Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. August 2002
Aktenzeichen: 24 W (pat) 210/01
(BPatG: Beschluss v. 13.08.2002, Az.: 24 W (pat) 210/01)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Wortmarke WebAssistantist für die Waren und Dienstleistungen
"Software und Dienstleistungen im Bereich der Telekommunikation;
Aus- und Weiterbildung, Beratung und Kongresse auf den Gebieten der Softwaretechnik, der Informations- und Telekommunikationstechnologie;
Software und elektronische Inhalte zur Unterhaltung, Aus- und Weiterbildung;
Entwicklung, Erstellen und Lizenzierung von Software und elektronischen Inhalten;
Dienstleistungen eines Informatikers, Rechenzentrums, Providers und Datenbank-Anbieters, sowie die Vermittlung dieser Dienstleistungen:
wissenschaftliche und industrielle Forschung auf den Gebieten der Softwaretechnik, der Informations- und Telekommunikationstechnologie"
zur Eintragung in das Markenregister angemeldet.
Mit Beschluß vom 8. August 2001 hat die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamtes, besetzt mit einem Beamten des höheren Dienstes, die Anmeldung wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft zurückgewiesen.
Die angemeldete Marke sei erkennbar aus dem Begriff "Web", dem gebräuchlichen und bekannten Synonym für "Netz", "Internet" bzw "world wide web", und dem in seiner Bedeutung "Assistent" ohne weiteres verständlichen englischen Grundwort "Assistant" zusammengesetzt. Die entsprechend den eingebürgerten Begriffen "Webserver", "Web Editor", "Web-Administrator" sprachüblich gebildete Wortkombination "WebAssistant" sei im Internet zahlreich zur Bezeichnung von Hilfestellungen für das Internet bzw als Berufsangabe für Personen, die solche Hilfestellungen gäben, nachweisbar und daher iSv "Internet-" oder "World Wide Web-Assistent" ohne weiteres verständlich. In bezug auf die angemeldeten Waren und Dienstleistungen stelle die Marke daher eine reine Inhalts- und Beschaffenheitsangabe dahingehend dar, daß die Software und die elektronischen Inhalte den Benutzern Hilfestellungen im Internet gäben, sich die Dienstleistungen auf solche Waren bezögen oder selbst Hilfestellungen im Internet leisteten. Die Binnengroßschreibung des "A" in "Assistant" sei ein werbeübliches Gestaltungsmittel. Die angeführten Voreintragungen begründeten keinen Anspruch auf Eintragung der angemeldeten Marke.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Zur Begründung trägt er im wesentlichen vor, es handle sich bei der angemeldeten Marke "WebAssistant" um ein mehrdeutiges Kunstwort, welches unterscheidungskräftig und nicht freihaltebedürftig sei. Die Bestandteile "Web" und "Assistant" seien weder als Einzelworte noch in der Zusammensetzung eindeutig beschreibend für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen. "Web" sei keinesfalls die eindeutige, allein verständliche Abkürzung für "world wide web". Ebenso stelle "Assistant" ein mehrdeutiges Schlagwort dar. Das Kunstwort "WebAssistant" sei weder eine Gattungs- noch eine Berufsbezeichnung und habe auch aufgrund der prägnanten und eigenartigen Schreibweise normale Kennzeichnungskraft. Die Argumentation in dem angefochtenen Beschluß sei einseitig auf Waren und Dienstleistungen für das Internet ausgelegt, was nicht dem eingereichten Waren-/Dienstleistungsverzeichnis entspreche. Die Interpretation, mit Hilfe der beanspruchten Waren und Dienstleistungen Unterstützung in Zusammenhang mit dem World Wide Web zu bieten, könne mit den angemeldeten Waren und Dienstleistungen mehrheitlich nicht erfolgen. Es seien auch keine tatsächlichen Feststellungen getroffen worden, daß die Marke zur Beschreibung benötigt werde. Nach der Internet-Recherche der Markenstelle werde die konkrete Zeichenfolge außer vom Anmelder weltweit nur noch einmal verwendet. Alle ähnlichen Einträge bezögen sich nicht auf das Inland bzw den deutschsprachigen Raum. Im übrigen seien vergleichbare Marken vom Deutschen Patent- und Markenamt schon eingetragen worden (395 30 066 "WEBSCOUT", "399 04 125 "WebWasher", 399 54 904 "WebEmbed" u 395 22 722 "My Sun").
Der Anmelder beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig. Der Schriftsatz des Anmelders vom 25. September 2001 ist nach dem darin erkennbaren Willen zweifelsfrei als Beschwerde gegen den Zurückweisungs-Beschluß der Markenstelle auszulegen. Die fehlende Bezeichnung als Beschwerde steht daher der Zulässigkeit nicht entgegen.
In der Sache ist die Beschwerde jedoch nicht begründet. Nach Auffassung des Senats hat die Markenstelle die Anmeldung zu Recht zurückgewiesen, da ihrer Eintragung die absoluten Schutzhindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG entgegenstehen.
Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr ua zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der Waren und Dienstleistungen dienen können. Bei Wortmarken setzt dies nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen voraus, daß der jeweilige Begriff oder die Begriffskombination die konkret beanspruchten Waren oder Dienstleistungen für die beteiligten Verkehrskreise ohne weiteres verständlich, unmittelbar und eindeutig in vorgenannter Hinsicht beschreibt (vgl ua BGH GRUR1995, 408, 409 "PROTECH"; GRUR 1995, 269, 270 "U-KEY"; BlfPMZ 1997, 360, 361 " la Carte"; EuG GRUR Int 2001, 970, 971 "EuroHealth"; GRUR Int 2002, 751, 753 f "CARCARD"; GRUR Int 2002, 747, 748 f "TELE AID"). Diese Voraussetzungen liegen bei der angemeldeten Marke vor.
Vor dem sachlichen Hintergrund der konkret angemeldeten Waren und Dienstleistungen, die alle den Gebieten der Software-, Informations- oder Telekommunikationstechnologie angehören und damit alle einen direkten Bezug zum Internet haben können, ist die angemeldete Wortzusammensetzung "WebAssistant" ohne weiteres einer klaren und eindeutigen Begriffsbestimmung zugänglich. In Zusammenhang mit Produkten und Dienstleistungen dieser Technologiebereiche wird das Wort "Web" wohl kaum in der ihm in der englischen Sprache (auch) innewohnenden allgemeinen Bedeutung eines "Spinnennetzes" oder "Lügennetzes" oä verstanden werden, sondern nächstliegend als die auf dem DV-, IT- und Telekommunikationssektor geläufige und bekannte Kurzform für "World Wide Web", einer Bezeichnung für das Internet (vgl ua Beck EDV-Berater Computer-Lexikon, 4. Aufl 2001, S 913; Frank Kreutz/Wolfram Gieseke, Internet Lexikon, 1. Aufl 2001, S 530). Des weiteren ist das Wort "Assistent" bzw die hier verwendete englische Wortform "Assistant" auf dem Computer- und EDV-Sektor die gängige Bezeichnung für ein interaktives Hilfsprogramm innerhalb einer Anwendung (vgl Beck EDV-Berater, aaO, S 78; Microsoft Press, Computer Lexikon, Ausg 2002, S 63). In diesem Sinn ist der Gebrauch des Begriffes "Assistent" bzw "Assistant" vielfach im Internet für verschiedene solcher Hilfsprogramme nachweisbar, wobei dem Begriff, wie in der angemeldeten Marke, regelmäßig ein weiteres Wort zur näheren Spezifizierung des jeweiligen Hilfsprogramms vorangestellt ist (vgl in der dem Anmelder übersandten Internet-Recherche, Google-Suche "Assistent" u "Assistant", Seiten aus Deutschland, Ausdruck v 22. Juli 2002, ua: "Recherche-Assistent"; "Strom-Assistent"; "emailassistent"; "Suchmaschinen Assistent"; "StyleAssistant ist ein Hilfsprogramm zur Generierung von Cascading Style Sheets"; "Melody Assistant"; "Team OS/2 Internet Assistent"; "Der Intelligent Assistant dient zur Unterstützung der LRZ-Hotline"; "4D Web Assistant"; "Microsoft Internet Assistant"). Angesichts dieser einschlägigen Bezeichnungspraxis auf dem Softwaresektor ist unter einem "Web Assistant" daher naheliegend ein Hilfsprogramm für das World Wide Web bzw das Internet zu verstehen, also ein Programm, das in geeigneter - interaktiver - Weise die Nutzung des Internet unterstützt oder dabei Hilfestellung leistet. In diesem Sinn wird die Wortzusammensetzung "Web Assistant" für Softwareprodukte auch bereits verwendet, und zwar nicht nur von dem Anmelder, auf dessen Homepage (www.mm3tools.de/WebAssistant/de/WebAssistant.html, Ausdruck v 22.Juli 2002) es ua unter dem Stichwort "WebAssistant" heißt: "Der Assistent hilft Ihnen die Informationsflut des Internets effizienter und gleichzeitig kostengünstiger zu nutzen", sondern auch von anderen Personen und Unternehmen, wie die dem Anmelder übersandte Internet-Recherche (Google-Suche "Web Assistant", Seiten aus Deutschland, Ausdruck v 22.07.2002) belegt (vgl dort insbes: "Lucent Web Assistant. Der US-Softwarehersteller Lucent Technologies will mit einer neuen Technologie die Privatheit der Internet- Anwender erhöhen."; " DBLP: Nahid Shahmehri - ...Collection and Exploitation of Expert Knowledge in Web Assistant Systems..."; "QuinScape - Lösungen für ein intelligentes Internet ... Quincy heisst der Web-Assistant der Dortmunder Firma QuinScape..."; "Rational Rose ... iTORii heißt der Personal Web Assistant, der dem Anwender immer und überall den oft entscheidenden Informationsvorsprung sichert..."; "Computer Anzeiger Ausgabe 03/2000 ... Das Bremer Unternehmen E-Link corporate communications GmbH hat eine Personal Web Assistant entwickelt, der personen- und unternehmensbezogene ..."). Darüber hinaus wird, worauf bereits im angefochtenen Beschluß unter Beifügung einschlägiger Belege aus dem Internet hingewiesen wurde, "Web Assistant" auch als Berufsbezeichnung für Personen gebraucht, die Unternehmen, Institute etc insbesondere bei der Pflege und Entwicklung ihrer Web-Seiten unterstützen. Diese Berufsbezeichnung ist zwar vorwiegend in den USA üblich (vgl hierzu die dem Anmelder in der mündlichen Verhandlung übergebene Internet-Recherche, Google-Suche "a web assistant" sowie einzelne Web-Seiten, Ausdrucke v 8. August 2002), wird aber auch bereits in Deutschland eingesetzt, wie sich aus der dem Anmelder übersandten Internet-Recherche ergibt (vgl Google-Suche "Web Assistant", Seiten aus Deutschland, Ausdruck v 22. Juli 2002: "Web Publishing ... Die mibeg @ web ACademy bietet die Möglichkeit, sich nach dem Abschluß des Basis Moduls "Web Assistant & Online Redakteur" praxisnah zu spezialisieren...", sowie den Ausschnitt der Web-Seite www.arbeitsamt.de/aachen/abisz/b_bereich.pdf, in dem "Web Assistant" neben den weiteren Berufsbezeichnungen "Informationskaufleute" und "Netzwerkhandwerker" aufgeführt ist.).
In beiden gebräuchlichen Bedeutungen besitzt der Begriff "Web Assistant" je nach konkretem Bezug zu den einzelnen angemeldeten Waren und Dienstleistungen auch einen unmittelbaren und unmißverständlichen beschreibenden sachlichen Aussagegehalt. Die Software-Produkte werden mit "Web Assistant" ihrer Art nach als Hilfsprogramme für die Web- bzw Internet-Nutzung bezeichnet, die Entwicklung, Erstellung und Lizenzierung von Software und elektronischen Inhalten als ihrem Inhalt und Gegenstand nach auf solche Hilfsprogramme ausgerichtet. Entsprechendes gilt für die Beratung und Kongresse sowie die wissenschaftliche und industrielle Forschung auf den Gebieten der Softwaretechnik, der Informations- und Telekommunikationstechnologie, die sämtlich ebenfalls Hilfsprogramme für das Internet zum Gegenstand der Beratung, Forschung etc haben können. Die Dienstleistungen im Bereich der Telekommunikation, eines Informatikers, Rechenzentrums, Providers und Datenbankanbieters sowie die Vermittlung dieser Dienstleistungen werden mit "Web Assistant" ihrer Art nach als die eines "Web Assistant" also einer Person, die - berufsmäßig - Unterstützung für die Nutzung des Web erbringt, beschrieben. Die Aus- und Weiterbildung auf den vorgenannten Technologiegebieten schließlich wird mit "Web Assistant" als ihrem Inhalt nach auf die Aus- und Weiterbildung zum Beruf des "Web-Assistant" bezeichnet.
Die gemäß der Terminologie auf den einschlägigen Technologiebereichen sprachüblich gebildete, schon aus sich heraus ohne weiteres verständliche, zudem bereits beschreibend verwendete Wortzusammensetzung "WebAssistant" wird des weiteren von dem hier angesprochenen, meist einschlägig interessierten und mit den grundsätzlichen Sprachgepflogenheiten des DV-Bereichs vertrauten Publikum in der dargelegten, für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen glatt beschreibenden Bedeutung ohne weiteres verstanden werden.
Dabei ist, wie schon in dem angefochtenen Beschluß zutreffend festgestellt, die Binnengroßschreibung des "A" in "Assistant" unter Zusammenziehung der beiden Worte als häufig anzutreffende werbeübliche Schriftzuggestaltung nicht geeignet, die Sachaussage in den Hintergrund treten zu lassen.
Die angemeldete Marke kann daher, auch in der konkreten Schreibweise, im Verkehr zur Beschreibung der angemeldeten Waren und Dienstleistungen dienen, ist also als beschreibende freihaltebedürftige Angabe iSd § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen.
Wegen des in bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen für die angesprochenen Verkehrskreise erkennbar im Vordergrund stehenden rein beschreibenden Begriffsinhalts der angemeldeten Wortzusammensetzung und der lediglich einfachen werbeüblichen Gestaltung des Schriftbildes fehlt der angemeldeten Marke auch jegliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG (vgl ua BGH GRUR 2001, 1153, "anti KALK", BlfPMZ 2001, 321 "marktfrisch").
Soweit sich der Anmelder auf die Eintragung seiner Meinung nach vergleichbar gebildeter Marken mit dem Bestandteil "Web" beruft (s oben), läßt sich hieraus auch unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art 3 GG) kein Eintragungsanspruch herleiten. Bei der Entscheidung über die Eintragbarkeit einer Marke handelt es sich nämlich nicht um eine Ermessens-, sondern um eine gebundene Entscheidung (vgl ua BGH GRUR 1997, 527, 529 "Autofelge"; BlfPMZ 1998, 248, 249 "Today"). Weiter muß die Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung mit der Beachtung des Gebots rechtmäßigen Handelns in Einklang gebracht werden, das besagt, daß sich niemand auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen kann (vgl EuG MarkenR 2002, 260, 266 "SAT.2").
Ströbele Guth Kirschneck Ko
BPatG:
Beschluss v. 13.08.2002
Az: 24 W (pat) 210/01
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