den Sonderfall der Folgeermächtigung auch zum Ausschluss der Bezugsrechte der Altaktionäre die Form des Vollzuges der Kapitalerhöhung nicht näher bestimmt, kann dahinstehen, dass die oben unter B.III.3. umschriebenen besonderen Vorstandspflichten mit notwendiger Aufsichtsratszustimmung in den Fällen der Kapitalerhöhung gegen Sacheinlagen erst Recht dann bestehen dürften, wenn nicht zugleich ein Ausschluss der Bezugsrechte der Altaktionäre erfolgt. Denn grundsätzlich gilt, dass die Hauptversammlung selbst und eigenverantwortlich bestimmen kann, unter welchen Umständen und Bedingungen neue Aktien zum Zwecke der Kapitalerhöhung ausgegeben werden können. Dass der diesbezügliche Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten zum Tagesordnungspunkt 7 schon allein durch seine Existenz zu Sondervorteilen einzelner Aktionäre oder Dritter zum Schaden der Gesellschaft und der anderen Aktionäre führt (§ 243 Abs. 2 Satz 1 AktG), haben die Kläger nicht in prozessual zulässiger Weise geltend gemacht. Der Vorstand und der Aufsichtsrat der Beklagten, gerade auch in seiner konkreten personellen Zusammensetzung, haben allerdings bei der Umsetzung der Ermächtigungsgrundlage dafür Sorge zu tragen, dass dies auch so bleibt.

895. Wenn der vormalige Vorsitzende des Vorstands der Beklagten in der Hauptversammlung am 23. April 2009 die Informationsbegehren von Aktionären dahin beantwortete, die näheren Einzelheiten über die zukünftige Struktur der Beklagten und insbesondere ihre Beziehung zu den Unternehmungen ihrer Hauptaktionärin mangels konkreter Beschlüsse oder fester Absichten der Beschlussgremien noch nicht mitteilen zu können, so ist allein darin ein Verstoß gegen das Informationsrecht nach § 131 AktG noch nicht zu sehen.

Denn die Kläger zu 1. und 5. bis 9. haben weder behauptet noch unter Beweis gestellt, dass die vom Vorstand damals gegebenen Antworten der Wahrheit zuwider erfolgt sind, also am 23. April 2009 konkrete Beschlüsse zur Umsetzung der Kapitalerhöhung bereits vorlagen oder feste Absichten zu einzelnen Maßnahmen schon bestanden.

Dass die in Aussicht gestellte Bekanntgabe konkreter Schritte für die zukünftige Entwicklung der Beklagten innerhalb der erwähnten 100 Tage vom Vorstand tatsächlich nicht vorgelegt worden sind, steht dem nicht entgegen. Anfechtungsgründe können nur Tatsachen sein, die am 23. April 2009 zu offenbaren waren. Im übrigen zeigen der inzwischen bekanntgewordene Verlust des Vorstandsamtes des am 23. April 2009 noch amtierenden Vorstandsvorsitzenden der Beklagten und Wechsel in der Zusammensetzung des Aufsichtsrates den schweren Weg der Beklagten, die unternehmensinternen Willensbildungsprozesse in dem rechtlichen Rahmen zu halten, der auch für die Beklagte besteht.

IV.

Auch die Anfechtung der Kläger zu 1. und 5. bis 9. betreffend die Entscheidungen der Beklagten zum Tagesordnungspunkt 8 greifen nicht durch.

931. Es unterliegt keinem Zweifel, dass die Beklagte in einer Lage ist, die eine nachhaltige Stärkung ihrer Unternehmensfinanzierungsbasis sachgerecht erscheinen lässt. Die dazu in der Hauptversammlung am 23. April 2009 beschlossenen Finanzierungsmaßnamen bewegen sich in den Grenzen der Finanzierungsmittel, zu der die Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft den Vorstand ermächtigen kann (§ 221 Absätze 1 - 3 AktG).

Die Informationsbegehren der Kläger, die sie für unerfüllt geblieben erachten, beziehen sich nicht auf das Finanzierungsvorhaben als solches und auch nicht auf seine Größenordnung, sondern auf die zukünftige Unternehmensentwicklung. Das hat mit der Notwendigkeit der Unternehmensfinanzierung, die im Falle der Beklagten offensichtlich ist, ebenso wenig etwas zu tun, wie damit, neben der Fremdkapitalaufnahme auch den Weg der Unternehmensfinanzierung unmittelbar am Kapitalmarkt zu suchen.

952. Das Gesetz lässt es ausdrücklich zu, dafür den Weg der bedingten Kapitalerhöhung (§ 192 Abs. 1 AktG) zu wählen, wenn und soweit bei der Unternehmensfinanzierung Umtausch- und Wandlungsrechte begründet werden (§ 192 Abs. 1 Nr. 1 AktG).

Es versteht sich auch von selbst, dass solche Umtausch- und Wandlungsrechte, wenn sie einmal zusammen mit Wandelschuldverschreibungen wirksam begründet worden sind, nur noch den berechtigten Rechtsinhabern zustehen, also nur sie zu einer weiteren Beteiligung am weiteren Grundkapital der Aktiengesellschaft berechtigen können und nicht mehr inhaltlich verändert, also etwa den bisherigen Anteilsinhabern wieder zugeordnet werden dürfen (§ 192 Abs. 4 AktG).

3. Gerade weil dieses Junktim zwischen wandlungsberechtigender Schuldverschreibung (§ 221 Abs. 1 AktG) oder Genussrechtseinräumung (§ 221 Abs. 3 AktG) besteht, haben die (Alt-)Aktionäre der Gesellschaft bei der Begründung der Primärrechte aus den Unternehmensfinanzierungsmitteln ein Bezugsrecht (§ 221 Abs. 4 Satz 1 AktG).

Der Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten am 23. April 2009 geht hiervon auch aus.

4. Für einen nominellen Teil der möglichen Unternehmensfinanzierungsgeschäfte enthält der Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten zum Tagesordnungspunkt 8 allerdings die Ermächtigung des Vorstands zum Ausschluss dieser Bezugsrechte.

Eine ausdrückliche Befugnis zur Delegation der Ausschlussermächtigung für den Fall der Schaffung bedingten Kapitals zur Erfüllung von Wandlungs- und Umtauschrechten aus den Wandelschuldverschreibungen des § 221 Abs. 1 Satz 1 AktG und bei Genussrechten (§ 221 Abs. 1 Satz 3 AktG) sieht das Gesetz, anders als im Falle der genehmigten Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss (§§ 202 Abs. 1, 203 Abs. 2 Satz 1 AktG), nicht vor.

Der Bundesgerichtshof hat indes in seiner, ebenfalls Kapitalerhöhungsbeschlüsse der Beklagten betreffenden Entscheidung vom 18. Mai 2009 (II ZR 262/07), diese gesetzliche Lücke zugunsten einer Angleichung der Regelungen für bedingte Kapitalerhöhungen an die für genehmigte Kapitalerhöhungen geschlossen und anderslautende Vorentscheidungen des Landgerichts Hannover und des Oberlandesgerichts Celle abgeändert. Die Kammer, die an den Vorentscheidungen nicht beteiligt war, hat diese Judikatur des Bundesgerichtshofes, bei der es sich ausdrücklich um eine Fortbildung des Rechts handelt, zu respektieren und der eigenen Entscheidung zugrunde zu legen. Danach kann die Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft die ihr primär zustehende Entscheidung über den Bezugsrechtsausschluss auch bei der Schaffung bedingten Kapitals im Rahmen einer Unternehmensfinanzierung nach § 221 AktG auf den Vorstand delegieren.

Dieses ist in der Hauptversammlung der Beklagten am 23. April 2009 geschehen.

5. Geschieht dies, ist dann allerdings die Ermächtigung zum Bezugsrechtsausschluss den gleichen Bedingungen unterworfen wie bei einer Primärentscheidung durch die Hauptversammlung selbst. Es bestehen folglich dann die inhaltlichen Anforderungen und die Beschränkungen, denen ein solcher Bezugsrechtsausschluss unterliegt, nämlich insbesondere die Pflicht zur ausdrücklichen, präventiven Berichterstattung durch den Vorstand (§ 186 Abs. 4 Satz 2 AktG), die Mengen- und Ausgabepreisbegrenzung im Falle der vereinfachten Kapitalerhöhung (§ 286 Abs. 3 Satz 4 AktG) und - eigentlich - auch das Erfordernis zur Festlegung eines bestimmten Ausgabebetrages bei der Einräumung von Umtausch- und Bezugsrechten für die Gläubiger von Unternehmensfinanzierungsmitteln im Sinne von § 221 Absätze 1 bis 3 AktG (§ 193 Abs. 2 Nr. 3 AktG).

Auch insoweit hat der Bundesgerichtshof allerdings in seiner bereits erwähnten Entscheidung vom 18. Mai 2009 das Recht der Kapitalerhöhung bei der Unternehmensfinanzierung fortgeschrieben und aus § 193 Abs. 2 Nr. 3 AktG die Möglichkeit entnommen, dass statt der konkreten Bestimmung eines Mindestausgabebetrages nur noch die Grundlagen für die Festlegung des Ausgabebetrages oder des Mindestausgabebetrages durch den Beschluss der Hauptversammlung der Aktiengesellschaft bestimmt wird.

Auch diese ausdrücklich als solche bezeichnete Fortbildung des Rechts durch den sachlich zuständigen Senat des Bundesgerichtshofes hat die erkennende Kammer schon im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung und der Rechtssicherheit ihrer Entscheidung zugrunde zu legen.

6. Mit der Akzeptanz des Grundsatzes ist allerdings noch nicht gleichzeitig die Billigung verbunden, jede noch so vage oder kriterienlose Umschreibung des Ausgabebetrages im Beschluss der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft und jedes Verfahren zur Bestimmung der Grundlagen für die Festlegung des Ausgabebetrages als ausreichende Quantifizierungsgrundlage für den Ausgabebetrag für die Ausübung von Wandlungsrechten anzusehen. Es ist auch nicht zu verkennen, dass eine Bestimmung des Ausgabepreises "€ nach dem theoretischen Marktwert €" von solchen Rechten, der "€ nach anerkannten finanzmathematischen Methoden €" auf der Grundlage einer "€ Stellungnahme einer erfahrenen Investmentbank oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaft €" gewonnen werden soll, wenig konturenscharf erscheint und die intersubjektive Richtigkeit von Rechenoperationen unterstellt, die schwer zu erreichen sein wird, und die Billigung durch Autoritäten bemüht, deren fachliche Kompetenz und Unabhängigkeit nicht jedermann ohne Einschränkung befürworten muss.

Da jedoch die Leitentscheidung des Bundesgerichtshofes vom 18. Mai 2009 nicht nur in den rechtlichen Angelegenheiten der Beklagten ergangen ist, sondern auch eine wortgleiche Formulierung in einem früheren Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten zum Gegenstand hatte, muss die Kammer auch insoweit aus Gründen der Einheitlichkeit der Rechtsprechung und der Rechtssicherheit etwaige Bedenken gegen die materielle Regelungskraft der von der Hauptversammlung der Beklagten gewählten Formulierung zurückstellen.

Gerade dadurch wird die von der Hauptversammlung der Beklagten auf den Vorstand und den Aufsichtsrat delegierte Verantwortung bei der Umsetzung der Unternehmensfinanzierungsmaßnahmen jedoch nicht geringer, sondern noch größer und noch schwerer handhabbar. Auch insoweit gilt deshalb das bereits oben Gesagte (B.III.3. und 4.) in gleicher Weise.

7. Die präventive Pflichtberichterstattung des Vorstands der Beklagten in der Einladung zur Hauptversammlung am 23. April 2004 (§§ 186 Abs. 4 Satz 2, 221 Abs. 4 Satz 2 AktG) enthält auch zu diesen Fragen keinen eigenständigen, die Probleme transparent machenden, sie erwägenden und abwägenden Beitrag. Das ist vor dem Hintergrund des seinerzeit noch anhängigen Revisionsverfahrens vor dem Bundesgerichtshof erstaunlich, im Ergebnis gerade deshalb aber auch nicht zu beanstanden. Denn am 17. März 2009, dem Tag der Veröffentlichung der Einladung zur Hauptversammlung und des in ihr enthaltenen Vorstandsberichtes, und am 23. April 2009, dem Tag der Hauptversammlung der Beklagten, konnte niemandem die neue Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in seinem Urteil vom 18. Mai 2009 bekannt sein.

8. Für die von den Klägern zu 1. und 5. bis 9. beanstandeten Ergänzungsinformationen auf gestellte Nachfragen in der Hauptversammlung am 23. April 2009 durch den Vorstand der Beklagten gilt auch bezogen auf den Tagesordnungspunkt 8 das Gleiche wie das schon oben und bezogen auf den Tagesordnungspunkt 7 Gesagte (siehe oben B.III.5.). Dass die gegebenen Antworten des Vorstandsvorsitzenden der Beklagten wissentlich falsch waren, haben die Kläger nicht behauptet. Die anders als angekündigt eingetretene Entwicklung in den Angelegenheiten der Beklagten wirkt als solche nicht auf den Umfang der Informationspflichten am 23. April 2009 zurück.

1119. Der zweite Teil der Beschlussfassung der Hauptversammlung der Beklagten zum Tagesordnungspunkt 8, die Ermächtigung des Vorstands nach Aufsichtsratszustimmung zur Schaffung eines bedingten Kapitals über einen Teilbetrag der Unternehmensfinanzierungsmittel nach § 221 Absätze 1 und 3 AktG zur Ausstattung der Schuldverschreibungen und Genussrechte mit Wandlungsrechten und/oder Wandlungspflichten durch Beteiligung an einem erweiterten Grundkapital der Beklagten, ist die rechtliche Folge aus der Eingehung solcher Pflichten durch die beabsichtigten Kapitalmaßnahmen. § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG sieht diese Zwecke als Anlass für eine bedingte Kapitalerhöhung vor.

Der Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten hält sich innerhalb der weiten Grenzen von § 192 Abs. 3 Satz 1 AktG. Der Beschluss benennt zudem den Zweck der Kapitalerhöhung und die Eckdaten für die Bestimmung des Ausgabebetrages (§ 193 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 AktG). Der Kreis der Bezugsberechtigten (§ 193 Abs. 2 Nr. 2 AktG) folgt derjenigen für die Begründung der Wandlungsrechte aus den korrespondierenden Wandelschuldverschreibungen und Genussrechten (§ 221 Abs. 4 Satz 1 AktG), auch soweit hier das Bezugsrecht der bisherigen Anteilsinhaber im Verfahren und in den Grenzen der vereinfachten Kapitalerhöhung ausschließbar ist. Insoweit bedarf es keiner ergänzenden Begründung, weil sich das unentziehbare Bezugsrecht der aus Wandelschuldverschreibungen und Genussrechten Berechtigten aus dem Gesetz selbst ergibt (§ 192 Abs. 4 AktG).

10. Die Kläger zu 1. und 5. bis 9. haben nicht aufgezeigt, in welcher Hinsicht hier und inwieweit in der Hauptversammlung am 23. April 2009 konkret formulierte Informationsbegehren überhaupt gestellt worden sind und allein deshalb unbeantwortet geblieben sein könnten.

V.

Die Kammer hat nicht darüber zu urteilen, ob die informationsdidaktische Präsentation der Vorschläge des Vorstands der Beklagten zu den der Hauptversammlung am 23. April 2009 unterbreiteten Kapitalerhöhungsmaßnahmen zweckmäßig und hilfreich war. Kapitalmaßnahmen einer Aktiengesellschaft, insbesondere solche mit den vielfältigen Verästelungen, wie sie für die Beschlüsse der Hauptversammlung am 23. April 2009 vorgesehen waren, sind außerordentlich schwierig zu verstehen und in ihren Wirkungen zu erkennen und nachzuvollziehen. Gerade börsennotierte Publikumsgesellschaften wie die Beklagte sollten auf die Transparenz und Nachvollziehbarkeit ihres Auftretens auch gegenüber ihrer Anteilseignerschaft besonderen Wert legen. Zwischen Wünschenswertem und rechtlich nicht mehr Hinnehmbaren liegt jedoch eine weite Strecke.

C.

Die Beschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten am 23. April 2006 zu den Tagesordnungspunkten 6, 7 und 8 sind nicht nichtig (§§ 249, 241 Nrn. 1 - 4, 6 AktG).

Die Kläger zu 1. und 5. bis 11. haben keine Tatsachen aufgezeigt, aufgrund deren die Entschließungen der Hauptversammlung der Beklagten aus einem der in § 241 Nrn. 1 - 4 oder 6 AktG genannten gesetzlichen Voraussetzungen nichtig sein könnten.

Dies gilt auch für die Nichtigkeit nach § 192 Abs. 4 AktG.

D.

Die Klägerin zu 1. hat allgemein-rechtliche Unwirksamkeitsgesichtspunkte gegen die Beschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten am 23. April 2009 zu den Tagesordnungspunkten 6, 7 und 8 nicht benannt. Solche Unwirksamkeitsgründe sind auch nicht ersichtlich.

E.

Die Kostenentscheidung ergeht nach den §§ 91 Abs. 1, 269 Abs. 3 Satz 2, 100 Absätze 1 und 2, 101 Abs. 2 ZPO.

F.

Die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung beruhen auf § 709 Satz 1 ZPO. Wegen der Differenziertheit und Kompliziertheit der Kostenerstattungsregelung ist eine Differenzierung in einzelnen Kostenerstattungsverhältnissen zwischen den einzelnen Verfahrensbeteiligten im Hinblick auf § 708 Nr. 11, § 711 Satz 1 ZPO untunlich.

G.

Den Streitwert hat die Kammer nach § 247 Abs. 1 AktG bestimmt.

Weil die pauschale Streitwertbestimmung hier an der alleruntersten Grenze des gesetzlich möglichen Rahmens liegt, braucht vor der Streitwertbestimmung nach § 247 Abs. 1 AktG die von den Klägerin zu 5. bis 11. beantragte, jedoch bisher nicht konkret dargelegte und belegte - trotzdem noch mögliche - Teilwertbestimmung nach § 247 Abs. 2 AktG nicht abgewartet zu werden.






LG Hannover:
Urteil v. 03.12.2009
Az: 23 O 123/09


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/a125d09889f3/LG-Hannover_Urteil_vom_3-Dezember-2009_Az_23-O-123-09




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share