Bundespatentgericht:
Beschluss vom 4. Mai 2004
Aktenzeichen: 24 W (pat) 190/02

(BPatG: Beschluss v. 04.05.2004, Az.: 24 W (pat) 190/02)

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluß der Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patent- und Markenamts vom 19. Juli 2002 aufgehoben.

Der Löschungsantrag wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 27. November 2000 die Löschung der am 23. Januar 1998 für die Waren und Dienstleistungen

"42: Betrieb und laufende Aktualisierung einer elektronischen Datenbank, insbesondere mit Daten von Künstlern und Kreativen; 35: Werbung und Büroarbeiten, insbesondere für Künstler und Kreative; 09: Software, insbesondere zum Betrieb einer elektronischen Datenbank mit Daten von Künstlern und Kreativen."

unter der Nummer 396 56 249 eingetragenen Wortmarke ZOOM wegen Nichtigkeit gemäß §§ 54 Abs 1, 50 Abs 1 Nr 1 und Nr 3 iVm §§ 3 und 8 MarkenG beantragt. Zur Begründung ist dem Antrag die Kopie eines Artikels "Zoomen im Netz ohne Qualitätsverlust" aus der Zeitschrift CRN 46 vom 16. November 2000 beigefügt, in dem über MGI Software, speziell über den MGI Zoomserver in der Version 4.0, berichtet wird.

Der Antragsgegner hat dem ihm am 9. Februar 2001 zugestellten Löschungsantrag mit am 22. März 2001 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangenem Schriftsatz vom selben Tag widersprochen.

Mit Beschluß vom 19. Juli 2002 hat die Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patent- und Markenamts die teilweise Löschung der Marke 396 56 249 für die Ware "Software, insbesondere zum Betrieb einer elektronischen Datenbank mit Daten von Künstlern und Kreativen" angeordnet. Der Löschungsantrag, der im Hinblick auf die in Feld 7 des verwendeten Antragsformulars hinter dem Formulartext "Der Antrag auf teilweise Löschung der Marke wegen absoluter Schutzhindernisse soll für die folgenden Waren/Dienstleistungen gelten: Klasse Bezeichnung" eingetragene Zahl "9" unmißverständlich auf die Waren der Klasse 9 beschränkt sei, sei zulässig und begründet (§§ 54 Abs 1, 50 Abs 1 Nr 3 u Abs 2 iVm § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG). In bezug auf "Software" fehle der Marke die Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, da der Verkehr dem Wort "ZOOM" keinen individualisierenden Hinweis auf die Herkunft dieser Waren aus einem bestimmten Unternehmen entnehme, sondern nur einen Sachhinweis auf deren Art oder Beschaffenheit als Software mit Zoom-Funktion. Außerdem unterliege die Wortmarke "ZOOM" als eine die mit dem Löschungsantrag angegriffenen Waren unmittelbar beschreibende Angabe einem Freihaltebedürfnis iSd § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG. Die Schutzhindernisse hätten auch schon zur Zeit der Eintragung der Marke bestanden. Der englische Begriff "ZOOM" sei in der deutschen Sprache als Bezeichnung eines Objektivs mit stufenlos verstellbarer Brennweite, bei dem die Entfernung zum Aufnahmegegenstand verändert werden könne, allgemein geläufig. Entsprechend werde der Begriff nachweisbar auch zur Bezeichnung für das stufenlose Vergrößern bzw Verkleinern von Bildern auf dem Bildschirm eines PCs oder einer digitalen Kamera verwendet. Die Anlage zum Löschungsantrag sowie die dem Beschluß beigefügten Internet-Auszüge belegten, daß es entsprechende Software, welche die Vornahme von Zoom-Vorgängen ermögliche, gebe und solche Software bereits vor dem Eintragungszeitpunkt der Marke Anfang 1998 angeboten worden sei. Die angesprochenen inländischen Verkehrskreise würden den ihnen aus dem Bereich der Fotografie geläufigen Begriff ohne weiteres auf den Bereich der Software übertragen und in dem dargelegten Sinn verstehen, soweit ihnen der Begriff nicht schon im Zusammenhang mit der EDV bekannt sei. Für die registrierte Ware "Software", die den gesamten Bereich der Software umfasse, da der mit "insbesondere" angefügte Halbsatz nur eine beispielhafte, keine abschließende Aufzählung der geschützten Waren enthalte, beschreibe das Wort "ZOOM" somit eindeutig und unmittelbar die Beschaffenheit der Ware "Software" dahingehend, daß diese das stufenlose Vergrößern und Verkleinern von Bildern, Bildausschnitten oder Texten ermögliche.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners. Er bestreite nicht, daß der englische Begriff "Zoom" zur Bezeichnung des beim Fotografieren möglichen Vorgangs, ein Objekt näher an den Betrachter heranzuholen oder weiter von ihm zu entfernen, sowie auch zur Bezeichnung für das stufenlose Vergrößern und Verkleinern von Bildern, Bildausschnitten oder Texten auf dem Bildschirm eines PCs verwendet werde. Soweit damit eine Funktion bzw ein Merkmal von Software beschrieben werde, gelte dies jedoch nur für solche Software, die zur stufenlosen Vergrößerung und Verkleinerung von Bildern oder Texten auf der graphischen Benutzeroberfläche eines Computers dienen könne. In der zuletzt in der mündlichen Verhandlung beantragten eingeschränkten Fassung der Waren "Software" aber sei ausgeschlossen, daß diese eine Zoom-Funktion, welche immer einen interaktiven Vorgang auf einer graphischen Benutzeroberfläche voraussetze, aufwiesen.

Der Antragsgegner beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben, mit der Maßgabe, daß das Warenverzeichnis bezüglich Klasse 9 lautet:

"Software, nämlich Gerätetreiber und Software zur automatisierten Datenverarbeitung im Stapelverarbeitungsbetrieb ohne Benutzerinteraktion."

Die Antragstellerin hat sich zu der Beschwerde nicht geäußert und auch keine Anträge gestellt.

Mit Beschluß des Amtsgerichts München - Insolvenzgericht - vom 5. September 2002 ist auf eigenen Antrag das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Antragstellerin gemäß §§ 2, 3, 11, 17 ff InsO eröffnet worden. Nachdem der Insolvenzverwalter mit Schriftsatz vom 12. August 2003 mitgeteilt hat, daß er in das Löschungs-Beschwerde-Verfahren nicht eintrete, hat der Antragsgegner mit am 25. September 2003 beim Bundespatentgericht eingegangenem Schriftsatz vom 24. September 2003 erklärt, das Verfahren nach § 85 Abs 2 InsO aufzunehmen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II.

1. Über die Beschwerde des Antragsgegners kann entschieden werden. Das infolge der Eröffnung des Insolvenz-Verfahrens über das Vermögen der Antragstellerin am 5. September 2002 gemäß § 82 Abs 1 MarkenG iVm § 240 ZPO unterbrochene Löschungsverfahren (vgl BPatG GRUR 1997, 833, 834 "digital") ist in der Beschwerde-Instanz von dem Antragsgegner am 25. September 2003 gemäß § 85 Abs 2 InsO wirksam aufgenommen worden, nachdem zuvor der Insolvenzverwalter der Antragstellerin die Aufnahme des Löschungs-Beschwerdeverfahrens mit Schriftsatz vom 12. August 2003 abgelehnt hat. Damit ist die Unterbrechung des Verfahrens nach § 240 ZPO beendet worden. Da die wirksame Ablehnung der Aufnahme des Verfahrens durch den Insolvenzverwalter als Freigabe der Rechtsposition der Gemeinschuldnerin gilt (vgl Eickmann u.a., Insolvenzordnung, § 85 Rdn 14), kann das Verfahren auf seiten der Antragstellerin und Gemeinschuldnerin von ihr selbst fortgeführt werden. Nachdem außerdem die während der Unterbrechung des Löschungsverfahrens am 2. Oktober 2002 erfolgte unwirksame öffentliche Zustellung des angefochtenen Beschlusses der Markenabteilung 3.4. an die Antragstellerin durch das Patentamt wirksam mit am 22. Oktober 2003 abgesandtem Einschreiben nachgeholt worden ist, steht einer Entscheidung über die Beschwerde nichts mehr im Wege.

2. Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners hat auch in der Sache Erfolg.

Die Eintragung einer Marke kann nach § 50 Abs 1 Nr 1 und 3 MarkenG auf Antrag gelöscht werden, wenn sie entgegen §§ 3 oder 8 MarkenG eingetragen worden ist. Gemäß § 50 Abs 2 Satz 1 MarkenG ist eine Löschung nur möglich, wenn das Schutzhindernis nach §§ 3 oder 8 MarkenG auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag auf Löschung besteht. Ungeachtet der Frage, ob der Eintragung der angegriffenen Marke für die von der Löschungsanordnung der Markenabteilung betroffenen Waren "Software, insbesondere zum Betrieb einer elektronischen Datenbank mit Daten von Künstlern und Kreativen" die von der Antragstellerin geltend gemachten Schutzhindernisse der §§ 3 und/oder 8 MarkenG entgegengestanden haben, bestehen diese Schutzhindernisse jedenfalls nicht (mehr) für die im Beschwerdeverfahren aufgrund des erklärten Teilverzichts des Markeninhabers eingeschränkte Fassung der Waren "Software, nämlich Gerätetreiber und Software zur automatisierten Datenverarbeitung im Stapelverarbeitungsbetrieb ohne Benutzerinteraktion."

Umstände dafür, daß das Wort "ZOOM" ein Zeichen ist, dem an sich die Eignung fehlt, überhaupt Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (§ 3 Abs 1 MarkenG), sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Für die og, jetzt noch beschwerdegegenständlichen Waren fehlt der angegriffenen Marke nach Auffassung des Senats des weiteren nicht die konkrete Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG; eben so wenig handelt es sich um eine diese Waren konkret beschreibende freihaltebedürftige Angabe iSd § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG.

Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs keinen tatsächlichen Anhalt dafür, daß der Marke die vorerwähnte Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (vgl ua BGH GRUR 2001, 1151, 1152 "marktfrisch"; GRUR 2002, 64 "INDIVIDUELLE"; GRUR 2003, 342 "Winnetou", jeweils mwNachw). Solche Anhaltspunkte für das Fehlen der Unterscheidungskraft liegen hier nicht vor, insbesondere ist nicht anzunehmen, daß die Wortmarke nach Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen für die noch in Rede stehenden Softwareprodukte im Vordergrund stehenden Sachhinweis darstellt.

Wie die Markenabteilung zutreffend festgestellt hat und von dem Antragsgegner nicht in Abrede gestellt wird, ist das in den deutschen Sprachschatz eingegangene englische Fremdwort "Zoom", neben der Kurzbezeichnung für ein Zoomobjektiv, die Bezeichnung für einen (Film-)Vorgang, durch den der Aufnahmegegenstand (im Bild) näher an den Betrachter herangeholt oder weiter von ihm entfernt wird (vgl Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 4. Aufl, Mannheim 2001, CD-ROM, Stichwort "Zoom"). Unbestritten ist ferner, daß der Begriff "Zoom" auch im Zusammenhang mit Software Verwendung findet, wo er eine Funktion und mithin ein Merkmal von Programmen unter grafischen Benutzeroberflächen (zB Grafik-, Desk-Top-Publishing-, Textverarbeitungs- oder Tabellenkalkulationsprogrammen) bezeichnet, welche es dem Benutzer erlaubt, die Größe einer Bildschirmdarstellung (zB einer Grafik, eines Bildes oder Textes) zu verändern, dh zu vergrößern oder zu verkleinern (vgl Bachmann, Großes Lexikon der Computerfachbegriffe, 1990, S 464 f; Schneider, Lexikon der Informatik und Datenverarbeitung, 3. Aufl 1991, S 915; Microsoft Press, Computer Fachlexikon, Ausg 2000, S 798; Der Brockhaus, Computer und Informationstechnologie, 2003, S 1005). Nach der in der mündlichen Verhandlung von dem Antragsgegner vorgenommenen Spezifizierung des von der Löschungsanordnung betroffenen Warenbegriffs "Software", der bis dahin durch die im Nebensatz mit "insbesondere" beginnende beispielhafte Aufzählung möglicher Softwareprodukte keine gegenständliche Beschränkung erfahren hatte, ist jedoch ausgeschlossen, daß die vom Registerschutz der angegriffenen Marke jetzt noch erfaßte "Software, nämlich Gerätetreiber und Software zur automatisierten Datenverarbeitung im Stapelverarbeitungsbetrieb ohne Benutzerinteraktion" eine Zoom-Funktion im dargelegten Sinn besitzt oder steuert.

Wie sich aus den og Fundstellen zu dem Begriff "Zoom" in der Fachliteratur der Computer- und Informationstechnologie sowie aus den vom Senat und der Markenabteilung recherchierten Fundstellen zu Software mit Zoom-Funktion ergibt, handelt es sich durchweg um Programme, die es im interaktiven Dialog einem Benutzer ermöglichen, auf einer grafischen Benutzeroberfläche bzw einem Bildschirm oder Display die Größe eines Bildes oder Textes zu verändern. Hierzu sind Gerätetreiber sowie Software zur automatisierten Datenverarbeitung im Stapelverarbeitungsbetrieb ohne Benutzerinteraktion ersichtlich nicht - auch nicht in einer Nebenfunktion - bestimmt oder geeignet. Ein Gerätetreiber ist ein Programm, welches entweder als Bestandteil des Betriebssystems oder als ein davon unabhängiges Modul es anderen Programmen ermöglicht, auf eine angeschlossene Computerkomponente zuzugreifen. So werden für den Betrieb von Grafikkarten, Druckern, Computermäusen oder Soundkarten normalerweise Treiber benötigt (vgl www.netlexikon.de/Gerätetreiber.html). Unter Stapel- oder Batch-Verarbeitung versteht man vor allem das Abarbeiten von Programmen, die keine Benutzeraktivität erfordern. Man gibt einen Auftrag vor, der erledigt wird, ohne daß ein Benutzer weiter eingreifen muß (vgl www.netlexikon.de/Batch.html). Beiden Programmarten ist daher eigen, daß sie nicht im Dialog mit einem Benutzer, sondern automatisiert oder in Interaktion mit einem anderen Programm ablaufen, was es ausschließt, daß sie Zoom-Vorgänge generieren, bei denen ein Benutzer im Dialog mit dem Programm auf einem Bildschirm, Display etc Bilder oder Texte in ihrer Größe frei verändern kann. Zwar ist es auch möglich, daß im Rahmen eines Stapelverarbeitungsbetriebs Text- oder Bilddateien vergrößert oder verkleinert werden. Insofern handelt es sich jedoch um automatisierte, fest vorgegebene Formatanpassungen, nicht um das vom Benutzer im interaktiven Dialog mit dem Programm frei bestimmte Zoomen von Objekten im eigentlichen Sinn. Für den maßgeblichen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher derartiger spezieller Software besitzt daher das Wort "Zoom" insoweit keinen erkennbaren im Vordergrund stehenden produktbeschreibenden Begriffsinhalt.

Nachdem "Zoom" auch kein so geläufiges Wort ist, welches stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel für die in Rede stehenden Waren aufgefaßt wird, kann der angegriffenen Marke jedenfalls im Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag in bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren nicht die erforderliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden.

Aus den dargelegten Gründen kann das Markenwort "ZOOM" mangels einer konkret beschreibenden Bedeutung außerdem nicht im Verkehr zur Bezeichnung der Art, Beschaffenheit oder eines sonstigen Merkmals der vom derzeitigen Registerschutz noch erfaßten spezifizierten Software dienen, so daß auch das Schutzhindernis des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt nicht (mehr) vorliegt.

3. Für eine Auferlegung der Kosten des Beschwerdeverfahrens aus Billigkeitsgründen bestand keine Veranlassung (§ 71 Abs 1 MarkenG).

Dr. Hacker Fink Kirschneck Bb






BPatG:
Beschluss v. 04.05.2004
Az: 24 W (pat) 190/02


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