Bundespatentgericht:
Beschluss vom 30. Juli 2008
Aktenzeichen: 26 W (pat) 61/07
(BPatG: Beschluss v. 30.07.2008, Az.: 26 W (pat) 61/07)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I Für die Dienstleistungen
"Reisewerbung; Reisewerbung im Internet für Dritte; Vermietung von Werbeflächen im Internet (Bannerexchange); Marktforschung in Bezug auf Reisen; Bereitstellen des Zugriffs von Reiseinformationen im Internet; Beförderung von Reisenden, Reisereservierungen und -buchungen; Veranstaltung von Reisen und Ausflugsfahrten; Reisebegleitung; Betrieb einer Suchmaschine im Internet für Reisen"
ist die Wortmarke 306 53 454.1 TravelSumoangemeldet worden.
Die Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung durch eine Prüferin des höheren Dienstes zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, der angemeldeten Marke fehle jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Der gesamte Begriff erschließe sich den Verbrauchern sofort als "Sumo-Reise". Es dränge sich die inhaltsbeschreibende Bedeutung geradezu auf, dass es sich um Reise- und Touristikdienstleistungen für Sumobegeisterte handele, bei denen Reisen zu Sumo-Veranstaltungen und Dienstleistungen in Zusammenhang mit dem Sumo-Sport angeboten würden. Wegen dieser im Vordergrund stehenden Bedeutung der Sachbezeichnung habe der Verkehr keine Veranlassung, spekulative Betrachtungen über mögliche weitere Interpretationsmöglichkeiten des Begriffs anzustellen. Eine lexikalische Belegbarkeit des angemeldeten Begriffs sei nicht erforderlich, sofern es sich um eine sprachüblich gebildete und beschreibende Wortneuschöpfung handele. Darüber hinaus sei die Verbindung von "travel" mit einer auf einer Reise angebotenen Sportveranstaltung auf dem Markt üblich, wie die Beispiele "travelgolf" oder "travelsport" zeigten. Bei "TravelSumo" handele es sich deshalb ebenfalls um eine wenig fantasievolle Aussage, die keinen betrieblichen Herkunftshinweis enthalte. Ob die angemeldete Marke daneben auch noch einem Freihaltebedürfnis unterliege, könne dahingestellt bleiben.
Hiergegen wendet sich Anmelderin mit der Beschwerde. Sie vertritt die Auffassung, es gebe in Deutschland nur eine verschwindend geringe Anzahl von Menschen, die eine Reise nach Japan speziell wegen der Sumo-Kämpfe in Erwägung ziehen würden. Deshalb habe die Markenstelle auch nur einen einzigen Anbieter derartiger Reisen im deutschsprachigen Raum nachweisen können. Insbesondere für die Dienstleistung "Betrieb einer Suchmaschine" dränge sich aufgrund der Unbekanntheit bzw. Unüblichkeit des Begriffs "Sumo-Reisen" nicht der Gedanke an eine inhaltliche Beschreibung auf. Auch falls die angesprochenen Verkehrskreise die Marke "TravelSumo" überhaupt mit der japanischen Kampfsportart assoziierten und nicht als Fantasiebegriff ansehen würden, seien verschiedene Interpretationen möglich wie z. B. Ringkampf um die beste Reise oder dass die Suche nach der besten/billigsten Reise wie bei einem Sumo-Ringkampf nur wenige Sekunden dauere. Eine sprachübliche Bildung liege bei der angemeldeten Marke nicht vor, da die Verbindung des Begriffs "travel" mit einem nachgestellten Reiseziel oder einer nachgestellten Sportveranstaltung nicht üblich sei. Im Vergleich zu den von der Markenstelle genannten Wortkombinationen "travelgolf" und "travelsport" erscheine "Sumo" außerdem als äußerst unübliche Sportart. Die wörtliche Übersetzung von "TravelSumo" laute nicht "Sumo-Reisen", sondern "ReiseSumo". Selbst wenn hinsichtlich "TravelSumo" von einem Grenzfall auszugehen wäre, sei zu prüfen, ob und inwieweit eine Monopolisierung der angemeldeten Marke mit den schutzwürdigen Interessen der Allgemeinheit in Einklang zu bringen sei. Dies sei bei "TravelSumo" der Fall, da der Verwendung der Bezeichnung "Sumo-Reisen" oder "Sumo-Travel" nichts entgegenstehen würde.
Die Anmelderin beantragt daher sinngemäß, den Beschluss der Markenstelle aufzuheben.
II Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet, da die angemeldete Marke nicht unterscheidungskräftig ist (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) und zudem einem Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG unterliegt.
Unterscheidungskraft im Sinne der vorstehend genannten Bestimmung weist eine Marke dann auf, wenn sie geeignet ist, die Waren und/oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie somit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH GRUR 2004, 1027,1029 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice). Auch dieses Eintragungshindernis ist im Lichte des Allgemeininteresses auszulegen, das ihm zugrunde liegt, und das darin besteht, den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr zu gewährleisten (vgl. EuGH GRUR 2002, 804, 805, 809 - Philips). Für kennzeichnungsrechtliche Monopole ist damit nur Raum, wenn diese geeignet sind, dem Verbraucher die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und/oder Dienstleistungen zu garantieren und damit die Herkunftsfunktion der Marke zu erfüllen (vgl. EuGH GRUR 2001, 1149 - BRAVO). Kann demnach einer Marke ein für die fraglichen Waren und/oder Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsgehalt zugeordnet werden oder handelt es sich sonst um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so ergibt sich daraus ein tatsächlicher Anhalt dafür, dass ihr jegliche Unterscheidungskraft fehlt (vgl. BGH a. a. O. - Cityservice).
Wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, stellt der Bestandteil "Travel" die englische, auch im Inland in seiner Bedeutung ohne weiteres erkennbare Bezeichnung für "Reise" dar, der Bestandteil "Sumo" bezeichnet eine aus Japan stammende Form des Ringkampfs (vgl. http://de.wikipedia.org/...). Auch die Zusammenfügung der beiden Bezeichnungen ist sprachüblich. Maßgeblich für die Schutzfähigkeit zusammengesetzter Ausdrücke ist, ob der durch die Kombination bewirkte Gesamteindruck über die Zusammenfügung beschreibender Elemente hinausgeht oder sich in deren bloßer Summenwirkung erschöpft (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 678 - Postkantoor; GRUR 2004, 680, 681 BIOMILD; GRUR Int. 2005, 1012, 1014 - BioID). Letzteres ist vorliegend der Fall. Der Zusammensetzung "TravelSumo" wird der Verkehr in Zusammenhang mit den beanspruchten Reisedienstleistungen und auf Reisen bezogene Computerdienstleistungen ohne Weiteres entnehmen, dass es sich um Reisen bzw. um damit verknüpfte Dienstleistungen (auch im Internet, z. B. Suchmaschinen) handelt, die in Zusammenhang mit "Sumo"-Ringkämpfen stehen. Zum einen ist entgegen der Auffassung der Anmelderin davon auszugehen, dass "Sumo" auch hierzulande breiten Verkehrskreisen als japanische Ringkampfsportart geläufig ist - so werden auf Sportkanälen u. a. auch gelegentlich Sumo-Ringkämpfe gezeigt (es gibt auch eine deutsche Website www.sumoinfo.de). Zum anderen ist durch den von der Markenstelle übersandten Recherche-Auszug aus www.sumoreisen.de klar belegt, dass Reisen angeboten werden, bei denen der Besuch von Sumo-Wettkämpfen im Vordergrund steht. Selbst wenn hierfür nur ein einziger Anbieter existieren sollte, ändert dies nichts am Vorliegen eines beschreibenden Sinngehalts. Dass die angemeldete Marke eine Wortneuschöpfung darstellt, die lexikalisch nicht nachweisbar ist, hindert nicht die Annahme einer fehlenden Unterscheidungskraft. Es gilt zu berücksichtigen, dass der Verkehr daran gewöhnt ist, in der Werbung ständig mit neuen Begriffen konfrontiert zu werden, durch die ihm sachbezogene Informationen lediglich in einprägsamer Form übermittelt werden sollen. Ebenso ist bekannt, dass sich solche Kreationen gerade nicht an grammatikalische Regeln oder einem ausgeprägten Stilempfinden orientieren. Dass eine Angabe neuartig, ungewohnt und fremdsprachig ist, schließt ihre sachbezogene Eigenschaft nicht aus. Selbst wenn vorliegend aufgrund der deutschen Wortbildungsregeln und nach dem deutschen Wortverständnis die Reihenfolge "SumoTravel" möglicherweise naheliegender wäre, ist dies für das Verständnis als beschreibende Angabe unschädlich. Es handelt sich hierbei nämlich um die schlagwortartige Aneinanderreihung zweier beschreibender Begriffe, deren beschreibender Aussagegehalt insgesamt ohne weiteres Nachdenken für den unbefangenen Durchschnittsverbraucher hervortritt (vgl. EuGH GRUR 2004, 146 - DOUBLEMINT; GRUR 2004, 680 - BIOMILD; GRUR 2004, 674 - Postkantoor; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 8 Rdnr. 94 m. w. N.), Ein merklicher relevanter Unterschied zwischen der Neubildung und der Summe der Bestandteile ist nicht erkennbar; er würde sprachliche oder begriffliche Besonderheiten voraussetzen, welche die gewählte Verbindung als ungewöhnlich erscheinen lassen (vgl. auch EuGH GRUR Int. 2003, 548 - BioID). Hierfür besteht vorliegend kein Anhaltspunkt. Zudem belegen die von der Markenstelle angeführten Beispiele "travelgolf" und "travelsport", dass eine entsprechende Wortbildung - mit Voranstellung des Bestandteils "travel" und Nachstellung einer Sportart - durchaus Verwendung findet. Dass neben dem Sinngehalt "SumoReise" noch andere mögliche Interpretationen von "TravelSumo" gegeben sein können, hindert die Annahme einer Schutzunfähigkeit ebenso wenig (vgl. EuGH a. a. O. - DOUBLEMINT), da diese von der Anmelderin dargelegten Interpretationsmöglichkeiten sehr viel fernliegender sind und einer analysierenden Betrachtungsweise bedürfen, die der Verbraucher in der Regel nicht anstellt (vgl. BGH GRUR 1995, 269, 270 - U-KEY; GRUR 2001, 162, 163 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION).
Eine fehlende Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist damit vollumfänglich zu bejahen, sodass die Frage eines fehlenden Freihaltebedürfnisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG im Ergebnis dahingestellt bleiben könnte. Da der beschreibende Aussagegehalt der angemeldeten Bezeichnung "TravelSumo" indes so deutlich und unmissverständlich hervortritt, dass sie ihre Funktion als Sachbegriff ohne weiteres erfüllen kann, ist eine derartige Bezeichnung den Mitbewerbern als beschreibende Angabe zur freien Verwendung offenzuhalten (vgl. BPatG GRUR 2004, 873, 874 - FRISH). Unbehelflich erscheint in diesem Zusammenhang, dass mögliche Mitbewerber auf andere Wortzusammenstellungen, die den gleichen Sinngehalt ausdrücken, ausweichen können (vgl. EuGH a. a. O. - Postkantoor).
Der Beschwerde war nach alldem der Erfolg zu versagen.
Dr. Fuchs-Wissemann Reker Kopacek Bb
BPatG:
Beschluss v. 30.07.2008
Az: 26 W (pat) 61/07
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