Bundesgerichtshof:
Urteil vom 4. Dezember 2007
Aktenzeichen: X ZR 102/06

(BGH: Urteil v. 04.12.2007, Az.: X ZR 102/06)

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das am 8. Juni 2006 verkündete Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, dem auch die Entscheidung über die Kosten der Revision übertragen wird.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Der Kläger, der bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand im Jahre 2003 bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerinnen H. M. R. Deutschland GmbH (HMR) und H. AG (im Folgenden nur: die Beklagte) beschäftigt war, verlangt von der Beklagten als Miterfinder die Zahlung einer anteiligen Vergütung für zwei Diensterfindungen.

Die erste Erfindung betrifft einen Nagellack zur Förderung des Nagelwachstums sowie ein Verfahren zu dessen Herstellung und Verwendung zur Behandlung von Wachstumsstörungen des Nagels. Der Nagellack enthält u. a. eine vasodilatatorisch wirksame Verbindung. Dabei handelt es sich um Minoxidil, welches mit weiteren Gruppen substituiert werden kann. Drei dieser Gruppen können aus einer Reihe von über 30 verschiedenen Substanzen bestehen, darunter Ramipril als möglichem Substituenten.

Der Wirkstoff Ramipril hat als solcher durchblutungsfördernde Wirkung. Seine direkte (orale) Verabreichung dient der Behandlung von Bluthochdruck. Außerdem wird Ramipril als zusätzlicher Wirkstoff zur Behandlung von Herzinsuffizienz und von akuten Herzinfarkten verwendet.

Die zweite Erfindung betrifft Zubereitungen zur topischen Applikation von antiandrogen wirksamen Substanzen. Die erfindungsgemäße Zubereitung enthält mindestens einen physiologisch verträglichen Filmbildner, mindestens ein physiologisch verträgliches Lösemittel, mindestens einen Weichmacher und eine spezielle Verbindung (Minoxidil). Sie kann mit einer durchblutungsfördernden Verbindung kombiniert werden. Dafür kann neben anderen Substanzen Ramipril eingesetzt werden.

Die Beklagte nahm die Erfindungen mit Schreiben vom 30. Januar 1997 bzw. vom 25. Januar 1999 unbeschränkt in Anspruch; auf ihrer die erste Erfindung betreffenden deutschen Patentanmeldung 196 04 190 basierte das später erteilte US-Patent 6 007 798; auf die zweite Diensterfindung geht die deutsche Patentanmeldung 198 48 856 zurück, auf der wiederum die US-Patentanmeldung 09/425742 beruht.

Im Dezember 1998 schlossen HMR und das US-Unternehmen K. Inc. (im Folgenden: K. ) einen Lizenzvertrag über mehrere Patente der Beklagten zum Gesamtpreis von ... Mio. US $. In der dem Ver- tragswerk beigefügten Liste der Patente/Patentanmeldungen waren auch die beiden vorgenannten Erfindungen aufgeführt. Nachdem der Kläger davon Anfang Februar 2000 erfahren hatte, trat er an die Beklagte wegen der Zahlung einer Erfindervergütung heran.

Durch Vereinbarung vom 16./23. Mai 2000 gab K. beide Erfindungen zugunsten der Beklagten wieder frei, hinsichtlich der zweiten Erfindung jedoch nur unter der Voraussetzung, dass die Beklagte sich verpflichtete, 1. bei jeder künftigen Lizenz über das Patent oder die Patentanmeldung das Recht zum Verkauf von Produkten auszuschließen, die dieselbe Zusammensetzung von Ramipril enthalten wie die von K. verkauften Produkte, 2. niemandem in den USA Pflaster zu verkaufen, die Ramipril enthalten, oder sonstige topische Zubereitungen, deren Hauptbestandteil aus Ramipril besteht.

Nachdem die Beklagte bislang keine Vergütung für die Erfindungen gezahlt hat und ein vom Kläger eingeleitetes Schiedsverfahren ergebnislos verlaufen ist, hat dieser Klage auf Zahlung der auf seinen Anteil entfallenden angemessenen Arbeitnehmererfindervergütung, die er für die beiden Erfindungen insgesamt auf mindestens 150.000 € beziffert, erhoben. Das Landgericht hat die Ansicht vertreten, zumindest zur Zeit stünden dem Kläger noch keine Arbeitnehmervergütungsansprüche zu und die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt er sein Klagebegehren weiter.

Gründe

Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Dem Kläger stehe ein Anspruch auf Zahlung einer Erfindervergütung auch dann nicht zu, wenn zu seinen Gunsten davon ausgegangen werde, dass ein Vergütungsanspruch gemäß § 12 Abs. 1 ArbEG mit Abschluss des Lizenzvertrages fällig geworden sei. Denn jedenfalls liege die Höhe des Vergütungsanspruchs bei Null.

Nach dem Lizenzvertrag habe das US-Unternehmen beabsichtigt, der Beklagten ihre mit Ramipril verbundenen Rechte abzukaufen. Als Lizenzprodukt sei eine pharmazeutische Formulierung oder ein diagnostisches Produkt bezeichnet, die oder das zumindest als einen seiner Wirkstoffe Ramipril enthalte. Keine der beiden Diensterfindungen enthalte jedoch Ramipril als Wirkstoff. Das spreche dafür, dass die beiden Diensterfindungen vertraglich nur deshalb erfasst worden seien, weil in der Beschreibung an einer Stelle der Begriff "Ramipril" enthalten sei, ohne dass die Parteien die Sinnhaftigkeit der Einbeziehung der beiden Erfindungen zur Erreichung des Vertragszwecks geprüft hätten. Alle Umstände sprächen dafür, dass - wenn die beiden Erfindungen nicht überhaupt nur rein versehentlich in den Vertrag einbezogen worden seien - die Parteien ihnen jedenfalls keine wirtschaftliche Bedeutung für den Vertragsabschluss beigemessen hätten. Dementsprechend habe K. die eine Diensterfindung ohne Weiteres zurückgegeben. Soweit die andere nur unter Bedingungen freigegeben worden sei, lasse dies nicht den Schluss zu, dass die Vertragsparteien ihr einen Wert für den abzuschließenden Lizenzvertrag beigemessen hätten. K. habe lediglich die Gelegenheit genutzt, die eigene Monopolstellung in Bezug auf Ramipril zu komplettieren; eine für sinnvoll gehaltene Benutzung des Patents lasse sich aus den im Zuge der Rückübertragung ausgehandelten Bedingungen nicht herleiten.

Ungeachtet der von K. gestellten Bedingungen sei dem Kläger ein Vergütungsanspruch auch nicht etwa deshalb zuzuerkennen, weil hierdurch die Verwendung der Diensterfindung eingeschränkt wäre. Diese könne, da sie Ramipril lediglich als einen optionalen Zusatzstoff nenne, vielmehr uneingeschränkt verwertet werden.

II. Die dagegen gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Die Begründung, mit der das Berufungsgericht die Voraussetzungen für einen - gegebenenfalls vorläufigen (vgl. BGHZ 37, 281 - Cromegal) - Vergütungsanspruch des Klägers bezüglich beider Erfindungen verneint hat, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

1. Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass ein Vergütungsanspruch des Klägers nicht nur gemäß § 9 Abs. 1 ArbEG dem Grunde nach entstanden ist, sondern dass darüber hinaus, infolge des Abschlusses des mit K. geschlossenen Lizenzvertrages, die Voraussetzun- gen für die Inanspruchnahme der Vergütung grundsätzlich gegeben sind.

a) Der Anspruch des Arbeitnehmers auf Vergütung wegen einer Diensterfindung entsteht dem Grunde nach, wenn der Arbeitgeber diese - wie hier - gemäß § 7 Abs. 1 ArbEG unbeschränkt in Anspruch nimmt (vgl. Busse/ Keukenschrijver, PatG, 6. Aufl., § 9 ArbEG Rdn. 13). Jedenfalls nach Abschluss des Lizenzvertragswerks, von dem die beiden Diensterfindungen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht unter dem Gesichtspunkt der falsa demonstratio auszunehmen sind und den die Beklagte auch nicht angefochten hat, war die Vergütung der Miterfinder gemäß § 12 Abs. 1, 2 ArbEG (vorläufig) festzustellen oder nach Maßgabe der Regelungen in § 12 Abs. 3 bis 5 ArbEG festzusetzen (vgl. BGHZ 126, 109, 119 f. - Copolyester I; Keukenschrijver, aaO, § 12 ArbEG Rdn. 19). Geschieht weder das eine noch das andere, kann der Erfinder, da das Recht des Arbeitgebers zur Festsetzung der Vergütung ein gesetzliches Leistungsbestimmungsrecht im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB ist (BGHZ 126, 109, 120 f. - Copolyester I), - vorbehaltlich des Verfahrens vor der Schiedsstelle (§ 37 ArbEG) - gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2, 2. HS BGB auf gerichtliche Bestimmung der angemessenen Vergütung antragen. Dabei ist er auch nicht gehindert, sofort auf Zahlung zu klagen (vgl. Keukenschrijver, aaO, § 12 Rdn. 14).

b) Für die Bemessung der Höhe der Vergütung ist, abgesehen von Aufgaben und Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb und dem Anteil des Betriebs am Zustandekommen der Diensterfindung, insbesondere die wirtschaftliche Verwertbarkeit maßgebend (§ 9 Abs. 2 ArbEG). Dafür wird regelmäßig im Ausgangspunkt die Annahme gerechtfertigt sein, dass von dem Arbeitgeber tatsächlich erzielte wirtschaftliche Vorteile den Erfindungswert am besten widerspiegeln, da der Arbeitgeber in seinem eigenen Interesse bestrebt sein wird, die Erfindung so auszunutzen, wie dies im Interesse eines möglichst großen Erfolges seiner unternehmerischen Tätigkeit sachlich möglich und wirtschaftlich vernünftig ist (Sen.Urt. v. 16.2.2002 - X ZR 127/99, GRUR 2002, 801 - abgestuftes Getriebe). Zu den möglichen Verwertungsformen zählt die Lizenzvergabe ebenso, wie der Abschluss von Austauschverträgen oder die Abtretung der Rechte an der Erfindung (Bartenbach/Volz, Arbeitnehmererfindungsgesetz, 4. Aufl., § 9 Rdn. 92; Keukenschrijver, aaO, § 11 ArbEG Rdn. 9). Sind, wie hier, mehrere Erfindungen Gegenstand des Lizenzvertrages, ist, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, der auf die zu vergütende Diensterfindung entfallende Anteil entsprechend ihrer wirtschaftlichen Bedeutung für den Vertragsschluss zu gewichten (Bartenbach/Volz, aaO, § 9 Rdn. 226). Die Aufteilung der Gesamtbruttolizenzeinnahme auf die einzelnen Erfindungen bemisst sich danach, wie die Vertragsparteien bei Abschluss des Lizenzvertrages das Verhältnis ihrer Wertigkeit zueinander beurteilt haben.

c) Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist, dass das Berufungsgericht einen den Nagellack betreffenden Vergütungsanspruch des Klägers im Ergebnis verneint hat. Es konnte die durch die Einbeziehung in den mit K. geschlossenen Vertrag zunächst indizierte Verwertbarkeit dieser Diensterfindung durch die vorbehaltlose Rückgabe als entkräftet ansehen.

d) Mit Erfolg wendet die Revision sich aber dagegen, dass das Berufungsgericht die wirtschaftliche Verwertbarkeit der zweiten Diensterfindung ungeachtet des Umstands verneint hat, dass K. ihre Rückgabe von Zusagen der Beklagten abhängig gemacht hat. Nach dem der revisionsrechtlichen Würdigung zugrunde zu legenden Sachverhalt ist bereits nicht auszuschließen, dass ein Teil der von K. geleisteten Gesamtvergütung auf die zweite Dienst- erfindung entfällt.

aa) Wie die Parteien des Lizenzvertrages die danach zu zahlende Gesamtvergütung bemessen haben, ist den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht ausdrücklich zu entnehmen. Die Gründe der Entscheidung legen jedoch die Annahme nahe, dass eine gemeinsame Einzelbewertung aller Erfindungen und Schutzrechte durch die Vertragsparteien nicht stattgefunden hat. Bei einer solchen Vorgehensweise hätten die beiden streitgegenständlichen Diensterfindungen nicht, wie das Berufungsgericht es wahlweise angenommen hat, versehentlich oder ohne Zumessung einer wirtschaftlichen Bedeutung in den Lizenzvertrag einbezogen werden können, sondern die Vertragspartner hätten sich dann zwangsläufig bewusst für oder gegen ihre Einbeziehung entschieden und gegebenenfalls auch über den jeweils anzusetzenden Wert Vereinbarungen getroffen.

bb) Wenn die Parteien des Lizenzvertrages nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die Höhe der von K. zu leistenden Gesamtvergütung nicht gemeinschaftlich als Summe einzeln taxierter Preise für alle übertragenen Schutzrechte ausgehandelt haben sollten, kommt in Betracht, dass jedenfalls K. die - vom Vertragsangebot der Beklagten mitumfasste - Lizenzierung der zweiten Diensterfindung als für die eigene wirtschaftliche Betätigung bedeutsam angesehen hat und deren Überlassung mit der vereinbarten Vergütung ebenfalls abgegolten werden sollte. Wäre das der Fall, enthielte diese auch ein Entgelt für die Lizenzierung dieses Schutzrechts, was zur Folge hätte, dass dem Kläger - nach den o. g. (II.1.b)) Grundsätzen - ein hieran anknüpfender Vergütungsanspruch zustünde.

cc) Das Berufungsgericht hat die Möglichkeit, dass K. das Angebot der Beklagten so verstanden haben und dass der Vertrag mit diesem Inhalt zustande gekommen sein könnte, zwar in Erwägung gezogen und geprüft, ob sich aus dem - nach Lage des Sachverhalts als Indiz maßgeblichen - Schreiben von K. vom 16. Mai 2000 entsprechende Rückschlüsse ziehen lassen. Nach dem Inhalt der Entscheidungsgründe hat es dabei jedoch, was der revisionsrechtlichen Kontrolle unterliegt, wesentliche Gesichtspunkte außer Acht gelassen.

K. hat in diesem Schreiben im Zusammenhang mit der Freigabe der zweiten Diensterfindung darauf hingewiesen, dass die sie betreffende US-Patentanmeldung in ihrer gegenwärtigen Form 29 Patentansprüche umfasse, von denen sich die Ansprüche 1 bis 21 auf eine Zubereitung ohne jede Einschränkung hinsichtlich der Verwendungen einer solchen Zubereitung bezögen ("...related to a composition without any limitation as to the uses for such a composition..."). Insbesondere Ansprüche 11 und 14 seien speziell auf die Beigabe von ACE-Hemmern (Anspruch 11) und Ramipril (Anspruch 14) zu der Zubereitung ausgerichtet.

Diese Ausführungen deuten darauf hin, dass K. den Schutz der Diensterfindung schon im Zeitpunkt des Vertragsschlusses zumindest als für die eigenen wirtschaftlichen Interessen möglicherweise abträglich angesehen hat und dass die Gesamtvergütung, die zu zahlen das Unternehmen bereit war, deshalb auch unter Einbeziehung dieses Schutzrechts bemessen worden ist. Deshalb konnte das Berufungsgericht nicht ohne weiteres (wahlweise) feststellen, beide Parteien des Lizenzvertrages hätten dieser Diensterfindung keine wirtschaftliche Bedeutung für den Vertragsabschluss beigemessen. Vielmehr wären dazu nähere Feststellungen zu den Gegenständen der die zweite Diensterfindung betreffenden Anmeldung und des Lizenzvertrages erforderlich gewesen. Hinsichtlich des Letzteren hat das Berufungsgericht im Wesentlichen nur auf § 1.22 des Vertrages über das "US-Produkt" hingewiesen, der als Lizenzprodukt eine pharmazeutische Formulierung oder ein diagnostisches Produkt bezeichne, die oder das zumindest als einen seiner Wirkstoffe Ramipril enthalte. Dass die zweite Diensterfindung nicht vom Lizenzvertrag erfasst sei, hat das Berufungsgericht daraus hergeleitet, dass Ramipril in der Anmeldung nicht als Wirkstoff (im Sinne des Lizenzvertrages) fakultativ vorgesehen, sondern als Zusatzstoff bezeichnet sei (Patentanspruch 8 in der deutschen Übersetzung). Diese Erwägung ist nicht tragfähig, weil allein die Begriffswahl nicht die Schlussfolgerung gestattet, dass ein in einem Patentanspruch als Zusatzstoff genannter Stoff nicht Wirkstoff i. S. des Zwecks des Lizenzvertrages sein kann. Hinzu kommt, dass - was nach den getroffenen Feststellungen nicht ausgeschlossen werden kann - diese Kombination wirtschaftlich interessant, weil etwa besonders erfolgversprechend sein oder jedenfalls eine geeignete Ausführungsform darstellen könnte.

III. Im wiedereröffneten Berufungsrechtszug wird das Berufungsgericht danach in erster Linie zu prüfen haben, ob sich aus der Vereinbarung vom 16./23. Mai 2000 ergibt, dass K. die zweite Diensterfindung zumindest des- halb mitvergütet hat, um die Nutzung des durch sie eröffneten Schutzbereichs gegen die eigenen Interessen zu verhindern.

Ein Vergütungsanspruch des Klägers ist zudem auch dann nicht ausgeschlossen, wenn diese Prüfung ergeben sollte, dass auch K. dem Gegen- stand der Anmeldung der zweiten Diensterfindung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch keine Bedeutung beigemessen, sondern erst im Zuge der Bitte um Rückgabe der Erfindung die Möglichkeit der Nutzung ihrer Lehre für die eigenen wirtschaftlichen Interessen erkannt hat. Da der Vergütungsanspruch aus § 9 Abs. 2 ArbEG an die bloße Verwertbarkeit anknüpft, kann es ausreichen, wenn die zweite Diensterfindung im Rahmen ihres Schutzbereichs auch unabhängig vom Zweck des Lizenzvertrages verwertbar war, und sei es auch nur in einer einem Sperrpatent vergleichbaren Weise. Das Berufungsgericht hat selbst angenommen, K. habe die Gelegenheit genutzt, die eigene Monopolstellung bezüglich Ramipril zu komplettieren. In diesem Zusammenhang wird das Berufungsgericht gegebenenfalls Feststellungen zu Sinngehalt und Reichweite der in dem Schreiben vom 16. Mai 2000 seitens K. ausbedungenen Vorbehalte zu treffen haben, namentlich dazu, wie weit der Kreis der Produkte zu ziehen ist, die dieselbe Zusammensetzung von Ramipril enthalten, wie die von K. verkauften Produkte (Ziffer 1 der Bedingungen) und ob eine der Diensterfindung gemäße Zubereitung deshalb unter die Ziffer 2 der Bedingungen fallen könnte, weil sie Ramipril als Hauptbestandteil im Sinne dieser Klausel enthält. Von wirtschaftlicher Verwertbarkeit i. S. von § 9 Abs. 2 ArbEG kann erst dann keine Rede mehr sein, wenn die von K. mit den Vorbehalten im Schreiben vom 16. Mai 2000 verfolgten Zwecke außerhalb des Schutzbereichs der Anmeldung lagen.

Soweit danach ein Vergütungsanspruch in Betracht kommt, wird bei seiner Bemessung zu berücksichtigen sein, inwieweit die anderweitige Verwertung der zweiten Diensterfindung durch die zugunsten von K. zugesagten Be- schränkungen beeinträchtigt ist. Dafür wird von Bedeutung sein, ob potenzielle Lizenznehmer trotz der Beschränkung, auf die Verwendung von Ramipril als Zusatzstoff verzichten zu müssen, keine günstigeren Lizenzierungskonditionen aushandeln könnten als ohne sie. Das Berufungsgericht hat zwar die Auffassung vertreten, die Diensterfindung könne uneingeschränkt verwertet werden.

Die Beantwortung dieser Frage erfordert jedoch ersichtlich eine spezielle Sachkunde, die das Oberlandesgericht deshalb nach ständiger Rechtsprechung in den Gründen seines Urteils hätte darlegen müssen (vgl. BGH, Urt. v. 21.3.2000 - VI ZR 158/99, NJW 2000, 1946). Daran fehlt es.

Melullis Scharen Mühlens Meier-Beck Gröning Vorinstanzen:

LG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 16.03.2005 - 2/6 O 99/04 -

OLG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 08.06.2006 - 6 U 58/05 -






BGH:
Urteil v. 04.12.2007
Az: X ZR 102/06


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