Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 14. Dezember 2005
Aktenzeichen: 5 O 616/03

(LG Düsseldorf: Urteil v. 14.12.2005, Az.: 5 O 616/03)

Tenor

Das Versäumnisurteil der Kammer vom 12.01.2005 wird aufrecht erhal-ten.

Die Beklagte trägt die weiteren Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu voll-streckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil vom 12.01.2005 darf nur gegen Leitung der genannten Sicherheit fortgesetzt werden.

Die Sicherheitsleistung kann auch durch die selbstschuldnerische Bürg-schaft einer Großbank oder Sparkasse mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland erbracht werden.

Tatbestand

Die bis zum 30.04.2003 in Düsseldorf wohnhafte Beklagte wandte sich im Jahre 2001 verschiedentlich an die x, konkret an den in dem Düsseldorfer Büro ansässigen Partner, Herr Rechtsanwalt x, um in unterschiedlichen Angelegenheiten rechtlich beraten zu werden. Wegen der Einzelheiten der Angelegenheiten wird auf die Darstellung in der Klageschrift zu Nr. 2. (Bl. 3 ff. d.A.) verwiesen. Ob zwischen der Beklagten und Herrn Rechtsanwalt x eine Honorarvereinbarung auf Stundenbasis getroffen wurde, ist streitig.

Nachdem die Sozietät der Beklagten einige Kostennoten auf Stundenbasis übersandt hatte, die die Beklagte überwiegend nicht beglich, kündigte diese mit Schreiben vom 27.11.2001 alle bestehenden Mandate. Daraufhin rechnete die Sozietät sämtliche noch nicht abgewickelte Angelegenheiten auf der Basis der BRAGO ab. Unter Berücksichtigung auch von Guthabenbeträgen zugunsten der Beklagten beliefen sich diese Honorarforderungen auf insgesamt 17.931,07 €.

Ihr zustehende Ansprüche trat die Sozietät an den Kläger, der Partner der Sozietät ist, ab. Dieser hat den genannten Gesamtbetrag sodann klageweise begehrt. Die Kammer hat die Beklagte durch Versäumnisurteil vom 12.01.2005 antragsgemäß verurteilt. Gegen dieses ihr am 24.01.2005 zugestellte Versäumnisurteil hat die Beklagte am 27.01.2005 Einspruch eingelegt. Nach Verhandlung über den Einspruch und die Hauptsache ist die Beklagte in dem zur Beweisaufnahme und Fortsetzung der mündlichen Verhandlung bestimmten Termin vom 15.11.2005 neuerlich nicht erschienen. Daraufhin hat der Kläger eine Entscheidung nach Lage der Akten beantragt.

Der Kläger macht im Wesentlichen geltend, er sei sachlich befugt, den in Rede stehenden Gebührenanspruch geltend zu machen, da die Abtretung an einen Rechtsanwalt gemäß § 49 b Abs. 4 Satz 1 BRAO zulässig sei. Im Übrigen sei er seit dem Jahre 2000 Partner der Sozietät und habe von Anfang des Mandatsverhältnisses an der Schweigepflicht unterlegen. Der Abschluss einer Honorarvereinbarung mit einem Stundensatz von 375,00 DM pro Arbeitsstunde zuzüglich Auslagenpauschale und Umsatzsteuer sowie weiterer Einzelregelungen sei zwar besprochen worden. Die Beklagte habe in der Folgezeit die gewünschte schriftliche Fixierung der Vereinbarung aber verweigert. Zu einem Abschluss sei es nicht gekommen. Wegen der Gespräche zu einer Honorarvereinbarung seien anfänglich entsprechende Kostennoten übersandt worden, um den Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung nochmals anzuregen. Durch die Ablehnung der Zahlung habe die Beklagte aber erneut gezeigt, dass sie den Abschluss einer Honorarvereinbarung nicht wünsche. Folglich habe wie dann geschehen nach der BRAGO abgerechnet werden können. Auf die zu den Akten gereichten Kostennoten (Anlagen K 4, 5, 8, 12, 16, 19, 20, 25, 26, 31, 32, 33 und 34) wird Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

das Versäumnisurteil der Kammer vom 12.01.2005 aufrecht zu erhalten.

Die Beklagte beantragt,

das Versäumnisurteil vom 12.01.2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Sie bringt im Wesentlichen vor, eine anwaltliche Honorarforderung sei nicht abtretbar. Die Klage müsse aber auch aus dem Grund abgewiesen werden, weil zwischen ihr und dem für die Sozietät handelnden Rechtsanwalt x mündlich eine Honorarvereinbarung auf Stundenbasis getroffen worden sei. Das sei zu Beginn der Tätigkeit in einem persönlichen Gespräch in ihrer Wohnung in Tönisvorst besprochen worden. Inhaltlich sei vereinbart worden, es sei unabhängig vom Streitwert mit einer Gebühr von 300,00 DM pro Stunde zuzüglich Auslagen und Mehrwertsteuer abzurechnen. Dies ergebe sich auch aus dem eigenen Vortrag des Klägers, der entsprechende Abrechnungen auf Stundenbasis mit Zeiterfassungsaufstellungen überreicht habe. Ohne Zustandekommen einer Honorarvereinbarung wäre ein solches Vorgehen unverständlich. Unrichtig seien allerdings die in Ansatz gebrachten Stundensätze von 375,00 DM und dann sogar 450,00 DM. Die Vereinbarung eines Stundensatzes von 300,00 DM sei auch richtig und vernünftig gewesen, wie die nunmehr vorgenommene Abrechnung zeige. Teilweise nämlich seien Gegenstandswerte zugrunde gelegt worden, die zu der tatsächlich erbrachten Arbeitsleistung in keinem vernünftigen Verhältnis stehen würden. Wegen der weiteren Einzelheiten insoweit wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 17.05.2004 (Bl. 72 ff. d.A.) verwiesen. Folglich, so meint die Beklagte, sei die Klage derzeit unbegründet, weil nicht nach BRAGO abgerechnet werden könne.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und der zu den Akten gereichten Unterlagen verwiesen.

Gründe

Da die Beklagte zwar in dem Termin vom 21.09.2005 zum Einspruch und zur Hauptsache verhandelt hat, in dem zur Beweisaufnahme und Fortsetzung der mündlichen Verhandlung bestimmten Termin vom 15.11.2005 aber ausgeblieben ist, konnte der Kläger gem. §§ 331 a, 251 a Abs. 2 ZPO eine Entscheidung nach Lage der Akten beantragen. Diesem Antrag war stattzugeben, weil der Sachverhalt für eine solche Entscheidung hinreichend geklärt erscheint.

Der Einspruch der Beklagten gegen das Versäumnisurteil der Kammer vom 12.01.2005 ist zulässig, insbesondere gemäß § 339 Abs. 1 ZPO fristgemäß eingelegt worden. Der Einspruch hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Die Klage ist zulässig, namentlich ist die internationale und örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf gegeben. Das Gericht folgt den überzeugenden Ausführungen des Klägers aus dem Schriftsatz vom 14.01.2004. Ungeachtet der womöglich missverständlichen Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 11.11.2003 (BGH NJW 2004, 54) ergibt sich die Zuständigkeit aus Art. 5 Abs. 1 Nr. 1 b) EuGVVO. Auf die zutreffenden Erwägungen des Klägers wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Im Übrigen hat sich die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 21.09.2005 rügelos eingelassen. Folglich ist die Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf gem. § 39 ZPO begründet. Diese Norm findet auch auf die internationale Zuständigkeit entsprechende Anwendung (BGH NJW 1987, 3181).

Die danach zulässige Klage ist auch begründet, so dass das Versäumnisurteil vom 12.01.2005 aufrecht zu erhalten war.

Gemäß § 675 BGB in Verbindung mit § 398 BGB beansprucht der Kläger von der Beklagten zu Recht die Zahlung von 17.931,07 €.

Der Kläger ist entgegen der Ansicht der Beklagten sachlich befugt, die hier in Rede stehenden Ansprüche geltend zu machen. Denn die - als solche unstreitige - Abtretung seitens der Sozietät an den die Abtretung annehmenden Kläger ist wirksam.

Dies gilt schon deshalb, weil der Kläger nach seinem unwidersprochenen Vortrag zu Nr. 1.2 aus dem Schriftsatz vom 02.08.2004 seit dem Jahre 2000 Mitglied der Sozietät ist und daher ohnehin von Beginn des Mandatsverhältnisses zu der Beklagten an der Schweigepflicht unterlag (s. BGH NJW 2001, 2462). In der Regel und im Zweifel erstreckt sich das einer Anwaltssozietät erteilte Mandat auf alle Sozietätsmitglieder mit der Folge u.a. der Verschwiegenheitspflicht für sämtliche Mitglieder (BGH a.a.O.). Nicht anders hat das vorliegend die Beklagte gesehen, die Schreiben an die "x Rechtsanwälte" gerichtet hat, folglich an die seinerzeit so firmierende Sozietät, der der Kläger angehört. Ein unbefugtes Offenbaren eines Geheimnisses im Sinne von § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB durch die erfolgte Abtretung scheidet folglich aus.

Unabhängig davon kann der von der Beklagten vertretenen, auf eine Entscheidung des Landgerichts München (NJW 2004, 451) gestützten Ansicht, die Abtretung sei nichtig, nicht gefolgt werden. Infolge der seit dem Jahre 1994 maßgeblichen Bestimmung des § 49 b Abs. 4 Satz 1 BRAO, derzufolge ein eine Gebührenforderung erwerbender Rechtsanwalt in gleicher Weise zur Verschwiegenheit verpflichtet ist wie der beauftragte Rechtsanwalt, steht die - frühere - höchstrichterliche Rechtsprechung (BGH NJW 1993, 1912) der Annahme der Wirksamkeit der Abtretung nicht mehr entgegen. Der Bundesgerichtshof hat in der weiteren Entscheidung vom 17.10.1996 (NJW 1997, 188) zur Begründung der Nichtigkeit einer Abtretung - vor 1994 - ausdrücklich ausgeführt, bis zum Inkrafttreten der seit dem 09.09.1994 geltenden Fassung des § 49 b Abs. 4 Satz 1 BRAO habe der Rechtsanwalt als Abtretungsempfänger nicht der anwaltlichen Schweigepflicht unterlegen. Daraus folgt die Wirksamkeit einer Abtretung ab dem genannten Zeitpunkt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird im Übrigen auf die in jeder Hinsicht zutreffenden Ausführungen des Klägers aus dem Schriftsatz vom 02.08.2004 zu Nr. 1.1 Bezug genommen.

Die Beklagte bringt weiter vor, es habe nicht wie der Berechnung hier zugrunde gelegt nach Gegenstandswerten abgerechnet werden dürfen, weil zwischen ihr und dem für die Sozietät handelnden Rechtsanwalt x eine Honorarvereinbarung mit einem Stundensatz von 300,00 DM zuzüglich Mehrwertsteuer und Auslagen geschlossen worden sei. Damit kann sie indes nicht durchdringen.

Eine schriftliche Honorarvereinbarung liegt nicht vor. Eine mündliche Abrede kann erfolgen, wenn - wie hier durchgängig - eine geringere Vergütung abgesprochen werden soll (§ 3 Abs. 5 Satz 1 und Abs. 1 Satz 3 BRAGO); ein Formzwang besteht nicht (Hartmann, Kostengesetze, 33. Auflage, § 3 BRAGO, Randnummer 75 f.). Darlegungs- und beweispflichtig ist der Auftraggeber, der sich auf eine mündliche Vereinbarung über das Honorar beruft (§ 3 Abs. 1 Satz 3 2. Halbsatz BRAGO), vorliegend also die Beklagte. Diese hat eine Honorarvereinbarung in ausreichender Weise dargelegt, der Kläger bestreitet eine solche.

Einer Beweisaufnahme zu der danach streitigen Behauptung hätte es nicht bedurft, wenn sich aus den Umständen ein Abschluss ergeben würde. Das ist indes nicht der Fall. Zwar hat die Zedentin mehrfach nach Stunden abgerechnet, ehe sie - soweit nicht bezahlt worden ist - eine Abrechnung nach der BRAGO vorgenommen hat. Warum die Zedentin so verfahren ist, hat der Kläger aber in dem Schriftsatz vom 02.08.2004 zu Nr. 2 nachvollziehbar begründet. Danach sind die auf Stundensätzen beruhenden Kostennoten wegen der erfolgten Gespräche übersandt worden und haben den nochmaligen Versuch dargestellt, den Abschluss einer von der Zedentin schriftlich gewünschten Honorarvereinbarung anzuregen. Einige der ersten Rechnungen vom 20.09.2001 hat die Beklagte dann beglichen, andere aber nicht, so dass wegen des unklaren Verhaltens der Beklagten nicht davon ausgegangen werden kann, es sei - allein auf Grund des beiderseitigen Verhaltens - schlüssig eine Abrede über eine Honorarvereinbarung insgesamt zustande gekommen. Dies muss um so mehr gelten, als die Beklagte einen Stundensatz von 300,00 DM behauptet, während sich die übersandten Abrechnungen nach Stundenaufwand zu einem Satz vom 375,00 DM, dann sogar 450,00 DM verhalten. Ein schlüssiges Einverständnis über einen bestimmten Satz kann also keinesfalls angenommen werden und damit fehlt es an einer bestimmten einverständlichen Abrede auf Grund des Verhaltens der Vertragsbeteiligten.

Wegen der vorgenannten Umstände hat sich die Kammer zu dem Beweisbeschluss vom 21.09.2005 veranlasst gesehen. Entsprechend dem protokollierten Vermerk aus der mündlichen Verhandlung vom 15.11.2005 ist der von der Beklagten benannte Zeuge x nach vorheriger telefonischer Information ihrer Prozessbevollmächtigten genausowenig erschienen wie diese selbst. Weiterer Anordnungen bedurfte es insoweit nicht, da auf Grund der Erklärung der Prozessbevollmächtigten der Beklagten und des Nichterscheinens in dem anberaumten Termin davon auszugehen ist, sie wolle an dem angebotenen Beweismittel nicht festhalten. Die nachteiligen Folgen der damit gegebenen Nichterweislichkeit gehen zu Lasten der Beklagten.

Die danach maßgebliche Abrechnung nach Gegenstandswerten ist nicht zu beanstanden. Der Mandatierung im jeweiligen Einzelfall, den dargestellten Tätigkeiten als solchen und dem von dem Kläger begründeten Ansatz einzelner Rahmengebühren gemäß § 12 BRAGO hat die Beklagte nicht widersprochen. Sie hat lediglich eingewandt, die zu Grunde gelegten Gegenstandswerte würden teilweise in keinem vernünftigen Verhältnis zur Arbeitsleistung stehen. Damit wendet sie sich nicht gegen die Bemessung der Gegenstandswerte an sich, die der Kläger in jedem Einzelfall begründet hat. Was die Relation zu der anwaltlichen Arbeitsleistung angeht, verkennt die Beklagte, dass es auf den Umfang der anwaltlichen Tätigkeit bei der Abrechnung nach BRAGO - außer bei Rahmengebühren, die die Beklagte wiederum nach dem gewählten prozentualen Ansatz nicht in Zweifel gezogen hat - nicht ankommt. Die allgemein gehaltene Behauptung, der Umfang der Tätigkeit rechtfertige kein Honorar wie letztlich in der konkreten Höhe geltend gemacht, ist keinem Sachverständigenbeweis zugänglich.

Hinsichtlich der Höhe des Anspruchs gilt Folgendes: Offen und von der Beklagten nicht bestritten sind unter Berücksichtigung der teilweise erfolgten Zahlungen in der Reihenfolge der Darstellung des Klägers aus der Klageschrift Gebührenforderungen von 351,48 € (Anlage K 5), 114,59 € (Anlage K 8), 144,60 € (Anlage K 12), 336,86 € (Anlage K 16), 245,98 € (Anlage K 20), 3.020,43 € (Anlage K 26), 12.359,71 € (Anlage K 32), 2 x 405,53 € (Anlage K 33) und 546,36 € (Anlage K 34). Das summiert sich auf 17.931,07 €.






LG Düsseldorf:
Urteil v. 14.12.2005
Az: 5 O 616/03


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