Bundespatentgericht:
Beschluss vom 25. Mai 2004
Aktenzeichen: 33 W (pat) 22/02
(BPatG: Beschluss v. 25.05.2004, Az.: 33 W (pat) 22/02)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I Die Bezeichnung Top Care-Plussoll für die Dienstleistungen der Klasse 36
"Versicherungswesen; Vermittlung von Versicherungen"
als Wortmarke in das Register eingetragen werden.
Die Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung nach den Bestimmungen der §§ 37 Abs 1, 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG zurückgewiesen, weil ihr die erforderliche Unterscheidungskraft fehle. Die angemeldete Marke bestehe aus einer Aneinanderreihung der schutzunfähigen Begriffe "Top = beste", "Care = engl. Vorsorge" und "Plus" als Werbebeiwort, das eine Steigerung angebe, die auch in der Gesamtheit nicht geeignet sei, die Dienstleistungen der Anmelderin von an sich identischen Dienstleistungen ihrer Mitbewerber als Hinweis auf deren betriebliche Herkunft unterscheidbar zu machen. In Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen stelle die angemeldete Marke eine werbemäßig formulierte Angabe der Art des angebotenen Produkts dar, nämlich einer erstklassigen Versicherung mit erweitertem Leistungsumfang.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Zur Begründung trägt sie im wesentlichen vor, daß auf dem Gebiet des Versicherungswesens 35 Marken mit dem Bestandteil "care" eingetragen seien, ohne daß diese zusätzliche Unternehmensbezeichnungen enthielten. Insbesondere sei die angemeldete Marke mit der eingetragenen Marke "Vario Care" vergleichbar. Die genannten Marken seien zu Recht eingetragen. Aufgrund des Grundsatzes der Gleichbehandlung bestehe ein Anspruch, auch die Marke "Top Care-Plus" einzutragen. Die Verwendung des Bestandteils "care" durch viele Versicherungsanbieter habe dazu geführt, daß die angesprochenen Verkehrskreise genau auf die Unterschiede der Zeichen und damit auf die Gesamtheit der Marke und nicht auf die einzelnen Bestandteile achteten. Die von der Markenstelle übersandten Ergebnisse einer Internetrecherche könnten die Argumentation der Markenstelle nicht stützen, weil beispielsweise das Zeichen "step care" als Gemeinschaftsmarke angemeldet worden sei.
Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.
Sie regt die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II Die Beschwerde ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Die Markenstelle hat die Anmeldung zu Recht gemäß §§ 37 Abs 1, 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG zurückgewiesen. Die angemeldete Marke ist von der Eintragung in das Markenregister ausgeschlossen, weil ihr jegliche Unterscheidungskraft fehlt.
1. Unterscheidungskraft iSv § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Kann demnach einer Wortmarke ein für die fraglichen Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden oder handelt es sich um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so ergibt sich daraus ein tatsächlicher Anhalt dafür, daß ihr jegliche Unterscheidungskraft fehlt (stRspr; BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2001, 1153, 1154 - antiKALK zuletzt GRUR 2003, 1050 - Cityservice sowie EuGH C-265/00, MarkenR 2004, 111 - BIOMILD). Das ist hier der Fall.
Die angemeldete Marke beschreibt in ihrer Gesamtheit die Art bzw konkrete Merkmale der Dienstleistungen, für die die Eintragung begehrt wird. Für den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Abnehmer von Versicherungsleistungen bzw. deren Vermittlung besagt "Top Care-Plus" in erster Linie, daß die Versicherungen eine Spitzenbetreuung bzw. - pflegeversorgung betreffen und zusätzliche leistungsbezogene Vorzüge enthalten. Die Gesamtaussage ist dabei in nicht unüblicher schlagwortartiger Weise zur beschreibenden Sachinformation gebildet.
Mit "Top" wird im deutschen wie im englischen Sprachgebrauch eine Spitzenstellung oder Spitzenleistung bezeichnet, die mit weiteren Wörtern oder Leistungsbezeichnungen zu entsprechenden Gesamtbegriffen wie z.B. Top Management, Top Performance, Top Ten, Top News, Topthema verbunden wird.
"Care" bedeutet als Substantiv im Englischen zwar nicht unmittelbar "Vorsorge", wie die Anmelderin zutreffend hervorgehoben hat, sondern "Sorge, Sorgfalt, Vorsicht, Betreuung, Pflege, Versorgung, Fürsorge, Obhut, Fürsorglichkeit" (vgl DUDEN OXFORD Großwörterbuch Englisch, 1990, 122; PONS Collins Großwörterbuch Deutsch-Englisch, Englisch-Deutsch, Ausgabe 1997, 989 f). In Verbindung mit dem Wort "Top" und den beanspruchten Dienstleistungen steht "Top Care" für die angesprochenen Verkehrskreise eindeutig in seiner Bedeutung von "Top Pflege", bzw "Betreuung der Spitzenklasse'" als nächstliegender Übersetzung im Vordergrund, ohne daß hierfür analysierende Betrachtungen oder Überlegungen erforderlich sind. Das englische Wort "care" gehört zum Grundwortschatz. Vor allem wird es bereits im inländischen Geschäftsverkehr im Zusammenhang mit Produkten und Dienstleistungen der medizinischen Versorgung sowie auf dem Gebiet der Gesundheits- und Schönheitspflege in seiner Bedeutung von "Pflege, (medizinischer) Versorgung, Betreuung" als Hinweis auf die Art, die bestimmungsgemäße Verwendung oder den Gegenstand der Produkte und Leistungen eingesetzt. Angesichts der Bedeutung von Kranken- und Pflegeversicherungen sowie der aktuellen Diskussion über den Umfang einer Grundversorgung bzw. der Absicherung von Zusatzleistungen verwenden Anbieter von Versicherungen den umfassenden und international breit einsetzbaren Begriff "Care" ebenfalls beim inländischen Angebot ihrer Produkte. Außerdem ist festzustellen, daß es in der beschreibenden Werbesprache nicht unüblich ist, durch das nachgestellte Wort "Plus" gerade im Bereich von Versicherungs-, Renten-, Spar- und Anlageprodukten darauf hinzuweisen, daß das konkrete Produkt gegenüber dem Standardangebot zusätzliche Leistungen oder Vorteile finanzieller, steuerlicher oder versicherungstechnischer Art aufweist.
Tritt die angemeldete Marke "Top Care-Plus" dem inländischen Verkehr somit als Sachhinweis auf "Top Pflegeversicherungen mit Zusatzleistungen" entgegen, so erscheint die angemeldete Bezeichnung auch unter Anlegung der gebotenen großzügigen Betrachtung als betriebliches Unterscheidungsmerkmal nicht geeignet. Da sich die angemeldete Marke darin erschöpft, die Dienstleistungen ihrer Art nach zu beschreiben und von anderen Angeboten lediglich inhaltlich zu unterscheiden, fehlt ihr jegliche Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG.
2. Soweit sich die Anmelderin für die Frage der Schutzfähigkeit darauf stützt, daß die Verwendung des Bestandteils "care" auf dem Gebiet des Versicherungswesens dazu geführte habe, daß die angesprochenen Verkehrskreise genau auf die Unterschiede der Zeichen und damit auf die Gesamtheit der Marke und nicht auf die einzelnen Bestandteile achteten, vermag ihr der Senat nicht zu folgen. Denn dieser Umstand betrifft in erster Linie Fragen zur Verwechslungsgefahr und er ist nicht geeignet, der angemeldeten Bezeichnung "Top Care-Plus" den beschreibenden Charakter gerade im Begriffsgehalt der Gesamtaussage zu nehmen.
Ebenso wenig haben die von der Anmelderin angegebenen Markeneintragungen bzw. -anmeldungen mit dem Bestandteil "Care" eintragungsbegründende Wirkung. Die Prüfung einer Markenanmeldung erfolgt jeweils gesondert und sie bemißt sich danach, ob die konkret angemeldete Bezeichnung in ihrer Gesamtheit wegen ihres beschreibenden Begriffsinhalts vom Verkehr als reiner Sachhinweis und deshalb nicht betriebskennzeichnend aufgefaßt wird. Die Frage der Schutzfähigkeit ist demgemäß nicht an Hand eingetragener Drittzeichen zu beurteilen.
Ob die ua für "Versicherungswesen" eingetragenen Wortmarken "ecare", "basic care" und "Vario Care" zu Recht oder zu Unrecht eingetragen worden sind, ist deshalb weder entscheidungserheblich noch Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens, auch wenn die von der Anmelderin geäußerten Zweifel an der Schutzfähigkeit insbesondere der Marke "basic care" ihre Berechtigung haben mögen. Diese Frage kann allenfalls in jeweils entsprechenden Löschungsverfahren nach § 50 MarkenG überprüft werden. Abgesehen davon ist die Trennanmeldung "ecare" für "Ärztliche Versorgung, Gesundheits- und Schönheitspflege; Dienstleistungen auf dem Gebiet der Tiermedizin und der Landwirtschaft; wissenschaftliche und industrielle Forschung; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung" als beschreibende Sachangabe rechtskräftig zurückgewiesen worden (vgl 25 W (pat) 204/01 - ecare; Beschl. v. 16. April 2003).
Darüber hinaus vermögen nach ständiger Rechtsprechung Voreintragungen von Marken weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz einen Anspruch auf Eintragung zu begründen, weil die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke keine Ermessens-, sondern eine reine Rechtsfrage darstellt. Ebenso wenig gibt es den Grundsatz der Gleichbehandlung im Unrecht (vgl Ströbele/Hacker MarkenG, 7. Aufl 2003, § 8 Rdn 262 mwN; BGH BlfPMZ 1998, 248 - Today; EuG GRUR Int 2002, 858 = MarkenR 2002, 260, 266 - SAT 2). Darüber hinaus hat der Europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 12. Februar 2004 klargestellt, daß allenfalls die Eintragung identischer Marken für identische Waren und/oder Dienstleistungen berücksichtigt werden kann, für die Entscheidung über die Zulassung oder Zurückweisung einer Anmeldung zur Eintragung als Marke aber nicht maßgeblich ist, und daß ähnlich gebildete Marken für ähnliche Waren und Dienstleistungen keinen Einfluß haben (EuGH C - 218/01, MarkenR 2004, 116 - Waschmittelflasche).
3. Die Voraussetzungen für die Zulassung der von der Anmelderin angeregten Rechtsbeschwerde sind nicht gegeben, weil weder über eine neue Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden war noch eine uneinheitliche Spruchpraxis hinsichtlich der Beurteilung der Schutzfähigkeit von Kombinationen beschreibender Angaben und der Berücksichtigung von Eintragungen ähnlicher Marken unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung besteht, die einer höchstrichterlichen Klärung bedarf.
Pagenberg Dr. Hock Kätker Cl
BPatG:
Beschluss v. 25.05.2004
Az: 33 W (pat) 22/02
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