Bundespatentgericht:
Beschluss vom 20. September 2005
Aktenzeichen: 23 W (pat) 314/03
(BPatG: Beschluss v. 20.09.2005, Az.: 23 W (pat) 314/03)
Tenor
Das Patent wird mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:
Patentansprüche 1 bis 4, Beschreibung, Seiten 1, 2, 2a und 3 bis 7, diese Unterlagen überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 20. September 2005, Zeichnung, Figuren 1 bis 12 gemäß Patentschrift (Hilfsantrag 3).
Gründe
I Die Prüfungsstelle für Klasse G 09 B des Deutschen Patent- und Markenamts hat auf die am 23. März 2001 eingegangene Patentanmeldung das am 14. November 2002 veröffentlichte Patent 101 14 412 (Streitpatent) mit der Bezeichnung "Verfahren zur Erzeugung einer Straßennetzkarte sowie Verfahren und Vorrichtung zur Steuerung von Fahrzeugsystemen in einem Fahrzeug" erteilt.
Die Einsprechenden haben jeweils mit Schriftsatz vom 13. Februar 2003, beim Patentamt vorweg per Telefax eingegangenen am selben Tag (Einsprechend I), bzw mit Schriftsatz vom 13. Februar 2003, beim Patentamt eingegangenen am selben Tag (Einsprechende II), Einspruch erhoben und beantragt, das Streitpatent aus den Gründen des § 21 Abs 1 PatG (Einsprechende I) bzw nach § 59 Abs 1 iVm § 21 Abs 1 Nr 1 PatG (Einsprechende II) in vollem Umfang zu widerrufen. Zum Stand der Technik hat die Einsprechende I neben den im Prüfungsverfahren in Betracht gezogenen Druckschriften:
- DE 199 49 698 A1 (Druckschrift D1)
- DE 196 04 364 A1 (Druckschrift D2)
- US 4 760 531 (Druckschrift D3)
- EP 0 730 726 B1 (Druckschrift D4)
- EP 0 394 517 A1 (Druckschrift D5)
- WO 88/09916 A1 (Druckschrift D6), von denen die Druckschrift D1 einer gemäß § 3 Abs 2 Satz 1 Nr 1 als Stand der Technik geltenden nationalen Patentanmeldung mit älterem Zeitrang entspricht, zusätzlich folgende Druckschriften genannt:
- EP 1 098 168 A2 (Druckschrift D7)
- EP 1 096 229 A1 (Druckschrift D8)
- Patent Abstract of Japan und englischsprachige Computerübersetzung zur JP 09-185322 A (Druckschrift D9)
- Patent Abstract of Japan und englischsprachige Computerübersetzung zur JP 11-160078 A (Druckschrift D10)
- Patent Abstract of Japan und englischsprachige Computerübersetzung zur JP 2001-010524 A (Druckschrift D11)
- Bronstein et al "Taschenbuch der Mathematik", 4. Auflage, 1999, Verlag Harri Deutsch, Seiten VIII, IX, XXVIII, XXIX, 104, 105, 892 bis 897, 1094 und 1095 (Druckschrift D12)
- US 6 029 173 (Druckschrift D13) und - Patent Abstract of Japan und englischsprachige Computerübersetzung zur JP 09-304083 A (Druckschrift D14)
und die Auffassung vertreten, dass - der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents durch die Druckschriften D7 bis D9 jeweils neuheitsschädlich getroffen oder durch die Druckschrift D9 zumindest nahegelegt sei,
- der Gegenstand des nebengeordneten Patentanspruchs 4 des Streitpatents gegenüber dem Stand der Technik nach der Druckschrift D10 nicht neu bzw gegenüber dem Stand der Technik nach den Druckschriften D10 und D11 nicht erfinderisch sei und - der Gegenstand des nebengeordneten Patentanspruchs 8 des Streitpatents durch den Stand der Technik nach der Druckschrift D10 neuheitsschädlich getroffen oder zumindest nahegelegt sei bzw gegenüber dem Stand der Technik nach den Druckschriften D11 und D9 nicht erfinderisch sei.
Die Einsprechende II hat zum Stand der Technik die folgenden Druckschriften herangezogen:
- EP 0 789 225 A1 (Druckschrift E2)
- EP 0 394 517 A1 (Druckschrift E3)
- DE 41 24 654 A1 (Druckschrift E4)
- Stöcker "Taschenbuch mathematischer Formeln und moderner Verfahren", 3. Auflage, 1995, Verlag Harri Deutsch, Seiten 631 bis 637 (Druckschrift E5)
- Meyberg et al "Höhere Mathematik", Bd. 1 "Differential- und Integralrechnung, Vektor- und Matrizenrechnung", 1. korrigierter Nachdruck, 1990, Springer Verlag, Seite 369 (Druckschrift E6) und - EP 1 045 224 A2 (Druckschrift E7), von denen die Druckschrift E2 inhaltlich der vorgenannten Druckschrift D2 entspricht und die Druckschrift E3 mit der vorgenannten Druckschrift D5 identisch ist, sowie geltend gemacht,
- der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents gegenüber dem Stand der Technik nach den Druckschriften E2 und E5, der Druckschrift E6, den Druckschriften E2 und E3 bzw den Druckschriften E4 und E5 jeweils nicht erfinderisch sei,
- der Gegenstand des nebengeordneten Patentanspruchs 4 des Streitpatents durch den Stand der Technik nach der Druckschrift E2 nahegelegt sei und - der Gegenstand des nebengeordneten Patentanspruchs 8 des Streitpatents gegenüber dem Stand der Technik nach der Druckschrift E2 nicht neu bzw gegenüber dem Stand der Technik nach den Druckschriften E7 und E2, der Druckschrift E4 oder der Druckschrift E6 nicht erfinderisch sei.
In den Anmeldungsunterlagen ist von der Patentinhaberin zum Stand der Technik zudem die Druckschrift - "Richtlinien für die Anlage von Straßen (RAS)", Teil "Linienführung (RAS-L)", Abschnitt 1 "Elemente der Linienführung (RAS-L-1)", Ausgabe 1984 (Druckschrift A)
genannt worden.
Auf die Einsprüche hat die Patentinhaberin einen am 17. Oktober 2003 eingegangenen geänderten Patentanspruchs 8 vorgelegt. Ansonsten ist sie dem Einspruchsvorbringen in allen wesentlichen Punkten entgegengetreten.
Seitens des Senats sind zum Stand der Technik die Dokumente - Patent Abstract of Japan und englischsprachige Computerübersetzung zur japanischen Offenlegungsschrift 06-259567 (Druckschrift D15)
ins Verfahren eingeführt worden.
In der mündlichen Verhandlung vom 20. September 2005 hat die Patentinhaberin das Streitpatent gemäß Hauptantrag in der erteilten Fassung mit dem geänderten Patentanspruch 8 vom 17. Oktober 2003, hilfsweise mit Patentansprüchen 1 bis 12 nach Hilfsantrag 1, Patentansprüchen 1 bis 10 nach Hilfsantrag 2 bzw Patentansprüchen 1 bis 4 nach Hilfsantrag 3 verteidigt und die Auffassung vertreten, dass die Gegenstände der nebengeordneten Patentansprüche 1, 4 und 8 nach Hauptantrag, zumindest jedoch diejenigen der nebengeordneten Patentansprüche 1, 3 und 7 nach Hilfsantrag 1, bzw der Nebenansprüche 1 und 5 nach Hilfsantrag 2, bzw des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 3 durch den im Verfahren befindlichen Stand der Technik nicht patenthindernd getroffen seien.
Die Einsprechenden beantragen übereinstimmend, das Patent zu widerrufen.
Die Patentinhaberin stellt den Antrag, das Patent mit dem am 17. Oktober 2003 eingereichten geänderten Patentanspruch 8 - wobei im Anspruchstext die Wörter Fahrerassistenzsystems bzw Fahrerassistenzsystem durch die Wörter Fahrzeugsystems bzw Fahrzeugsystem ersetzt werden - und im Übrigen unverändert aufrechtzuerhalten, hilfsweise das Patent mit folgenden in der mündlichen Verhandlung vom 20. September 2005 eingereichten Unterlagen aufrechtzuerhalten:
Patentansprüche 1 bis 12 (Hilfsantrag 1), Patentansprüche 1 bis 10 (Hilfsantrag 2) bzw Patentansprüche 1 bis 4 mit insoweit angepasster und in der mündlichen Verhandlung überreichter Beschreibung, Seiten 1, 2, 2a und 3 bis 7 und Zeichnung, Figuren 1 bis 12 gemäß Patentschrift (Hilfsantrag 3).
Die nebengeordneten Patentansprüche 1, 4 und 8 nach Hauptantrag lauten:
"1. Verfahren zur Erzeugung einer Straßennetzkarte, insbesondere zur Verwendung in einem Navigationssystem (76), folgende Schritte umfassend:
a) Aufnahme von Stützstellen (14 bis 34) realer Straßenzüge (10, 12);
b) für jeweils zwei aufeinanderfolgende Stützstellen (14, 16) eines Straßenzugs, durch die ein Segment eines Straßenzugs definiert ist, Bestimmung, insbesondere Berechnen, der Parameter Anfangskrümmung (ka) und/oder Endkrümmung (ke) und Segmentlänge (d) einer zugeordneten Klothoide (36) durch folgende Teilschritte:
b1) Vorgabe eines maximal zulässigen Fehlers für die Krümmungsabweichung der berechneten Klothoide vom zugehörigen, realen Straßenzug;
b2) Berechnung des tatsächlichen Fehlers;
b3) falls der tatsächliche Fehler den maximal zulässigen Fehler überschreitet:
b31) Bildung zweier Untersegmente;
b32) Berechnung der Klothoidenparameter für diese Untersegmente undb33) Wiederholung der Fehlerprüfung;
b34) falls der tatsächliche Fehler den maximal zulässigen Fehler noch immer überschreitet:
Wiederholung der Schritte b31), b32), b33), bis der maximal zulässige Fehler unterschritten wird;
c) Ablegen der berechneten Parameter in einer Datenbank.
4. Verfahren zur Steuerung von Fahrzeugsystemen in einem Fahrzeug, wobei das Fahrzeug ein Navigationssystem aufweist, in dem in elektronischer Form eine Straßennetzkarte abgelegt ist, wobei die einzelnen Straßenzüge durch Klothoiden repräsentiert sind, wobei jeder Klothoide eine Anfangskrümmung und/oder eine Endkrümmung sowie eine Segmentlänge zugeordnet ist, folgende Schritte umfassend:
a) Bestimmung der Istposition des Fahrzeug innerhalb einer Klothoide;
b) Übertragung eines Informationssignals, das die Klothoidenparameter zumindest für den Rest der aktuellen Klothoide enthält, an eine Steuervorrichtung (88);
c) Ansteuerung zumindest eines Fahrzeugsystems (92, 94, 96) durch die Steuervorrichtung in Abhängigkeit der übertragenen Klothoidenparameter.
8. Vorrichtung zur Steuerung mindestens eines Fahrzeugsystems in einem Fahrzeug, umfassend:
- ein Navigationssystem (76) mit einer Datenbank, in der in elektronischer Form eine Straßennetzkarte abgelegt ist, wobei die einzelnen Straßenzüge durch Klothoiden repräsentiert sind;
- eine Ist-Positions-Bestimmungsvorrichtung (78) zur Bestimmung der Ist-Position des Fahrzeugs innerhalb der Klothoide; und - eine Prädiktionsvorrichtung (86), die mit dem Navigationssystem (76) und der Ist-Positions-Bestimmungsvorrichtung (78) verbunden ist, zur Bestimmung des Verlaufs einer vor dem Fahrzeug liegenden Strecke, wobei die Prädiktionsvorrichtung (86) ausgelegt ist, die Klothoidenparameter zumindest für den Rest der aktuellen Klothoide zu ermitteln, und wobei die Prädiktionsvorrichtung (86) zur Übertragung der Ergebnisse der Prädiktionsvorrichtung (86) mit mindestens einem Fahrzeugsystem (92, 94, 96) verbunden ist."
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 nach Hauptantrag nur dadurch, dass er im Anschluss an das Merkmal b34) zusätzlich die Merkmale des erteilten Patentanspruchs 2 enthält:
"b4) falls der in Schritt b2) berechnete tatsächliche Fehler den maximal zulässigen Fehler unterschreitet:
b41) Bildung eines übergeordneten Segments (56) durch:
- bei drei aufeinanderfolgenden Stützstellen (22, 24) eines Straßenzugs (10) Überspringen der mittleren Stützstelle (22) und Berechnung der neuen Klothoidenparameter für die zwei äußeren Stützstellen (20, 24); oder - Zusammenfassen zweier aufeinanderfolgender Klothoiden (44, 46) zu einer Klothoide (56);
b42) Berechnung der Klothoidenparameter für dieses übergeordnete Segment (56); undb43) Wiederholung der Fehlerprüfung;
b44) falls der tatsächliche Fehler den maximal zulässigen Fehler noch immer unterschreitet:
Wiederholung der Schritte b41), b42), b43), bis der maximal zulässige Fehler überschritten wird und Ablegen der vorletzten Klothoidenparameter in der Datenbank."
Die nebengeordneten Patentansprüche 3 und 7 nach Hilfsantrag 1 stimmen inhaltlich - wie auch die nebengeordneten Patentansprüche 1 und 5 nach Hilfsantrag 2 - mit den Nebenansprüchen 4 bzw 8 nach Hauptantrag überein.
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 enthält die Merkmale des Nebenanspruchs 8 nach Hauptantrag und zusätzlich die Merkmale der erteilten Unteransprüche 10 und 11:
"dass das Ergebnis der Prädiktionsvorrichtung einen oder mehrere der folgenden Parameter umfasst:
Statusinformation zur Erfassungsart des soeben vom Fahrzeug befahrenen Untergrunds; Gefahrenstelle; Aufenthaltsland; Fahrspuren in Fahrtrichtung; Fahrspuren entgegen der Fahrtrichtung; Kreuzungstyp; Anzahl Abfahrmöglichkeiten; Anzahl Auffahrmöglichkeiten; Entfernung zur Kreuzung; Entfernung zu einem ersten Punkt in Fahrtrichtung, der einen vorgebbaren Krümmungsradius unterschreitet; absolute oder relative Zeit; wahrscheinlichster Weg, den das Fahrzeug in einem Kreuzungsbereich nehmen wird; innerorts oder außerorts; Unterführung; Straßenklasse, unddass die Parameter in Parameterklassen eingeteilt sind und im Ergebnis der Prädiktionsvorrichtung eine erste Parameterklasse klothoidenweise zugeordnet wird und/oder eine zweite Parameterklasse mindestens zwei Klothoiden zugeordnet wird und/oder eine dritte Parameterklasse mindestens vier Klothoiden zugeordnet ist."
Wegen der Unteransprüche 2, 3, 5 bis 7 und 9 bis 13 nach Hauptantrag wird auf die Streitpatentschrift und wegen der Unteransprüche 2, 4 bis 6 und 8 bis 12 nach Hilfsantrag 1, der Unteransprüche 2 bis 4 und 6 bis 10 nach Hilfsantrag 2, der Unteransprüche 2 bis 4 nach Hilfsantrag 3 sowie weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II Die Zuständigkeit des Beschwerdesenats des Bundespatentgerichts für die Entscheidung über die Einsprüche ergibt sich aus § 147 Abs 3 Satz 1 Nr 1 PatG. Danach ist nicht das Patentamt, sondern das Patentgericht zuständig, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Einspruchsfrist nach dem 1. Januar 2002 zu laufen begonnen hat und der Einspruch vor dem 1. Juni 2006 eingelegt worden ist.
III Die form- und fristgerecht erhobenen Einsprüche sind zulässig. Die Einsprüche sind jedoch nur insoweit begründet, als sie nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung zur beschränkten Aufrechterhaltung des Streitpatents mit den Unterlagen gemäß Hilfsantrag 3 führen.
1. Zulässigkeit der Einsprüche Die Zulässigkeit der Einsprüche ist von der Patentinhaberin zwar nicht in Frage gestellt worden. Jedoch haben Patentamt und Gericht auch ohne Antrag der Patentinhaberin die Zulässigkeit von Einsprüchen in jedem Verfahrensstadium von Amts wegen zu überprüfen (vgl Schulte, PatG, 7. Aufl, § 59, Rdn 145).
Gegen die Zulässigkeit beider Einsprüche bestehen im vorliegenden Fall aber insofern keine Bedenken, als die Einsprechenden innerhalb der Einspruchsfrist ua gegenüber dem erteilten Patentanspruch 1 den Widerrufsgrund der fehlenden Patentfähigkeit geltend gemacht und die Tatsachen im einzelnen angegeben haben, die den jeweiligen Einspruch rechtfertigen (vgl § 59 Abs 1 Satz 4 PatG), indem sie in den Einspruchsschriftsätzen den erforderlichen Zusammenhang zwischen dem Stand der Technik ua nach der Druckschrift D7 (Einsprechende I) bzw nach den Druckschriften E2 und E5 (Einsprechende II) und sämtlichen Merkmalen des Patentanspruchs 1 des Streitpatents hergestellt haben (vgl hierzu BGH BlPMZ 1988, 250, Leitsatz 2, 251, li Sp, Abs 1 - "Epoxidation"; BGH Mitt 2004, 18, Amtlicher Leitsatz - "Automatisches Fahrzeuggetriebe"; Schulte, PatG, 7. Aufl, § 59 Rdn 77 bis 82).
2. Nichtvorliegen eines Ausschlussgrundes nach § 1 Abs 3 und 4 PatG Da gemäß den Patentansprüchen 1 nach Hauptantrag und Hilfsantrag 1 von einer iterativen Approximation von Straßenzügen durch Klothoiden - mithin von einer mathematischen Methode - Gebrauch gemacht wird, stellt sich insoweit die Frage eines Ausschlusses vom Patentschutz nach § 1 Abs 3 und 4 PatG idF vom 28. Februar 2005. Im Fall der vorliegenden Patentansprüche 1 nach Hauptantrag und Hilfsantrag 1 greift diese Ausschlussregel jedoch insofern nicht, als die beanspruchte iterativen Approximation von Straßenzügen bei Straßennetzkarten für Navigationssysteme allein durch Klothoiden der Lösung der ersichtlich technischen Aufgabe dient, gegenüber dem Stand der Technik, bei dem die Straßenzüge abschnittsweise mittels Geraden, Kreisbögen oder Klothoiden approximiert werden, die zu handhabende Datenmenge optimal zu reduzieren, um aus den Daten den Straßenverlauf vor dem Fahrzeug auch bei höherer Geschwindigkeit schnell genug berechnen und rechtzeitig steuernd in Fahrzeugsysteme eingreifen zu können. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung kommt es nämlich nicht darauf an, ob der Patentanspruch bei der Problemlösung auch auf die Verwendung einer mathematischen Methode bzw eines Algorithmus abstellt, sofern - wie vorliegend - Anweisungen beansprucht werden, mit denen ein konkretes technisches Problem gelöst wird (vgl BGH "Anbieten interaktiver Hilfe", Abschnitt II.4.a), Abs 1 und 2; "Rentabilitätsermittlung", Abschnitt III.4.a), Abs 1 und 2).
Das gilt ebenso für diejenigen unabhängigen Ansprüche nach Hauptantrag wie nach den Hilfsanträgen 1-3, die auf ein Verfahren bzw eine Vorrichtung zur Steuerung von Fahrzeugsystemen gerichtet sind.
3. Zulässigkeit der Patentansprüche Im Einspruchsverfahren ist die Zulässigkeit der Patentansprüche von Amts wegen auch dann zu überprüfen, wenn von Einsprechenden der Widerrufsgrund der unzulässigen Erweiterung - wie vorliegend - nicht geltend gemacht worden ist (vgl hierzu BGH Mitt 1995, 243, Leitsatz 2 - "Aluminium-Trihydroxid").
Die Zulässigkeit der Patentansprüche nach Hauptantrag und den Hilfsanträgen 1 und 2 kann insofern dahingestellt bleiben, als die Gegenstände der nebengeordneten Patentansprüche 1, 4 und 8 nach Hauptantrag, der nebengeordneten Patentansprüche 1, 3 und 7 nach Hilfsantrag 1 sowie der nebengeordneten Patentansprüche 1 und 5 nach Hilfsantrag 2 jeweils nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen (vgl BGH GRUR 1991, 120, 121 li Sp Abs 3 - "Elastische Bandage"), wie nachfolgend dargelegt wird.
Gegen die Zulässigkeit der Patentansprüche 1 bis 4 nach Hilfsantrag 3 bestehen keine Bedenken.
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 enthält neben den Merkmalen der erteilten Patentansprüche 8, 10 und 11 die konkretisierenden und beschränkenden Merkmale aus der Beschreibung, wonach eine Bestimmung der Ist-Position des Fahrzeugs innerhalb einer Klothoide vorgesehen ist bzw die Prädiktionsvorrichtung (86) ausgelegt ist, die Klothoidenparameter zumindest für den Rest der aktuellen Klothoide zu ermitteln (vgl die Streitpatentschrift, S 3, Z 5 bis 9 bzw S 3, Z 23 bis 28 iVm S 5, Z 49 bis 51).
Die Patentansprüche 2 bis 4 nicht Hilfsantrag 3 entsprechen inhaltlich - in dieser Reihenfolge - den erteilten Patentansprüchen 9, 12 bzw 13.
Die Merkmale der Patentansprüche 1 bis 4 nach Hilfsantrag 3 sind zudem auch durch den Offenbarungsgehalt der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen gedeckt.
4. Patentgegenstanda) Patentanspruch 1 nach Hauptantrag Nach den Angaben in der Beschreibungseinleitung des Streitpatents (vgl die Abs [0001] bis [0006]) liegt dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag ausgehend von den im Prüfungsverfahren zum Stand der Technik in Betracht gezogenen Druckschriften D1 bis D6 als technisches Problem die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Erzeugung einer Straßennetzkarte bereitzustellen, mit dem sehr genaue Ergebnisse bei optimal reduzierter Datenmenge ermöglicht werden. Insbesondere soll durch das Verfahren auch die Weiterverarbeitung der Daten für andere Zwecke erleichtert werden.
Diese Aufgabe wird mit dem Verfahren zur Erzeugung einer Straßennetzkarte nach dem Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag gelöst. Erfindungswesentlich ist dabei, dass nach der üblichen Aufnahme von Stützstellen realer Straßenzüge, zwischen denen jeweils ein Segment des Straßenzuges definiert ist, die realen Weg-Segmente durch Klothoiden dargestellt - dh approximiert - werden, da dies eine deutliche Reduktion der Datenmenge bei der Erzeugung der Straßennetzkarte ermöglicht (vgl die Streitpatentschrift, Abs [0010]). Werden reale Wegsegmente durch Klothoiden approximiert, so lässt sich deren gesamter Krümmungsverlauf bei bekannter Anfangs- und Endkrümmung sowie Länge der jeweiligen Klothoide anhand einfacher linearer Klothoiden-Krümmungs-Formeln berechnen (vgl die Streitpatentschrift, S 4, Abs [0045]). Bei der Approximation eines realen Wegsegments durch eine Klothoide brauchen daher nur die Anfangs- und Endkrümmung sowie die Länge der Klothoide abgespeichert zu werden, wodurch sich bei Anwendung der Straßennetzkarte die abzurufende Datenmenge entsprechend reduziert. Um sicherzustellen, dass die Approximation der realen Wegsegmente mittels Klothoiden eine gewünschte Genauigkeit aufweist, wird gemäß dem Patentanspruch 1 nach Hauptantrag ein maximal zulässiger Fehler für die Krümmungsabweichung der berechneten Klothoide vom zugehörigen realen Straßenzug-Wegsegment vorgegeben und der tatsächliche Fehler berechnet, wobei bei Überschreiten des maximal zulässigen Fehlers das Wegsegment in zwei Untersegmente unterteilt wird und die Fehlerprüfung für die Untersegmente wiederholt wird und diese Unterteilungs- und Fehlprüfungs-Prozedur wiederholt wird, bis der vorgegebene maximal zulässige Fehler unterschritten wird (vgl auch die Streitpatentschrift, S 5, Abs 0048]). Nach erfolgter Approximation lässt sich der Krümmungsverlauf des gesamten Wegsegments mit der gewünschten Genauigkeit schnell aus den gespeicherten Werten der Anfangs- und Endkrümmung sowie Länge der Klothoide errechnen (vgl die Streitpatentschrift, S 3, Abs [0018] und [0019] iVm S 5, Abs [0048]). Mit dem Verfahren nach dem Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag werden Straßenzüge mit beliebigem Krümmungsverlauf - einschließlich gerader oder kreisbogenförmiger Straßensegmente - durch Klothoiden dargestellt (vgl die Fig 7 mit der dazugehörigen Beschreibung im Abs [0058]).
b) Nebenansprüche 4 und 8 nach Hauptantrag Der Erfindung liegt ferner die Aufgabe zugrunde, eine Verfahren und eine Vorrichtung zur Steuerung mindestens eines Fahrzeugsystems in einem Fahrzeug bereitzustellen, wobei das Fahrzeug ein Navigationssystem aufweist (vgl S 2, Abs [0008] der Streitpatentschrift).
Diese Aufgabe wird hinsichtlich des Verfahrens mit dem Verfahren zur Steuerung von Fahrzeugsystemen in einem Fahrzeug nach dem nebengeordneten Patentanspruch 4 nach Hauptantrag bzw hinsichtlich der Vorrichtung mit der Vorrichtung zur Steuerung mindestens eines Fahrzeugsystems in einem Fahrzeug nach dem nebengeordneten Patentanspruch 8 nach Hauptantrag gelöst.
Denn danach enthält das Navigationssystem eine - mit dem Verfahren nach dem Patentanspruch 1 erzeugbare - Straßennetzkarte, bei der die realen Wegsegmente durch Klothoiden repräsentiert sind, wobei jeder Klothoide eine Anfangs- und/oder Endkrümmung sowie eine Segmentlänge zugeordnet sind. Nach Bestimmung der Ist-Position des Fahrzeugs innerhalb einer Klothoide lassen sich aus der Straßennetzkarte - wie vorstehend im Zusammenhang mit dem Patentanspruch 1 dargelegt - die Klothoidenparameter, insbesondere der Krümmungsverlauf, zumindest für den Rest der aktuellen Klothoide bereitstellen und den zu steuernden Fahrzeugsystemen zuführen, bei denen es sich gemäß dem Patentanspruch 9 nach Hauptantrag um eine automatische Lichtsteuerung, automatische Getriebesteuerung, automatische Distanzregelung, eine Klimaanlage oder eine HiFi-Anlage handeln kann (vgl hierzu auch die Streitpatentschrift, S 4, Abs [0028]).
c Hilfsanträge Bezüglich der Gegenstände der unabhängigen Ansprüche nach den Hilfsanträgen 1-3 wird auf die entsprechenden Ausführungen zur Patentfähigkeit verwiesen.
5. Patentfähigkeit Die - zweifelsohne gewerblich anwendbaren - Gegenstände der nebengeordneten Patentansprüche 1, 4 und 8 nach Hauptantrag, der nebengeordneten Patentansprüche 1, 3 und 7 nach Hilfsantrag 1 sowie der nebengeordneten Patentansprüche 1 und 5 nach Hilfsantrag 2 sind nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung zwar neu, beruhen jedoch gegenüber dem Stand der Technik nach den Druckschriften D13, D15 und E7 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des zuständigen Durchschnittsfachmanns, der hier als ein mit der Entwicklung und Herstellung von Navigationssystemen für den Straßenverkehr befasster, berufserfahrener Elektronikingenieur mit Hochschulabschluss zu definieren ist, der über die erforderlichen Kenntnisse auf dem Gebiet Informationstechnik, der Bildverarbeitung und der digitalen Kartographie verfügt.
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 3 ist gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik neu und beruht diesem gegenüber auch auf einer erfinderischen Tätigkeit des vorstehend definierten zuständigen Durchschnittsfachmanns.
A) Hauptantraga) Patentanspruch 1 Die Druckschrift D13 offenbart ein Verfahren zur Erzeugung einer Straßennetzkarte zur Verwendung in einem Navigationssystem (vgl Anspruch 1 iVm dem Abstract sowie dem Abschnitt "Summary of the Invention in den Sp 4 und 5), das folgende Schritte umfasst:
- Aufnahme von Stützstellen (end points LN(m) und RN(m), shape pointsSP(m)(1) bis SP(m)(n), temporary shape points TSP1 bis TSPn) realer Straßenzüge (vgl Sp 3, le Abs zu den Fig 3 und 5 bzw Sp 7, le Abs bis Sp 8, Abs 1 zur Fig 9);
- Bestimmung einer zugeordneten Bezier-Kurve für jeweils zwei aufeinanderfolgende Stützstellen (TSP1, TSP2) eines Straßenzugs, durch die ein Segment eines Straßenzugs (road portion) definiert ist, durch folgende Teilschritte:
-- Vorgabe eines maximal zulässigen Fehlers (threashold) für die Abweichung der Bezier-Kurve vom zugehörigen realen Straßenzug;
-- Berechnung des tatsächlichen Fehlers;
-- falls der tatsächliche Fehler den maximal zulässigen Fehler überschreitet:
--- Bildung zweier Untersegmente (select additional shape points);
--- Wiederholung der Fehlerprüfung;
--- falls der tatsächliche Fehler den maximal zulässigen Fehler noch immer überschreitet:
Wiederholung der beiden letzten Schritte bis der maximal zulässige Fehler unterschritten wird;
- Ablegen der so ermittelten Bezier-Kurven in einer Datenbank
(vgl Sp 8, Abs 2).
Dazu ist zu bemerken, dass es in der Druckschrift D13 zwar heißt, dass durch Bezier-Kurven S-Kurven, Kreisbögen, Parabelbögen und sogar gerade Linien approximierbar sind (vgl Sp 6, Abs 3), dass gemäß dieser Druckschrift letztlich aber nur nichtgerade Kurvenverläufe (otherthanstraight map features) durch Bezier-Kurven, gerade Streckenverläufe hingegen durch gerade Linien dargestellt werden (vgl Sp 3, Abs 3, Sp 4, le Abs bis Sp 5, Abs 1 und Sp 5, vorle Abs bis Sp 6, Abs 2).
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag unterscheidet sich von diesem Stand der Technik nach der Druckschrift D13 noch dadurch, dass bei ihm - sämtliche Kurvenverläufe einschließlich von Geraden ausschließlich durch Klothoiden dargestellt werden,
- wobei deren Parameter Anfangskrümmung und/oder Endkrümmung sowie Segmentlänge bestimmt - insbesondere berechnet - und bei Nichtüberschreiten des maximal zulässigen Fehlers in der Datenbank abgelegt werden.
Dies beruht jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Ausweislich der ein Verfahren zur Interpolation freier Kurven betreffenden Druckschrift D15 ist die Approximation von Kurvenverläufen durch Bezier-Kurven nämlich insofern von Nachteil, als diese Kurvenverläufe durch dazugehörige Raumkoordinaten (X coordinate, Y coordinate) wiedergäben, aus denen sich Kurvenparameter wie Länge (line length) und Krümmung (curvature) nur kompliziert berechnen ließen, wobei die Approximation zudem ungenau sei (vgl die Computerübersetzung, Abs [0002] und [0003]). Zur Vermeidung dieser Nachteile schlägt die Druckschrift D15 eine Darstellung sämtlicher Kurvenverläufe - einschließlich von Geraden - ausschließlich durch Klothoiden vor (vgl die Computerübersetzung, Abs [0019] iVm Anspruch 1 bzw das Patent Abstract of Japan).
Es beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, wenn der Fachmann diese aus der Druckschrift D15 bekannte Darstellung sämtlicher Kurvenverläufe durch Klothoiden um der bekannten Vorteile willen auch bei dem Verfahren nach der Druckschrift D13 - anstelle der dortigen Darstellung durch Bezier-Kurven - anwendet und hierbei für die Abweichung der Krümmung der Klothoide von derjenigen des realen Straßenzugs einen maximal zulässigen Fehler vorgibt.
Soweit der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag zusätzlich eine Bestimmung und Abspeicherung der Klothoidenparameter Anfangskrümmung und/oder Endkrümmung sowie Segmentlänge vorsieht, dient dies der Berechnung des Krümmungsverlaufs der den Straßensegmenten zugeordneten Klothoidensegmente mittels einer Formel, die diese Parameter enthält (vgl die Streitpatentschrift, S 4, Abs [0045] iVm den nebengeordneten Patentansprüchen 4 und 8 nach Hauptantrag). Eine patentbegründende Bedeutung ist dem insofern nicht beizumessen, als die ein kartengestütztes Verfahren zur Fahrzeugführungsinformationserzeugung offenbarende Druckschrift E7 auch bereits eine "vorausschauende" Bereitstellung der Kurvenradien von Straßensegmenten vorsieht (vgl dort S 7, Abs [0032] bis [0034]), wobei die besagte Formel vom Fachmann - bei Anwendung elementarer Analytikkenntnisse - auch ohne weiteres herleitbar ist (Wegen der linearen Abhängigkeit zwischen Krümmung k und Klothoidenlänge s erhält man bei Darstellung der Krümmung k als Funktion der Klothoidenlänge s nämlich eine Gerade, deren Steigung bekanntlich als Quotient aus der Differenz zweier Krümmungswerte - entsprechend einer Endkrümmung ke und einer Anfangskrümmung ka eines Klothoidensegments - und der Differenz der dazugehörigen Klothoidenlängen se und sa - entsprechend der Länge d des Klothoidensegments - darstellbar ist. Durch Multiplikation der Steigung mit der Klothoidenlänge s erhält man dann eine Formel mit den Klothoidenparametern Anfangskrümmung ka, Endkrümmung ke und Segmentlänge d, mit der sich der Krümmungsverlauf des Klothoidensegments berechnen lässt. Wird die Klothoidenlänge s aber nicht ab dem Anfangspunkt der Klothoide - dh dem Nullpunkt der Geraden -, sondern ab dem Anfangspunkt sa des Klothoidensegments gemessen - bei dem die Klothoide die Krümmung ka aufweist -, so ist in der Formel dem Produkt aus Steigung und Klothoidenlänge s ersichtlich die Anfangskrümmung ka hinzuzuaddieren, damit die Formel für den Anfangspunkt sa des Klothoidensegments die dazugehörige Anfangskrümmung ka ergibt).
Das Verfahren zur Erzeugung einer Straßennetzkarte nach dem Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag ist daher mangels einer erfinderischen Tätigkeit nicht patentfähig.
b) Nebenanspruch 4 Die Druckschrift E7 offenbart ua ein Verfahren zur Steuerung von Fahrzeugsystemen in einem Fahrzeug (Verfahren zur Fahrzeugführungsinformationserzeugung), das ein Navigationssystem aufweist, in dem in elektronischer Form eine Straßennetzkarte abgelegt ist, wobei das Verfahren folgende Schritte umfasst:
- Bestimmung der Istposition des Fahrzeugs innerhalb des gerade befahrenen Streckenabschnitts;
- Übertragung eines Informationssignals, das die Streckenparameter zumindest für den Rest des gerade befahrenen Streckenabschnitts enthält, an eine Steuervorrichtung;
- Ansteuerung zumindest eines Fahrzeugsystems durch die Steuervorrichtung in Abhängigkeit von den übertragenen Streckenparametern
(vgl Anspruch 3 iVm Sp 4, le Abs bis Sp 5, Abs 1, Sp 6, Z 22 bis 56 zur Fig 1 und Sp 11, le Abs bis Sp 13, Z 4 zur Fig 5).
Der Gegenstand des nebengeordneten Patentanspruchs 4 nach Hauptantrag unterscheidet sich hiervon im wesentlichen dadurch, dass bei ihm die einzelnen Straßenzüge durch Klothoiden repräsentiert sind, wobei jeder Klothoide eine Anfangskrümmung und/oder eine Endkrümmung und eine Segmentlänge zugeordnet ist.
Dies ist dem Fachmann jedoch - wie vorstehend im Zusammenhang mit dem Patentanspruch 1 nach Hauptantrag dargelegt - bei Einbeziehung der Druckschriften D13 und D15 nahegelegt.
Das Verfahren zur Steuerung von Fahrzeugsystemen in einem Fahrzeug nach dem nebengeordneten Patentanspruch 4 gemäß Hauptantrag ist demnach ebenfalls nicht patentfähig.
c) Nebenanspruch 8 Die Druckschrift E7 offenbart auch eine Vorrichtung zur Steuerung mindestens eines Fahrzeugsystems in einem Fahrzeug, umfassend:
- ein Navigationssystem mit einer Datenbank, in der in elektronischer Form eine Straßennetzkarte abgelegt ist;
- eine Ist-Positions-Bestimmungsvorrichtung zur Bestimmung der Ist-Position des Fahrzeugs innerhalb des gerade befahrenen Streckenabschnitts;
und - eine Prädiktionsvorrichtung, die mit dem Navigationssystem und der Ist-Positions-Bestimmungsvorrichtung verbunden ist, zur Bestimmung des Verlaufs einer vor dem Fahrzeug liegenden Strecke, wobei die Prädiktionsvorrichtung ausgelegt ist, die Streckenparameter zumindest für den Rest des aktuellen Streckenabschnitts zu ermitteln, und wobei die Prädiktionsvorrichtung zur Übertragung der Ergebnisse der Prädiktionsvorrichtung mit mindestens einem Fahrzeugsystem verbunden ist
(vgl Anspruch 3 iVm Sp 4, le Abs bis Sp 5, Abs 1, Sp 6, Z 22 bis 56 zur Fig 1 und Sp 11, le Abs bis Sp 13, Z 4 zur Fig 5).
Der Gegenstand des nebengeordneten Patentanspruchs 8 nach Hauptantrag unterscheidet sich hiervon im wesentlichen dadurch, dass bei ihm die einzelnen Straßenzüge durch Klothoiden repräsentiert sind, wobei die Prädiktionsvorrichtung die Klothoidenparameter zumindest für den Rest der aktuellen Klothoide ermittelt.
Dies ist jedoch insofern nicht erfinderisch, als dem Fachmann bei Einbeziehung der Druckschriften D13 und D15 - wie vorstehend zum Patentanspruch 1 nach Hauptantrag dargelegt - die Darstellung von Straßensegmenten durch Klothoiden und die "vorausschauende" Bereitstellung der Kurvenradien der Klothoiden nahegelegt ist.
Die Vorrichtung zur Steuerung mindestens eines Fahrzeugsystems in einem Fahrzeug nach dem nebengeordneten Patentanspruch 8 gemäß Hauptantrag ist daher auch nicht patentfähig.
d) Unteransprüche Mit den nebengeordneten Patentansprüchen 1, 4 und 8 nach Hauptantrag fallen wegen der Antragsbindung auch die darauf zurückbezogenen Unteransprüche 2, 3, 5 bis 7 und 9 bis 13 nach Hauptantrag.
B) Hilfsantrag 1 a) Patentanspruch 1 Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 nach Hauptantrag nur durch die zusätzliche Aufnahme der Merkmale des erteilten Unteranspruchs 2. Soweit der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 inhaltlich mit dem Patentanspruch 1 nach Hauptantrag übereinstimmt, wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die vorstehenden Ausführungen zum Patentanspruch 1 nach Hauptantrag verwiesen. Wie dort bereits dargelegt worden ist, ist die im Patentanspruch 1 nach Hauptantrag vorgesehene iterative Approximation unter Bildung von Untersegmenten bei Überschreiten des maximal zulässigen Fehlers durch die Druckschrift D13 nahegelegt. Die in den Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 zusätzlich aufgenommenen Merkmale des erteilten Unteranspruchs 2 sind insofern nicht erfinderisch, als sie demgegenüber lediglich eine entsprechende iterative Approximation unter Bildung von Übersegmenten bei Unterschreiten des maximal zulässigen Fehlers - dh von der anderen Seite des maximal zulässigen Fehlers her - vorsehen, wobei die Bildung von Übersegmenten zudem durch die Druckschrift D15 nahegelegt ist, gemäß der die Zusammenfassung von zwei oder mehr Segmenten zu einem einzigen Segment nämlich zu einer Verringerung der Datenmenge führt (data are compressed, vgl die Computerübersetzung, Abs [0009], le Satz).
Das Verfahren zur Erzeugung einer Straßennetzkarte nach dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 ist daher ebenfalls mangels einer erfinderischen Tätigkeit nicht patentfähig.
b) Nebenansprüche 3 und 7 Die nebengeordneten Patentansprüche 3 und 7 nach Hilfsantrag 1 sind inhaltlich mit den nebengeordneten Patentansprüchen 4 und 8 nach Hauptantrag identisch, deren Gegenstände - wie dargelegt - nicht patentfähig sind.
Das Verfahren und die Vorrichtung zur Steuerung von mindestens einem Fahrzeugsystem in einem Fahrzeug nach den nebengeordneten Patentansprüchen 3 bzw 7 gemäß Hilfsantrag 1 sind daher auch nicht patentfähig.
c) Unteransprüche Mit den nebengeordneten Patentansprüchen 1, 3 und 7 nach Hilfsantrag 1 fallen auch die darauf zurückbezogenen Unteransprüche 2, 4 bis 6 und 8 bis 12 nach Hilfsantrag 1.
C) Hilfsantrag 2 a) Patentansprüche 1 und 5 Die nebengeordneten Patentansprüche 1 und 5 nach Hilfsantrag 2 stimmen inhaltlich völlig mit den nebengeordneten Patentansprüche 4 bzw 8 nach Hauptantrag überein.
Die Gegenstände der nebengeordneten Patentansprüche 1 und 5 nach Hilfsantrag 2 sind daher - wie diejenigen der Patentansprüche 4 bzw 8 nach Hauptantrag - nicht patentfähig.
b) Unteransprüche Mit den nebengeordneten Patentansprüchen 1 und 5 nach Hilfsantrag 2 fallen auch die darauf direkt oder indirekt zurückbezogenen Unteransprüche 2 bis 4 bzw 6 bis 10 nach Hilfsantrag 2.
D) Hilfsantrag 3 a) Patentanspruch 1 Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 enthält die Merkmale der Patentansprüche 8, 10 und 11 nach Hauptantrag. Der dem Patentanspruch 8 nach Hauptantrag entsprechende Teil des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 3 ist zwar - wie dargelegt - durch die Druckschriften D 13, D15 und E7 nahegelegt. Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung erhält der Fachmann jedoch durch den gesamten im Verfahren befindlichen Stand der Technik - soweit dieser vorveröffentlicht ist - jedenfalls keine Anregung zu den in den Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 zusätzlich aufgenommenen Merkmalen des Patentanspruchs 11 nach Hauptantrag, wonach die Parameter in Parameterklassen eingeteilt sind und im Ergebnis der Prädiktionsvorrichtung eine erste Parameterklasse klothoidenweise zugeordnet wird und/oder eine zweite Parameterklasse mindestens zwei Klothoiden zugeordnet wird und/oder eine dritte Parameterklasse mindestens vier Klothoiden zugeordnet ist.
Die Vorrichtung zur Steuerung mindestens eines Fahrzeugsystems in einem Fahrzeug nach dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 ist daher patentfähig.
b) Unteransprüche An den Patentanspruch 1 können sich die darauf zurückbezogenen Unteransprüche 2 bis 4 nach Hilfsantrag 3 anschließen, die vorteilhafte und nicht selbstverständliche Ausführungsarten des Gegenstands des Patentanspruchs 1 betreffen.
c) Beschreibung In der Beschreibung zum Hilfsantrag 3 ist der maßgebliche Stand der Technik, von dem die Erfindung ausgeht, und die beanspruchte Vorrichtung zur Steuerung mindestens eines Fahrzeugsystems in einem Fahrzeug anhand der Zeichnung ausreichend erläutert.
Das Patent war daher mit den Unterlagen gemäß Hilfsantrag 3 beschränkt aufrechtzuerhalten.
Dr. Tauchert Dr. Gottschalk Knoll Lokys Be
BPatG:
Beschluss v. 20.09.2005
Az: 23 W (pat) 314/03
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