Bundespatentgericht:
Beschluss vom 18. Dezember 2002
Aktenzeichen: 32 W (pat) 37/01
(BPatG: Beschluss v. 18.12.2002, Az.: 32 W (pat) 37/01)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Gegen die für die Waren Verbrennungsanlagen für Biomasse, Teile dieser Anlagen, insbesondere Brenner, Heizkessel; elektrische und elektronische Mess-, Steuerungs- und Regelungsgeräte für derartige Anlageneingetragene farbige (rot/grün) Wort-Bild-Marke 396 44 269 siehe Abb. 1 am Endeist Widerspruch erhoben aus der Wortmarke 2 097 756 Ecothermdie für Heizkesseleingetragen ist.
Die Markenstelle für Klasse 11 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Löschung der angegriffenen Marke mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, angeordnet. Zur Begründung ist unter anderem ausgeführt, die Waren, für die die Marken jeweils eingetragen seien, dienten dem gleichen Zweck. Der Widerspruchsmarke komme eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft zu, weil der Verbraucher "Ecotherm" als Kunstwort auffasse. Die Vokalfolgen kämen sich sehr nahe, weil auch E und Ö einander klanglich ähnlich seien.
Dagegen haben die Inhaberinnen der angegriffenen Marke Beschwerde eingelegt, zu deren Begründung sie vor allem darauf abstellen, THERM sei nicht selbständig kollisionsbegründend. ÖKO sei kennzeichnungsschwach, während ECO phantasievoll sei. "Ecotherm" sei eingliedrig und setze sich von der angegriffenen Wort-Bild-Marke deutlich ab. Die unterschiedlichen Buchstaben E und Ö stünden am Wortanfang, wo sie deutlich hervorträten.
Die Inhaberinnen der angegriffenen Marke beantragen sinngemäß, die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben.
Die Widersprechende ist der Ansicht, Heizkessel seien wesentliche Teile aller Waren der angegriffenen Marke, so dass Warenähnlichkeit gegeben sei. ECO und ÖKO seien sich klanglich sehr ähnlich.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, denn die angegriffene Marke war zu löschen; wegen ihrer klanglichen Ähnlichkeit mit der Widerspruchsmarke besteht bei zumindest überdurchschnittlicher Warenähnlichkeit die Gefahr von Verwechslungen (§ 9 Abs. 1 Nr. 2, § 42 Abs. 2 Nr 1 MarkenG).
Ob zwei konkurrierende Marken einer Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG unterliegen, hängt im wesentlichen von dem Zusammenwirken der Faktoren Warenähnlichkeit, Markenähnlichkeit und Kennzeichnungskraft der älteren Marke ab. Diese Kriterien sind zwar für sich gesehen voneinander unabhängig, bestimmen aber in ihrer Wechselwirkung den Rechtsbegriff der Verwechslungsgefahr, wobei ein höherer Grad eines Faktors einen geringeren Grad eines anderen Faktors ausgleichen kann (st. Rspr.; z.B. BGH GRUR 1999, 995 - HONKA).
Es stehen sich identische (Heizkessel) und hochgradig ähnliche Waren gegenüber. Heizkessel werden im Zusammenhang mit den Waren der angegriffenen Marke verwendet. Sie sind Bestandteile von Verbrennungsanlagen; andererseits sind Mess-, Steuer- und Regelgeräte auch an Heizkesseln angebracht.
Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke kann im Hinblick auf die Anklänge von THERM an Wärme und von ECO an "ecologic" sowie wegen ihrer häufigen Verwendung als unterdurchschnittlich angesehen werden, ohne dass dies näher geprüft wird.
Gleichwohl ist im Hinblick auf die überdurchschnittliche Warenähnlichkeit eine rechtserhebliche Verwechslungsgefahr festzustellen, weil sich die einander gegenüberstehenden Wörter klanglich sehr nahe kommen und unterscheiden. Zwar unterscheiden sich die zu vergleichenden Zeichen in ihrer Gesamtheit durch die Graphik der angegriffenen Marke. Damit ist aber lediglich eine bildliche Verwechslungsgefahr ausgeschlossen.
Die angesprochenen Verkehrskreise benennen das angegriffene Zeichen mit ÖKOTHERM, da die Farben und Bildbestandteile dazu wesentlich weniger geeignet sind und regelmäßig der Wortbestandteil die einfachste Möglichkeit bietet, eine Marke zu benennen (BGH MarkenR 2001, 311 - Dorf Münsterland; vgl. auch BGH GRUR 1996, 198, 200 - Springende Raubkatze; 1998, 934, 936 - Wunderbaum).
Somit stehen sich "Ecotherm" und "Ökotherm" gegenüber, die klanglich bis auf den ersten Buchstaben identisch sind. Zwar achtet der Verbraucher nach der Lebenserfahrung mehr auf die Wortanfänge. Da aber die dort befindlichen und als einzige voneinander abweichenden Buchstaben Ö und E sich klanglich sehr ähneln, halten die Marken den zur Vermeidung von Verwechslungen erforderlichen Abstand nicht ein.
Gegenüber der nur geringfügigen Abweichung in Ö/E hat die Vielzahl der Übereinstimmungen beider Zeichen eine weitaus stärkere Bedeutung. Auf letztere kommt es für die Verwechslungsgefahr nach der Rechtsprechung ohnehin maßgeblicher an als auf die Abweichungen, weil sie stärker prägen als Abweichungen (vgl. BGH GRUR 1990, 450 - St. Petersquelle; 1992, 110 - Dipa/Dib; 1993, 118 - Corvaton/Corvasal; 1993, 972 - Sana/Schosana).
Die Inhaberinnen der angegriffenen Marke können sich auch nicht auf einen unterschiedlichen Sinngehalt der beiden Wörter berufen. Ein die klangliche Verwechslung begründendes Verhören wird nur bei solchen Wörtern erschwert, deren Sinngehalt jedermann geläufig ist und demzufolge rasch erfasst wird (vgl. BGH GRUR 1992, 130, 132 - Bally/BALL). Eine derartige Allgemeinverständlichkeit liegt nur bei der deutschen Umgangssprache zuzurechnenden Wörtern vor. ECO und ÖKO dagegen sind in ihrer Bedeutung vielen deutschen Verbrauchern unklar und werden oft sogar inhaltlich gleichgesetzt, was die Verwechslungsgefahr erhöht. Da sich die Zeichen ihrem Klang nach verwechselbar ähnlich sind, würden die Verbraucher einen unterschiedlichen Begriffsinhalt aber ohnehin nicht wahrnehmen; der übereinstimmende Klangeindruck würde den Sinngehalt überlagern, so dass dieser nicht mehr zum Tragen käme.
Winkler Sekretaruk Dr. Albrecht Hu Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/32W(pat)37-01.1.3.gif
BPatG:
Beschluss v. 18.12.2002
Az: 32 W (pat) 37/01
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